Spider-Man: A New Universe
Für so manchen Zuschauer war es befremdlich, Peter Parker gleich durch drei Schauspieler verkörpert zu sehen. Spider-Man: A New Universe legt sogar eine Schippe drauf und lässt mit Miles Morales eine Figur in das Spinnenkostüm schlüpfen, welche bislang Comiclesern vorbehalten blieb. Ganz umstellen müssen sich Filmzuschauer allerdings nicht: Einerseits muss niemand auf Peter Parker verzichten, andererseits wird man auch nicht mit neuen Schauspielern konfrontiert. Denn mit Spider-Man: A New Universe fällt der Startschuss für ein neues Erzähluniversum, nämlich ein Animiertes. Das hat einen entscheidenden Vorteil: mehr Handlungsmöglichkeiten, keine Verknüpfungen mit anderen Filmen (die Avengers lassen grüßen) und endlich lassen sich auch Paralleldimensionen erklären ohne völlig bescheuert auszusehen. Vorhang auf für eine moderne Neuinterpretation von Sony Pictures Animation (Hotel Transsilvanien)!
Miles Morales ist Schüler. Daran ist nichts weiter außergewöhnlich, doch sein Alltag ändert sich, als er in ein Internat gesteckt wird. Seine Begeisterung fällt sehr überschaubar aus. Zuflucht findet er bei seinem Onkel, der einfach viel cooler als sein Polizistenvater ist und mit Miles nachts sprayen geht. Dabei wird Miles von einer Spinne gebissen und entwickelt eigenartige Kräfte. Kurz darauf lernt er den stadtbekannten Spider-Man kennen und wird Zeuge, wie sein Idol ums Leben kommt. Miles tritt ein schweres Erbe an, denn er hat seine Kräfte kaum unter Kontrolle…
Auch du bist Spider-Man!
Spider-Man: A New Universe katapultiert den Zuschauer in die atemberaubend aussehende und bunte Comicwelt des Miles Morales. Der Schüler ist es, der den Spinnenbiss abbekommt und daraufhin zu Spider-Man wird. Selbiger ist übrigens in jenem Erzähluniversum ein bereits etablierter Held, der auch eine eigene Comicreihe besitzt. Frühzeitig wird also klar: Jeder kann zu Spider-Man werden! Spinnenbiss natürlich vorausgesetzt. Dass Peter und Miles nicht die einzigen sind, wird ebenfalls Gegenstand des Films. Denn wir bekommen gleich sechs Persönlichkeiten zu sehen, die alle in ihrer (auch optisch diversen) Fassung Spider-Man sind: Gwen Stacy als Spider-Gwen, das Animegirl Peni Parker, ein Neo Noir-Spider-Man (Spider-Man Noir) und ein Cartoon-Schwein (Spider-Ham)! So unterschiedlich wie jede dieser Figuren ist, so unterschiedlich sind auch die einzelnen Zielgruppen und Märkte, welche sie bedienen. Und das trifft darüber hinaus auch auf die jeweiligen Animationsstile zu, welche hier ganz unkonventionell aufeinandertreffen. Gemeinsam haben die “Spider-People”, wie sich die Gruppe nennt, erst einmal wenig, sieht man einmal von der gemeinsamen Bestimmung ab. Und trotzdem funktioniert das von Dynamik geprägte Miteinander zunehmend besser.
Heldentum bedeutet Verlust
Wer mit Miles, der Potenzial für eine eigene Coming-of-Age-Geschichte mitbringt, nicht warm wird, darf sich auf einen alternativen Peter (B.) Parker freuen.
Humor auf den Punkt
Originaltitel | Spider-Man: Into Spider-verse |
Jahr | 2018 |
Land | USA |
Genre | Animationsfilm, Action |
Regisseur | Bob Persichetti, Peter Ramsey, Rodney Rothman |
Cast | Miles Morales: Shameik Moore Peter B. Parker: Jake Johnson Gwen Stacy: Hailee Steinfeld Onkel Aaron: Mahershala Ali Tante May: Lily Tomlin Mary Jane: Zoë Kravitz |
Laufzeit | 118 Minuten |
FSK |
Angenehm für den Zuschauer gestaltet sich die Wahl des Bösewichts. Kingpin ist ein filmisch bislang nur in Verbindung mit Daredevil beleuchteter Bösewicht, der nun auch gegen Spider-Man am Zug ist. Über den grünen Kobold mitsamt Sohnemann Harry wurde längst alles erzählt, weshalb man ihn dem Zuschauer kein weiteres Mal zumutet. Doch dabei bleibt es nicht, weitere populäre Bösewichte besiedeln die Stadt.
