Star Wars: Visionen (Folge 1×01)

Mit Star Wars: Visionen erweitert Disney seinen Star Wars-Kosmos. In neun animierten Kurzfilmen verwirklichen verschiedene japanische Animationstudios wie etwa Production I.G. (Ghost in the Shell), TRIGGER (BNA: Brand New Animal) oder Geno Studio (Golden Kamuy) ihre ganz eigene Vision der weit, weit entfernen Galaxie. Alle neun Episoden von Star Wars: Visionen sind seit dem 22. September 2021 auf Disney+ verfügbar. In diesem First Look widmen wir uns der ersten Episode »Das Duell«.

Inhaltsangabe

Ein namenloser Ronin ist mit seiner loyalen R2-Einheit auf Reisen und kehrt in ein Dorf ein. Während er bei einem Anwohner, dessen Hütte abseits auf einer Anhöhe steht, einen Tee zu sich nimmt, beobachtet er wie unten im Tal eine Bande von Banditen in das Dorf einfällt. Sie treiben die Bewohner auf dem Dorfplatz zusammen und verlangen Schutzgeld. Der noch junge Sohn des bettlägerigen Dorfhäuptlings erhebt seine Stimme und weigert sich der Forderung nachzukommen. Die Banditen nehmen den Jungen nicht ernst, doch dann eröffnen auf sein Handzeichen hin die »Wachen« (bzw. Söldner), die sich bis dahin versteckt hielten, das Feuer. Die Wachen schlagen sich gut und erlangen die Kontrolle über die Situation zurück, während der Ronin aus der Ferne unbeeindruckt zusieht und weiter an seinem Tee süffelt.

Als die Bande kurz vor ihrer Niederlage steht, betritt schließlich deren Anführerin das Schlachtfeld: eine Sith. Mit ihrem roten Regenschirm-Lichtschwert bringt sie eine Wache nach der nächsten zu Fall. Der Ronin sieht seine Zeit zum Handeln gekommen und betritt seelenruhig das Dorfzentrum, während um ihn herum eisern gekämpft wird. Die Sith-Anführerin stellt den Ronin zum Kampf und muss feststellen, dass ihr Widersacher in der Macht bewandert ist. »Jedi!«, schreit sie. Doch sie bemerkt ihren Irrtum, als er aus seiner Scheide ein Katana zieht, welches sich als rotes Lichtschwert entpuppt. Es entbrennt ein Kampf, den der Ronin in einem Geheimraum hinter einem Wasserfall durch eine List für sich entscheiden kann.

Zurück im Dorf, bedankt sich der junge Sohn bei seinem Retter. Der Ronin zerstört das Lichtschwert der Sith und entnimmt den roten Energiekristall. Dabei erhascht die Kamera einen Blick unter sein Gewand, wo bereits eine Reihe anderer roter Kristalle ihren Platz hat. Offenbar handelt es sich bei dem Ronin um einen Sith-Jäger. Als der Ronin seine Sammlung durch die neuste Errungenschaft erweitern will, hält er jedoch kurz inne und beschließt schließlich, den Kristall dem Häuptlingssohn zu überlassen – zum Schutz des Dorfes.

Malerisches CGI

Den Start von Star Wars: Visionen übernimmt das Studio Kamikaze Douga, das sein Faible für optisch herausstechende Mashups bereits in Batman Ninja (2018) bewiesen hat, als Batman aufgrund einer fehlerhaften Zeitmaschine im feudalen Japan landet. Das Studio bleibt seinem Stil treu und setzt auch bei »Das Duell« auf CGI – allerdings so geschickt umgesetzt, dass es nicht wie sonst üblich »hässlich hineingestanzt« wirkt. Die Folge ist überwiegend in Schwarzweiß gehalten, lediglich technische Leuchtelemente dürfen in ihrer eigenen Farbe erstrahlen – soll heißen, Dinge wie Lichtschwerter heben sich besonders schmuck hervor. Hinzu kommt, dass die Schattierungen der Figuren aus dynamischer Schraffur bestehen, was zusätzlich einen künstlerisch-zeichnerischen Eindruck erweckt und jeden Anflug von »Moment mal, CGI? Holt die Mistgabeln!!« erstickt.

Kurosawa im Weltall

Erzählt wird die bekannte Geschichte eines wortkargen Wanderers, der ein Dorf von bösen Banditen befreit. Ein Trope, das bereits im Jahre 1954 in Akira Kurosawas Film Die Sieben Samurai geboren wurde. Auch wenn das feudal-japanische Setting auf manche eventuell befremdlich wirken mag, erinnern uns Sound Director Ryosuke Naya und Komponist Keiji Inai (Btooom!) sogleich daran, dass wir uns im Star Wars-Kosmos befinden – diese beiden sowie auch der Cast der »Wachen«, der einen Querschnitt der Galaxie darstellt, angefangen beim aufgemotzten RA7-Protokolldroiden über Tusken, Dug und Gran bis hin zum Trandoshaner. Mit dem sich nähernden Showdown zwischen Sith-Anführerin und Ronin, häufen sich die Referenzen auf traditionelle japanische Musik, doch John Williams ist und bleibt stets präsent, daran zu erkennen, dass Komponist Keiji Inai das Streicher/Fagott-Grundpattern von »Duel of The Fates« aus Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung zitiert bzw. andeutet. Mit duften visuellen Shots und bassigen Sounds ist das Duell zwischen Sith und Ronin auch ebenso spannend anzusehen. Doch zu welcher Zeit spielt die Folge? Aufgrund der feudalen Aufmachung und der Anwesenheit einer bzw. zweier Sith, könnte man meinen, die Folge spiele noch vor Episode I. Betrachtet man jedoch die Rüstung der Banditen (einer von ihnen trägt einen Sturmtruppler-Helm der Ersten Ordnung) scheint die Geschichte vielmehr nach Episode VI zu spielen. Wer der Ronin letzten Endes ist, ob ein Sith, ein abtrünniger Jedi oder ein verschollener Inquisitor, bleibt unbeantwortet.

Fazit

Ein starker Auftakt, der Star Wars-Fans nicht mit übergroßen Moe-Augen verschreckt, sondern stattdessen mit seriösem Samurai-Setting, markant-coolem Design, vertrauten Star Wars-Referenzen und neuen Lichtschwertvarianten entzückt. Gerade im Schwarzweiß-Kontext macht der Regenschirm noch einmal besonders Eindruck. Der Plot an sich ist freilich nichts Neues. Das Kurosawa-Trope des einsamen Wolfes, der ein Dorf rettet, gibt es bereits in The Clone Wars und The Mandalorian zu bestaunen. Dass der altehrwürdige Kurosawa mit seinen Samuraifilmen großen Einfluss auf George Lucas nahm, ist darüber hinaus auch kein Geheimnis. Auch die erste Folge von Star Wars: Visionen ist mit ihrer Schwarzweiß-Optik und ganz bestimmten Schlüsselbildern eine einzige Hommage an Kurosawa. »Das Duell« bietet eine aufregende neue Optik, die sehr gut mit dem Star Wars-Kosmos harmoniert und ich bin sehr gespannt, mit welch kreativem Output uns die anderen Studios befeuern werden.

© Disney

Totman Gehend

Totman ist Musiker, zockt in der Freizeit bevorzugt Indie-Games, Taktik-Shooter oder ganz was anderes und sammelt schöne Bücher. Größtes Laster: Red Bull. Lieblingsplatz im Netz: der 24/7 Music-Stream von Cryo Chamber auf YouTube.

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