Das Serien-Grundwissen (Teil 6)

Hier gibt es etwas mitzuenehmen: In unserer Reihe “Das Serien-Grundwissen” vermitteln wir kompaktes Wissen zu 70 Serien, die man entweder kennen oder zumindest schon einmal von ihnen gehört haben sollte – und auch weshalb. Natürlich gilt: Ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Dies ist keine ultimative Liste, aber ein Wegweiser durch den immer dichter werdenden Serien-Dschungel.

26. Fleabag (2016–2019, Komödie)

© justbridge entertainment

Worum es geht: Es geht um die erfolglose Betreiberin eines Meerschweinchen-Cafés, um ihre dysfunktionale Beziehung zu ihrer Familie, ihr Sexualleben und ihre Schuldgefühle nach dem Tod ihrer besten Freundin Boo.

Sollte man deshalb kennen: Abgesehen davon, dass sich Phoebe Waller-Bridge als Hauptdarstellerin und Verantwortliche für die Serie in Auszeichnungen und purzelbaumschlagenden Kritiken wälzen kann, ist Fleabag wohl einer der besten und kreativsten Titel aus dem Komödien-Genre, den es gibt. Virtuos umgesetzte klassische Elemente – wie Situationskomik, Wortwitz und das gute alte, die vierte Wand durchbrechende Beiseitesprechen – verbinden sich mit ungewohnt komplexen Figuren, die auch immer wieder wuchtige Ausflüge in ernste und tragische Momente erlauben. Zu absoluter Höchstform läuft die Serie besonders in Staffel 2 auf, wenn sich auch noch Andrew Scott (Sherlock) zum Cast gesellt.

Umfang: 2 Staffeln mit 12 Folgen zu jeweils 25 Minuten

Das gibt es noch: Eigentlich nichts. Die Serie basiert auf dem gleichnamigen Solo-Theaterstück von Phoebe Waller-Bridge und hat außerdem 2019 eine französische Neufassung namens Mouche hervorgebracht. Ansonsten wären andere Titel, für die sich Waller-Bridge hauptverantwortlich zeigt, allein schon für den ähnlichen Humor zu empfehlen, bspw. Killing Eve.

27. Cagney & Lacey (1981–1988, Krimi, Polizeidrama)

© ‎Koch Media GmbH

Worum es geht: Das Polizeiermittlerinnen-Gespann bestehend aus der karriereorientierten Christine Cagney und der Arbeit mit Familie vereinenden Mary Beth Lacey lösen im 14. Revier von New York Kriminalfälle, stehen sich zudem aber auch bei privaten Problemen gegenseitig bei.

Sollte man deshalb kennen: Neben der langen Laufzeit und diversen Auszeichnungen (14 Emmys) gebührt der Serie besonders dafür Anerkennung, im so männerlastigen Krimi-Genre für weibliche Figuren den Fuß in die Tür bekommen zu haben. Ohne das bis dahin übliche schmückende Beiwerk zu sein oder den Typus Miss Marple zu bedienen, zeigt die Serie Cagney und Lacey bei der rustikalen Polizeiarbeit auf den Straßen New Yorks und wie diese auch mit Familie und Karriere vereinbar ist. Auch abseits der Kamera musste die Serie dabei gegen Widerstände kämpfen und sich mit Fanunterstützung gegen zwei Absetzungen und diverse Versuche des Senders erwehren, die weiblichen Figuren klischeehafter zu gestalten.

Umfang: 7 Staffeln mit insgesamt 126 Episoden zu je ca. 40 Minuten

Das gibt es noch: Zwischen 1994 und 1996 kam es nach dem Serienende mit einer Reihe von vier TV-Filmen nochmal zum Revival. Ein Reboot-Versuch von 2018 mit Sarah Dew (Grey’s Anatomy: Die jungen Ärzte) und Michelle Hurd (Star Trek: Picard) in den Hauptrollen kam jedoch nicht über eine abgelehnte Pilotfolge hinaus. Geheimtipp: Über die Jahre kam es in verschiedenen Serien immer wieder zu Wiedersehen zwischen Cagney-Darstellerin Sharon Gless und Lacey-Darstellerin Tyne Daly, etwa in Die Fälle der Rosie O’NeillFür alle Fälle Amy oder zuletzt in der Folge „Heißes Pflaster“ der Spionageserie Burn Notice.

