Godzilla vs. Kong

Endlich wieder Kino, nach der langen Zeit der Corona-Restriktionen und unzähligen Netflix-Abenden auf dem heimischen Sofa. Endlich wieder Sommer, nach einem schier endlosen, eisigen Frühling. Den Auftakt für den lang ersehnten Kinosommer 2021 bildet ein Film, der ultimativen Sommerkino-Spaß verspricht, so richtig mit Popcorn, ganz großen Bildern und so fern von intellektuellen Arthouse-Ansprüchen wie nur möglich. Nachdem Legendary Entertainment und Warner Bros. in den letzten Jahren mit ihrer Monsterverse-Reihe schon zweimal die enorm Sommerkino-taugliche japanische Atomechse Godzilla auf ein westliches Publikum losgelassen und dem Leinwandveteranen King Kong mit Kong: Skull Island ein neues Betätigungsfeld eröffnet haben, kommt nun die logische Konsequenz: Godzilla vs. Kong von Adam Wingard (Death Note). Affe gegen Echse! Seit dem 1. Juli 2021 ist das Leinwandduell der Giganten auf Kinoleinwänden zu sehen.

 

Fünf Jahre nach Godzilla II: King of the Monsters und 51 Jahre nach Kong: Skull Island lebt Kong friedlich auf seinem zur Monarch-Forschungsstation umgebauten Inselchen und hat von der kleinen, gehörlosen Jia, der letzten Überlebenden des Iwi-Stammes (Kaylee Hottle), und ihrer Adoptivmutter, der Forscherin Ilene Andrews (Rebecca Hall, Tales From the Loop), die Gebärdensprache erlernt. Godzilla war in der Zwischenzeit verschwunden, taucht aber unvermittelt auf und greift scheinbar grundlos die Labore der amerikanischen Firma Apex Cybernetics an. Woran Apex wohl arbeitet, um Godzillas Zorn auf sich zu ziehen? Godzilla-Forscher-Tochter Madison Russell (Millie Bobby Brown, Enola Holmes), in Godzilla II noch ein Kind, jetzt im Teenageralter, will es genau wissen. Mit dem Verschwörungstheoretiker Bernie macht sie sich an die Aufklärung von Apex‘ geheimen Machenschaften. Derweil engagiert Apex-Chef Walter Simmons (Demián Bichir, The Hateful Eight) den Ex-Monarch-Forscher Nathan Lind (Alexander Skarsgård, Legend of Tarzan), um in der Hohlerde eine geheimnisvolle Energiequelle zu erschließen, die das Godzilla-Problem lösen könnte, aber nur mithilfe von Kong gefunden werden kann. Also wird Kong betäubt und auf einem Flugzeugträger Richtung Antarktis zum Eingang der Hohlerde gebracht. Doch unterwegs greift Godzilla an, denn ein Alpha-Monster muss einfach jedes andere Alpha-Monster aufspüren und klären, wer der Stärkere ist.

Der Affe und die Echse

Originaltitel Godzilla vs. Kong
Jahr 2021
Land USA
Genre Fantasy, Action
Regie Adam Wingard
Cast Dr. Nathan Lind: Alexander Skarsgård
Madison Russell: Millie Bobby Brown
Dr. Ilene Andrews: Rebecca Hall
Jia: Kaylee Hottle
Walter Simmons: Demián Bichir
Maya Simmons: Eiza González
Ren Serizawa: Shun Oguri
Josh Valentine: Julian Dennison
Laufzeit 114 Minuten
FSK
Veröffentlichung: 30. September 2021

Godzilla, der Protagonist von gut 30 zumeist japanischen Filmen. Seit Pacific Rim weiß auch das westliche Publikum, dass solche Wesen Kaiju heißen und ihr eigenes Filmgenre haben, während im Westen im Laufe der Filmgeschichte zwar so einige riesige Monster über die Leinwand tobten, aber nur King Kong es zu so etwas wie Star-Status gebracht hat. Was liegt näher, als die Größen dieses Genres gegeneinander antreten zu lassen? Im Detail wird es allerdings kniffelig: Godzilla zerstört Hochhäuser, Kong klettert an ihnen empor. Godzilla ist quasi unkaputtbar, Kong konnte man in seinen Anfängen noch mit Kampfflugzeugen vom Empire State Building schießen. Da hat man ordentlich nachgeholfen: War Kong einst vielleicht 15 Meter hoch und Godzilla gute 50 Meter, sind sie beide jetzt auf 100 Meter angewachsen. Trotzdem ist Godzilla mit seinem blauen Todesstrahl immer noch deutlich im Vorteil. Während Kong ihm auf allen anderen Gebieten die Schau stiehlt, denn er kann Mimik, Gestik und Emotion, wo Godzilla nur unartikuliert brüllen und stampfen kann. Prinzipiell hat Godzilla immer wieder auch mal einen winzigen Charaktermoment, über den man sich umso mehr freut, weil er so selten ist. Aber neben einer Rampensau wie Kong, der sich permanent ins Herz der Zuschauer spielt, weil er Liebe, Schmerz und Sehnsucht ganz monumental aussehen lassen kann, steht Godzilla ziemlich im Schatten. Godzilla vs. Kong macht das Beste aus diesen Vorgaben.

