Der Winterkaiser
In Manier von Plötzlich Prinzessin von heute auf morgen an einen Königshof berufen werden, um ein ungeahntes Erbe anzutreten? In einem prächtigen Palast leben, die schönsten Kleider tragen oder sich durch die leckersten Köstlichkeiten schlemmen? Klingt doch gar nicht so schlecht. Doch natürlich gibt es auch Schattenseiten: machtgierige Adlige, die Intrigen spinnen, oder die ständige Aufmerksamkeit. In diese Welt wird der junge Maia in Katherine Addisons Roman Der Winterkaiser geworfen.
Maia, der ungeliebte jüngste Sohn des Elfenkaisers Varenechibel IV., fristet im Exil sein Dasein, bis ihn eines Tages die Nachricht vom Tod seines Vaters und seiner drei Halbbrüder erreicht. Damit fällt der Thron der Ethuveraz, der Elfenlande, ausgerechnet an Maia. Ehe er diesen Gedanken verdauen kann, findet er sich schon am Kaiserhof wieder. Doch dort sind ihm nicht alle wohlgesonnen. Maia muss mit machtgierigen Verwandten und Adligen sowie der starren Hofetikette fertig werden. Auch gilt es herauszufinden, wer das Luftschiff seines Vaters zum tödlichen Absturz brachte.
Zwischen Intrigen, Politik und Hofetikette
Originaltitel | The Goblin Emperor |
Ursprungsland | USA |
Jahr | 2014 |
Typ | Roman |
Bände | 1 |
Genre | Fantasy |
Autorin | Katherine Addison |
Verlag | Fischer Tor (2016) |
Veröffentlichung: 13. Oktober 2016 |
Der Winterkaiser ist keine klassische Fantasy-Geschichte. Es gibt nahezu keine Action oder spektakuläre Kämpfe, Magie wird allerhöchstens am Rande erwähnt und auch auserwählte Helden im Kampf gegen das Böse gibt es keine. Stattdessen geht es um Politik, Verhandlungen, Kompromisse und Hofetikette. Das bedeutet nicht, dass es langweilig wird. Die Umstände um den Absturz des Luftschiffes, in dem sein Vater und seine Brüder starben, müssen geklärt werden, der Koboldkönig, Maias Großvater, kündigt den ersten Besuch seit Jahrzehnten in den Elfenlanden an und muss natürlich angemessen in Empfang genommen werden und außerdem muss Maia auch noch eine passende Kaiserin wählen. Daneben bleibt ihm aber noch genügend Zeit, um ein persönliches Projekt voranzubringen: Eine Brücke über den größten Fluss der Elfenlande, um die beiden Landeshälften miteinander zu verbinden. Die meisten halten das für unmöglich, weswegen Maia hier einigen Gegenwind erfährt. All diese Punkte werden nicht strikt nacheinander abgehandelt, sondern fließen ineinander. So entsteht der Eindruck, dass Probleme nicht mal eben abgehakt werden, sondern länger betrachtet werden müssen. Dabei wird es nie langweilig, da sich Maias Baustellen abwechseln.
Die Welt der Ethuveraz
Der kaiserliche Hof ist geprägt von Ritualen und Traditionen. Daraus ergibt sich eine durchdachte Welt, die größer erscheint, als was in Der Winterkaiser präsentiert wird. Der Großteil der Geschichte spielt sich natürlich am Hof selbst ab, doch durch den Besuch des Großen Mar (des Koboldkönigs) kommen auch die Kobolde und damit die Kultur von Maias Mutter zur Geltung. Elfen und Kobolde unterscheiden sich in vielen Denkweisen, doch gerade das macht den Winterkaiser so lebendig. Im Buch gibt es außerdem wirklich viele Eigennamen. Neben Personennamen und natürlich den weitläufigen Adelshäusern haben auch viele Gebäude, Hallen oder auch Ränge und Anreden elfische Eigennamen. Manchmal ist es schwierig, dabei den Überblick zu behalten. Doch ein Namensglossar am Ende des Buches ist hier eine gute Hilfe. Allerdings geht dieses nicht in die Tiefe. Gerade die vielen Adelshäuser sind lediglich mit “ein Adelshaus” benannt.
Gewählte Sprache
Elfen drücken sich sehr gewählt aus. Die Sprache ist in den Dialogen sehr förmlich und elegant. Fortwährend sprechen die Figuren dabei von sich im Plural (also „wir“ statt „ich“). Das ist sehr gewöhnungsbedürftig. Durch die bewusste Wahl der Ich-Form, wirken bestimmte Momente noch persönlicher und Maia in diesen auch verletzlicher. Trotz der gewählten Ausdrucksweise liest sich Der Winterkaiser sehr flott. Die Dialoge werden mit Schlagfertigkeit und einer gewissen Situationskomik geführt. Besonders unterhaltsam sind dabei Maias Gedankengänge. Als Charakter ist er auch sympathisch, da ihm die ganze Macht nie zu Kopf steigt (eher ist er damit überfordert). Auch die übrigen Charaktere sind sehr lebendig geschrieben und dadurch sehr einprägsam, auch wenn bei den Namen und ihrer komplizierten elfischen Schreibung bisweilen die Übersicht fehlt. Der cholerische Lordkanzler Chavar, der pflichtbewusste Csevet oder die fürsorglichen Edocharei, sie bleiben im Gedächtnis.
Fazit
Nach der Lektüre des Winterkaiser ist es uns nicht mehr möglich, die Ich-Form in unserer Sprache zu nutzen. Dennoch handelt es sich dabei um eine wundervolle Geschichte über einen jungen Außenseiter, der über sich hinauswächst. Es ist uns eine besondere Freude, Maia auf seinem Weg zu begleiten. Das Hofleben wird sehr detailliert beschrieben und nimmt auch einen Großteil der Handlung ein. Das muss man mögen. Und wir mögen es. Der Winterkaiser ist ein echter Überraschungshit für uns. Innerhalb weniger Tage haben wir dieses Buch verschlungen und mittlerweile mehrfach gelesen. Auch bei jedem neuen Lesen macht die Geschichte Spaß und die Dialoge bringen uns jedes Mal aufs Neue zum Schmunzeln.
© Fischer Tor
Veröffentlichung: 13. Oktober 2016