Our World Is Ended
Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) sind Schlagwörter, die gerne benutzt werden, um technische Errungenschaften zu beschreiben, die gerade erst dabei sind, mehr als reine Spielerei zu sein. Virtuelle Welten, die wie echte wirken, oder virtuelle Objekte, die sich problemlos in die reale Welt einfügen, sind noch einige Zeit davon entfernt, spruchreif zu werden. In der Visual Novel Our World Is Ended wird der Traum aber Wirklichkeit und für die Mitglieder der Spielefirma Judgement 7 zum Albtraum. Gefangen in einer virtuellen Welt, die wie die echte wirkt, müssen die sieben Kollegen und Freunde schon bald feststellen, dass ihr zufälliger Eintritt in das virtuelle Asakusa nicht nur spaßig sein kann, sondern auch bitterer Ernst. Vor allem, wenn die Grenzen zwischen Realität und virtueller Welt zu verschwimmen scheinen.
In nicht allzu ferner Zukunft ist es möglich, AR einzusetzen, um auch Spiele zu entwickeln, die mehr sind als reine Spielerei. Als Teilzeitarbeiter in einer Spielefirma ist es Reiji Gozens Aufgabe, die AR-Helme und -Technik seiner Firma zu testen. Im ersten Feldtest passiert aber etwas Seltsames: er sieht eine Szenerie, in der seine Arbeitskollegen wie gekreuzigt an einer Wand hängen. Außerdem bemerkt er ein Mädchen, das er nicht kennt. Wieder zurück in realen Welt tut Reiji das Erlebte zunächst als Problem seiner Dehydrierung an einem heißen Tag ab. Zurück im Büro beruft sein Chef ein Meeting mit allen Mitarbeitern ein, und alle zusammen probieren das neueste AR-Programm aus. Als das Programm aber abstürzt und nichts passiert, geht jeder nach Hause. Zumindest versucht es Reiji, denn immer wenn er versucht, zu seinem Appartment zu gehen, wird er an einem bestimmten Punkt zurückgeworfen. Während er es zuerst der Müdigkeit schuldet, stellt Reiji nach einigen Versuchen fest, dass er hellwach und in Asakusa gefangen ist.
Wo die verworfenen Ideen wohnen
Originaltitel | Ore-tachi no Sekai wa Owatteiru |
Jahr | 2017 (J), 2019 (weltweit) |
Plattform | PlayStation 4, Nintendo Switch, PlayStation Vita, PC |
Genre | Visual Novel, Abenteuer |
Entwickler | Red Entertainment |
Publisher | PQube Limited |
Spieler | 1 |
Als Reiji seine Kollegen, die Schwestern Yuno und Asano, trifft und ihnen von dem Phänomen erzählt, glauben sie ihm nicht. Erst nach mehreren Selbstversuchen können sie überzeugt werden. Zurück in der Firma wird den restlichen Kollegen davon erzählt. Auch diese müssen die Rücksetzung mehrmals ausprobieren, um zu verstehen, dass sie gefangen sind. Ihr Chef, Owari, lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen und so erforschen sie das Phänomen genauer. Dabei treffen sie nicht nur einen ehemals verworfenen NPC eines früheren Spiels, sondern obendrein noch ein ebenfalls verworfenes Monster. Nach einigen Tagen entkommen sie schließlich und merken erst dann, dass sie das Büro nie verlassen haben. Um das Problem genauer zu untersuchen, trifft auch das letztze Mitglied von Judgement 7 ein, das junge Genie Tatiana. Mit ihrer Hilfe kommen sie dem Geheimnis, was wirklich passiert ist, weiter auf die Spur. Doch nicht nur die virtuelle Welt scheint Gefahren zu bieten.
Zeit für Charakterentwicklung
Das Spiel schafft eines ausgezeichnet: Charakterentwicklung. Während sich die Geschichte um das virtuelle Asakusa verdichtet und auch geheime Organisationen und Agenten auf den Plan treten, werden nach und nach die Persönlichkeiten der einzelnen Personen ausgearbeitet. Schnell merkt man, dass sich hinter den oft klischeebeladenen Hüllen komplizierte und tiefschichtige Menschen befinden. Jedes der Mitglieder von Judgement 7 hat mit Problemen zu kämpfen und die Gespräche zwischen den actionreichen Teil der Geschichte helfen, das dem Spieler verständlich zu machen. Es mag anfangs zwar schwer zu glauben sein, aber hinter vielen der seltsamen Verhaltensweisen, die glatt aus einer Otaku-Klischeebox kommen könnten, verstecken sich verständliche Gründe. Nach und nach versteht man die Charaktere besser und fühlt immer mehr mit ihnen mit.
Stärken und Schwächen
Wie schon erwähnt sind die Charaktere eine der größten Stärke des Spiels, sie könnten aber auch abschreckend für Leute sein. Der Grund ist einfach, wie klischeehaft sie in den ersten Spielstunden wirken. Wer sich darauf einlassen kann, wird aber belohnt. Das Spiel ist komplett japanisch synchronisiert, was der Stimmung sehr hilft. Iruka No. 2 übertriebenes Gehabe wird zum Beispiel durch die stimmliche Unterlegung noch einmal viel besser. Auch das Charakterdesign spricht für sich, hier wird ganz klar der Anime- und Manga-Fan angesprochen. Die Hintergrundmusik tut ihr übriges, um der Atmosphäre ein rundes Bild zu geben und den Spieler zu fesseln. Das Gesamtpaket passt. Wie bei vielen Visual Novels üblich gibt es auch hier die Möglichkeit, mit dem Selection of Soul-System den Dialog etwas zu beeinflussen. Dabei fliegen mögliche Antworten von Reiji über den Bildschirm und der Spieler kann eine davon nutzen, um besondere Reaktionen zu erhalten. Am Ende ist es aber mehr ein nettes Gimmick, das den Spieler etwas zur Aktion fordert. Für die deutschen Fans sollte noch erwähnt werden, dass zumindest passable Englischkenntnisse vonnöten sind, um das Spiel zu spielen, und bessere empfohlen sind, wenn man alle möglichen Anspielungen und Zweideutigkeiten verstehen will.
Fazit
Our World is Ended leistet sich in meinen Augen nur wenige Schwächen. Es ist ein Spiel, das ganz genau weiß, wo seine Zielgruppe liegt, und das perfekt ausnutzt. Der zusammengewürfelte Haufen der Spieleschmiede Judgement 7 ist mir schnell ans Herz gewachsen. Egal, ob Owaris Perversitäten, Iruka No. 2 seltsame Sicht auf sich und die Welt oder Natsumis Rollenspiel als “Dark Angel”, alle haben eine interessante Seite an sich, die nach knapp 40 Stunden Spielzeit viele Facetten angenommen hat. Mehr als einmal musste ich über verschiedene Aktionen der Charaktere lachen. Es ist schon ein spezielle Art von Humor, aber Leute wie ich, die etwas damit anfangen können, werden sich köstlich amüsieren. Für mich ist das Spiel auch etwas für Visual Novel-Neulinge, da die Geschichte zwar keineswegs außerwöhnlich oder neuartig ist, die Präsentation als Gesamtpaket aber weit über dem Durchschnitt liegt. Das tolle Artwork, die Synchronisation, die Musik und die Charaktere machen Our World is Ended zu einem wunderbaren Spiel- und Leseerlebnis, das sich hinter großen Franschise-Namen wie Steins:Gate nicht verstecken muss.
© PQube
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