The Sinner (Staffel 2): Julian

Die erste Staffel von The Sinner erwies sich als Achtungserfolg und brachte Hauptdarstellerin Jessica Biel (The Texas Chainsaw Massacre) eine Golden Globe-Nominierung ein. Mit ihr als Zugpferd rätselten die Zuschauer über acht Folgen hinweg, was die Umstände für ihren Mord an einem Mann sein könnten. Die zweite Staffel muss ohne sie als Darstellerin auskommen, da sie hinter die Kamera gewechselt ist und die Rolle als Executive Producer einnimmt. Ohnehin handelt es sich um keine inhaltliche Fortsetzung: The Sinner liegt mit seiner Konzipierung als Anthologie ganz im Trend. Ein Oberthema verbindet alle Staffeln, auch wenn sich Geschichten und Darsteller unterscheiden. Staffel 1 basiert auf dem Roman „Die Sünderin“ der deutschen Autorin Petra Hammesfahr. Das Bindeglied beider Staffeln stellt Polizist Harry Ambrose (Bill Pullman) dar. Ob das ausreicht, um den Erfolg zu wiederholen?

Auf den ersten Blick ist alles eindeutig: Ein Motelzimmer, zwei Leichen. Ein Mann und eine Frau. Dazwischen der 13-jährige Julian (Elisha Henig, American Vandal), der einen Tee vergiftet hat und irritiert dreinblickt. Sein Motiv: unbekannt.
Auf den zweiten Blick sieht die Lage ganz anders aus: Der in seinen alten Heimatort Keller in Upstate New York zu Hilfe gerufene Detective Harry Ambrose (Bill Pullman, Vice – Der zweite Mann) findet heraus, dass die Opfer gar nicht Julians Eltern waren. Das ruft eine Frau namens Vera Walker (Carrie Coon, Proxima Midnight aus Avengers: Infinity War) auf den Plan, die Mitglied einer sektenartigen Kommune ist und behauptet, dass Julian ihr Sohn sei. Doch entsprechende Papiere, die dies belegen können, gibt es nicht. Von hier an wird der Fall nicht nur für Ambrose immer vertrackter. Auch die ihm zugeteilte junge Polizistin Heather Novack stellt fest, dass sie einen ganz persönlichen Anteil an der Geschichte trägt…

Keine Folge ohne Twist

Originaltitel The Sinner (Season 2)
Jahr 2018
Land USA
Episoden 8 in Staffel 2
Genre Krimi, Thriller
Cast Detective Dan Leroy: Dohn Norwood
Detective Heather Novack: Natalie Paul
Julian Walker: Elisha Henig
Vera Walker: Carrie Coon
Marin Calhoun: Hannah Gross
Jack Novack: Tracy Letts

Die zweite Staffel ist im Kern so aufgebaut wie die erste: Am Anfang steht ein Mord, dessen Täter bekannt ist, das Motiv aber nicht. Bereits die erste Folge endet mit einem echten Cliffhanger, der alles bislang Erlebte auf den Kopf stellt. Das macht es umso schwieriger, mehr über die Staffel zu verraten. Doch im Laufe der acht Episoden wird nicht nur Julian durchleuchtet. Es geht um Elternschaft, Manipulation, unerwiderte Liebe und um Geheimnisse, die das zwischenmenschliche Netz in der Gemeinschaft beeinflussen. Neben dem Doppelmord rücken auch ein alter Vermisstenfall sowie die Vergangenheit der beiden Polizisten in den Mittelpunkt. Irgendwie scheint alles miteinander verwoben zu sein. Nur auf welche Weise, das ist noch unklar. Dabei gibt sich die zweite Staffel bodenständiger und weniger stark konstruiert als ihre Vorgängerin.

Der Sog der Handlung rechtfertigt Schablonencharaktere

Staffel 2 glänzt mit einer Carrie Coon, die abseits ihres Avengers: Infinity War-Auftritts sonst eher in Psycho-Thrillern zu sehen ist. Ihre Figur strahlt eine Ambivalenz aus, zwischen der auch der Zuschauer hin und her gerissen ist: Kann man ihr vertrauen oder nicht? Geht es ihr um Julian oder das Bewahren eigener Geheimnisse? Für Elisha Henig ist es die erste Hauptrolle, zuvor war der junge Schauspieler nur in Nebenrollen zu sehen. Seine Figur erfordert eher aufgescheuchte Blicke und Verwunderung als ein lebhaftes Schauspiel. Bill Pullman liefert eine solide Darstellung als ermittelnder Cop dar. Ärgerlich ist nur, dass seine Rolle unter dem leidet, was sich beim Tatort bereits seit mehreren Jahren wiederholt: Die Figur steckt knietief selbst im Fall mit drin. Das sorgt dafür, dass wir uns gar nicht erst mit ihm identifizieren können, da er sich viel tiefer auf den Fall einlässt, als augenscheinlich gut ist. So recht originell ist keine der Figuren, doch das ist verschmerzbar, weil die Auseinandersetzung mit der Motivation des jungen Täters viel höher ausfällt.

Fazit

Wer Freude an Mystery-Serien mit Rätselfaktor hat, wird auch von der zweiten The Sinner-Staffel begeistert sein. Alle Fragen werden zwar nicht beantwortet, doch die straffe Erzählweise sowie Cliffhanger um Cliffhanger sorgen dafür, dass die Bindung zur Serie aufrechtgehalten wird. Wer auf die Düsternis von True Detective steht, dürfte sich hier pudelwohl fühlen. Staffel 2 fällt erheblich düsterer aus als Staffel 1 und ist auch deutlich flüssiger erzählt. Eines vor allem: Ihr gelingt das Kunststück, besser und spannender als Staffel 1 zu sein, was vor allem durch die völlige Unvorhersehbarkeit des weiteren Verlaufs der Geschichte funktioniert.

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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