Black Christmas
Jessy – Die Treppe in den Tod (im Original: „Black Christmas“) aus dem Jahre 1974 gilt als einer der ersten Slasher-Filme und prägte das Genre maßgeblich. 2006 gab es die erste Neuauflage und wenig überraschend blieb es nicht dabei. Anfang 2019 kündigte der Genre-Spezialist Blumhouse Productions ein weiteres Remake an. Wobei: Von einem Remake kann man bei Sophia Takals (Always Shine) Version von Black Christmas kaum noch sprechen. Viel eher nutzt die Regisseurin das Handlungsgerüst, um eine ungelenke Geschichte erzählen, bei der nicht lange verborgen bleibt, an welche Agenda sich Takals geradezu klammert. Die Devise: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.
![]() |
Kurz vor Weihnachten. Die Winter-Semesterferien nahen und die Studentinnen des Hawthorne College blicken einer entspannten Zeit entgegen. Nur für Riley (Imogen Poots, Vivarium) und ihre Freundinnen beginnt ein Alptraum: Erst wird Rileys Freundin beinahe Opfer eines Date-Rapes und eine andere Kommilitonin verschwindet. Ein Killer geht um, der es auf Rileys Freundeskreis abgesehen hat. Noch ahnt niemand, dass weit größere Gefahr als ein psychopathischer Serienkiller lauert …
Männer sind Schweine
![]() |
|
Originaltitel | Black Christmas |
Jahr | 2019 |
Land | USA |
Genre | Slasher |
Regie | Sophia Takal |
Cast | Riley: Imogen Poots Kris: Aleyse Shannon Marty: Lily Donoghue Jesse: Brittany O’Grady Landon: Caleb Eberhardt Professor Gelson: Cary Elwes |
Laufzeit | 136 Minuten |
FSK | ![]() |
Seit dem 23. April 2020 im Handel erhältlich |
Es ist eine altbewährte Tradition des Horror-Genres: Ein Klassiker wird neu aufgelegt und insbesondere dann, wenn man von Slashern spricht, werden zwei Schippen Brutalität oben drauf gepackt. Das gilt zumindest für die 2006er-Adaption von Black Christmas. 2019 kommt dagegen reichlich brav daher, sodass die FSK16-Freigabe schon überraschend gewagt erscheinen mag. Takals Version nutzt den Zeitgeist und macht sich den Frauenbefreiungsschlag zunutze, um eine feministische Geschichte zu erzählen. Denn jede ihrer Hauptfiguren hat eine unschöne oder schmerzhafte Erfahrung mit einem Mann hinter sich, welche sorgsam aufbereitet wird. Das könnte man alles noch irgendwo durchgehen lassen, wenn das Drehbuch nicht alles um sich herum vergessen würde. Slasher? Okay, ziehen wir durch. Kills? Ja, machen wir auch. Stattdessen scheint ihr vor allem eines am Herz zu liegen: Die Geschlechter zu entzweien.
Plumper Geschlechterkampf
Zumindest in der ersten Hälfte geschieht das alles noch auf eine halbwegs plausible Weise. Die Männer gegen die Frauen und schließlich auch umgekehrt. Spätpubertät prallt auf den Ernst des Lebens, angesiedelt an einem Uni-Campus. In der zweiten Hälfte wird es schon ziemlich plakativ: Das Drehbuch forciert ein Schwarz-Weiß-Denken. Wofür sieht man sich diesen Film noch einmal an? Ach ja, für Schlitzer-Momente. Wie sehr es Blut und Gewalteinlagen benötigt, ist letztlich immer Geschmackssache. Black Christmas verzichtet allerdings auf beides, was Anhängern des Genres mehr als nur sauer aufstoßen wird. Auch Jumpscares existieren in dieser Fassung nicht. Umso stärker muss hinterfragt werden, wer eigentlich die Zielgruppe dieses Films ist.
Als feministisches Plädoyer zu populistisch
Wenn schon nicht als Teenager-Schnitzelei, dann also als Auseinandersetzung mit der #Metoo-Frage. Blöd nur, dass Black Christmas sich jeder ernsthaften Herangehensweise verwehrt. Nachdem die Anschuldigung erst einmal im Raum steht, geht es nicht weiter. Denn Takal verrennt sich so sehr in ihrer Agenda, dass sie lieber den Finger in die Wunde legt, als sich ernsthaft mit der Problematik auseinanderzusetzen. Da die Fronten sowieso verhärtet sind, bleibt der Spielraum auf beiden Seiten minimal, um so etwas wie Charakterentwicklung zu betreiben. Riley ist die einzige, die nicht ganz so eindimensional wie der Rest ist, aber von Zweidimensionalität bleibt auch sie weit entfernt. Zumindest wäre eine Vertiefung ihrer Person ein Ansatz gewesen, um die Thematik nicht ganz so verhärtet erscheinen zu lassen.
Fazit
Black Christmas macht es sich sehr leicht, seine Zuschauer vor den Kopf zu stoßen. Weder Genre-Fans bekommen hier etwas, das sie noch nicht hundertfach besser erlebt haben, noch diejenigen, die sich von dem Film eine Auseinandersetzung mit gesellschaftssystematischen Defiziten versprechen. Provokation und angeheizte Klischees, die bekommt man hier. Egal, von welcher Seite man diese Neuauflage aus betrachtet: Jegliche Wirkung bleibt auf der Strecke. Dass man sich obendrein auch noch an dem Namen eines Klassikers bediente, lässt das Ergebnis gleich in mehrfacher Hinsicht nach Mogelpackung aussehen.
© Universal Pictures