Devdas – Flamme unserer Liebe
“Mein Vater hat gesagt, verlass das Land. Verlass Paro, haben alle gesagt. Paro sagt, ich soll vom Alkohol lassen. Heute sagst Du mir, ich soll das Haus verlassen. Eines Tages wird Gott mir sagen, ich soll die Welt verlassen.” So lauten die emotionalen Worte des Protagonisten Devdas Mukherjee an seine Mutter. Die Rede ist hierbei von dem Film Devdas – Flamme unserer Liebe, einem Monumentalepos des Regisseurs Sanjay Leela Bhansali (Padmaavat – Ein Königreich für die Liebe), der als erster indischer Titel auf dem Filmfestival in Cannes präsentiert wurde und zudem als erfolgreichste Bollywood-Produktion des Jahres 2002 gilt. Die opulente Verfilmung basiert auf dem Roman Devdas des Autors Sharat Chandra Chattopadhyay (Parineeta) und erzählt die tragische Liebesgeschichte des jungen Mannes Devdas, der von seiner Familie ins Unglück gestürzt wird und dabei in seinem Kummer dem Alkohol verfällt.
Die Geschichte spielt in den Jahren um 1900 und beginnt mit der Ankunft von Devdas Mukherjee (Shah Rukh Khan). Devdas ist ein junger Mann aus reichem Hause, der zur Strafe von seinem Vater Narayan Mukherjee (Vijay Crishna) nach London geschickt wurde und nach zehn Jahren erstmals zu seiner Familie zurückkehrt. Nun als ausstudierter Anwalt wird er in die Fußstapfen seines Vaters, der ebenfalls Jurist ist, treten. Bei seiner Rückkehr besucht er jedoch zuerst seine Nachbarin, nämlich Kindheitsfreundin Parvati (Aishwarya Rai), die er liebevoll ”Paro” nennt. Erst dann macht er sich zu seiner Familie auf und der Unmut im Hause Mukherjee wird deutlich, denn seine Mutter Kaushalya (Smita Jaykar) ist enttäuscht, dass er Parvati den Vorrang gab, ihn als erstes wiederzusehen. Doch schon seit der Kindheit besteht zwischen Devdas und Parvati eine tiefe Verbindung und sie sind sich beide ihrer Liebe zueinander bewusst. Doch Devdas’ Eltern, die Parvati und ihre Familie als minderwertig ansehen, stellen sich gegen die Heirat der zwei Liebenden. Dies mit fatalen Folgen …
Eine Liebe, die nicht sein darf
Originaltitel | Devdas |
Jahr | 2002 |
Land | Indien |
Genre | Romanze, Drama, Tragödie |
Regie | Sanjay Leela Bhansali |
Cast | Devdas Mukherjee: Shah Rukh Khan Chandramukhi: Madhuri Dixit Parvati „Paro“ Chakraborty: Aishwarya Rai Chunnilal “Chunnibabu”: Jackie Shroff Sumitra Chakraborty: Kirron Kher |
Laufzeit | 185 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 9. Februar 2006 |
Zunächst werden einem die Hauptfiguren Devdas ”Dev” und Parvati ”Paro” vorgestellt, die es beide kaum erwarten können, einander wiederzusehen. Devdas, der in Kindertagen mit Parvati ständig für Ärger sorgte, wurde von seinem Vater nach England geschickt. Durch einen Rückblick zeigt sich schon deutlich die kühle Persönlichkeit des Vaters, der seinen Sohn zur Strafe mit einem Stock in die Hand schlug und sich bei der Abreise nicht von ihm verabschiedete. Auch bei seiner Rückkehr widmet sich der Vater lieber seiner Arbeit, als nach zehn Jahren seinen Sohn Zuhause zu begrüßen. Devdas’ Verbindung zu Parvati ist ihm ein Dorn im Auge, denn er sieht als Großgrundbesitzer auf die Familie von Kaufleuten herab. Dennoch wird zu Beginn noch eine freundschaftlicher Umgang offenbart, denn Kaushalya ist mit Sumitra, der Mutter von Parvati befreundet. Aber schon bald zerbricht die Beziehung, denn Kumud, die Schwägerin von Devdas, hat einen beachtlichen negativen Einfluss darauf. Sie stichelt bei jeder Gelegenheit gegen Devdas, Parvati und Sumitra, was zur Verschlechterung aller Beziehungen im Hause Mukherjee führt. Devdas schafft es nicht, sich gegen seine mächtige Familie aufzulehnen oder besser gesagt gegen seinen tyrannischen Vater. Eine Heirat mit seiner großen Liebe Parvati kommt nicht zustande, was ihn fortan immer mehr ins Verderben stürzt.
