T-34 – Das Duell
Der russische Panzer T-34 galt im zweiten Weltkrieg als das eine Schreckgespenst, vor dem die Wehrmacht erzitterte. Er ist eine Ikone im Stahlkleid, der Regisseur Aleksey Sidorov nun einen ganzen Film gewidmet hat. T-34 – Das Duell begleitet eine unterlegene Truppe von Panzersoldaten, die versucht, aus der NS-Gefangenschaft auszubrechen. Russisch Roulette mit Kettenantrieb.
1941 an der Ostfront: Panzeroffizier Nikolay Ivushkin (Alexander Petrov, Anna) gerät im Einsatz nach einem finalen Stelldichein mit dem SS-Standartenführer Klaus Jäger (Vinzenz Kiefer, Glück) in deutsche Kriegsgefangenschaft. Drei Jahre später sollen Nikolay und drei weitere russische Gefangene mit einem ramponierten T-34 auf einem Übungsgelände als Ziel für deutsche Panzerfahrer herhalten. Ein reines Selbstmordkommando für Nikolays Trupp. Es sei denn, ihnen gelingt die Flucht. Doch dafür müssen sie an niemanden Geringeres als Nikolays Erzfeind Jäger vorbei kommen.
„Mein Lieber, ich hab auf dich wie auf Stalin gehofft.“
Originaltitel | T-34 |
Jahr | 2018 |
Land | Russland |
Genre | Militär, Action |
Regisseur | Aleksey Sidorov |
Cast | Nikolay Ivushkin: Alexander Petrov Anya Yartseva: Irina Starshenbaum Klaus Jäger: Vinzenz Kiefer Stepan Vasilyonok: Viktor Dobronravov Ionov: Yuriy Borisov Demyan Volchok: Anton Bogdanov |
Laufzeit | 139 Minuten |
FSK |
Unterleutnant Nikolay Ivushkin ist ein blauäuiger Typ, der noch irgendwie grün hinter den Ohren ausschaut, in Wahrheit aber mit allen Wassern gewaschen ist, denn er schafft es gleich zu Beginn des Films 1.) den Angriff eines deutschen Panzers allein mit einem Küchenwagen abzuwehren und 2.) die warmen Mahlzeiten trotzdem alle auszuliefern. Ein dufter Typ also, der zu gefallen weiß. Dem gegenüber steht der SS-Standartenoffizier Klaus Jäger, ein extrem charismatischer Kerl mit bleich-gebleckten Zähnen und eisblauen Augen, die im Gesicht wie eingestanzt wirken. Jäger verfügt zwar über eine überschaubare Persönlichkeit – spielfreudiger Sadist – ist aber extrem gut anzugucken. Perfekt besetzte Schablonen, und zwar nicht nur Nikolay und Jäger, sondern auch der Rest der Bagage. Vom Side Chick über den weltfremden Idioten bis hin zum Badass Driver ist alles dabei.
„Zeig mir deine Seite, du Bretzel.“
Auch visuell kann T-34 mit einem Handwerk überzeugen, das mit dem Hollywood-Mainstream gleichzieht. Bereits in besagter Eröffnungssequenz Panzer vs. Küchenwagen stellt T-34 seinen gern verwendeten Signature-Move vor: den Bullet Time-Effect. Wenn auch nur irgendwo ein Panzergeschoss das Geschützrohr verlässt, wird der Moment eingefroren und die Kamera folgt dem Weg der Zerstörung, an dessen Ende vielleicht etwas in Flammen aufgeht. Irgendwann hat sich der Move zwar ausgenudelt, aber egal: Panzeraction. Auch sonst werden die Kampf- bzw. Fluchtmanöver eindrucksvoll mit luftigen Totalen von oben eingefangen.
Hollywood für’s Ohr
Handwerklich gut gemachte Visuals gehen dabei Hand in Hand mit handwerklich gut gemachter Mainstream-Mucke, wie man sie bei Action-Titeln erwartet (die Soundtrack-Schmiede Remote Control Productions lässt grüßen). Es gibt die typischen rhythmischen Streicher, treibende Percussion, tief bratzenden Blech-Harmonien und sogar direkte Ähnlichkeiten (Stichwort Dunkirk-Soundalike während der Folter). Nichts Neues also, und dennoch erfüllt es seinen spannungserzeugenden Zweck. Und wenn der russische Panzer einen Lauf hat, kommt die heroische E-Gitarre dazu. E-Gitarre, natürlich – es ist halt ein Kriegsfilm und der Pathos gehört dazu.