Eine neue Erfahrung des Animationsfilms
Brian Michael Bendis, Schöpfer von Miles Morales, war als Produzent am Film beteiligt, deshalb verwundert die Universenkenntnis wenig. Schließlich befinden sich in diesem Film Reminiszenzen über mehr als 60 Jahre Spider-Man Comics. Auf audiovisueller Ebene gehört das von Bob Persichetti, Peter Ramsey und Rodney Rothman inszenierte Spektakel zu den verblüffendsten Erfahrungen des Animationsfilms. Bereits der Cel-Shading-Look ist ein wahrer Hingucker. Kommen dann noch Sprechblasen, Textpanels oder andere für den Comic typischen Elemente hinzu, sieht das Ergebnis wie aus einem Guss aus. Ein zum Leben erweckter Comic. Phil Lord und Chris Miller, deren kreative Ideen bereits The LEGO Movie zum Leben erweckten, sorgen für einen unverbrauchten und frischen Stil. Das gilt erstaunlicherweise auch für den von Hip-Hop geprägten Soundtrack von Daniel Pemberton, dessen beatlastige Stücke zwar stilistisch in das Gesamtgefüge passen, doch in Verbindung mit Spider-Man neu sind. Miles liebt eben die Musik und das spiegelt so auch der Soundtrack wider. In der Originalversion leiht Shameik Moore Miles Morales seine Stimme. In weiteren Rollen sind Jake Johnson als Peter B. Parker, Chris Pine als Peter Parker und Liev Schreiber als Verbrecherboss Kingpin zu hören. Die Rolle der freigeistigen Spider-Gwen wird von Hailee Steinfeld übernommen und Oscar-Gewinner Mahershala Ali spricht Miles‘ einflussreichen Onkel Aaron.
Unsterblich im Spider-Man Animated Universe: Stan Lee
Wann immer man denkt, es gehe hierbei rein um die Maschinerie einer Marke, wird man feststellen müssen, dass dieser Film ein Tribut ist. Einmal an die Figur Spider-Man, an Superhelden im Allgemeinen, schließlich aber auch Multiversen und selbstverständlich an die beiden 2018 verstorbenen Schöpfer Stan Lee und Steve Ditko. Ersterer lässt sich auch hier seinen obligatorischen Cameo-Auftritt nicht nehmen und selbst wenn zukünftige MCU-Filme ohne Stan Lee auskommen müssen, kann er im Spiderverse weiterleben. Ohnehin umarmt dieser Film das Comic-Erbe wie kein anderer.
Fazit
Spider-Man: A New Universe präsentiert sich als irrsinniges, rasantes und herrlich selbstironisches Filmerlebnis. Aufgeladen mit popkulturellen Referenzen kommentiert der Film gerne mal die Entwicklung der eigenen Marke. Wer sich also über Spider-Man Nummer 4 ärgert oder freut, darf sich gleich auf Spider-Man Nummer 5 und 6 einstellen. Dieses Universum lebt und legt den Grundstein für hoffentlich viele weitere Filme. Auch Nicht-Fans der Spinne können sich auf ein rasantes Abenteuer voller Bombast-Action und lebhafter Figuren freuen. Ich bin hin und weg von diesem Ergebnis und wünsche mir eine Expansion des gesamten Marvel Universums. So gerne ich das MCU mag, so sehr genieße ich die Unabhängigkeit von Schauspielern und Verträgen.
Kurze Frage, habe ich meinen Spaß mit dem Film, wenn ich nur die anderen älteren Filme kenne? Ich mag Spiderman total aber ich lese keine Comics und bin auch nicht so tief drin, dass mir all die anderen “Spinnen” (oder Spinnenschweine) was sagen. Habe daher bedenken, dass ich nur erschlagen bin von all den Versionen.
Hier ist der Name tatsächlich Programm: A New Universe. Man kann hier einsteigen und bei null beginnen. Eine brandneue Hauptfigur, die man hier kennenlernt. Der Rest der Gruppe wird nach und nach eingeführt.
