Stephen Kings ES

Für viele sind Clowns der Inbegriff des Bösen. Die Gründe hierfür liegen nicht zwangsweise im Konzept einer solchen Figur, sondern dem, was Stephen King daraus machte: Pennywise, seines Zeichens Horrorclown, Ikone des Horrorfilms und Manifestierung aller Kinderängste. Mit Pennywise gelang es Stephen King, eine weitere Figur zu den großen Figuren des Horror Genres, Jason Vorhees, Freddy Krueger und Michael Myers hinzuzufügen. Im Zuge der 2017er Neuerzählung von ES war auch das Original wieder in aller Munde.

Die Kinder Bill Denbrough (Jonathan Brandis), Mike Hanlon (Marlon Taylor), Ben Hanscom (Brandon Crane), Beverly Marsh (Emily Perkins), Stan Uris (Ben Heller), Richie Tozier (Seth Green) und Eddie Kaspbrak (Adam Faraizl) lernen sich 1960 im Alter von 12 Jahren kennen. Sie alle verbindet, dass sie Außenseiter sind. Bill stottert, Mike ist schwarz, Ben ist übergewichtig, Beverly ist arm und wird von ihrem Vater misshandelt. Stan ist Jude, Richie ist ein hyperaktiver Brillenträger und Eddie wird von seiner Mutter kränklich gehalten. Jeder ist sich seiner Schwächen bewusst, weshalb sich die Kinder als “Club der Verlierer” bezeichnen. Sie halten zusammen, um gegen jene stark zu sein, die schwächere unterdrücken. Wie gegen den 14-jährigen Henry Bowers und dessen Freunde. Gleichzeitig verschwinden in der Stadt Derry Kinder oder werden ermordet. Eines der Opfer war Bills jüngerer Bruder Georgie. Durch Berichte und mit Hilfe des Fotoalbums des jungen Mike stellen die Kinder fest, dass alle 30 Jahre etwas Schlimmes in Derry passiert…

Zwei Erzählebenen fordern langen Atem

Originaltitel Stephen King’s IT
Jahr 1990
Land USA, Kanada
Genre Horror
Regisseur Tommy Lee Wallace
Cast Pennywise: Tim Curry
Bill Denbrough: Richard Thomas / Jonathan Brandis
Beverly Marsh: Annette O’Toole / Emily Perkins
Ben Hanscom: John Ritter / Brandon Crane
Eddie Kaspbrak: Dennis Christopher / Adam Faraizl
Richie Tozier: Harry Anderson / Seth Green
Stan Uris: Richard Masur / Ben Heller
Mike Hanlon: Tim Reid / Marlon Taylor
Henry Bowers: Michael Cole
Laufzeit 192 Minuten
FSK

Die Geschichte wird stellenweise in Rückblenden erzählt. Die Kinder von damals treffen sich 30 Jahren nach den Geschehnissen von 1960 wieder. Der Horror beginnt erneut und in Rückblicken werden die Begegnungen mit Pennywise aufgearbeitet. Die Sprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart können mitunter Müdigkeitserscheinungen hervorbringen, da sie zuhauf geschehen und die Handlung immer wieder ausbremsen. Denn in Szenen, in denen der Clown nicht zu sehen ist, dominieren entweder die Coming of Age-Momente (Vergangenheit) oder die zwischenmenschlichen Verstrickungen (Gegenwart). Buchliebhaber bemängeln zudem, dass den Figuren die Komplexität fehlt, die sie im Buch inne hatten, und sie schlicht auf wesentliche Eigenschaften reduziert wurden. Hinzu kommen sich wiederholende Elemente: Der Clown bedroht die Kinder, es passiert etwas und er verschwindet lachend wieder. Erzähltechnisch ist das nicht ganz sauber gelöst, denn nach kurzer Zeit zeigt sich, dass die Androhungen größtenteils heiße Luft waren. Nach der Konfrontation mit Pennywise verpasst Beverly ihm mittels Steinschleuder ein Loch in den Kopf und der Clown verschwindet wieder. Hier fällt die Inszenierung stellenweise sehr spannungsarm aus, was auch den CGI-Effekten geschuldet ist. Diese wirken vor allem aus heutiger Sicht altbacken und weit überholt.

Vielgescholtene Verfilmung

Während die Erlebnisse aus Sicht der Kinder vergleichsweise noch aufregend sind, geht der Gemeinschaftscharakter beim Sprung in die Gegenwart verloren. Die Charaktere besitzen nicht die Präsenz ihrer kindlichen Versionen und wirken wenig entwickelt. Fans bemängeln hier vor allem auch die schauspielerische Leistung sowie die platten Schock-Effekte wie beispielsweise die Spinne oder den Kühlschrank.  Höhepunkte bleiben im Erwachsenenalter ohnehin aus.  Wenn Beverly im Finale ebenfalls eine Steinschleuder benutzt, um über Pennywise zu richten, verdeutlicht dies, wie die Figuren 1:1 von gestern ins Heute übertragen wurden, ohne weiter auf deren Persönlichkeit Wert zu legen. Die Konflikte des Erwachsenen wirken nicht ernstzunehmend und driften nicht selten in die Lächerlichkeit ab, bei dem Versuch, einen Schuss Humor ins Geschehen zu bringen. Während also die Kinderclique noch einen gewissen Biss mitbringt, waltet die Erwachsenengruppe einfach ihrer Dinge, ohne den Zuschauer für sich zu gewinnen. Ähnlich verhält es sich auch mit Pennywise, der nahezu sämtliche Möglichkeiten verstreichen lässt, aktiv zu werden. So hätte er die Möglichkeit gehabt, Eddie Kaspbrak alleine in der Dusche zu töten, doch es bleibt beim bloßen Erschrecken. Schlussendlich manövriert sich die Geschichte nach rund 2,5 verstrichenen Stunden in ein Finale, welches sich in keiner Weise gerecht wird und den Zuschauer aufgrund seiner Spannungsarmut enttäuscht bis irritiert zurücklässt.

