Paper Girls (Band 6)
Seit 2015 verfolgen Fans der Paper Girls-Reihe das Zeitreiseabenteuer von Erin, Mac, Tiffany und KJ. Brian K. Vaughan führte Leserinnen und Leser durch einen Abschnitt von mehreren Millionen Jahren, die von Cliff Chiang eindrucksvoll illustriert wurde. Außergewöhnliche Ideen, geniale Anspielungen und Huldigungen an die 80er Jahre lassen sich auf jeder Seite finden. Mit dem sechsten Sammelband findet die Geschichte um die vier Zeitungsmädchen genau vier Jahre später ihr Ende. Ein letztes Mal haben wir also die Chance, das Erwachsenwerden durch Zeit und Raum zu begleiten. Der Frage, ob der Abschluss gelungen ist, widmen wir uns in diesem Artikel.
Eine friedliche Zukunft, aus der sie angestoßen werden muss; die Erde kurz vor ihrem Ende; ein paar Jahre vor der Zeit der Paper Girls und ein Ort außerhalb von allem: Die Paper Girls wurden getrennt. Jetzt muss jede von ihnen versuchen, irgendwie zum Anfang zurückzukehren und dabei die Weichen auf einen glücklichen Ausgang zu stellen. Vor allem Tiffany, die in der Zukunft gelandet ist, bekommt die Aufgabe, den Krieg mithilfe einer Gedanken-in-die-Träume-ihrer-Freundinnen-übertragenden Maschine zu beenden.
„Warum sind wir hier?“
Originaltitel | Paper Girls |
Jahr | 2019 |
Land | USA |
Genre | Science-Fiction, Mystery, Coming-Of-Age |
Autor | Brian K. Vaughan |
Zeichner | Cliff Chiang |
Verlag | Image (USA), Cross Cult (D) |
Diese Frage stellen sich nicht nur die vier Mädchen aus Paper Girls. Auch Leser*innen fragen sich während des Abschlussbandes, warum Erin, Tiffany, KJ und Mac ausgerechnet an diese Orte transportiert wurden. Letztendlich läuft alles darauf hinaus, dass man wieder zum Anfang zurückkehren muss. Wieder einmal bekommen die Träume der Mädchen eine Bedeutung, die auch endlich geklärt wird. Ein ganzes Kapitel ist diesen Wegen gewidmet, wofür die Handlungsstränge parallel erzählt werden. Optisch wird das dadurch umgesetzt, dass in einer festen Reihenfolge die Panels über beide Seiten gehen und sich übereinander befinden. Vor allem zum Ende des Kapitels hin erfordert das einiges an Erinnerungsvermögen, denn oft sind bei allen vier Paper Girls wichtige Enthüllungen und Erkenntnisse eingeleitet. Atmosphärisch sind jedoch alle Entwicklungen dargestellz, da nimmt man ein wenig blättern gern in Kauf.
„The amount of time we’re given is irrelevant“
Auch wenn Paper Girls neben dem Zeitreise-Aspekt eine Coming-Of-Age-Geschichte ist, wird schnell klar, dass sich dieses Erwachsenwerden ein ganzes Stück ziehen kann. KJ antwortet einem Jungen im Jahr 1958 deshalb auf dessen Frage, wer sie sei, auch folgerichtig, dass sie noch dabei ist, das herauszufinden. Ihre Erfahrungen prägen sie jedoch, auch wenn sie längst nicht alles in diesem verrückten Zeit-Krieg verstehen. Thematisiert wird auch Macs Zeitreisekrankheit, trifft sie doch am Ende der Welt auf die Erfinderin der Technik. Ihre Wut darüber, wie ungerecht es ist, dass sie nur noch wenige Jahre zu leben hat, wird mit Feingefühl aufgegriffen. Ihre Perspektive auf ihr Schicksal verändert sich und lässt sie mutig werden und zu ihren Gefühlen für KJ stehen.
„Wir sind nicht nur Paper Girls, wir sind …“
Der Abschlussband vereint noch einmal alles. Handlungsstränge, die Mädchen, ihre Klone, alte Freunde und Feinde und Puzzlesteine aus den vorherigen Bänden. Mit jeder Handlung tragen sie dazu bei, auf das Ende ihrer Odyssee zuzusteuern, das … bereits passiert ist? Ist ihr Schicksal wirklich unabänderbar? Nicht alle wollen sich damit abfinden. Tiffany ist angepisst, dass ihr älteres Selbst die Grundbedingung für den Frieden (das Löschen der Erinnerungen der Freundinnen) einfach akzeptiert. Zusammen mit den anderen möchte sie die ihr auferlegten Grenzen überwinden, die Verbundenheit, die sie erlangten, erhalten und hofft mit aller Kraft, ja, betet regelrecht, dass sie Freundinnen bleiben. Brian K. Vaughans Message ist: Egal, was euch die Welt an Hindernissen entgegenwirft, haltet zusammen und erinnert euch daran, dass ihr zusammen stark seid. Keine schlechte Quintessenz für diese außergewöhnliche Geschichte.
Fazit
Mit leichten Bauchschmerzen habe ich den sechsten Band von Paper Girls erwartet. Nach den Ereignissen am Ende des letzten Teils konnte ich mir nicht vorstellen, wie der Autor die losen Fäden in gerade mal fünf Kapiteln verarbeiten möchte. Doch ich bin regelrecht begeistert. Mit geschickten Kniffen und Verbindungen, manchmal sogar nur in Nebensätzen werden große und kleine Fragen geklärt. Manch einer mag die Auflösung als zu einfach empfinden, ich empfinde sie jedoch als passend. Vor allem, weil letztendlich gar nicht der Zeitreise-Krieg im Vordergrund steht, sondern vier junge Frauen, die sich und ihre Freundschaft entdecken. So hatte ich zum Schluss auch eine kleine Träne der Freude im Auge, weil ich das Ende so wundervoll erzählt finde. Ich werde sicherlich bald die gesamte Reihe am Stück lesen, um weitere Anspielungen zu entdecken. Die Paper Girls werden noch lange Zeit durch meine Gedanken radeln.
© Cross Cult