Wissen muss man einzig, DASS es eben andere Spider-Man Versionen gibt, damit man nicht zu verwundert ist oder Peter Parker gar für den einzigen hält. Das ist alles 🙂
Kann nur bestätigen, was Ayres sagt. Im Zentrum des Films steht Miles Morales und es ist seine Story, die man präsentiert bekommt. Man muss im Grunde nicht wirklich etwas wissen, einfach eine grobe Vorstellung von Spider-Man als Konzept zu besitzen reicht. Spinnenbiss – schwingt herum – ist einer der Guten – hat mal einen geliebten Menschen verloren.
Die Einführung aller anderen Figuren kommt dann nach und nach und ist für nicht-Leser gedacht. (Also keine zwanzig Insider und so ein auffälliges Informationsloch, weil man das doch wissen muss. *looking at you BvS*)
Eigentlich wollte ich heute Aquaman sehen und am Wochenende dann Spider-Man, da es auf Grund der Filmlänge besser in meinen Terminplan passt. Aber gut, der Fischmann hatte technische Schwierigkeiten und zum Glück fing eine Vorstellung Spider-Man an. Ist etwas komisch, wenn man sich auf einen Superhelden einstellt und dann einen atmosphärisch ganz anderen sieht. Aber ich habe mich lange genug auf den hier gefreut, dass ich ihn in vollen Zügen genießen konnte. Und alle Erwartungen sind erfüllt worden! Volle Punktzahl auch von mir. 🙂
Ich konnte auch bei der Szene mit dem Treffen von Miles und Peter B. nochmal herzhaft lachen, die wir als kleinen Vorgeschmack schon am Ende von Venom bekamen. Das Unterhaltungslevel des Films ist durchgehend auf einem hohen Level, die Zeit verging für mich ratzfatz. Es ist echt angenehm, wie Hintergrundinfos eingestreut werden und das Comicflair perfekt genutzt wird. Inklusive Panels, Sprechblasen und Lautmalerei. Definitiv ein Vorteil als Animationsfilm, aber wird selten derart umgesetzt. Dass die Spider-People in ihren verschiedenen Animationsstilen zusammen kommen, ist einfach nur herrlich.
So ganz verstehe ich noch immer nicht, was das wieder mit dem deutschen Titel soll. “A New Universe”. Okay. Warum? Warum können wir nicht vom “Spider-Verse” reden? Ich bin der ganzen Großevents bei Superhelden in Comics mittlerweile überdrüssig. Aber “Spider-Verse” von 2014 ist für mich ein absolutes Highlight und das Konzept des Multiversums mit zentralem Spinnenmotiv ist gut rübergebracht. Mit einer überarbeiteten Story, die fürs Kinopublikum Sinn ergibt. Das schätze ich hier sehr. Dass Peter Parker Spider-Man ist und sein Onkel Ben starb, was ihm dann einen Antrieb verschaffte zu versuchen jeden zu retten, der Rettung braucht, ist mittlerweile ins Allgemeinwissen übergeschwappt. Die Geschichte von Miles ist neu, passt sich aber bestens an und der Film versteht es, neue Fans zu generieren und alten Fans in diesem Medium was frisches zu bieten.
Kingpin ist wirklich gut gewählt.
Auch den Tod von Peter fand ich gut eingefangen. Die Menschen in New York sind es gewohnt, dass Spider-Man sie seit zehn Jahren rettet. Und dann ist er tot. Einfach so. Mit der Veröffentlichung seines Namens kann Tante May sich nicht verstecken, aber sie kann dafür helfen. Und darf sich von einem anderen/älteren Peter verabschieden. Der ja seine Tante May verloren hat – für beide gut. Aber wiederum nicht zu kitschig eingefangen.
Ich mag Miles und ebenso Spider-Gwen, die geben hier ein tolles Team ab. Und endlich sind zwei sehr beliebte Figuren mal ins Zentrum gerückt. Vielleicht ist beim nächsten Mal ja auch noch Platz für Mayday Parker oder Silk. Das ausgewählte Team hier ist jedenfalls eine schöne Mischung für Ernst und Humor. Die anderen haben ihre Origin hinter sich gebracht und Miles steckt mitten in seinen ersten Schritten.
Eine Post-Credit Szene gibt es auch, die Lust auf mehr macht.