Soulfood – Familie geht durch den Magen
Ein Kind, das mit einer Familie aus verschiedenen kulturellen Hintergründen aufwächst, ist zwar keine Besonderheit mehr, dennoch kann es in der Familie immer wieder zu kulturellen Differenzen kommen. Der junge Abe könnte ein Lied davon singen, denn während seine Mutter von israelischen Juden abstammt, stammt sein Vater von palästinensischen Muslimen. Dementsprechend wird selbst der eigene Geburtstag schnell für eine politische Diskussion um den Nahostkonflikt missbraucht. Der 2019er Dramedy-Film Soulfood – Familie geht durch den Magen des brasilianischen Regisseurs Fernando Grostein Andrade erzählt von Abes Leben als Kind zwischen den Kulturen, das sich nichts sehnlicher wünscht, als dass seine Familie sich einfach mal einig sein kann. Seit dem 28. August 2020 ist der Indie-Film mit Stranger Things-Star Noah Schnapp in der Hauptrolle auch hierzulande auf DVD erhältlich.
Der zwölfjährige Abe (Noah Schnapp, Stranger Things) hat es als Sohn einer palästinensischen und einer israelischen Familie nicht leicht: Die eine Hälfte nennt ihn “Ibrahim” und sieht ihn als Muslim, die andere Hälfte nennt ihn “Avraham” und sieht ihn als Jude. Er selbst nennt sich einfach nur “Abe” und möchte am liebsten sein Leben mit seiner großen Leidenschaft, dem Kochen, verbringen. Er würde seine Familie gerne durch ein gemeinsames Essen vereinen, weswegen er heimlich bei dem brasilianisch-amerikanischen Koch Chico (Seu Jorge, City of God) aushilft.
Wenn man es niemandem recht machen kann
Originaltitel | Abe |
Jahr | 2019 |
Land | USA, Brasilien |
Genre | Drama, Komödie |
Regie | Fernando Grostein Andrade |
Cast | Abe: Noah Schnapp Chico: Seu Jorge Rebecca: Dagmara Dominczyk Amir: Arian Moayed Benjamin: Mark Margolis Salim: Tom Mardirosian Laufzeit: 85 Minuten |
Laufzeit | 85 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 28. August 2020 |
Der Film beginnt mit Abes zwölftem Geburtstag, an dem natürlich die gesamte Familie teilnimmt. Aber seine palästinensischen und seine israelischen Großeltern haben sich schnell wieder in den Haaren, wenn es zum Beispiel darum geht, dass Abe nächstes Jahr alt genug für eine Bar Mitzwa sei. Abe selbst würde gerne seine eigene Identität finden, sowohl eine Bar Mitzwa feiern als auch am Fasten im Rahmes des Ramadans teilnehmen. Seine Familie ist davon aber alles andere als begeistert, schließlich könne er ja nur Jude oder Muslim sein und solle sich dementsprechend bald entscheiden. Sein Vater Amir (Arian Moayed, Succession), zum Leidwesen seiner muslimischen Eltern seines Zeichens Atheist, würde am liebsten jegliche Religion von seinem Sohn fernhalten und seine Mutter Rebecca (Dagmara Dominczyk, Monte Cristo) sieht sich mehr als Agnostikerin. Egal was Abe tut, es scheint immer jemanden vor den Kopf zu stoßen, weshalb er sich am liebsten dem Kochen widmet.
Eine Reise zur eigenen kulturellen Identität?
Die Thematik, dass ein Kind zwischen der palästinensischen und israelischen Tradition steht, ist an sich sehr spannend und birgt großes Potenzial. Vermutlich kennen die meisten Menschen Themen, bei denen sich die Familie nie einig sein kann, insbesondere wenn es um ein empfindliches Thema wie Religion oder Tradition geht. Dafür müssen die eigenen Elternteile nicht einmal aus verschiedenen kulturellen Hintergründen kommen. In Anbetracht des Nahostkonflikts ist Abes Familiensituation aber natürlich noch einmal besonders mit Konfliktpotenzial geladen. Schade ist hierbei, dass die eigene Identitätsfindung Abes nur recht oberflächlich behandelt wird. Zum Beispiel, dass er versucht, die muslimischen und jüdischen Bräuche einzuhalten. Tiefere Monologe oder Dialoge um das Thema darf man nicht erwarten. Stattdessen scheint dieser Aspekt maximal eine Nebenthematik zu sein.
Abes und Chicos Beziehung – das Herzstück des Films
Das Kochen ist als Abes große Leidenschaft das Hauptthema und er schmiedet den Plan, seine Familie mit einem selbstgekochten Festmahl zu vereinen. Als er dann von dem Pop-Up des Kochs Chico erfährt, versucht er sein Bestes, um als eine Art Lehrling aufgenommen zu werden. Als Abe dann eigentlich an einem Kochcamp teilnehmen soll, geht er stattdessen heimlich zu Chicos Pop-Up und lernt dabei neue kulinarische und kulturelle Dimensionen des Kochens kennen. Die Beziehung zwischen Abe und seinem “Lehrmeister” Chico wird herzlich dargestellt und beide Charaktere präsentieren sich ohnehin als sehr sympathisch. Etwas realitätsfern ist dabei lediglich die Tatsache, dass über zwei Wochen niemandem auffällt, dass Abe gar nicht am Kochcamp teilnimmt, aber dies ist nur ein kleiner Kritikpunkt. Mit der kulturellen Zerrissenheit von Abe und dem Wunsch, doch einfach er selbst sein und seinen eigenen Weg finden zu dürfen, ist es einfach, sich mit Abe zu identifizieren und mit ihm dementsprechend mitzufühlen.
Fazit
Soulfood – Familie geht durch den Magen ist ein ungewöhnlicher, aber herzlicher Familienfilm, der durchaus gut zu unterhalten weiß. Jedoch ist es schade, dass die Thematik um Abes so gegensätzliche Herkunft nur recht oberflächlich und am Rande behandelt wird, da diese einfach viel mehr Potenzial gehabt hätte. Drehbuchautor Andrade entschied sich, aus der Thematik eine eher leichte Kost, bei der aber überraschend viel Dramatik dazugehört, zu machen. Das Ergebnis ist zwar unterhaltsam und eignet sich sicherlich sehr gut dafür, um zum Beispiel über den Nahostkonflikt zu sprechen, aber ich hätte mir dann doch mehr Tiefgang gewünscht. Dennoch gefällt mir der Film gut und wer Familienfilme mag, sollte diesen im Hinterkopf behalten.
© Pandastorm Pictures
Seit dem 28. August 2020 im Handel erhältlich: