Assassin’s Creed: Origins
Manchmal muss man einen Schritt zurück gehen, um weiter zu kommen. Das dachte sich wohl auch das Kreativteam der beliebten Spielreihe Assassin’s Creed, dem man immer häufiger vorwarf, mit seinen jährlich erscheinenden Titeln der Serie in einer kreativen Sackgasse zu stecken. Und so wurde kurzerhand ein Jahr ausgesetzt, um sich mit dem neuesten Teil auf die Anfänge der Assassinenbruderschaft zu besinnen. Ob die längere Entwicklungszeit etwas gebracht hat und sich das Franchise wirklich neu erfinden konnte, haben wir ausführlich getestet.
Ägypten befindet sich an einem Scheideweg. Das Land leidet unter korrupten Beamten, ihrem grausamen Pharao und einem drohenden Bürgerkrieg. In all diesen Wirren sind die Medjai, die einstigen Beschützer von Pharao und Reich, nur noch ein Relikt aus längst vergessenen Zeiten und stehen vor dem Aussterben. Der letzte dieser einst mächtigen Kriegerkaste ist Bayek von Siwa, doch seine Welt zerbricht als sein Sohn Khemu von maskierten Männern getötet wird. Für ihn gibt es jetzt nur noch Rache! Unermüdlich spürt er den Kultisten durch das ganze Reich nach um sie zu töten, kommt dabei aber nicht aus seiner Rolle als Beschützer heraus und knüpft so Bande in allen Gesellschaftsschichten. Rebellen, Gelehrte und Herrscher kreuzen genau so seinen Weg wie Piraten und Hohepriester und wird er wird Zeuge weltverändernder Ereignissen.
Größer – freier – besser?
Originaltitel | Assassin’s Creed: Origin |
Jahr | 2017 |
Plattform | PlayStation 4, Xbox One, PC |
Entwickler | Ubisoft |
Publisher | Ubisoft |
Genre | Action-Adventure |
Spieler | 1 |
USK |
Origins bietet nicht nur die bisher größte Map der Serie, es gibt Spielern auch die größte Freiheit, ihren Charakter an persönliche Vorlieben anzupassen. Der Skillbaum lässt euch selbst entscheiden ob ihr, ganz im Sinne der Assassinen, heimlich, still und leise das Leben eurer Ziele mit Giften oder aus den Schatten beendet, aus der Entfernung mit einem der verschiedenen Bögen diesen Job erledigt oder wie ein Berserker mit Schwertern und den wirklich dicken Waffen den Boden um euch herum rot färbt. Die Map selbst wäre wohl viel zu groß um sie zur Gänze per pedes zu erforschen, also hat man Bayek Pferde, Kamele und sogar Streitwagen zur Verfügung gestellt, mit denen ihr neben den gewohnten Schnellreisepunkten zügig von A nach B kommt. So sind die großen Wüsten genau so wenig ein Problem wie der Nil und das Meer, auf denen ihr euch Schiffe “ausleihen” (und zu Klump fahren) könnt. Nicht zuletzt Senu, euer getreuer Adler, rundet das Ganze durch seine Luftaufnahmen ab. Mit ihr könnt ihr nicht nur Ziele aus der Luft aufspüren und markieren, sondern auch Schätze oder geheime Eingänge finden oder Gegner durch einen gekonnten Angriff von oben beschäftigen. Die erkundbare Welt reicht von gigantischen Sandwüsten über Gebirge und Sumpflande bis hin zu urbanen Räumen, geheimen Kammern und düsteren Unterwasserzielen. Man hat die Chance, historische Bauten zu bewundern und am Leben der einfachen Bevölkerung teilzuhaben. Und das sogar möglichst authentisch, immerhin heuerte Ubisoft doch ein ganzes Team an Historikern, Archäologen und Antropologen an, um das digitale Ägypten möglichst nah an die Wirklichkeit zu bringen.
Nebenquests – Dieses Mal mit Gehalt
Gerade bei vergangenen Ausgaben hatte man mit Ausnahme der Hauptgeschichte wenig interessante Erzählstränge. Schnell verfiel alles in Stumpfes Zieletöten, Truhen farmen und von Türmen springen. Die Fülle von Origins’ weit über 100 Nebenquests, die zum Teil auch später noch miteinander verbunden werden, bieten bis ins Endgame genug zu tun. Man kann sich zusätzlich in den Arenen als Gladiator beweisen oder auf einer Wagenrennbahn in die Fußstapfen Michael Schumachers treten. Es gibt jeden Tag eine neue Quest, bei der man seltene Ausrüstungsgegenstände oder Waffen abstauben kann und in regelmäßgen Abständen (14-tägig) werden die Götter selbst zu Gegnern. Natürlich kann man schnell durch die Hauptstory fliegen, aber noch nie hat man dabei so viel verpasst!
Assassin’s Creed ist eigentlich die Reihe meiner Frau. Schnell wurde ich der Spielwelt, die zwar meistens schön ausgearbeitet, aber oft viel zu eintönig in ihren Möglichkeiten war, überdrüssig. Hier ist das anders: Selten habe ich mich in einem Spiel so festgebissen wie an Origins. Vor allem die lebendige Welt, die sich auch weit abseits der eigentlichen Geschichte noch offenbart, wird nie langweilig. Oder eher fast nie, denn wenn man die Quests abgearbeitet hat und alles einmal erkundet wurde, wird es verdammt mühsam, den Skillbaum zu füllen. Kills bringen kaum Erfahrung und von der täglichen Aufgabe unseres reisenden Händlerkindes und der Götterherausforderung alle zwei Wochen hat man kaum Möglichkeiten, Punkte zu machen. Selbst Siege gegen die Bosse in der Arena sind da nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und so wird man um auch die letzten Fähigkeiten freizuschalten doch zum Grinden gezwungen. Trotzdem nimmt dieser Wermutstropfen dem Spiel nichts seiner Großartigkeit, und so schaue ich auch jetzt, nachdem ich eigentlich schon lange durch bin, gerne jeden Tag noch kurz vorbei, um mich mit Reda darüber zu unterhalten, wie wir beide durch meine Arbeit reich werden, einem Gott in den Hintern zu treten oder einfach nur durch die wunderschöne Landschaft zu reiten. Schade finde ich nur, dass die Geschichte außerhalb des Animus so nichtssagend endet. Hier hätte man einiges, vor allem im Hinblick auf noch kommende Spiele, vorbereiten können. Etwas lästig ist es, dass einem nicht angezeigt wird, welche Entdeckungen in welchem Gebiet noch fehlen. So muss man, um alle Fragezeichen zu finden, mühsam die gesamte Karte absuchen, was bei den weißen Fragezeichen auf hellem Wüstensand nicht immer einfach ist. Früher war alles besser! Die auf dem Zeitstrahl älteste Geschichte aus dem Assassin’s Creed-Universum ist auch die, die mich am meisten begeistert hat. Ich freue mich schon auf die bereits angekündigten Erweiterungen und hoffe, dass mich Bayek noch lange begleitet!