Tropes erklärt: One of the Boys

Eine Gruppe Kinder oder Jugendlicher, die gemeinsam Abenteuer erlebt – der Fokus vieler Medientitel. Sehr häufig ist in der Freundesgruppe jedoch auch für ein Mädchen Platz. Das Trope “One of the Boys” beschreibt genau solche Konstellationen. Mädchen, die sich eher stereotypisch männlich verhalten und meist mit einer Gruppe Jungen befreundet sind, sind hierbei das Trope. In unserem Format “Tropes erklärt” nehmen wir die Klischees der Medienkultur genauer unter die Lupe. Diesmal geht es um das Trope “One of the Boys”.

»Trope« ist der englische Begriff für »Tropus«, eine Bezeichnung, welche ursprünglich aus der Literatur kommt und eine bestimmte Klasse sprachlicher Stilmittel meint. Im modernen Verständnis wird das »Trope« mittlerweile als allgemeines Synonym für »Klischee« benutzt. Ein Trope bezeichnet demnach konventionelle Erzählungselemente, bei denen es sich um stereotype Motive, Storywendungen, Dialogabläufe oder Rollenbilder handeln kann. Die Liste dieser Tropes ist ellenlang und manchmal wird man sich erst nach Sichtung eines Trope-Lexikons bewusst, dass man just im Film XY auf ein solches gestoßen ist. Wir von Geek Germany nehmen das zum Anlass, den Tropes auf den Grund zu gehen und allmonatlich eines vorzustellen.

Unter der Lupe

One of the Boys

Sie sind eine von ihnen: “One of the Boys” erklärt sich als Trope fast schon selbst, denn die betroffenen Charaktere sind meist als einziges Mädchen Teil einer Gruppe aus Jungen. Das weibliche Gruppenmitglied hebt sich von den anderen Mädchen ab, sie scheuen sich nicht davor, sich schmutzig zu machen und mit den Jungen zu toben. Die Abgrenzung zu anderen Mädchen geschieht teilweise unbewusst, manchmal aber auch bewusst betont. Wohl auch deshalb besitzen sie keine oder nur wenige weibliche Freunde, ihr Freundeskreis besteht aus den Jungen ihrer Gruppe, die sie als “Kumpel” wahrnehmen. Das typische Mädchen dieses Tropes wird als ein Teil der Jungengruppe vorgestellt und erwartet keine gesonderte Behandlung aufgrund ihres Geschlechts, sondern lehnt eine solche meist aktiv ab. Auch deshalb sind diese Mädchen oft, allerdings nicht immer, in gewisser Weise ein “Tomboy”, also ein eher stereotypisch jungenhaftes Mädchen. Eine sehr häufige Entwicklung in Titeln mit “One of the Boys”-Charakteren ist ein “Glow-Up”, bei dem das Mädchen plötzlich besonders schick gestylt auftritt. Der weibliche Charakter lehnt dies oft ab und ist mit dem entsprechend häufig unfreiwilligen Umstyling unzufrieden, von ihrem Umfeld wird dieses jedoch als Upgrade wahrgenommen. Manchmal zeigt das Mädchen diese Seite an sich aber auch ganz von sich aus, zum Beispiel um ihrem Love Interest – häufig, wenn auch nicht immer, der männliche Protagonist des Titels und somit oft auch Anführer der Gruppe – zu gefallen. Ihre männlichen Freunde sind über diese Entwicklung oft geschockt, weil sie ihre “Kumpeline” bis dato gar nicht als potenzielle romantische Partnerin wahrgenommen haben.

Harry Potter (Buch-Reihe, 1997–2007)

Worum geht es?

