Ma – Sie sieht alles
Jugendliche und Alkohol: Der Alptraum eines jeden Elternteils, der sich schon durch Jahrzehnte schleppt. Was bringen Gesetze und Verbote, wenn Jugendliche vor Supermärkten dann andere Erwachsene anhauen können, ihnen den Alkohol zu besorgen? In Tate Taylors Paranoia-Thriller Ma ist dies der Aufhänger für ein Katz- und Mausspiel zwischen einer Teenagergruppe und einer sonderbaren Außenseiterin. In der Hauptrolle: Oscar- und Golden-Globe-Preisträgerin Octavia Spencer (The Help), die sich erstmals auf Horror-Terrain begibt und dafür erneut mit Tate Taylor (The Girl on the Train) zusammenarbeitet.
Erica (Juliette Lewis, From Dusk Till Dawn) und ihre Tochter Maggie (Diana Silvers, Eve) wagen einen Neuanfang und ziehen in Ericas Heimatort. In ihrer neuen Schule findet Maggie durch Haley (McKaley Miller, Hart of Dixie) und Andy (Corey Fogelmanis, Into the Dark) schnell Anschluss. Als die Jugendlichen losziehen wollen und wieder einmal versuchen, an Alkohol zu kommen, bekommen sie dabei Unterstützung von der Tierarzthelferin Sue Ann (Octavia Spencer). Doch nicht lange und die Gruppe wird von der Polizei erwischt. Sue Ann macht ihnen ein Angebot: Sie dürfen ungestört im Keller ihres Hauses feiern, unter der Bedingung, dass sie die Wohnung darüber nie betreten mögen. Fortan ist Sue Anns Partykeller gut besucht und sie selbst wird von allen liebevoll „Ma“ genannt. Maggie begreift allmählich, dass Ma nicht nur sehr anhänglich ist, sondern immer wieder die Nähe der Gruppe sucht …
Teens just wanna have Fun
Originaltitel | Ma |
Jahr | 2019 |
Land | USA |
Genre | Psycho-Thriller |
Regisseur | Tate Taylor |
Cast | Sue Ann: Octavia Spencer Maggie: Diana Silvers Erica: Juliette Lewis Haley: McKaley Miller Andy: Corey Fogelmanis Chaz: Gianni Paolo Darrell: Dante Brown |
Laufzeit | 99 Minuten |
FSK |
Der Diskurs vorweg: Natürlich ist es absurd, dass Teenager sich keinen Alkohol kaufen dürfen, im gleichen Zug aber in den USA mit 16 mit einem Van durch die Gegend fahren können. Erfreulicherweise strickt Drehbuchautor Scotty Landes daraus keine Debatte, ob richtig oder falsch. Wir nehmen lediglich die Tatsache wahr, was funktioniert und was nicht, und den Rest darf man nach eigenem Moralempfinden bewerten. Ob die Teens nun 16 oder 15 sind, die Geschichte um Ma hätte auch mit jüngeren Personen stattfinden können. Für die Horrorgroteske spielt die Absurdität des amerikanischen Systems keine Rolle. Mit Ma bekommen wir einen klassischen Wolf im Schafspelz-Ansatz serviert, der permanent das Misstrauen des Zuschauers einfordert. Der kurz zuvor in den Kinos angelaufene Titel Greta deckt eine ähnliche Geschichte ab, in der ein Mädchen die ehrenhaften Absichten einer Erwachsenen zunehmend hinterfragen muss. Ma stellt dagegen eine ganze Gruppe auf die Probe, und da kommt es natürlich auch getrennt nach Geschlechtern zu ganz unterschiedlichen Reaktionen. Erwartungsgemäß spielen auch Social Media eine wichtige Rolle, denn wie so häufig haben wir auch in Ma Teenager, die ihr gesamtes Leben dort öffentlich breit treten, sodass man den Profilen alle wichtigen Information entnehmen kann. Auch darüber hinaus ist Sue Ann ihnen in allem überlegen, denn mit Logik geht nicht einmal Maggie vor, die noch als vernüftigster Teil der Clique dargestellt wird.
Eine nicht enden wollende Party
Eines muss man Ma lassen: Der Film schert sich wenig darum, den Zuschauer zu überraschen. Nahezu jede Wendung deutet sich lange im Voraus an, und selbst der unerfahrenste Zuschauer wird schnell verstehen, dass Ma alles andere als eine Heilige ist. Positiv gilt zwar anzumerken, dass der Grund für ihr Verhalten mittels Flashbacks rekonstruiert wird, doch alles darüber hinaus fällt frühzeitig in einen Automatismus ab. Die Geschichte wird so heruntergespielt, wie von ihr erwartet. Spannend daran ist nichts, und selbst die für Blumhouse Productions unverzichtbaren Jumpscares laufen auf Sparflamme (oder darauf hinaus, dass es direkt im Anschluss etwas zu lachen gibt). Im Vorbeigehen verlagert sich der Plot schließlich von Maggie auf Ma. Das ist auch bitter nötig, denn ausgerechnet die Teenanger entpuppen sich als belanglosestes Element. Die Romanze von Maggie und Andy lebt von flüchtigen Blicken, die Freundschaft zu den anderen von Party, Party, Party. Mehr Fundament bekommt keiner von ihnen zugesprochen, und wenn wir sie dann beim Feiern beobachten, entsteht eher Leerlauf als Schwung.
Octavia Spencer versucht den Film im Alleingang zu retten
Octavia Spencer trägt den Film von Anfang bis zum Ende. Ihre Darstellung der Ma brilliert mit Hintersinnigkeit und immer der Option in der Tasche, in die Vollen zu gehen. Ihre großen Augen und ihre knuffigen Wangen lassen sie als Inbegriff des schwarzen Kindermädchens erscheinen, doch diesem Klischee begegnet Ma mit viel Härte. Ma ist ein Extremcharakter, den man nicht zum Feind haben möchte, und Spencer, die bislang ein Abo auf nette Rollen in der zweiten Reihe hatte, trumpft als Bad Ass Mama so richtig auf. Wenig spektakulär ist jedoch der Rest des Casts. Der Nebencast um Juliette Lewis, eine komplett vergeudete Allison Janney (I, Tonya), Luke Evans (10×10), Missi Pyle (Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück) und Taylor selbst bekommt keine Möglichkeit, das vorhandene Potenzial auszuspielen.
Fazit
Vergleiche zu Jordan Peeles Beitrag Get Out drängen sich aus vielen Gründen auf. Dabei geht Ma trotz der starken Leistung von Olivia Spencer nicht als Gewinner hervor. Sieht man von ihrer bedrohlichen Präsenz einmal ab, fällt der Film in sich zusammen und bietet kaum Gründe, sich Zeit für ihn zu nehmen. Ohne ihren Alleingang bleiben nur noch ein innovationsarmes Skript und eine vorhersehbare Geschichte. Die hölzerne Inszenierung ist für Teenager, die sich alterstechnisch halbwegs mit der Gruppe im Film identifizieren können, vielleicht noch sehenswert. Erfahrenere Genre-Freunde haben nichts verpasst, wenn sie Ma gekonnt links liegen lassen.
© Universal Pictures