Santa Clarita Diet (Staffel 2)

Früher noch in den Schmuddelecken der Videotheken und Programmkinolandschaft angesiedelt, sind Zombies inzwischen längst im Mainstream angekommen und erfreuen sich trotz schlechter Hygiene und noch schlechteren Essgewohnheiten größter Beliebtheit. Im TV-Fahrtwasser von The Walking Dead finden sich höherwertige Ableger wie Fear the Walking Dead oder trashigere Serien wie Z-Nation, aber längst lösen die laufenden Toten auch schon Kriminalfälle und fangen in iZombie Mörder. In der ersten Staffel von Santa Clarita Diet ging Serienschöpfer Victor Fresco (Verrückt nach dir) letztes Jahr mit der Resozialisierung schlurfender Hirnesser noch einen Schritt weiter und hat uns gezeigt, wie Neu-Zombie Sheila das Dasein als Untote mit Ehe, Familie und Immobilienmakler-Job zu vereinen versucht. Seit März 2018 ist nun die zweite Staffel der grotesken Zombie-Familien-Komödie auf Netflix zu sehen. Zum Glück, denn die erste Staffel endete mit multiplen Cliffhangern. 

So findet sich Sheila nun angekettet im Keller ihres eigenen Hauses wieder, jedoch freiwillig und aus Sorge darüber, dass sie mit einem weiteren Kotrollverlust tatsächlich ihrer Familie etwas antun könnte. Zwar ist ein Rezept für eine Injektion vorhanden, die ihren weiteren Zerfall und ausufernden Jagdinstinkt zumindest stoppen sollte, doch fehlt dem wissenschaftlich versierten Nachbarsjungen Eric für die Herstellung immer noch die wichtigste Zutat: Gallensaft, serbischer Gallensaft. Der Versuch von Joel, Sheilas Ehemann, eben diesen zu besorgen, indem er eine alte serbische Frau abfüllen und zum Erbrechen bringen wollte, endete für diesen erst einmal in einer psychischen Anstalt, wo er weiterhin festgehalten wird. Während also die Mutter im Keller anfängt an Holzbalken zu nagen und ihr Vater zumindest anderen Patienten gefahrlos von der „Krankheit“ seiner Frau erzählen kann, ist es nun an Tochter Abby, die dringend nötige Zutat aufzutreiben, aber dafür gibt es ja schließlich das Internet. Aber das sind nicht die einzigen Probleme, mit denen die Hammonds irgendwie herumjonglieren müssen: Sheila braucht immer noch eine feste Nahrungsquelle und junge, ledige Hitlers, die man ruhigen Gewissens aufessen kann, sind schwer zu finden; Nachbarin und Polizistin Anne lassen die immer häufigeren Morde in Santa Clarita keine Ruhe; es muss immer noch die Ursache für Sheilas Krankheit gefunden werden, denn was, wenn es noch mehr Zombies gibt oder gar eine Epidemie droht? Abby und Eric sind weiterhin immer noch Teenager und haben damit verbundene Probleme; ein neues Bauprojekt möchte ausgerechnet dort den ersten Spatenstich setzen, wo Sheila ihr erstes Opfer Gary vergraben hat; dann ist da auch noch ein ortsfremdes Ehepaar, dass seltsam informiert über die Zombiekrankheit zu sein scheint und wann, oh wann, wird Joel endlich dazu kommen, in Ruhe sein Bücherregal zu bauen?

Schwarzer Humor, aber positiv und optimistisch!

Originaltitel Santa Clarita Diet – Season 2
Jahr 2018
Land USA
Episoden 20 (in 2 Staffeln)
Genre Horror, Komödie, Familie
Cast Sheila Hammond: Drew Barrymore
Joel Hammond: Timothy Olyphant
Abby Hammond: Liv Hewson
Eric Bemis: Skyler Gisondo
Lisa Palmer: Mary Elizabeth Ellis
Rick: Richard T. Jones
Anne Garcia: Natalie Morales
Ramona: Ramona Young
Gary West: Nathan Fillion