Devdas auf dem Weg zur Selbstzerstörung
Der tieftraurige Devdas verbringt seine Zeit bei seinem Studienfreund Chunnilal “Chunnibabu”, der durchaus als der Auslöser für Devdas’ Selbstzerstörung gesehen werden kann. Denn ab diesem Zeitpunkt verfällt Devdas dem Alkohol, um besser mit seinem Leid umzugehen. Zudem bringt ihn Chunnilal erstmals ins Rotlichtviertel, wo er die Kurtisane Chandramukhi kennenlernt. Dabei empfindet Chandramukhi schnell eine Faszination für Devdas, trotz seiner Abneigung und spitzen Bemerkungen ihr gegenüber. Dies hat zur Folge, dass Devdas von zwei Frauen gleichzeitig geliebt wird. Eine Besonderheit ist die Art der Darstellung, denn die beiden Frauen mutieren nicht zu Rivalinnen, wie es sonst in Geschichten üblich ist. Dadurch lässt es sich dem Geschehen angenehmer folgen, ohne das typische Störfaktoren auftreten. Bei Devdas liegt jedoch eine klare Tendenz zu seiner ersten Liebe, die er nicht vergessen kann. Es schimmert eine leicht besitzergreifende und arrogante Persönlichkeit bei ihm durch. Die Beziehung zwischen ihm und Parvati wirkt verspielt und voller Leidenschaft. Die Figuren werden in der Handlung alle glaubhaft dargestellt und das Publikum kann für Devdas, Parvati und Chandramukhi Sympathie und Verständnis aufbringen. Das Leid von Devdas stellt sich schon als unerträglich heraus, was eine Tragödie durchaus ausmacht. Zudem muss er mit dem Gewissen leben, dass Parvati mit einem anderen Mann verheiratet wurde, weil er sie nicht selbst ehelichte.
Poetisch mit überzeugenden deutschen Dialogen
Der deutsche Zusatztitel ”Flamme unserer Liebe” bezieht sich auf eine Öllampe, die Parvati besitzt. Diese Öllampe brennt seit Jahren ununterbrochen für Devdas, denn sie steht symbolisch für die Liebe der beiden. Nebenbei kommen öfter poetische Dialoge vor, wie beispielsweise ein Vergleich mit dem Mond. Nämlich, dass der Mond nicht so stolz sein kann, denn er hat Narben im Gesicht. Hierbei wird auf den Stolz von Parvati angedeutet, aber generell spielt Stolz eine wichtige Rolle unter den auftretenden Figuren. Die deutschen Dialoge sind hervorragend geschrieben und viele davon bleiben länger im Gedächtnis. Zum Beispiel sagt Devdas zu Chandramukhi ”Du bist eine Frau, Chandramukhi. Erkenne dich selbst. Eine Frau kann Schwester sein, Mutter sein, sie ist Tochter oder Ehefrau. Wenn sie aber nichts dergleichen ist, ist sie eine Prostituierte. Du hast deinen Weg gewählt, Chandramukhi.” Ansonsten stellt sich die deutsche Vertonung generell als tadellos heraus, da die Darsteller mit ihren Stammsprechern besetzt sind und unter den Nebenfiguren ebenfalls keine Stimmfarben negativ auffallen.
