Ni No Kuni – Der Fluch der Weißen Königin

Ni No Kuni: Der Fluch der Weißen Königin hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Erst schien es so, als würde das Spiel nie nach Deutschland kommen, dann wurde es mit großer Verspätung doch noch bei uns veröffentlicht – allerdings nur in einer der zwei verfügbaren Fassungen. Und dann, zur Überraschung aller, ist es ein echter Verkaufserfolg geworden. Da am 23. März 2018 der Nachfolger Ni No Kuni II: Schicksal eines Königreichs erschien, haben wir unsere PlayStation 3 nochmal entstaubt und geschaut, weshalb das Spiel so großen Anklang fand.

     

Nachdem der junge Oliver seine Mutter bei einem selbst verursachten Unfall verliert, erwacht die kleine Fee Tröpfchen zum Leben und bietet ihm an, seine Mutter zu retten. Es gibt eine andere Welt, welche mit Olivers Welt verbunden ist. Dort findet sich zu jeder Person eine Art Zwilling und sollte es Oliver schaffen Alice, den Doppelgänger seiner Mutter, dort zu retten, so könnte das auch positive Auswirkungen auf seine Welt haben. Leider stellt sich diese Aufgabe als schwieriger heraus, als ursprünglich gedacht. Shadar, bekannt als der Dunkle Dschinn, hält Alices anderes Ich gefangen und droht, die Welt zu zerstören. Nun liegt es an Oliver, Shadar aufzuhalten und Alice aus seinen Fängen zu befreien.

Olivers Reise ins Zauberland

Um Ni No Kuni: Der Fluch der Weißen Königin einen einzigartigen Stil zu verpassen, hat sich Entwickler Level-5 (Yo-Kai Watch) mit Studio Ghibli (Chihiros Reise ins Zauberland) zusammengetan und die bekannte Optik des Animestudios in die dritte Dimension verfrachtet. Schon auf Standbildern wird klar, dass Level-5 den Stil perfekt eingefangen hat, doch erst in Bewegung hat man wirklich das Gefühl, einen lebendig gewordenen Anime selbst spielen zu dürfen. Vom Studio Ghibli angefertigte Zwischensequenzen, die farbenfrohen Hintergründe, das typisch simple, aber charmante Charakterdesign und selbst die Musik, welche von Joe Hisaishi (Ponyo – Das große Abenteuer am Meer) komponiert wurde, verpassen Ni No Kuni eine einzigartige Note.

Um die Geschichte von Ni No Kuni zu erzählen, hat sich Level-5 dazu entschieden, hier ein klassisches JRPG zu entwickeln. Eine frei begehbare Oberwelt lädt mit geheimen Orten und Höhlen zum Erkunden ein. Schiffe, später auch ein Äquivalent des typisches Luftschiffs, erlauben es, weit entfernte Inseln und Orte zu erreichen. Während Oliver so die gesamte Welt bereist und Shadar hinterherjagt, muss er sich in Kämpfen mit wilden Monstern beweisen und in Städten Aufgaben für die Bewohner erledigen. Mag dies auf dem Papier nicht besonders klingen, ist es die Präsentation, welche hier viele Pluspunkte sammelt. So ist die Oberwelt vom Maßstab her kleiner, was das Reisen zwischen Ortschaften beschleunigt. Allerdings ist sie immer noch groß genug um die Reise auch entsprechend episch wirken zu lassen.

Während Olivers Welt an eine amerikanische Kleinstadt in den 1950ern und 60ern Jahren erinnert, so ist die andere Welt eher von klassischer Fantasy beeinflusst – jedoch mit einem gewissen Twist. So gibt es hier auch Ritter und Drachen, doch jede besuchte Ortschaft weist ein gewisses Persönlichkeitsmerkmal auf. In Katzbuckel etwa, der ersten Stadt die Oliver besucht, herrscht König Tom XIV, eine anthropomorphe Katze. Menschen und menschenartige Katzen gehen in dem Königreich Hand in Hand.

Glücklicherweise ist Oliver auch ein fähiger Zauberer, was es ihm erlaubt, zwischen den Welten hin und her zu springen. So muss er gelegentlich in seine Heimat zurückkehren, um das andere Ich einer Figur aufzusuchen und deren Probleme zu lösen, um in der anderen Welt weiterzukommen. Daneben lernt er noch weitere Sprüche, die ihm helfen Brücken in der Landschaft zu bauen oder Herzen von Personen zu empfangen und diese weiterzugeben. Denn Shadar beherrscht die Fähigkeit, Menschen zu brechen, indem er verschiedene Attribute, wie Enthusiasmus oder Liebe, aus den Herzen entfernt. So jagt Oliver konstant Shadar hinterher, während er in Nebenaufgaben die Welt mit seiner Magie wieder in Ordnung bringt. Doch Magie kann natürlich auch noch anders eingesetzt werden.