Produziert fürs Fernsehen

Bei ES handelt es sich um zwei Fernsehfilme, die serienartig im amerikanischen Fernsehen 1990 ausgestrahlt wurden. 1991 erschienen beide Teile als 192 Minuten langer Film auf VHS. Die Romanvorlage von King erschien bereits vier Jahre zuvor. Die Verfilmung weicht jedoch im Detail sehr stark von der Romanvorlage ab. Der durch die Rocky Horror Picture Show bekannte Tim Curry in der Rolle des Pennywise gilt bis heute als Aushängeschild, obwohl er die Seite des Bösen einnimmt. Mit Jonathan Brandis (SeaQuest DSV) befand sich ein angehender Kinderstar im Cast, der sich 13 Jahren nach der Verfilmung das Leben nahm. Von den jungen Darstellern konnten sich einzig Seth Green (Austin Powers) und Emily Perkins (Ginger Snaps) im Business halten. Obwohl die schauspielerische Leistung an vielen Stellen zu Wünschen übrig lässt und die Verfilmung die Qualitäten des Romans nicht zu würdigen weiß, gehört ES zu den dramaturgisch außergewöhnlichsten Stoffen der 90er, wenngleich seine Inszenierung und die holprige Erzählweise nicht packen können.

ES ist tatsächlich eine Gratwanderung zwischen Faszination und Lächerlichkeit. Als Kind konnte ich durchaus Respekt bewahren vor Pennywise. Aus heutiger Sicht ist er allerdings auch das Alleinstellungsmerkmal dieser Verfilmung geworden. Die Figuren sind weitgehend eindimensional gehalten, die angedeutete Liebesgeschichte schläft nach kurzer Zeit ein und es ist offensichtlich, welchen Stereotypen die Figuren erfüllen, ohne dass dabei auch nur irgendwer heraussticht. Ärgerlicherweise kommen dann auch noch einige Ungereimheiten hinzu, die dazu führen, dass Sympathien gegenüber den Charakteren erst gar nicht aufkommen wollen. Beispiele gefällig? Die Bullies werden gleich getötet, ohne sie vorher an das Schweben zu erinnern, Henry Bowers wird komischerweise verschont und bekommt weiße Haare. Die Lehrerin tadelt Henry Bowers, weil er zu Ben Schweinegeräusche macht, reagiert aber nicht auf die Morddrohung an ihn. Der Film endet als Happy End mit Audra Denbroughs Erwachen, obwohl der Charakter im Film kaum etwas gemacht hat.  Setze ich die Nostalgiebrille auf, kann ich dem Film eine Menge abgewinnen, doch ohne Verklärungslinsen sehe ich die deutlichen Schwächen ohne Abstriche.

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Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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Atticus
Redakteur
2. Januar 2018 21:08

Der Zweiteiler stand bei mir schon eine ganze Weile auf meiner Liste, aber irgendwie bin ich erst jetzt dazu gekommen, ihn mir anzuschauen. Für den Film wäre es wohl besser gewesen, wenn ich ihn erst nach der Neuverfilmung aus dem vergangenen Jahr gesehen hätte. Der Kontrast ist da schon ziemlich krass und kommt der älteren Verfilmung nicht gerade entgegen. Aber die Herangehensweise in diesem Film ist zumindest insoweit interessant, dass hier wie im Buch die Ereignisse in der Kindheit und im Erwachsenenalter der Protagonisten parallel erzählt werden. Im Buch fand ich das nicht schlecht, weil dadurch von King die Spannung sukzessive gesteigert wurde. Hier gelingt dies jedoch leider eher bedingt, was vor allem daran liegt, dass bei den Erwachsenen die Charakterbeziehungen vereinfacht wurden und die Figuren daher sehr blass daherkommen. Aber auch bei den Ereignissen in der Kindheit kommt nie so richtig die Magie der kindlichen Phantasie herüber, die sowohl in Kings Roman als auch in der Neuverfilmung von 2017 eine der wichtigsten Säulen sind. Dass das Finale ein bisschen ins Wasser fällt, kann man dem Film wohl nicht so sehr anlasten. Um das Ende des Buches angemessen umsetzen zu können, haben damals wohl einfach die finanziellen und technischen Möglichkeiten gefehlt.
Unterm Strich bleibt so ein durchschnittlicher Horrorfilm, dem man jetzt nicht unbedingt gesehen haben muss, der aber aufgrund von Tim Currys kultiger Pennywise-Darstellung doch noch ganz unterhaltsam ist.