Ein großer Erfolg für das indische Kino
Regisseur Sanjay Leela Bhansali wird vielen Fans des Bollywood-Kinos inzwischen ein Begriff sein, denn immerhin versorgt er das Publikum schon seit langer Zeit mit opulenten Verfilmungen. Doch mit Devdas – Flamme unserer Liebe gelang ihm ein Meilenstein, den er selbst kaum noch übertreffen kann. Dies liegt nicht nur an der Geschichte von Devdas, sondern auch an der guten Wahl des Casts. Shah Rukh Khan (Om Shanti Om), Aishwarya Rai (Dil Ka Rishta – Nur dein Herz kennt die Wahrheit) und Madhuri Dixit (Koyla – Glut der Rache) sind wahre Koryphäen ihres Faches und glänzen wenig überraschend in ihren Rollen. Zudem lässt sich gleichzeitig feststellen, dass eine gute Chemie zwischen den Darstellern herrscht. Generell wurde hier eine Menge Budget in die Hand genommen, denn Devdas sticht für damalige Verhältnisse mit über 500 Millionen Rupien als eine der teuersten indischen Produktionen hervor. Es wurde mit Leidenschaft an dem Projekt gearbeitet, was sich an jeder Szene des Films bemerkbar macht. Nicht verwunderlich, dass sich dies am Ende mit einer Menge Auszeichnungen verschiedener Filmpreise auszahlte. Doch die Dreharbeiten waren sehr aufwendig und die Filmschaffenden hatten mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. So kam es zu Unfällen, bei denen zwei Männer des Filmteams zu Tode kamen. Des Weiteren verletzte sich Shah Rukh Khan an der Hand, als er am Set in einer Szene eine Flasche zerschlug. Ansonsten stellt Devdas – Flamme unserer Liebe nicht die erste Adaption des Romans dar. Die populäre Vorlage wurde schon mehrfach verfilmt und das zeigt, dass sie in jeder Generation funktioniert. Unter anderem kam sie schon im Jahr 1955 mit den Schauspiel-Legenden Dilip Kumar (Gunga Jumna – Der Kampf der Brüder), Suchitra Sen (Bipasha) und Vyjayantimala (Amrapali) auf die Leinwand.
Ein Fest für die Augen und Ohren
Zu Beginn werden die Zuschauer mit einem traditionellen Intro begrüßt, welches mit alten Wandmalereien aufwartet. Dieses bietet einen wahrlich positiven Einklang in den Film, denn es lässt sich nur erahnen, was für ein Monumentalepos hierbei startet. Es wurde viel Wert auf die Optik gelegt, da die Produktion augenscheinlich eine Wucht ist. Die prunkvollen Gebäude und Gegenstände, farbige Glasscheiben, Schmuck, Gewänder – da brachte Sanjay Leela Bhansali wirklich alles Schöne, was Indien ausmacht, auf die Leinwand. Bei der Musik wurde nicht gespart, denn neun Songs finden sich in dem drei Stunden langen Streifen, die alle auf ihre Weise überzeugend sind. Die Lieder fügen sich atmosphärisch perfekt in die Handlung ein. Hervorstechen tun die Gesangsstücke “Maar Daala“, “Bairi Piya“, “Chalak Chalak” und “Dola Re Dola“. Bei Letztgenanntem besingen Parvati und Chandramukhi gemeinsam ihre Liebe zu Devdas. Tänzerisch eine unglaubliche Leistung, die hier Aishwarya Rai und Madhuri Dixit mitsamt den ganzen Hintergrundtänzerinnen abliefern. Dagegen wirkt sogar Hollywood mit ihren Musicals blass, denn das spielt nochmal in einer ganz anderen Liga. Was auch noch bemerkenswert ist, dass Playbacksängerin Shreya Ghoshal (Parineeta – Das Mädchen aus Nachbars Garten) in diesem Film mit gerade einmal 16 Jahren ihr Debüt gab. Inzwischen gehört sie zu den beliebtesten und erfolgreichsten Sängerinnen des Landes. Die emotionale und epische Hintergrundmusik “Dev’s Last Journey” weiß auch zu gefallen. Darin sind nochmal die Stockschläge zu hören, als Devdas von seinem Vater geschlagen wird, was eine bedrückende Atmosphäre erzielt.
Fazit
Devdas – Flamme unserer Liebe gehört zu den Filmen, die einen als Zuschauer am Ende sprachlos vorm Bildschirm zurücklassen. Das Leid der Hauptfiguren wird wunderbar auf die Leinwand manifestiert und ich kenne nur wenige andere indische Produktionen, die die gleiche Wirkung entfalten wie Devdas. Bei Shah Rukh Khan könnte man schon meinen, dass er nicht einfach nur die Rolle des Devdas spielt, sondern tatsächlich Devdas ist. Freunde von Happy Ends sollten jedoch einen Bogen um das Werk machen, denn es ist tatsächlich eine Tragödie. Man sollte nicht mit falschen Erwartungen an die Verfilmung herangehen. Wer jedoch tragische Geschichten in Romeo und Julia-Manier liebt, sollte sich diesen Film nicht entgehen lassen. Zumal hierin wirklich eine der besten Produktionen von Sanjay Leela Bhansali abgeliefert wurde, die bis heute von den Filmemachern kaum zu toppen ist. Absolut schön anzusehen und mit viel Liebe gemacht. Ein Kunstwerk eben.
© LEONINE
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