Harry Potter ist ein Waisenjunge, der bei den Dursleys aufwächst, der furchtbaren Familie seiner Tante, die ihn unter einer Treppe hausen lässt. Seit er denken kann, passieren manchmal seltsame Sachen um ihn herum, so kann er im Zoo plötzlich die Schlange verstehen! An seinem elften Geburtstag erfährt Harry, dass er ein Zauberer ist und fortan die Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei besuchen wird. Allerdings muss er sich auch der Tatsache stellen, dass seine Eltern keinesfalls bei einem Autounfall starben, sondern stattdessen von dem bösen Zauberer Voldemort ermordet wurden. Doch das soll Harry zunächst nicht kümmern, denn mit seinen besten Freunden Ron Weasley und Hermine Granger warten noch einige Abenteuer auf ihn.

Wie wird das Trope umgesetzt?

Hermine ist als einziges Mädchen in einer Freundesgruppe aus drei Leuten eine typische Vertreterin des Tropes. Sie ist nicht unbedingt ein Wildfang, sondern eine mustergültige Schülerin, die Ron und Harry oft zurecht weist. Allerdings hat sie in Hogwarts über den meisten Zeitraum keine weiblichen Freunde und grenzt sich von den Mädchen in ihrem Jahrgang ab (allerdings mit Ausnahmen, so schwärmt auch sie wie viele ihrer Mitschülerinnen im zweiten Jahr für Gilderoy Lockhart). Zusätzlich scheinen weder Ron noch Harry sie aktiv als Mädchen wahrzunehmen. So denkt im vierten Buch gar nicht daran, einfach Hermine zu bitten, seine Begleitung für den Weihnachtsball zu sein. Erst als er keine Begleitung findet, bemerkt und kommentiert Ron, dass Hermine ja ein Mädchen sei. Harry und Ron sind entsprechend geschockt, als Hermine das Weihnachtsball-Date des beliebten Viktor Krum ist. Zudem repräsentiert Hermine mit ihrem “Glow-Up” für den Weihnachtsball, bei dem sie besonders hübsch gestylt auftritt und im Kleid die Menschen verzaubert, ein weiteres typisches Attribut für das Trope. Das “Glow-Up” geht so weit, dass Harry seine beste Freundin zunächst gar nicht erkennt.

© Warner Bros.

Pokémon (Anime-Serie, 1997–2002)

Worum geht es?

Ash Ketchum kann es kaum erwarten, denn sobald er zehn Jahre alt wird, darf er sich einen Pokémon-Partner aussuchen und auf Reisen gehen! Doch als es dann soweit ist, verschläft er direkt, sodass nur noch ein mürrisches Pikachu für ihn übrig bleibt. Zunächst versteht er sich mit seinem Pokémon überhaupt nicht, doch ein einschneidendes Erlebnis lässt die beiden zu besten Freunden zusammenwachsen. Dumm nur, dass er dabei das Fahrrad der Wasser-Trainerin Misty zerstört, die ihn fortan auf seinen Reisen begegnen wird.

Wie wird das Trope umgesetzt?

Misty ist nicht unbedingt eine typische Vertreterin des Tropes, auch wenn sie mit Ash und Rocko in einer Gruppe als einziges Mädchen durch die Pokémon-Welt reist. Allerdings wird bei Misty immer wieder betont, wie sehr sie sich von den meisten anderen Mädchen unterscheidet. Sie wird auffällig in den Kontrast zu ihren Schwestern, den Arenaleiterinnen von Azuria City, gesetzt. Diese sind allesamt feminine Schönheiten, Misty gilt unter ihnen gar als das “hässliche Entlein” und hat die Arena aufgrund der Hänseleien ihrer Schwestern verlassen. Mistys wilde Art wird vor allem dadurch deutlich, dass sie immer wieder gerne Pokémon-Kämpfe gegen Ash austrägt und immer klar ihre Meinung sagt. Zurückhaltung kennt sie nicht, stattdessen präsentiert sie sich als selbstbewusstes Mädchen. Letzterer zieht sie auch gerne für ihre fehlende Femininität auf, insbesondere wenn Misty explizit darauf hinweist, dass sie ja ein Mädchen sei. Eher untypisch für das Trope ist hingegen ihre Abgneigung gegen Käfer-Pokémon, die sie unglaublich eklig findet und deren Auftreten sie meist mit einem spitzen Schrei und “Ih!” kommentiert.