Hat die erste Staffel schon mit einem überraschend guten schwarzen Humor überzeugt, ist dieser durch die bessere Eingespieltheit der Besetzung nun noch verfeinert. Die sich steigernde Absurdität der Zombieseuche; die Alltäglichkeit, mit der über das Morden und Menschenverspeisen geredet wird und die sich darin immer wieder einschleichende tatsächliche Alltagsbanalität werden mit hervorragenden Timing dargeboten und erzeugen eine seltsam fröhliche unbeschwerte Art von schwarzen Humor. Dieser wird in überzogenen Szenen und pointierten Dialogen dargebracht und lebt besonders von den Kontrasten des blutigen Zombiedaseins und dem hilflos naiven Umgang damit durch Sheila und Joel. Diese versuchen weiterhin mit rührender Sturheit an ihrem alten und normalen Leben festzuhalten und ihr neues irgendwie zu rechtfertigen. Abseits des humoristischen Zombiehauptthemas sollte aber besonders auch eine ausgeprägte ironische Ebene erwähnt werden, die immer wieder durchscheint. Zum Beispiel wenn Eric seine Bewunderung für Joel und Zuneigung zu Abby selbstironisch kommentiert oder erzieherische Maßnahmen von Sheila und Joel gegenüber Abby von allen anschließend meta-erzieherisch besprochen und durch Abby sarkastisch bewertet werden. Es ist seltsam, wie schwer Erziehung wird, wenn man durch ein paar kannibalistische Morde plötzlich etwas zu viel moralische Angriffsfläche bietet.

Große Namen und eine überzeugende Nachwuchsgeneration

Schauspielerisch stechen natürlich die beiden Filmstars Drew Barrymore (E.T. – Der Außerirdische) und Timothy Olyphant (Stirb langsam 4.0) alleine mit ihren Namen hervor. Barrymore gelingt hier das Kunststück trotz den totschlägerischen, bestialischen Neigungen ihrer Rolle, die wahrscheinlich liebenswerteste Zombiene überhaupt zu spielen. Olyphant – eher für seine Rollen als vor Coolness triefender Cowboy oder Bösewicht bekannt – beweist überraschend gute komödiantische Talente und spielt unterhaltsam die Rolle des um Normalität bemühten Ehemanns am Rande des Nervenzusammenbruchs. Weitere erfahrene Serienschauspieler ergänzen den Cast, wie Natalie Morales (The Middleman) oder Richard T. Jones (Terminator: S. C. C.) genauso wie Nathan Fillion (Firefly), der besonders mit seinem Mienenspiel überzeugen kann … erzwungenermaßen, da seine Figur Gary nur noch ein sprechender Kopf ist.  Besonders hervorgehoben werden sollten jedoch Liv Hewson (Marvel’s Inhumans) und Skyler Gisondo (The Amazing Spider-Man) als Abby und Eric, die ihren erfahreneren Co-Stars in keiner Weise nachstehen.

Besonders in der zweiten Staffel hat es mich überrascht, wie sehr ich auch Abby und Erics Erzählstränge mag. Mit dem sarkastischen Teenagermädchen und nerdigen Wissenschaftsgenie sind das eigentlich zwei ziemlich ausgelaugte Stereotypen, die einen eher langweilen sollten. Dass dies nicht der Fall ist, hängt natürlich einerseits mit den makabren Umständen und den gut geschriebenen Dialogen zusammen, jedoch auch damit, dass die Schauspieler der beiden sowohl eine sehr gute Balance zwischen Ernst und Humor finden wie auch eine sehr gute Chemie beweisen. Ansonsten ließ mich die zweite Staffel immer wieder auf eine gute Art und Weise die Hände vor das Gesicht schlagen: Angefangen bei Gary dem sprechenden Kopf, wobei es ja schön ist, dass Fillions Figur im Nachhinein durch die mit der Zombiefizierung einhergehenden Persönlichkeitsveränderung noch etwas sympathischer gemacht wurde. Dass diese ausgekotzten roten Bällchen sich als seltsame Spinnen erweisen, wurde mit einem entsetzten „What the fuck!?!“ ja schon on-screen ziemlich passend kommentiert und das Zombiejäger-Pärchen mitsamt Ehediskussionen tut zu der ganzen Sache ihr Übriges. Schön sind auch immer wieder die moralischen Debatten zwischen Sheila und Joel, z. Bsp. ob es nun diskriminierender sei, einen Nazi im Rollstuhl aufzuessen oder ihn gerade deswegen nicht aufzuessen.  Eine Bestätigung über eine dritte Staffel steht noch aus, aber auch wenn die zweite mit weniger Cliffhangern ihr Ende gefunden hat, ist auf jeden Fall noch sehr viel mehr zu erzählen, weswegen man hoffen darf. Santa Clarita Diet ist komplett absurd, ohne dabei den naheliegenden Fehler zu begehen, auch noch bescheuert zu sein und heraus kommt eine herrlich witzige, blutige und herzerwärmende Serie. Neben The Good Place eins der besten und besonders kreativsten Comedy-Formate, die aktuell laufen.