28. Westworld (seit 2016, Sci-Fi-Western)

© Warner Home Video

Worum es geht: Reiche Schnösel besuchen riesige, von Androiden bevölkerte Themenparks und leben dort nicht gerade zimperlich ihre wildesten Fantasien aus, Schürzenjäger und verkappte Massenmörder gleichermaßen. Mitten darin die junge Androiden-Farmerstochter Dolores (Evan Rachel Wood), die mit jeder Tagesschleife, die sie durchlebt, ein Stück Bewusstsein erlangt und beginnt, das Grauen um sich herum, aber auch die Schönheit, zu registrieren.

Sollte man deshalb kennen: Lose basierend auf dem gleichnamigen Film von Michael Crichton (Jurassic Park) aus dem Jahre 1973, ist Westworld Teil jener Serienwelle, der man ein kinomäßiges Budget und A-Prominenz sowohl hinter als auch vor der Kamera (Sir Anthony Hopkins!) verpasste in der Hoffnung, High-Quality-Content zu erschaffen. In Westworlds Falle kann man sagen: Hat geklappt. Die Serie ist ein geniales Update des Films von 1973: Anstatt den Fokus nur auf Robotik und das Leben im Themenpark zu setzen, rollt die Serie die Geschichte neu auf um sich mehr auf heutige Technologien wie KI und Virtuelle Realität konzentrieren zu können. Das Kernelement (amoklaufende Androiden) ist immer noch vorhanden, doch der Fokuswechsel ermöglicht tiefere Diskussionen über Philosophie, Moral und Existenzialismus. In den letzten Jahren gab es viele Titel über KI, Westworld aber bietet eine der umfassendsten und intelligentesten Erkundungen dieses Themas der letzten Jahre. Interessant ist, dass die Geschichte hauptsächlich aus der Perspektive der Androiden erzählt wird. Das hält die Zuschauerschaft auf Trab – wer ist ein Android, wer nicht? – und ermöglicht gleichzeitig die Darstellung des Horrors, den die Androiden jeden Tag aufs Neue durchleben. Generelle Western-Muffel sollten sich von der vermeintlichen Westernlastigkeit der Serie nicht abschrecken lassen. Nach einem (zugegeben) typisch westernhaften Start kommt schnell ein intellektueller Nervenkitzel dazu, den man so in einem »Western« nicht erwarten würde und bald schon wähnt man sich in einem Verschwörungsthriller. Westworld ist quasi Und täglich grüßt das Murmeltier, besetzt mit Clint Eastwood und Hannibal Lecter, verkleidet als sandiger Sci-Fi-Thriller in der Machart von Inception. Damit ist die Serie in allen Bereichen unvorhersehbar und ein perfekter Brainteaser, der mehr als einmal unsere Erwartungen unterläuft.

Umfang: 3+ Staffeln mit insgesamt 28 Episoden zu je ca. 57 bis 91 Minuten 

Das gibt es noch: Den anfangs bereits erwähnten Sci-Fi-Film Westworld von Michael Crichton aus dem Jahre 1973, der der Serie als Vorlage dient

29. Derrick (1974–1998, Krimi)

© ZDF Enterprises

Worum es geht: Oberinspektor Stephan Derrick und sein Assistent Harry Klein ermitteln in Münchner Mordfällen, zwischen verrufenen Hinterhöfen in Giesing und protzigen Villen in Grünwald. Und das fast ein Vierteljahrhundert, von den 70ern bis in die späten 90er.