© Studio Hamburg Enterprises

ES (Buch, 1986)

Worum geht es?

Derry, Main: In den späten 80er-Jahren terrorisiert eine gruselige Clowngestalt namens Pennywise die Stadt. Das Monster hat Kinder zum Fressen gern, sodass in den letzten Monaten mehrere Kinder spurlos verschwunden sind. Eines von ihnen ist Georgie, der kleine Bruder von Bill Denbrough. Der stotternde Junge glaubt, dass sein Bruder noch lebt und zieht in den Sommerferien mit einigen Freunden los, um ihn zu suchen. Nach einiger Zeit stoßen noch weitere Kinder aus ihrer Schule dazu, darunter auch die hübsche Beverly Marsh. Die Clique stellt zusammen Nachforschungen zu den mysteriösen Vorkommnissen an, allerdings ahnen sie nicht, auf was für einen Horror-Trip sie sich damit einlassen.

Wie wird das Trope umgesetzt?

Beverly Marsh ist das einzige Mädchen in einer Gruppe von sechs Jungen, bestehend aus Bill, Ben, Eddie, Richie, Mike und Stanley. Dies ist eine typische Situation für “One of the Boys”. Allerdings spielt ihre Weiblichkeit im Gegensatz zu den meisten anderen Trope-Vertreterinnen eine recht große Rolle. So wird sie etwa von anderen Mädchen ausgegrenzt, weil sie angeblich sexuell freizügig sei. Beverly fügt sich dadurch in die Gruppe aus “Außenseitern”, die als Loser gelten, gut ein. Aufgrund ihres familiären Hintergrundes – ihr Vater misshandelt und missbraucht sie – findet sie in der Gruppe die Familie, die sie selbst nie hatte. Mit Ben und Bill haben zwei ihrer Freunde auch ein romantisches Interesse an ihr, doch nach dem Zeitsprung ins Erwachsenenalter ist sie mit einem Mann verheiratet, der sie leider ebenfalls misshandelt. Beverly ist nicht unbedingt der typische Tomboy, schneidet sich jedoch in einem für sie wichtigen Moment die Haare kurz.

© Warner Bros.

Die Wilden Kerle (Film-Reihe, 2003–2008)

Worum geht es?

Die “Wilden Kerle” sind eine Gruppe Jungen, die zusammen Fußball spielen. Der neunjährige Leon ist der Anführer der Gruppe und muss mit Erschrecken feststellen, dass der dicke Michi – ein übergewichtiger und besonders fieser Jugendlicher – und seine Clique ihren Bolzplatz belegen. Doch Leon lässt sich so einfach nicht vertreiben und fordert Michis Clique zu einem Fußball-Match in zehn Tagen heraus. Das erweist sich als mutiges Anliegen, schließlich sind die wilden Kerle bis dato nur eine Gruppe Freizeit-Kicker. Der ältere Willi bietet Leon an, dass er sie trainiert. Während dieses Trainings sucht Leon nach weiteren Mitgliedern, um eine vollständige Fußballmannschaft zu haben, doch als mit Vanessa auch ein Mädchen dabei sein möchte, kommt es zu einigen Konflikten.

Wie wird das Trope umgesetzt?

Vanessa ist vermutlich das Paradebeispiel, wenn es um das Trope geht. Sie ist das einzige Mädchen in einer Gruppe bolzender Jungen (und Fußball galt und gilt als eine der “männlichsten” Sportarten) und Teil der “Wilden Kerle” – schon der Name sagt quasi aus, dass sie einer der “Kerle” ist. Bevor es jedoch soweit ist, stößt sie aufgrund ihres Geschlechts auf Ablehnung. Schließlich, so die Jungen, heißen sie nicht umsonst die “Wilden Kerle”! Vanessa muss sich zunächst beweisen und fordert deshalb die Jungen zu einem Elfmeterschießen heraus, das sie auch gewinnt. Ein anerkanntes Mitglied ist sie dadurch jedoch noch lange nicht, ihre Aufnahme treibt sogar einen Keil zwischen die Gruppe und dass viele sie weiterhin nicht ernst nehmen, wird bei ihrem Geburtstagsgeschenk – ladylike High Heels – deutlich. Nach dem ersten Film ist dieser Konflikt aber überwunden und sie ist ein festes und anerkanntes Mitglied, fast schon eine zweite Anführerin neben Leon. Eine typische Entwicklung für das Trope ist auch, dass der Protagonist Leon sich in Vanessa verliebt und die beiden im Laufe der Film-Reihe ein Paar werden.

