X

Selten war der Kampf um die Zukunft so schön anzusehen wie in X (auch bekannt als X (TV) oder X-1999). NipponArt veröffentlicht die Gesamtausgabe der Serie am 10. November 2017 erstmals auf Blu-ray. Bekannt wurde der Anime allerdings schon ein Jahrzehnt zuvor, als der Musiksender VIVA sie in sein Programm aufnahm und den Epos zum zielgruppentauglichen Kult ernannte. Dabei ist kaum zu glauben, dass der Manga, auf dem die Serie basiert, bereits Anfang der 90er erschien und noch immer kein Ende gefunden hat. Zum Glück sieht es anders für die TV-Serie aus: Sie erhielt ein Original-Ende, wie das Zeichnerteam CLAMP klarstellte.

    

In X geht es um nichts Geringeres als das Ende der Welt. Und es gibt nur einen Ort, an dem der Kampf um die Apokalypse stattfinden kann: Tokio. Wir haben es mit zwei Fraktionen zu tun, die beide ihre eigene Vorstellung davon haben, wie es mit Menschheit und Erde weitergehen soll. Auf der einen Seite sind da die sieben Erddrachen, die am liebsten die gesamte Menschheit vernichten würden, damit sich die Erde von den Eingriffen der Menschen erholen und erneut erblühen kann. Auf der anderen Seiten haben wir die sieben Himmelsdrachen, die die endgültige Zerstörung der Erde in Kauf nehmen, um die Menschheit zu retten. Der letzte Kampf zwischen Himmels- und Erddrachen steht bevor, das Ende der Welt ist nah. Der Junge Kamui Shiro, der allein die Macht hat, das Schicksal zu ändern, kehrt nach Tokio zurück, um das Heilige Schwert zu holen und wird schnell in den Kampf involviert – für wen soll er sich entscheiden: für die Himmelsdrachen, die die Welt so lassen wollen, wie sie ist, oder für die Erddrachen, die für Veränderung stehen und die Menschheit für die Verbrechen an der Erde vernichten wollen …? Für welche Richtung Kamui sich auch immer entscheidet: Er wird den Kampf um die Erde und das Schicksal der Menschen, die auf ihr leben, nicht verhindern können. Kamui erfährt die wahren Hintergründe über den plötzlichen Feuertod seiner Mutter. Sowohl die sogenannten sieben Siegel als auch die sieben Boten beginnen, sich um Kamui zu sammeln…

Nichts ist entschieden

Originaltitel X
Jahr 2001 – 2002
Episoden 25 (1 Staffel)
Genre Super Powers, Action, Drama
Regisseur Rintaro
Studio Madhouse

Nichts lässt sich so dramatisch erzählen wie das Schicksal der Menschheit. Um diesen Stoff noch polarisierender zu erzählen entschied sich das Mangaka-Quartett CLAMP (Magic Knight Rayearth) gegen die klassische Gut-Böse-Charakterisierung, sondern für nachvollziehbare Standpunkte – sowohl bei den Himmels- als auch den Erddrachen. Kann die Erde erst regenerieren und wieder atmen, wenn sie von den Menschen befreit wird oder sind es die Menschen, die den blauen Planeten erst zu dem machen, was er ist? Das ist nur eine von vielen philosophischen Fragen, denen die Serie nachgeht. Repräsentiert werden die diversen Ansichten durch Charaktere unterschiedlichster Millieus und Mentalitäten. Dabei hängt die einzelne Motivation oftmals nicht unbedingt von dem ab, was für einen selbst am besten ist. Die Serie bemüht sich nicht nur um die Darstellung philosophischer, sondern auch wissenschaftlicher und biologischer Ansätze. In X ist es nicht unbedingt die Geschichte, die das herausragendste Merkmal ist. Es sind die Charaktere und deren Beziehungen untereinander, die den Raum füllen und für den nötigen Glanz sorgen. Da ist zum Beispiel die Schülerin Satsuki, die sich, gelangweilt vom Leben, in Cyberwelten zurückzieht und eine Beziehung zu ihrem Computer “Beast” aufbaut. Eine Figur, die 2001 (oder wenn man es so möchte: 1992, als der Manga erschien) ihrer Zeit weit voraus war, wenn man den direkten Vergleich mit heute zieht, wo die Internettechnologie gar nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken ist. Für ganz andere Gefühle sorgt etwa der Soldat Shiyu Kusanagi, der stellvertretend für viele Naturvölker im Einklang mit Mutter Natur ist und den Schmerz der Erde hört. Die Outfits der Charaktere mögen zwar nach den späten 90ern aussehen, doch die Persönlichkeiten sind kein Stück veraltet, sondern noch heute modern.