A little less conversation

Immer wieder das Gleiche mit Kaiju-Filmen: Man will die Monster sehen, nicht die menschliche Interaktion drumherum. Das entspricht dem kindlichen Wunsch, Nutella ohne Brötchen zu essen und von der Pizza nur die Käsekruste herunterzupopeln. Aber ein wirklich gelungenes Kinoerlebnis wären 100 Minuten Monster-Kämpfe nicht, ebenso wie ein Haufen geschmolzener Käse nicht an eine Pizza herankommt. Ganz ohne Hefeteig geht es nicht. Der ist nicht spektakulär. Aber er sollte knusprig sein. Metaphern beiseite: Godzilla vs. Kong setzt die Handlungsfäden mit menschlichen Darstellern hübsch knapp und gezielt ein. Da gibt es die Guten, deren Aufgabe ist es, Kong Gelegenheit zu rührend menschenähnlicher Interaktion zu geben. Und Kong von hier nach da zu schaffen. Alexander Skarsgård wirkt zwar etwas unterfordert, dafür ist das kleine Mädchen, das mit Kong in Gebärdensprache kommuniziert, ganz herzallerliebst. Dann ist da das Comedy-Team, das pfeilgerade auf das finstere Geheimnis der Antagonisten zusteuert. Wenn man damit leben kann, dass eine energische Jugendliche und zwei trottelige Nerds mittels einer Pulle Whiskey die Welt retten, dann ist das ganz okay. Die Schurken schneiden leider am schlechtesten ab. Keiner von ihnen hat teuflisches Charisma. Der eine könnte der Nachfolger von Ken Watanabe als cooler Japaner in einem Hollywood-Film werden, ist aber raus, bevor er Größe entwickeln kann. Und der andere endet in einem jämmerlichen Crossover von Neon Genesis Evangelion mit „Kasperle und das Krokodil“. Kasperle, hinter dir! HINTER DIR!

A little more action, please!

Aber jetzt endlich mal Kampf! Monsterkampf! Davon kriegt man ordentlich. Mal auf dem Wasser. Mal in einem nächtlichen, neonstrahlenden Hongkong. Kong verhaut Saurier. Godzilla verwüstet Architektur. Da nicht mehr verschleiern werden muss, dass da Männer in Gummianzügen unbeholfen herumstapfen, kriegt man alles in bombastischer CGI-Pracht zu sehen. Nicht nur ganz kurz. Oder im Dunkeln. Sondern bis ins letzte Detail und in ausgefeilter Nahkampf-Choreographie, die die Fähigkeiten der so verschiedenen Kombattanten glänzen lässt. Godzilla ist ein bulliges Kraftpaket. Dafür ist Kong wendiger und kann auch mal Gegenstände als Waffen einsetzen. Warum sie kämpfen? Na, weil. Anders als in so manchem anderen Kaiju-Film geht es diesmal nicht um große Themen wie die Atombombe oder die Gefahren der Umweltzerstörung. Da sind zwei Alphamännchen, die müssen wissen, wer stärker ist. Und wie ein einer Schulhofschlägerei prügeln sie sich, raufen sich zusammen und suchen sich dann einen gemeinsamen Gegner. Denn der Film hat noch eine Überraschung parat, die Fans des Genres entzücken wird: Mechagodzilla. Die stählerne Roboter-Echse stapfte schon durch einige alte Godzilla-Filme. Hier darf sie der unvermutete Gegenspieler für den Bosskampf sein. Denn, ehrlich gesagt: wer will schon, dass von zwei Publikumslieblingen einer untergeht? Dann schon lieber zwei Helden gegen den Blechsalamander, den kann man bei Bedarf jederzeit wieder zusammenschrauben.

Und das Monsterverse?

Wer auf mehr Worldbuilding, mehr Erklärungen, mehr Zusammenhänge im weiteren Erzählzusammenhang des Monsterverse gehofft hat, wird enttäuscht aus dem Kino kommen. Warum Godzilla hier zunächst nicht, wie in am Ende des letzten Films etabliert, ein Freund der Menschheit ist, wird zwar geklärt. Aber mehr zu Godzilla und all den Titanen, die der Abspann von Godzilla II angetriggert hat, erfährt man nicht. Kong zieht um, von dem zu klein gewordenen Inselchen Skull Island, in eine ganz neue Welt im Inneren der Erde. Das könnte Kongs Heimat sein, doch eine Queen Kong wartet dort bislang nicht auf ihn. Die Hohlerde bietet Felsen, Dschungel, weite Landschaften, jede Menge Monster und epische Architektur. Aber wer das gebaut hat, warum da ein Thron steht und eine blau leuchtende, magische Axt wie eine besondere Dungeon-Beute aus World of Warcraft auf Kong wartet? Man bekommt es nur gezeigt, nicht erklärt. Was dem Fan so so üble Laune bereiten kann wie ein unkratzbarer Mückenstich am Rücken. Aber andererseits könnte da auch noch jede Menge Material für weitere Monsterverse-Filme drin stecken.