© LEONINE

Vorstadtkrokodile (Film-Reihe, 2009–2011)

Worum geht es?

Die Vorstadtkrokodile sind eine Clique, in die auch der zehnjährige Hannes aufgenommen werden möchte. Aus diesem Grund macht er eine gefährliche Mutprobe, die zwar fast schief geht, ihm aber einen Platz in der Gruppe beschert. Zusammen ermittelt die Clique in einem Einbruchsfall, auch wenn die Erwachsenen versuchen, sie davon abzuhalten. Heimlich beobachtet wird die Clique von dem neu zogezogenen und querschnittsgelähmten Kai, der ebenfalls ein Mitglied der Vorstadtkrokodile werden möchte. Aufgrund seiner Behinderung wird er zunächst abgelehnt, er sei ja nur eine Belastung. Als es jedoch um die Überführung der Einbrecherbande geht und Kai wichtige Hinweise hat, darf er mit der Gruppe ermitteln.

Wie wird das Trope umgesetzt?

Maria ist das einzige Mädchen bei den Vorstadtkrokodilen, allerdings wird dies weder besonders betont noch zu einem Problem gemacht. Sie ist ein cooles Mädchen und die Schwester des Anführers Olli. Sie scheut sich oft weniger als die Jungen ist recht selbstbewusst. Ein Beispiel hierfür ist der Moment, als Kai Hilfe braucht und sie keinerlei Berührerungsängste hat. Allerdings ist Maria auch häufig die Stimme der Vernunft und toleranter als die Jungen, so ist sie die Erste, die Kai eine Chance bei den Krokodilen geben möchte. Sie ist ein wenig die große Schwester der Gruppe, doch Protagonist Hannes, der sich seinen Respekt bei den Krokodilen erst noch verdienen muss, ist schon früh in sie verliebt. Bereits im ersten Film nähern sich Hannes und Maria entsprechend an, doch ihre romantische Beziehung entwickelt sich über alle drei Filme.

© Constantin Film Verleih

Sollte nicht unerwähnt bleiben:

Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI

Dana Scully präsentiert eine Abwandlung des Tropes: durch ihren Job in einer männerdominierten Branche ist sie automatisch eine von den Jungs. Allerdings möchte Scully aufgrund ihres Geschlechts keinesfalls anders als ihre männlichen Kollegen behandelt werden.

Dragonball

Bulma ist mit ihrem Interesse an Technik und in ihrer Gruppe um Son-Goku ebenfalls eine Abwandlung des Tropes. Noch passender sind hierbei jedoch Videl, die sich als Kämpferin von Son-Gohan ausbilden lässt und in Dragonball GT auch Pan, die mit ihrem Großvater Son-Goku und Trunks Abenteuer erlebt.

Avatar – Der Herr der Elemente

Toph liebt es als Erdbändigerin, sich auch mal schmutzig zu machen und misst sich für ihr Leben gerne mit Aang und Sokka. Bevor sie sich den Helden anschließt, ist sie ein Wrestling-Champion. Untypisch für das Trope ist sie aber nicht das einzige Mädchen in der Gruppe, sondern stößt als zweites weibliches Mitglied nach Katara dazu.

Die Peanuts

Peppermint Patty ist ein typischer Tomboy und passt mit ihren Interessen eher zu ihren männlichen Freunden. So spielt sie außergewöhnlich gerne und gut Baseball. Dadurch, dass sie teils sogar als Junge wahrgenommen wird, ist sie eine Art extreme Vertreterin des Tropes.

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