Star Trek: Picard (Folge 2×09)
Knapp vor Schluss ist es bei Star Trek: Picard Zeit für Rennen, Kämpfen und Entscheidungen. Und für Schlussakkorde all der emotionalen Verwirrungen und Auflösungen all der Rätsel, die sich im Verlauf von Staffel 2 angesammelt haben. Da aber noch ein bisschen Luft bis zum Staffelende ist, bleibt auch einiges ungelöst. Und ein letztes Rätsel poppt auf.
Inhaltsangabe
Kaum hat Rios den überraschten Erdlingen des 21. Jahrhunderts sein Raumschiff gezeigt, da hört der Spaß auch schon auf. Die Borg-Königin mit ihren assimilierten Schergen greift das Schiff und Tallinn kann die drei gerade noch rechtzeitig in Sicherheit beamen. Rios lässt seine Schusswunde verarzten und stürzt sich wieder ins Kampfgeschehen.
Agnes‘ Bewusstsein ist immer noch präsent und sabotiert die Pläne der Borg-Königin, indem es die Steuerung des Schiffs blockiert und den Zugangscode in einem Elnor-Hologramm mit besonderen Kampfskills versteckt. Das verschafft Raffi und Seven Verstärkung im Kampf gegen Dr. Soongs Truppe und Raffi Gelegenheit, über ihren Kummer und ihre Schuldgefühle angesichts Elnors Tod nachzudenken.
Picard und Tallinn versuchen, von Chateau Picard durch die unterirdischen Gänge zur La Sirena zu gelangen. Dabei erinnert sich Picard an die Episode seiner Kindheit, die er stets verdrängt hatte: Seine Mutter hatte ihn in die gefährlichen unterirdischen Gänge gelockt und dort allein zurückgelassen. Erst Stunden später konnte der Vater den Jungen retten und seine Frau, die sich in einer schweren depressiven Phase befand, wiederfinden. Er sperrte die selbstmordgefährdete Frau in ihr Zimmer ein, doch sie flehte ihren Sohn an, die Tür zu öffnen. Kaum hatte der kleine Jean-Luc ihre Bitte erfüllt, erhängte sie sich im Wintergarten.
Seven lässt sich von Hologramm-Elnor den Code für die Kontrolle über das Schiff geben und hat ein paar Momente, um Dr. Soongs Kämpfer auszuschalten, bevor die Borgkönigin wieder die Kontrolle übernimmt und Seven mit ihrem Tentakel durchbohrt. Agnes durchlebt einem weiteren Moment intensiver Trauer, der bewirkt, dass nun sie wieder die Kontrolle über ihren Körper übernimmt und die Borg-Königin zurückdrängt. Sie überredet die Borg-Königin, Seven zu retten und hinfort nicht mehr hemmungslos zu assimilieren, sondern wahre seelische Verbundenheit anzustreben, die Individualität und freien Willen nicht zerstört, sondern wertschätzt.
Picard und Tallinn sind bei den anderen angekommen. Agnes/Die Borgkönigin hat noch einen letzten, rätselhaften Satz für sie: Es muss zwei Renées geben, eine, die zum Jupiter fliegt und eine, die das nicht tut. Dann startet die La Sirena ins All.
Na endlich: die verschüttete Erinnerung
Das war also das Kindheitserlebnis, das Picard ein Leben lang verdrängt hat und so zu dem Jean-Luc Picard wurde, den wir alle kennen: Er hat den Tod seiner Mutter verschuldet, denn er hat geglaubt, seine Mutter zu befreien und die hat ihre Freiheit genutzt um sich umzubringen. Ehrlich gesagt war der Weg zu dieser Erkenntnis spannender als die Erkenntnis selbst. Aber warum das geklärt werden muss, während alle damit zu tun haben, die Borg-Königin und Dr. Soongs kleine Privatarmee aufzuhalten, das erklärt sich nicht und drum lenkt es gewaltig vom Geschehen ab. Und warum das etwas mit Q zu tun hat? Keine Ahnung, der kommt in dieser Folge überhaupt nicht vor. Bemerkenswert ist vor allem eins: Madame Picard war keine verfolgte Königin und ihr Mann kein Monster. Alles nur symbolisch. Aber die labyrinthischen Gänge unter Chateau Picard sind nicht symbolische Abgründe der Seele, die gibt es wirklich. Was die Glaubwürdigkeit der Geschichte eher strapaziert, dafür einen erzählerischen Joker darstellt: Die führen garantiert überall da hin, wo Figuren gerade hinmüssen.
Komm auf die Schaukel, Luise!
Dass die Borg-Königin die Oberhand bekam, sobald das Leben für Agnes so richtig aufregend wurde, war eine pfiffige Wendung. Noch eine Umdrehung weitergedacht macht es das Miteinander der beiden zu einer Art emotionsbetriebener Schiffsschaukel: Mal ist die eine oben, mal die andere. Nun ist also wieder Agnes am Zug. Aber dass sie die Situation löst, indem sie der Borg-Königin gut zuredet, das ist eher lahm. Vielleicht muss das so sein, je öfter man das Ungeheuer sieht, desdo näher kommt man ihm und umso harmloser wird es. Jetzt haben wir also eine Borg-Königin, die ungebremst assimiliert hat, weil sie so einsam war und vielleicht das Glück findet, wenn sie und Agnes humaner assimilieren: Nix Zwang und Willenlosigkeit, sondern seelische Verbundenheit von Individuen. Hat Agnes vielleicht auf Netflix Sense8 geschaut? Ist ja hübsch. Aber eigentlich war eine böse, gefährliche Borg-Königin viel spannender als eine zum Guten bekehrte.
Fazit
Wie schon in vergangenen Folgen passiert in Folge 9 eine Menge und an vielen verschiedenen Ecken. Viele Figuren halten lange Vorträge über seelische Befindlichkeiten, während außerdem viel im Dunkeln gerannt und gekämpft wird. In früheren Folgen hat dieses Anhäufen von Material oft gut funktioniert, kurz vor Schluss macht es die Dinge eher konfus und langatmig. Und dass erst die Hälfte aller Rätsel abgearbeitet ist, macht unzufrieden. Aber das muss in einer vorletzten Folge halt so sein, wo bliebe sonst der Reiz des Finales?
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