Straffe Erzählweise mit Raum für Ausflüge

Ein wenig ist es schon beeindruckend, wie viele Animes damit zu kämpfen haben, dass ihnen ihr eigenes Skript schließlich zum Verhängnis wird. Das Resultat sind häufig überstürzte Enden und Schwierigkeiten in der Erzählgeschwindigkeit. Nicht so bei X: Das Skript wurde sorgsam auf 24 Episoden (mit der nullten Episode, einer einleitenden OVA sind es 25) ausgelegt und sieht einen runden Abschluss für die Handlung vor. Angesichts des Charaktercasts von sage und schreibe 17 (!) Hauptcharakteren grenzt es an ein Wunder, dass jeder Charakter die nötige Screentime erhält, um zumindest soviel Fundament zu besitzen, dass der Zuschauer sich eine Meinung zu ihm und seiner Motivation bilden kann. Dafür gibt es immer wieder Ausflüge in die Vergangenheit der Figuren. Manch einem von ihnen sind sogar ganze Episoden gewidmet. Dabei verliert sich die Handlung nie in Nebenschauplätzen: Jede Szene und jeder Dialog zahlen auf das Ziel ein, am Ende eine der beiden Parteien zum Sieg zu führen. Bei einer Serie einer solchen Strahlkraft müssen natürlich die Produktionswerte stimmen. Trotz seines Alters sieht X allerdings noch heute schön aus: Die leuchtenden Farben stechen aus dem Dunkel hervor und wann immer Magie zum Einsatz kommt, bestechen die jeweiligen Effekte. Dabei gehen selbst in Actionszenen keine Details verloren, die nahezu 1:1 vom Original-Charakterdesign des Manga adaptiert wurden. Die Charaktere sind nicht ganz so kantig wie im Manga gezeichnet (dort ist so mancher Herr breit wie ein Schrank), da die Proportionen ein wenig an ein realistisches Maß angepasst wurden. Um die Emotionalität und Schwere des Themas auch in ein adäquates Soundgewand zu kleiden, schuf Naoki Sato (Sword of the Stranger) einen wuchtigen Soundtrack, dessen Orchesterklänge den dramatischen Ton des Themas alles andere als verfehlen.

Deutsche Veröffentlichung des Fan-Lieblings

Dass die Serie einen Abschluss besitzt, ist vor allem aus heutiger Perspektive etwas, wofür Fans der Reihe dankbar sind. Der gleichnamige Manga wurde 2003 in einem handlungstragenden Moment abgebrochen und pausiert bis auf weiteres. Die Gerüchteküche heizte sich über Jahre hinweg auf und man munkelt, die Serie konnte sich aufgrund ihrer Brutalität und dem sich veränderten Zeitgeist nicht mehr in dem Magazin halten, in dem es erschien. Eine Fortführung gilt als unwahrscheinlich und ein 1996 erschienener Film gilt bei den Fans als verpöhnt, da er seine Figuren in einer blutigen Schlacht im Minutentakt dahinraffen lässt. Deshalb ist die Serie gleich aus zweierlei Gründen ein Anime mit großer Fanbase. OVA Films veröffentlichte die Serie ab 2002 auf VHS und DVD und in einer zweiten Auflage mit der aus der VIVA-Ausstrahlung bekannten Synchronisation. Das Re-Release von NipponArt im Herbst 2017 beinhaltet alle 24 Episoden sowie die OVA (X: Yocho), die die Figur Kakyo Kuzuki einführt. Die Blu-Ray Gesamtausgabe beinhaltet vier Silberlinge. Aufgrund seines Alters liegt das Bild im Format 4:3 vor. Glücklicherweise konnten ehemalige Asynchronitäten behoben werden. Leider ist jedoch das Bonusmaterial bei der Neuveröffentlichung verloren gegangen, somit ein Interview mit dem Regisseur Yoshiyaki Kawajiri und den Sprecher von Kamui (Kenichi Suzumura) und Fuma (Junichi Suwabe).

X zählt noch heute zu den Animes, die ich an einer Hand aufzähle, wenn ich nach meinen animierten Lieblingstiteln gefragt werde. Liebhaber charakterzentrierter Erzählungen kommen um dieses dramatische Sahnestück einfach nicht herum: Trotz des großen Casts kommt kaum jemand zu kurz und Sympathien lassen sich schnell verteilen. Die Inszenierung bietet Dramatik pur und humorvolle Szenen sind eine Seltenheit. Besonders gelungen finde ich den Aufbau der Serie, denn ab Folge 17 geht es so rund, dass man gar nicht mehr aufhören und unbedingt den Ausgang der Serie wissen möchte. Dabei bin ich sehr froh, dass die Himmelsdrachen siegen, denn ich bin klar für ihre Partei: Ohne Mensch ist auch die Erde nicht vollständig. Leider gibt es bis dahin so manches Schicksal, das mich traurig macht: Die Tode von Sorata und Karen haben mich kalt erwischt und auch Subaru muss sich wieder aus seiner Trance herauskämpfen.