Unser Patros… erm, Pathos
Und wer rechnet denn auch nicht mit Pathos. In T-34 heißt das Hurra-Patriotismus gepaart mit Chauvinismus. Die Nazi-Sadisten kichern böse und werden in rotes Licht getaucht; es gibt das sprachgewandte Side Chick aka das Love Interest, dessen Hauptaufgabe darin besteht, die großspurigen Gespräche zwischen den Kerlen zu übersetzen; und kehrt unsere flüchtende Panzertruppe in Ortschaften ein, sind sie die Letzten, die plündern würden. Trotz Hungers halten sie sich zurück. Denn obwohl alle Deutschen im Städtchen offenkundig auf der Feindesseite stehen, verhält sich unsere Truppe vorbildlich und sittsam. Der Film, die Panzertruppe und der Zuseher stehen auf der richtigen, das heißt auf der guten Seite, wo der Zorn nur gerecht ist. Mit dieser einseitigen Art des Geschichtenerzählens steht T-34 aber freilich nicht alleine dar. Die Amerikaner haben massenweise solcher Filme in petto, manche nur mit Trinkspielchen zu ertragen, und T-34 ist eben ein Vertreter aus der russischen Ecke. Wer also politisch sensibler unterwegs ist, für den ist der Film ohnehin nichts. Letztendlich geht es um Panzeraction und um das Duell Mann gegen Mann. Das verspricht der Film in seinem Untertitel und das hält der Film auch. Das Verhalten Jägers mag am Ende sogar den einen oder anderen überraschen.
Eine Materialschlacht
Eine Freude dürfte T-34 daher umso mehr für Panzerfreunde und WWII-Materialfreaks sein. Ist der T-34 einmal flott gemacht, zeigt er zur Schwanensee-Musik seine stählerne Grazie, die zu etwaigen Lusttropfen führen mag. Weiterhin gibt es Oldtimer wie z.B. den King Tiger, den Opel Blitz, das Sd.Kfz. 251 und den Fieseler Fi 156 Storch zu bestaunen sowie das wohl spannendste Eindrehen von Geschütztürmen seit Langem (ähnlich spannend wie Girls & Panzer mit der temporeichsten, driftigsten und nervenaufreibendsten Umrundung eines gegnerischen Panzers überhaupt). Ob es nun realistisch ist, dass es ein Panther nicht schafft, den T-34 auf zehn Meter Entfernung zu durchschlagen, sei mal dahin gestellt. Das Anschauen macht trotzdem Laune, zumal es auch durchaus humoristische Momente gibt, etwa wenn in einem deutschen Städtchen das Liedchen „Erika“ durch die Straßen schallert (welches Lied auch sonst) oder der Tankstellenwart seine Gesinnung wechselt, sobald der T-34 an der Zapfsäule vorfährt.
Fazit
Ich hab mir einen Wolf nach der historischen Begebenheit gesucht, auf der der Film T-34 beruhen soll, aber nichts gefunden. Also nochmal den Trailer angeschmissen, um die Texteinblendung zu lesen und sie lautet: „Beruhend auf der legendären Geschichte.“ Ihr Füchse, das kann ja nun wirklich alle heißen, in erster Linie aber: Fiktion. T-34 ist gut gemachte, unterhaltsame Fiktion. Ein typischer Action-Titel über eine Bande sympathischer Kerle, die sich zusammen raufen (dazu ein Chick im Schlepptau) und über deren Endgegner, den oberfiesen Sadisten-Nazi, der am Ende überraschenden Sportsgeist zeigt. Hier und da mag sich der überkritische Zuschauer vielleicht Fragen stellen, z.B. wieso die Deutschen es versäumt haben, den T-34 auf scharfe Munition zu untersuchen, bevor sie ihn Nikolays Truppe übergeben, aber in Grunde ist das unerheblich: T-34 ist ein handwerklich gut gemachter Film mit dem Schwerpunkt Panzeraction. So einfach, so gut.
© Tiberius Film