Dead Night

Eine einsame Hütte im Wald klingt für die meisten Menschen nach Entspannung und Erholung. Aber Horrorfilmfans wissen es besser. Wo sonst kann ein Axt-Mörder sein Werkzeug so unbekümmert schwingen? Telefone haben keinen Empfang, die Zivilisation ist weit entfernt und idyllisch ist die Gegend am Ende nur für Monster. Das muss auch eine Familie in Brad Baruhs Regiedebüt Dead Night erfahren. Der Produzent von John Dies at the End hält dabei allerdings einige Überraschungen parat.

 

März, 2015. James Pollack (AJ Bowen, You’re Next) hat Krebs und seine Frau Casey (Brea Grant, A Ghost Story) greift zu einem letzten Strohhalm. Eine Freundin erzählte ihr von einem alternativen Heilzentrum in den Bergen. Die Energien der Gegend sollen positive Auswirkungen haben. Im schlimmsten Fall ist es zumindest ein Familienurlaub, denn die zwei Kinder Jessica (Sophie Dalah, Satanic) und Jason (Joshua Hoffman, Talia in the Kitchen) sind ebenfalls dabei, außerdem Jessicas Freundin Becky (Elise Luthman, Do Not Reply). Aber der Winter zieht sich dieses Jahr etwas länger, der Schnee hält an und die gemietete Hütte bietet nur wenig Komfort. Als James beim Holzsammeln in der Wildnis plötzlich eine verletzte Frau findet, setzt sich eine unglaubliche Ereigniskette in Gang, die in Tod und Verderben endet.

Wilder Ideen-Mix

Originaltitel Dead Night
Jahr 2017
Land USA
Genre Horror, Fantasy
Regisseur Bradford Baruh
Cast Casey Pollack: Brea Grant
James Pollack: AJ Bowen
Leslie Bison: Barbara Crampton
Jessica Pollack: Sophie Dalah
Becky Lane: Elise Luthman
Jason Pollack: Joshua Hoffman
Laufzeit 86 Minuten
FSK

Die Haupthandlung von Dead Night klingt nach ziemlicher Standardkost fürs Genre. Und über weite Strecken stimmt das auch. Doch schon der Beginn des Films lässt erahnen, dass hier mehr los ist als eine Verrückte mit Mordlust. Da gibt es einen Rückblick in die 60er-Jahre, in dem ein Pärchen von grusligen Figuren mit Kapuzen angegriffen wird. Etwas Übernatürliches ist hier eindeutig am Werk. Der Wissensvorsprung der Zuschauer wird dann noch ein Stück ausgebaut, als nach einer kurzen Vorstellung der unbedarften Hauptfiguren ein zweites Sendeformat beginnt. Eine True-Crime-Doku erzählt munter, dass Familie Pollack ein äußerst grausames Ende in den Bergen fand und die Ermittler ziemlich schockiert waren von der bloßen Gewalt. Das Problem ist hier, dass die Sendung schon früh das endgültige Schicksal der Figuren beschreibt. So ist klar, wer im Verlauf definitiv stirbt, was die Spannung drosselt. Gleichzeitig ist das aber ein wunderbarer Kniff, denn die rationalen Erklärungen erzählen eben nicht das volle Ausmaß von dem, was sich in Dead Night zuträgt. Es wird sofort betont, dass Casey nur noch als Axt-Mom bekannt ist, da sie die Familie laut Untersuchung hingerichtet habe. Selbstverständlich hat die Mutter ihr bestes geben wollen, um die anderen zu schützen. So verbleibt zumindest die Frage, wie hoch die Diskrepanz zwischen fantastischer Wahrheit und alltagstauglicher Aufarbeitung ist.

Sperrige Erklärungen

Die True-Crime-Doku verleiht dem Film einen sehr zynischen Humor. Die Melodramatik des Vortrags hat einen gewissen Vorführ-Effekt. Leider sind die eigentlichen Erklärungen für die Vorgänge im Wald innerhalb der Erzählung aber nicht sehr viel schlüssiger. Regisseur Baruh und sein Ko-Autor Irving Walker legen eine sehr rege Ideenvielfalt an den Tag. Vorhersehbarkeit kann man Dead Night damit nicht vorwerfen, aber eine konsequente Handlung sieht anders aus. Eine Murder Mystery im Wald allein klingt zwar altbacken, mit dem Gimmick der falschen Aufarbeitung wäre ein Dreh jedoch schon gerechtfertigt. Die übernatürlichen Elemente, die zu Beginn angedeutet werden, sind am Ende trotz eines langen Monologs nicht wirklich schlüssig. Da hausen ein paar alte Frauen in Hexen-Manier zusammen und schauen in alte Fernseher, die ihnen die Zukunft erzählen, weil Glaskugeln out sind. Zwischendrin verwandeln sie ihre Kinder in schaurige Monster und das Töten von Menschen gehört dazu. Der Plot um den Posten als Gouverneurin wirkt wie ein Auftakt zu Größerem, aber wie der Plan danach aussieht, bleibt unklar. Eine Szene nach dem Abspann, die verspricht, dass der Schrecken sich wiederholen wird, hilft auch nicht weiter.

Technisch sehenswert mit Bonus Scream Queen

Grade Horrorfans sind Kummer gewohnt, da billige Produktionen den Markt mit allerlei absurden Ideen überschwemmen. Da hat Dead Night eine gute Ausgangsbasis, denn die schneeweiße Waldlandschaft ist ein echter Hingucker. Allgemein wird davon abgeraten, im echten Schnee zu drehen, aber genau das ist hier passiert und das Ergebnis Anerkennung wert. Die aufgebaute Atmosphäre erzeugt einen angenehmen Schauer, wenn man darauf wartet, dass der Blutrausch beginnt. Baruh beweist ein Auge für Details und holt aus dem kleinen Budget so viel audiovisuelle Stimuli, wie irgend möglich. Schauspielerisch ist Dead Night keine besondere Herausforderung und niemand fällt negativ auf. Brea Grant trägt die größte Last als Casey, die Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs. Der ein oder andere Horrorfan wird sich aber vermutlich über die Mitwirkung von Barbara Crampton freuen. In den 80ern hatte sie mit Auftritten in Re-Animator, Chopping Mall und From Beyond Blut geleckt und ist in den letzten Jahren wieder in einigen Genrefilmen dabei.

Fazit

Manchmal ist weniger einfach mehr und das denke ich auch über Dead Night. Inhaltlich scheinen hier zwei Filme vermischt worden zu sein, weil beide für sich zu kurz waren und keine wirkliche Zielsetzung hatten. Warum sterben die Leute in der Hütte und was wollen die Kuttenmonster im Wald eigentlich? Vermischt dauert der Wirrwarr dann fast anderthalb Stunden und gut ist. Und doch bleibt bei mir der Eindruck von gutem Durchschnitt bestehen, weil der Film nicht unterirdisch billig wirkt. Das schlotzige Blut, das sich mit Gurgelgeräuschen verteilt, ist Hingucker, aber nicht nur Selbstzweck, und zwischendrin gibt es ein paar böse Lacher. Das ist typische Horrorunterhaltung für einen ansonsten öden Nachmittag.

© Tiberius Film 

Misato

Misato hortet in ihrer Behausung fiktive Welten wie ein Drache seinen Goldschatz. Bücher, Filme, Serien, Videospiele, Comics - die Statik des Hauses erlaubt noch ein bisschen, der Platz in den Regalen weniger. Am liebsten taucht sie in bunte Superheldenwelten ein, in denen der Tod nicht immer endgültig ist und es noch gute Menschen gibt. Íhr eigenes Helfersyndrom lebt sie als Overwatch Support Main aus und adoptiert fleißig Funko Pops.

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