All the Gods in the Sky
Manche Dinge geschehen in einem kleinen Augenblick, doch die Konsequenzen währen ein ganzes Leben lang. Es bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder man gibt auf. Oder man beginnt, Überlebensstrategien zu entwickeln. Ein Film, der diese Herausforderung im weitesten Sinne umschreibt, ist All the Gods in the Sky des französischen Regisseurs Quarxx. In seinem Debütfilm, dessen Drehbuch er auch schrieb, erzählt er von einem Geschwisterpaar, das von einem wahrhaften Schicksalsschlag geprägt wird. Plötzlich werden Ereignisse losgetreten, die es einfach nicht geben dürfte und die schlichtweg weh tun. Ein psychologischer Thriller, dessen Schwermut unter die Haut geht.
Zwei Geschwister finden die Waffe des Vaters. Voller Neugier spielen sie damit und plötzlich schießt das eine Kind dem anderen in den Kopf. Ein fatales Spiel, das eine Familie zerstört. Einige Jahre später. Die beiden Geschwister Simon (Jean-Luc Couchard) und Estelle (Melanie Gaydos) leben noch immer im elterlichen Haus, obwohl Vater und Mutter längst verstorben sind. Estelle ist völlig entstellt und ans Bett gefesselt. Simon kümmert sich, so gut er kann, um sie, doch auch sein Leben ist gekennzeichnet von seinem kindlichen Übermut. Psychische Probleme, geringes Einkommen in der Schlosserei und die Pflege seiner Schwester bestimmen seinen Alltag. Doch er ist fest davon überzeugt, dass das Schicksal die beiden erlösen wird und hält an seinem Glauben fest, dass Hilfe kommt …
Zwischen Kontrollverlust und Schuldbewusstsein
Originaltitel | Tout Les Dieux du Ciel |
Jahr | 2018 |
Land | Frankreich |
Genre | Drama, Science-Fiction |
Regisseur | Quarxx |
Cast | Simon Dormel: Jean-Luc Couchard Estelle Dormel: Melanie Gaydos Zoe Débart: Zelie Rixhon Antoine: Thierry Frémont Dédé: Albert Delpy Carine Charles: Adeline Walter |
Laufzeit | 110 Minuten |
Nicht nur, dass die Ausgangssituation bereits harter Tobak ist: Es kommt noch extremer. Und zwar so sehr, dass es weh tut, passiv mitansehen zu müssen, wie Simon zunehmend die Kontrolle über sein Leben verliert, während Estelle vor sich hinvegetiert. Der Glaube an etwas, das nicht bzw. nur in seiner Fantasie existiert, hält ihn (und damit auch Erstelle) am Leben. So richtig bizarr wird es, wenn erst einmal enthüllt wird, was Simon dafür bereit zu tun ist.
Die fesselnde Aura der Melanie Gaydos
Regisseur Quarxx macht es dem Zuschauer alles andere als einfach, immer wieder den nächsten großen Brocken zu verdauen. Trotzdem ist seine Geschichte leicht zugänglich, denn dem Zuschauer erschließt sich die Geschichte abwechselnd durch Simons und Zoes Augen, bis sich das volle Spektrum des Leids offenbart. Das eigentliche Augenmerk kommt der mit einem Gen-Deffekt geborenen Melanie Gaydos zu. Sie trägt eine Glatze, Zähne und Nägel weisen eine Fehlstellung auf – im echten Leben ist die New Yorkerin Model. Ihre Estelle strahlt eine geheimnisvolle und über den Dingen stehende Aura aus, als wäre sie von einer anderen Welt. Ihre Präsenz ist verblüffend, denn obwohl sie einen Großteil der Laufzeit einfach nur im Bett liegt, sind die Gefühle, die sie in einem weckt, einnehmend.
Was ist real, was ist phantastisch?
Obwohl der Titel bodenständig inszeniert und der Plot ziemlich konstruiert ist, überrascht All the Gods in the Sky mit seinen phantastischen Elementen. Die titelgebenden Götter im Himmel oder Außerirdische, deren Ankunft bevorsteht – die Geschichte hält eine Überraschung parat, die man in dieser Form nicht zwingend kommen sieht. Der Weg dahin ist gespickt mit Vorzeichen, weist aber auch Längen auf, die die Freude an der Auflösung schmälern könnten. Zudem ist es schade, dass der Regisseur und Drehbuchautor einige gute Ideen einbringt, die nicht konsequent verfolgt werden, und auch Figuren fallen lässt, sobald sie dem Voranschreiten der Handlung nicht mehr dienlich sind. Letztlich fehlt dem Drehbuch ein Funken Mut, um noch mehr von dem zweifelsohne bestehenden Potenzial abzurufen.
Fazit
All the Gods in the Sky ist ein höchst unbequemer Film, welcher dem Zuschauer vor Augen hält, dass das Leben immer schlimmer kommen kann, als man denkt. Obwohl die Geschichte erstaunlich bodenständig erzählt wird und weitgehend in der Realität verhaftet bleibt, können die Szenen überzeugen, die dieses Muster durchbrechen. Die größte Beachtung verdient ohne Zweifel Melanie Gaydos, deren intensive Darstellung trotz begrenzter Möglichkeiten fesselt. Irgendwo zwischen Arthouse Kino und phantastischem Drama angesiedelt, hallt der Film auch nach dem Sehen noch nach.
© Films Boutique
Moin,
ich bin vor einigen Tagen auf eure Seite aufmerksam geworden und lese eure Filmkritiken sehr gerne. Leider musste ich aber schon mehrfach feststellen, dass ihr mal eben so Spoiler ohne Vorwarnung raushaut. Warum? Das Simon seine Schwester verkauft mag (je nach Empfinden) schon früh im Film präsentiert werden, ist aber dennoch ein emotionaler Schockmoment für den interessierten Zuschauer. Ich hoffe, ihr achtet in Zukunft besser auf eventuelle Spoiler und spart diese aus.
Hallo Zeptull,
vielen Dank für dein Lob und deine Anmerkung. Wir wägen bei unseren Kritiken immer genau ab, welche Informationen wir in Spoiler setzen und prüfen kritisch, wie weit offizielle Beschreibungen gehen oder wie frühzeitig Entwicklungen in einem Film stattfinden. Aus dem Grund haben wir diese Information auch verschleiert und nicht öffentlich präsentiert. So kann jeder Leser selbst per Klick entscheiden, ob er sich an dieser Stelle spoilern möchte oder nicht.