NOS4A2 (Staffel 2)
Oh, es weihnachtet schon sehr! Denn die Pforten des Christmaslands sind seit dem 24. Oktober 2020 auf Amazon Prime Video wieder geöffnet. Doch anstatt Pfefferkuchen, Glühwein- und Zimtgeruch in der Luft erwartet den Zuschauenden in der zweiten Staffel von NOS4A2 nur der eiskalte Tod. So schnell lässt sich das Böse nämlich nicht aufhalten, vor allem nicht, wenn Zachary Quinto (Star Trek (2009)) in die Rolle des charmanten, etwas anderen Vampir schlüpft. Basierend auf dem Roman Christmasland von Stephen Kings Sohn Joe Hill (Locke & Key) setzt Jami O’Brien (Fear the Walking Dead) nun die restlichen Buchseiten um. So ist mittlerweile Heldin Vic McQueen selbst Mutter, weswegen sie um ihr eigenes Kind fürchten muss. Für uns steht daher der schwarzen Rolls-Royce Wraith mit geöffneter Tür bereit und wir verraten, ob sich eine weitere Fahrt mit diesem lohnt oder wir nur im verschneiten Graben landen …
Alle Nachrichtensender berichten davon, dass der Kinderentführer Charles Manx (Zachary Quinto) seinen Verletzungen nun endgültig erlag. Doch für Victoria “Vic” McQueen (Ashleigh Cummings, Westside) ist der Schrecken noch immer nicht vorbei. Ganze acht Jahre zogen zwar mittlerweile ins Land, doch die junge Mutter weiß, dass dieser Mörder nicht so leicht in sein Grab steigt. Mit ihrer Vermutung liegt sie sogar goldrichtig. Bing Partridge (Olafur Darri Olafsson, Cursed) suchte nach dem Wraith und wird endlich bei einem Künstler fündig, der dem Prachtstück von einem Wagen den Motor ausbaute. Dieser Zustand bleibt jedoch nicht lange, denn Bing tötet den Künstler und entführt dessen Sohn mit dem Auto, was wiederum Manx neue Energie gibt. Dieser schwört Rache an Vic und macht sich auf, ihren Sohn Bruce Wayne (Jason David) zu entführen.
Der Schrecken kommt wieder, jedoch weniger schrecklich?
Originaltitel | NOS4A2 |
Jahr | 2020 |
Land | USA |
Episoden | 10 in Staffel 2 |
Genre | Horror, Drama, Thriller |
Cast | Vic McQueen: Ashleigh Cummings Charlie Manx: Zachary Quinto Bing Partridge: Olafur Darri Olafsson Maggie Leigh: Jahkara Smith Tabitha Hutter: Ashley Romans Lou Carmody: Jonathan Langdon Bruce Wayne McQueen Jason David Christopher „Chris“ McQueen: Ebon Moss-Bachrach Jonathan Beckett / der Sandman: Paul Schneider Millie Manx: Mattea Conforti |
Seit dem 24. Oktober 2020 auf Amazon Prime Video verfügbar |
In der ersten Staffel von NOS4A2 ließ das Drehbuch schon einige Katzen aus dem Sack, so dass viele der mystischen Elemente ihren Zauber verloren. Wir besuchten unter anderem das Christmasland, sahen wie Manx seine Frischzellenkur durch die Kinder erhält oder wie die lieben Kleinen zu Monstern wurden. Womit kann die zweite Staffel punkten? Für die Drehbuchreiber hieß die Antwort: Erweiterung der Möglichkeiten. Neben Manx, der dank Quinto immer noch eine solch psychopathische Natur an den Tag legt, dass wir nie zwischen ihm und einem Kind stehen wollen, darf nicht nur Bing als Gasmaskenmann Terror verbreiten, sondern es gibt auch Unterstützung von einem neuen Fiesling. Dieser kommt mit einer ebenso praktischen Fähigkeit daher, wodurch es noch spannender wird, was den Racheplan angeht.