Künstliche Inkompetenz

Originaltitel Ni no Kuni: Shiroki Seihai no Joō
Jahr 2011 (J), 2013 (D)
Plattform PlayStation 3
Entwickler Level-5
Publisher Bandai Namco
Genre J-RPG
Spieler 1
USK

Bestimmte Zaubersprüche sind eher offensiver Natur und lösen in Kämpfen von Feuerbällen über Erdbeben allerlei Angriffe aus. Doch mit Magie allein würde Oliver die zahlreichen Schlachten, die er schlägt, nicht überstehen können. Daher stehen ihm Vertraute zur Verfügung, die mit ihm gemeinsam in den Kampf ziehen. Wilde Monster lassen sich mit etwas Glück einfangen, um die Auswahl der Vertrauten im Kampf zu personalisieren und zu spezialisieren. Denn wie es sich gehört, steht jedes Monster unter einem besonderen Zeichen, welches in bester Stein, Schere, Papier Manier jeweils stärker oder schwächer gegenüber einem anderen Zeichen ist.

Nach und nach schließen sich Oliver auch weitere Charaktere an, die ihm dabei helfen wollen, Shadar zu stoppen. Leider zeigt sich hier eine der größten Schwächen des Spiels: Während die Gegner oft aggressiv agieren und über schier unendlich Magiepunkte für Spezialangriffe verfügen, verbraten die eigenen Mitstreiter ihr Pulver oft in den unsinnigsten Momenten. So kann man zwar einstellen, wie sich jeder Mitstreiter im Kampf verhalten soll und auch allgemeine offensive oder defensive Befehle erteilen, doch leider ist dies noch keine Garantie dafür, dass sich diese auch daran halten. Zudem werden Aktionen, sobald man diese ausgewählt hat, vollständig von der KI übernommen, welche ihrem Namen leider nicht gerecht wird. Kann man sich im Kampf frei über das Schlachtfeld bewegen, rennen die Figuren bei bestimmten Aktionen direkt auf den Gegner zu. Liegt jedoch ein Freund oder ein anderer Feind auf der direkten Linie zum eigentlich anvisierten Feind, so ist sich die KI zu fein, einen Bogen zu schlagen und rennt oft direkt in Freund und Feind hinein. Da Angriffe zeitlich begrenzt sind, wird hier zudem noch unnötig Zeit verschwendet. Hinzu kommt, dass Gegner in neuen Arealen oft viele Level höher sind, was dazu führt, dass man viel Zeit in die Kämpfe stecken muss.

Die Hexe und der Zauberer

Auf dem Weg zu Shadar gibt es nur wenige Überraschungen, der eine oder andere Twist, hat sich aber trotzdem in die Geschichte geschlichen und weiß einen mal mehr, mal weniger in Erstaunen zu versetzen. Auch die titelgebende Weiße Königin fühlt sich eher wie ein Nachgedanke an, würde die Handlung doch auch ohne sie funktionieren. Jedoch ist die Geschichte kompetent erzählt und die wenigen Mysterien die einem lange verborgen bleiben, motivieren stets zum Weiterspielen. Kann man Alice und so auch Olivers Mutter retten? Warum will Shadar die Welt zerstören? Während man den Antworten auf diese Fragen hinterherjagt, wird man immer wieder von kleineren Geschichten in den Nebenaufgaben abgelenkt, versucht sich an Monsterjagden gegen besonders starke Gegner oder versucht, in optionalen Turnieren als Sieger hervorzugehen. Daher ist es schade, dass die frustrierenden Elemente der Präsentation widersprechen. Die charmante Anime-Optik, die einfache Struktur der Erzählung und Tutorials sowie Hilfestellungen für alles, was man sieht und tut – das alles steht im Kontrast zum hohen Schwierigkeitsgrad des schlecht ausbalancierten Kampfsystems.

Ni No Kuni habe ich bereits zum Launch 2013 gekauft, allerdings nie beendet. Da der zweite Teil vor der Türe stand, wollte ich dem Erstling aber doch noch eine Chance geben und ich wurde schmerzhaft daran erinnert, weshalb ich damals aufgehört habe. Das Kampfsystem ist eine unausgeglichene Katastrophe, die voller guter Ideen steckt, die leider nur halbgar umgesetzt sind. Wenn man sich aber die Zeit nimmt, entsprechende Vorbereitungen zu treffen, wird man mit einer simplen, aber liebevoll erzählten Geschichte belohnt, die sich Fans anderer Studio Ghibli-Werke nicht entgehen lassen sollten. Auch wenn einige der wenigen Twists leider von Anfang an vorhersehbar sind, so gibt es doch genug Überraschungen, zu denen dann auch die eine oder andere Träne fiel. Level-5 hat hier in vielerlei Hinsicht einen spielbaren Anime abgeliefert, dem es nicht an Charme, allerdings an Feinschliff mangelt.

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Makoto

Irgendwie schlägt sich Makoto durchs Leben, arbeitet aber nie in dem Beruf, den er gelernt hat. Doch findet er daneben immer die Zeit für seine große Leidenschaft: Videospiele. Gute Figuren und spannende Geschichten schätzt er sehr, aber oft reicht es ihm schon aus wenn es was zu lachen gibt oder es ordentlich kracht. Für Filme, Manga und Anime räumt er sich gelegentlich auch Zeit ein. Selbsterklärter Slice-of-Life Spezialist.

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