Sollte man deshalb kennen: Ein ganz dicker Brocken deutsche Fernsehgeschichte. Von 1974 bis 1998 gehörte Derrick zum bundesdeutschen Freitagabend-Fernsehritual. Inspektor Derrick (Horst Tappert), der Mann mit den dicken Tränensäcken, dem mausgrauen Anzug und dem stets akkurat zurückgegelten Haar besticht durch das völlige Fehlen von Flair und Charisma. Ein unscheinbarer Beamter, nüchtern und präzise. Umberto Eco widmete ihm ein Essay mit dem Titel “Derrick oder die Leidenschaft für das Mittelmaß”. Aber genau das macht seinen diskreten Charme aus. Und wenn man sich von einer Staffel zur anderen tragen lässt, sieht man allmählich die 70er in die 80er und die 80er in die 90er übergehen. Unmerklich ändern sich die Frisuren, die Autos, die Inneneinrichtungen. Ein Zeitdokument deutscher Alltagskultur. Und man begegnet einer ganzen Generation von deutschen Schauspielern. Irgendwie hat jeder mal bei Derrick mitgespielt. Unter anderem: Klaus Maria Brandauer, Horst Buchholz, Götz George, Uschi Glas, Curd Jürgens, Harald Juhnke, Uwe Ochsenknecht und Christoph Waltz. Seit 2013 bekannt wurde, dass Horst Tappert im zweiten Weltkrieg Mitglied der Waffen-SS gewesen war, wird die Serie im ZDF nicht mehr wiederholt. Aber auf dem ZDF Select Channel bei Amazon Prime gibt es alle 19 Staffeln zu sehen.

Umfang: 19 Staffeln mit insgesamt 281 Episoden zu je 60 Minuten  

Das gibt es noch: Was kann man 19 Staffeln noch hinzufügen außer ein paar Parodien? Etwa den Zeichentrickfilm Derrick – Die Pflicht ruft aus dem Jahr 2004. Oder die Comedyserie Immortal Cops – Derrick und Harry ermitteln mit 20 Folgen zu je drei Minuten aus dem Jahr 2012.

30. The Walking Dead (seit 2010, Drama, Horror)

© Fox

Worum es geht: Unter der Führung des Deputy Sheriffs Rick Grimes ist eine Gruppe Überlebender nach dem Ausbruch einer Zombie-Apokalypse auf der Suche nach einer dauerhaften Unterkunft. Nicht nur die Gefahr der Situation, sondern auch Ab- und Zugänge der Gruppe verändern die Team-Dynamik regelmäßig.

Sollte man deshalb kennen:  Obwohl es Zombies schon sehr lange gibt, entstand erst 2010 die größte und bekannteste Zombie-Serie der Welt. The Walking Dead ist Zombie-Horror für den Mainstream, welcher sein Hauptaugenmerk auf die dramatischen Entwicklungen innerhalb der Gruppe legt. Die Serie profitierte bereits von Anfang an von der Popularität der gleichnamigen preisgekrönten Comic-Serie von Robert Kirkman, die zwischen 2003 und 2019 erschien. Die Serie ist vor allem für ihre für das Horror-Genre ungewöhnliche Laufzeit bekannt, in der die Entfaltung der einzelnen Charaktere innerhalb der humanitären Extrem-Situation viel Platz findet.  Während die Serie als Referenz für Charakterfokus (und -drama) im Horror-Genre zählt, ist sie gleichermaßen auch für ihre sich viel Zeit nehmende Entwicklung bekannt, die das Publikum regelmäßig dazu bringt, sich in sozialen Medien über das langsame Storytelling aufzuregen.

Umfang: 10+ Staffeln mit insgesamt 153 Episoden zu je  44  Minuten  

Das gibt es noch: Neben der Comic-Vorlage von Robert Kirkman ist die Serie auch für ihre Spin-offs bekannt. In den USA populär: Die Talkingshow Talking Dead, in der Moderator Chris Hardwick mit seinen Gästen über die Geschehnisse der jüngsten Folge plaudert. 2015 erschien mit Fear the Walking Dead ein Spin-off, das zeitlich betrachtet vor der Mutterserie spielt, inhaltlich jedoch später aufschließt. 2020 startete noch The Walking Dead: World Beyond, das sich mit einer Gruppe Teenagern innerhalb der Zombie-Apokalypse befasst. 

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