Lyxa

Lyxa studiert aktuell das Fach Und-was-macht-man-damit in Mainz, liest viel, schreibt gerne und schaut sich viel und gerne allerlei Serien und Filme an, am liebsten Science-Fiction. Lyxa ist dabei besonders der Dunklen Seite der Macht verfallen, weil es dort die cooleren Outfits gibt.

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Prinzessin Blaubeere
Redakteur
9. April 2018 19:01

Wow, ich bin gerade von deinem Artikel total geplättet. Du bist wirklich die Erste, die ich so positiv über diese Serie reden höre. Bisher habe ich nur Negatives gehört und wurde komisch angeschaut, wenn ich gesagt hab, dass ich die erste Staffel komplett gesehen habe. Ich bin so hin- und hergerissen. Die deutsche Synchro finde ich katastrophal. Man kann es so eigentlich gar nicht schauen, weil die Serie dadurch extrem trashig wirkt. Und das tut sie ja generell schon. Ich weiß immer noch nicht genau, ob das eigentlich Absicht ist. Ebenso die Dialoge. Die sind oft so schlecht und ich frage mich dann immer, ob ich einfach nicht verstanden habe, dass es absichtlich so trashig sein soll. Der Humor ist…schwarz, ja. Das liebe ich eigentlich, aber es kommt so billig rüber. Eigentlich ist die Serie wie ein Unfall. Ich bin jetzt auch ziemlich am Ende der zweiten Staffel. Ich schaue sie, weil ich sie irgendwie schauen muss, obwohl ich sie wie eine dieser Werbungen finde, in denen Familien so sitcommäßig übertrieben dargestellt werden. Das ist einerseits witzig, andererseits aber auch so billig. Ich kann zu dieser Serie einfach keine klare Meinung abgeben und nicht mal sagen, ob ich sie jetzt gut oder schlecht finde. Ich kann sie einfach nicht nicht schauen. Eine dritte Staffel würde ich vermutlich auch noch schauen.

MadameMelli
Redakteur
10. April 2018 11:22

Ich bin fasziniert, wie positiv du über die zweite Staffel redest. Ich hatte nach Ende der ersten die Befürchtung, dass sie das gute Niveau der ersten nicht halten können. Und ich fand die zweite Staffel zwar ok, aber den Humor und manche Plottwist oft erzwungen. Die Witze und skurrilen Situationen haben für mich nicht mehr so gezogen wie in der ersten Staffel und das mit dem Kopf fand ich erst zum Schluss besser, als Joels Beziehung intensiviert wurde (wenn auch nur im Nebensatz, man sah sie nie interagieren) Es wirkte oft wie ein Spießrutenlauf und einfach nach zu viel. Unterhalten konnte mich die zweite Staffel dennoch gut genug, dass ich mir auch eine dritte geben würde.

Und Prinzessin Blaubeere: Unbedingt auf Englisch gucken. Der Punkt war für mich erreicht, als Nathan Fillion in der ersten Staffel seinen Mund aufmachte – die Synchro geht gar nicht. Auf Deutsch habe ich es eigentlich nur probiert, weil ich es während einer Erkältungsphase angefangen hatte. Aber die Originalstimmen sind super verständlich, ich kann es nur empfehlen!