Fazit

Seit meiner Kindheit habe ich auf diesen Film gewartet. Seit ich mit der Enttäuschung leben musste, ins Bett geschickt zu werden, als King Kong und die weiße Frau im TV-Spätprogramm lief. Um dann von großen Jungs zu hören, dass es einen noch viel krasseren Film gäbe. Nämlich King Kong gegen Godzilla. Der lief in einem Bauernkino, ein paar Dörfer von unserem Urlaubsorts im Allgäu entfernt und war damit genauso unerreichbar. Was ein Godzilla war, der da gegen den Riesenaffen antreten sollte, konnten wir Ahnungslosen uns nur sehr vage vorstellen. Jetzt weiß ich es und ich bin sehr froh drüber, dass die späte Auflösung keine Enttäuschung ist (was King Kong gegen Godzilla gewesen wäre, da kommt Kong nämlich gar nicht vor). Sondern 114 Minuten praller Kinospaß. Mal abgesehen davon, dass die Monsterkämpfe bombastisch sind, laut und groß und bunt und mit Schmackes. Das alles sollte ein Abend mit Godzilla vs. Kong bieten und das kriegt man auch. Aber Godzilla vs. Kong hat auch viele kleine Momente, die Freude machen. Wie Kong sich zu den Klängen von „Over the Hill and over the Sea, there’s a Girl waiting for me“ zufrieden an eine Felswand lümmelt. Wie Ghidora, der dreiköpfige Drache aus Godzilla II: King of the Monsters noch einmal einen kleinen, pfiffig gebauten Moment bekommt. Wie Kongs Grimassen immer bedeutungsträchtiger und emotionsgeladener werden, bis er und die kleine Jia zu Zeichensprache wechseln. Logiklöcher? Gar schlichte Handlung? Ach, egal. So schön kann Sommerkino sein.

© Warner Bros.


Veröffentlichung: 30. September 2021

wasabi

wasabi wohnt in einer Tube im Kühlschrank und kommt selten heraus.

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Aki
Aki
Redakteur
6. August 2021 14:39

Team Godzilla.
Das gleich einmal vorne weg, denn mit der großen Echse verbinde ich schon seit ich klein bin eine gewisse Liebe. Gut kein Wunder, denn die kleine Aki liebte Dinos. Spielte anders als andere Mädchen mit Dinofiguren, auf ihre Schuldtüte thronte ein Langhals und ihre VHS-Kassette von „Ein Land vor unserer Zeit“ war ausgeleiert. Klar, dass sie ihr Herz beim ersten Godzilla Film im Fernsehen (war einer gegen Mothra glaube ich) gleich vom dem stampfenden Monster angetan war. Da ich aber auch Kong durch Skull Island lieb gewonnen habe, war es echt nicht einfach hier einem der beiden die Daumen zu drücken. In dem Sinne hat es der Film echt klasse gemacht, die Sympathien auch für beide oben zu halten. Zwar greift Godzi am Anfang ja eine Anlage an, aber es gibt da ja eine junge Dame, die wie ich gleich wusste, dass hier was schief laufen muss, dass die Echse so sauer ist.
 
Was die Menschen angeht, stimme ich echt zu. Wobei die kleine Jia schon knuffig ist und mir ans Herz wuchs über die Spielminuten. Ist aber auch herzallerliebst, wie sie den großen Affen versteht und Tränen weint. Wirklich schade finde ich es im Grunde aber nur wenn es um die Bösewichte geht. Gerade bei Ren Serizawa hatte ich Hoffnungen, dass der mehr als nur Mister Böser Bube ist. Was die drei Nerds angeht, so musste ich immerhin lachen, weil das Klischee des dicken Hackers so schön durch den Kakao gezogen wird. Ja ja HTML Kurs XD
Schade leider auch, dass bei einigen Dingen die Logik hinten ansteht.

Spoiler
Der ganze Tempel der Affen ist einfach seltsam ohne Ende für mich und wirft er lauter Fragen auf. Hoffe, dass darauf in einem weiteren Kong-Teil eingefangen wird. Vor allem lasst den Armen wirklich noch einen anderen Affen finden!

 
Trotz der negativen Punkte: Der Film macht Laune. Warum, weil die Kämpfe wirklich klasse sind. Alleine das erste Auftauchen von Godzi hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, weil HALLO großes Maul XD Gerne mehr!