 

Zweite Meinung:

Es hat eine Weile gedauert, bis der Funke bei mir übersprang, doch im Großen und Ganzen ist X ein ziemlich guter Anime, der den Schwerpunkt vor allem auf die Charaktere legt. Zu vielen erfährt man auch die Vorgeschichte und sieht, wie sie zu dem wurden, was sie sind. Auch verschwimmen hier ziemlich gut die Grenzen zwischen Gut und Böse, was der Geschichte noch einmal eine spannendere Komponente gibt. Die Fähigkeiten der einzelnen Charas sind auch alle sehr verschieden, sodass jeder seinen ganz eigenen individuellen Stil hat. So etwas finde ich eigentlich immer klasse. Einziges Manko ist für mich der etwas zähe Anfang, wodurch es etwas gedauert hat, bis die Geschichte mich in ihren Bann zog.

 

Dritte Meinung:

Auch wenn X jetzt schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat, ist der Anime in meinen Augen recht gut gealtert. Natürlich wirken die Animationen aus heutiger Sicht nicht mehr taufrisch, aber man kann sie sich dennoch gut ansehen. Außerdem entsteht auch erst dadurch das nostalgische Flair, welches ich an dem Anime so schätze.  Aber nicht nur atmosphärisch hat X bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Der wohl größte Stein im Brett sind die Figuren. X hat eine Vielzahl unterschiedlicher Charaktere im Gepäck, die miteinander interagieren und sich aneinander reiben. Das macht die Serie unheimlich interessant, da die meisten Figuren auch einen angemessenen Hintergrund und somit Tiefe bekommen. Leider kommen bei dem großen Cast, aufgrund des auf 25 Folgen begrenzten Umfangs des Animes, einzelne Figuren ein bisschen zu kurz. Bei der einen oder anderen Figur hätte ich gerne noch ein bisschen mehr über ihre Vergangenheit erfahren. Auch in puncto Spannung konnte mich X vollends überzeugen. Zwar habe auch ich ein bisschen gebraucht, bis ich in die Geschichte hineingefunden habe, aber da der Anime gleich in der ersten Folge so viele Fragen aufwirft, hatte er mich dennoch sofort am Haken. Gegen Ende wird dann die Spannungsschraube noch einmal ordentlich angezogen, was nicht zuletzt daran liegt, dass es den einen oder anderen Todesfall gibt, mit dem ich nie gerechnet hätte. Schlussendlich wird man als Zuschauer zuletzt vor die äußerst knifflige moralische Frage gestellt, ob man sich nun eher den Himmelsdrachen oder eher den Erddrachen in ihren Zielen verbunden fühlt, was ich für meinen Teil gar nicht so leicht beantworten konnte, da beide Parteien durchaus gewichtige Argumente auf ihrer Seite haben. X gelingt es daher, sowohl auf herkömmliche Art zu unterhalten, als gleichzeitig auch interessante Denkanstöße zu liefern, ohne dabei zu kopflastig zu werden. So etwas findet man bei Animes eher selten, was diesen Titel deutlich aus der breiten Masse hervorhebt.

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Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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Sapamo
Redakteur
8. Dezember 2017 12:52

Schon vor längerer Zeit habe ich die Serie im Fernsehen gesehen. Im Rahmen einer Watch-Runde habe ich sie dann das zweite Mal angeschaut und da muss ich sagen, habe ich sie deutlich besser vestanden. Die Serie ist dramatisch und auch heftig. Des öfteren sieht man schreckliche Szenen, die auch blutig werden. Was mir an der Serie wirklich am besten gefallen hat waren die ganzen Charaktere, sie sind so verschieden das für jeden bestimmt einer dabei ist den er gern hat. Ich persönlich muss sagen das ich Kamui Shiro am Anfang nicht besonders gemocht habe, was sich aber je länger die Serie ging geändert hat, am Ende war er mir so ans Herz gewachsen. Shiyu Kusanagi war einer meiner Lieblingscharaktere in der Serie, er wirkt durch sein ganzes Aussehen und seinen Hintergrund als Soldat ganz anders als er sich in den Folgen zeigt und auch wirklich ist. Gerade seine Gespräche mit Yuzuriha und Inuki fande ich immer so schön, allgemein auch Inuki, der für mich als Hundefreund ein Highlight war. Ich habe bei der Serie sehr viele Tränen vergossen, die ganzen Ereignisse haben mich sehr mitgenommen und ich musste auch echt in der Stimmung sein die Folgen anzusehen.