Diner
Um die Verkäufe eines Mangas zu steigern, stehen Japanern zwei beliebte Methoden zur Verfügung. Entweder eine Animeserie wird produziert oder aber eine Live-Action-Verfilmung bzw. -serie steigert den Bekanntheitsgrad. Dass sich vor allem Live-Action-Serien bei den Fans nicht immer großer Beliebtheit erfreuen, ist kein Geheimnis. Denn Fortsetzungen bleiben häufig aus und lange Erzählungen lassen sich auch eher schlecht als recht in eine kurze Laufzeit pressen. Steht dann auch noch in der Manga-Vorlage kein Ende fest, muss ein Originalende erdacht werden. So ist das im Falle von Diner, basierend auf dem gleichnamigen Manga von Takanori Kawai und Yumeaki Hirayami. Der psychologische Titel für ein erwachsenes männliches Publikum startete erst 2017 und noch ist kein Ende in Sicht – da läuft auch schon die Verfilmung unter der Regie von Mika Minagawa (Helter Skelter) an.
Kanako (Tina Tamashiro, Sadako vs. Kayako) hat einen großen Traum: Das junge Mädchen möchte Japan verlassen und nach Mexiko auswandern. Allerdings fehlt ihm dafür das nötige Kleingeld und so nimmt Kayako einen dubiosen Job an. In einem Sterne-Restaurant für Auftragskiller (!) heuert sie als Bedienung an. In diesem Privatlokal bleibt selten etwas heile, denn die Gäste, allesamt Profikiller, können schon einmal ausrasten, was in Schießereien endet. In ihrem knappen Outfit serviert Kanako also von nun an Speis und Trank. Eines Tages bucht die Mafia einen Tisch – es geht das Gerücht, unter ihnen befände sich ein Verräter …
Bleihaltiger Restaurantbetrieb
Originaltitel | Diner |
Jahr | 2019 |
Land | Japan |
Genre | Action-Komödie, Drama |
Regisseur | Mika Ninagawa |
Cast | Bombero: Tatsuya Fujiwara Kanako Oba: Tina Tamashiro Coffie: Eiji Okuda |
Laufzeit | 117 Minuten |
Diner besitzt eine verrückte Prämisse, irgendwo zwischen Yakuza-Action, Dienstmädchen-Fetisch und knalligem Neon-Pop angesiedelt. Ein einmaliger Angriff auf die Sinnesorgane, denn einen solchen Film gibt es wahrhaft kein zweites Mal. Bereits der Plot ist eigentlich ein Widerspruch in sich selbst (wieso sollte man an einem Ort essen gehen, an dem potenziell Feinde lauern?), daher sollte nichts allzu deutlich hinterfragt werden. Als Außenstehender könnte man meinen, dies sei das Wartezimmer des Jenseits (und damit in gewisser Weise vergleichbar mit der Animeserie Death Parade, in der ebenfalls eine Bar zu einem überirdischen Ort wird). Doch dem ist nicht so, Diner meint es ernst.
Der Weg zu sich selbst
Oberflächlich betrachtet, liefert der Film vor allem viele Schauwerte. Der Neon-Look der Bar steht in Konkurrenz zu all den dekorierten Speisen, die hier serviert werden. Stilistisch wird aus den Vollen geschöpft, denn die Ästhetik von Diner ist gleichzeitig das Aushängeschild. Zwischen den Zeilen spielt sich der innere Konflikt Kanakos ab: Wie kann sie genug Selbstbewusstsein entwickeln, um sich in diesem Job zu beweisen? Auf welche Weise kann es ihr gelingen, den schwierigen Gästen die Stirn zu bieten? Auf der einen Seite steht Kanakos Tollpatschigkeit, die immer wieder für Missgeschicke sorgt. Auf der anderen Seite hat sie das Herz am rechten Fleck und stellt sich individuell auf jeden Gast neu ein, um die richtige Empathie zu entwickeln. Auf psychologischer Ebene passiert hier sogar weitaus mehr als die Schießereien im Vordergrund hergeben wollen. Denn das Verstehen von Wünschen wird zu Kanakos Überlebensstrategie.
Licht- & Bildflut
Allzu nachdenklich soll es aber nicht werden. Dafür sorgen die extravaganten Gäste. Hier wird ein regelrechtes Killermuseum aufgebaut, in dem ein Ausstellungsstück verrückter als das andere ist: Geheimnisvolle Narbenträger, verrückte Samurai-Ladies und psychopathische Kinder. Bunte und schrille Typen, kampflustig und mit bizarrem Lebensstil. Wenn die einmal die Kugeln hageln lassen und alles in der Bar zu Bruch geht, fühlt sich das an, als stünde man in einer Telefonzelle, in der gerade ein Feuer ausbricht. Das Spektakel fällt spannender aus als der Subplot um Kanako und ihren Chef Bombero (Tatsuya Fujiwara, bekannt als Shuya Nanahara aus Battle Royale), einen einstigen Hitman, der die Küche für sich entdeckt hat. Wenn die Charaktere miteinander agieren, ist das zudem immer von großen Emotionen begleitet. An Theatralik und Pathos mangelt es selten.
Fazit
Visuell lässt sich Diner als Delikatesse einsortieren, die nicht nur Gourmets schmecken dürfte. Inhaltlich fehlt es nicht an Geschmack, dafür an Substanz. Ein Gemisch, das außergewöhnlich mundet, jedoch nicht nachhaltig sättigt. Ein buntes Knallbonbon, das exakt das hält, was es verspricht. Eher ein Bilderrausch und ein Erlebnis als ein handlungsintensiver Knüller.