Düstere Hintergrundgeschichte
Jedoch lässt sich schnell feststellen, dass die Serie immer mehr ins Fantastische abrutscht und die Horrorelemente selten zu finden sind. Viel eher setzt die Fortsetzung auf psychologische Abgründe, die vor allem in Manx‘ Hintergrundgeschichte enthalten sind und die O’Brien geschickt in die anderen Story-Fäden einwebte. Anders als in der Buchvorlage lernen wir seine Familie genauer kennen. Gerade Millie Manx (Mattea Conforti, Power) nimmt eine zentrale Rolle ein, die dadurch einige Weichen mitbringt, wodurch es nervenaufreibend wird, wie das Finale aussieht. Und auch andere Figuren verhalten sich nicht nur geradlinig nach einem Muster. Bings Verehrung von Manx fängt zum Beispiel an zu bröckeln. Was natürlich schwerwiegende Folgen hat und dadurch für einige böse Überraschungen sorgt. Doch bei all den Aktionen wie etwa dem Ausbau des Innenlebens der Figuren geht die eigentliche Handlung gerne einmal nur noch im Schritttempo voran.
Vom bockigen Teenager zur alkoholsüchtigen Mutter
Selbst Vics Gemütszustand braucht einiges an Spielzeit, denn trotz der vielen Jahre, die in NOS4A2 ins Land zogen (aber äußerlich nicht an ihr), häufte sie nur noch mehr Probleme an. Neben dem schwierigen Verhältnis zu ihren Eltern darf sie sich nun selbst Mutter nennen. Ihre kleine „Fledermaus“ namens Wayne ‒ die Batman-Anspielung könnte passender nicht sein und erfreut jeden Geek ‒ verkörpert Jason David sehr sympathisch. Und auch der Lou Carmody (Jonathan Langdon, Utopia Falls), der Retter in der Not, nimmt eine zentralere Rolle als Vics Lebenspartner ein. Dadurch entsteht eine liebenswerte Familie, die allerdings allerhand Probleme hat. Im Laufe der Folgen nimmt sich Vic dieser jedoch an, was wegen ihres Alkoholkonsums nicht leicht ist. Dank Ashleigh Cummings emotionaler Darstellung jedoch sehr glaubhaft.
Nicht wie im Buch
Neben einer perfekten Besetzung überzeugt NOS4A2 in der zweiten Staffel auch auf anderen Ebenen. Da wir diesmal das Christmasland länger betreten, entfaltet sich der Ideenreichtum dieses Parks erst so richtig. Allein schon die Kostüme der Kinder, gepaart mit den tödlichen Werkzeugen in ihren Händen, dazu überall gigantische Zuckerstangen und gruseliger Baumbehang, bilden einen unvergesslichen Kontrast. Optisch und musikalisch findet die Serie auch immer das richtige Mittel, um die Stimmung noch mehr hervorzuheben. Buchkenner werden nur überrascht sein, dass die Serie mit einem anderen Ende für Vic aufwartet, was daran liegt, dass es noch weiter gehen sollte. Allerdings cancelte der US-Sender AMC bereits eine weitere Staffel, weswegen nun einige angefangene Story-Fäden ins Leere laufen. Immerhin: Manx und Vic liefern sich ihren nervenaufreibenden finalen Showdown, weswegen Zuschauende mit diesem Ende leben können. Insgesamt lässt sich aber sagen, dass vielleicht eine kompakte Miniserie besser gewesen wäre. Einige Hinzudichtungen hätten nicht sein müssen, wie etwa das Liebesdrama der ersten Staffel.
Fazit
Ein wenig braucht die zweite Staffel von NOS4A2 zu Beginn, um Spannung aufzubauen. Schließlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis Manx wieder hinter seinem Steuer sitzt. Doch sobald er das tut, fängt das Drama-Karussell schön an, sich zu drehen. Denn Vic versucht alles, um ihn aufzuhalten, stolpert dabei aber über ihre eigenen massiven Probleme. Außerdem sorgt die Teamverstärkung auf Seiten der Bösen für einige unerwartete Wendungen. Zügig erzählt sich die Geschichte jedoch nicht. Viel Zeit wird dafür verwendet, die unterschiedlichen Figuren mit all ihren glaubhaften Problemen zu beleuchten. Vor allem der Einblick in Manx‘ Vergangenheit nimmt zwar einiges vom Zauber dieser Figur, trotzdem bleibt der Psychopath ein ernstzunehmender Gegner. Das verdankt der Charakter dem Schauspiel und der Ausstrahlung von Quinto, dem man sich nur schwer entziehen kann. In Sachen Action gibt es auch immer wieder Höhepunkte sowie einige gruselige Momente, so dass ein bunter Genre-Mix mit den zusätzlichen fantastischen Kräften entsteht. Schade um die dritte Staffel, doch zum Glück endet die Serie mit einem passenden Abschluss.
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