Blame!

Seit dem 11. Oktober 2017 veröffentlicht das Label Manga Cult des Cross Cult Verlags die sechsbändige Master Edition des Sci-Fi-Klassikers Blame! von Tsutomu Nihei (Knights of Sidonia). Damit bekommen Leser erneut die Gelegenheit. mit dem wortkargen Charakter Killy auf die Suche nach den Netzwerkgenen durch die Megastruktur zu wandern und dabei alle möglichen Abenteuer zu überstehen, die immer wieder neue Fragen aufwerfen. Denn warum genau sucht Killy diese Gene? Und noch wichtiger, was sind sie überhaupt?

    

Keiner weiß mehr genau, wie alles begann, doch seit Jahrhunderten breitet sich die Megastruktur unaufhaltsam aus. Die Maschinen, die diese bauen, können nicht mehr gesteuert werden und daher muss die Menschheit mit ansehen, wie um sie herum ein unendliches Gebilde entsteht, in dem keine Hoffnung wartet. In all dieser Trostlosigkeit wandert ein Mann auf der Suche nach Menschen mit sogenannten Netzwerkgenen. Sie sollen die Macht haben, die Maschinen aufhalten zu können. Doch seine Suche ist beschwerlich, denn nicht nur Mutanten, sondern auch Maschinen stellen sich ihm in den Weg. Ein einfacher Mensch hat da kaum eine Chance, doch wer genau ist dieser Mann Killy eigentlich, warum sucht er so besessen danach und wird er es schaffen, die Menschheit zu retten?

Die Geschichte des einsamen Wanderers

Als Leser begleiten wir den schweigsamen Killy auf seiner Reise und durchstreifen manchmal kapitelweise die Megastrucktur, ohne das ein einziges Wort fällt. Unterbrochen werden die stillen Momente, wenn unserer Wanderer auf andere Wesen trifft. In dieser kargen Welt leben nur noch wenige Menschen, dafür gibt es vermehrt Siliziumleben: Ehemalige Menschen, die ihren Körper umgewandelt haben. Um ihr Überleben zu sichern, jagen sie die normalen Menschen und töten sie. So wollen sie verhindern, dass jemand mit Netzwerkgenen überlebt und so die Maschinen aufhält. Neben diesen Wesen gibt es noch die Schutzwehr und die Regierungsbehörde. Letztere dient dazu die Kommunikation zwischen der Netzwerksphäre, die die Megastruktur verwaltet, und den Menschen mit Netzwerkgenen zu ermöglichen. Da es aber keine Lebewesen mit dieser Eigenschaft mehr gibt, laufen die Maschinen Amok. Unabhängig von der Regierungsbehörde arbeitet die Schutzwehr: Roboter, die oftmals in Form von puppenartigen Maskenträgern auftreten. Ihre Aufgabe war es früher, die Menschen mit Netzwerkgenen zu schützen. Heute sehen sie daher alle anderen Menschen als Feinde an und töten ununterbrochen. Zum Glück ist Killy gut bewaffnet: Ein Gravitationsstrahler rettet ihm nicht nur einmal das Leben.

Eine Kameradin für Killy

Originaltitel Blame!
Jahr 1996
Bände 10
Genre Action,Science-Fiction, Horror
Autor Tsutomu Nihei
Verlag EMA (2001 – 2004), Manga Cult (2017)

Während Killy sich meist alleine durch die gefährliche Welt kämpfen muss, trifft er bei einem Abenteuer in der Bio-Elektrik auf die Wissenschaftlerin Cibo. Sie kennt sich mit der Netzwerksphäre aus, weswegen sie unserem Helden als Partner ab sofort zur Seite steht. Wie der Leser recht spät erfährt, war Cibo mehr als nur eine einfache Arbeiterin. Sie hat versucht, mit simulierten Netzwerkgenen Einlass in die Netzsphäre zu erlangen, doch sie wurde von der Schutzwehr entdeckt und getötet. Ihre Seele hatte sie in Backups gespeichert, doch als Strafe für ihre Taten wurde sie in den Körper gesteckt, den Killy in der Bio-Elektrik später fand.  Da die Schutzwehr mit einfachen Mitteln nicht gegen Killy ankommt, lernt sie nach jeder Niederlage dazu. Als unsere beiden Helden in einem Dorf ankommen, welches von sogenannten Elektrofrischern — Menschen, die mit Schutzausrüstungen auf die Jagd nach Essbaren gehen — bewohnt werden, taucht ein kleines Mädchen auf. Wenig später stellt sich heraus, dass es sich bei ihr um eine Schutzwehreinheit hoher Stufe mit Namen Sanakan handelt.  Mit Müh und Not kann Killy den Kampf gewinnen, doch taucht sie später noch einmal auf. Dieses Mal aber von der Regierungsbehörde geschickt und damit auf der Seite unserer Helden.  Ab dem Auftauchen von Sanakan verändert sich Killy mehr und mehr und wirkt immer übermenschlicher. Er entwickelt eine schnelle Regenerationskraft und benötigt kaum noch Nahrung. Ein Grund dafür könnten die wiederkehrenden Erinnerungen sein. Killy wanderte zu Beginn der Geschichte nämlich nur mit einem Bruchteil davon herum und durch die stärker werdenden Kämpfe, kommen sie langsam zu ihm zurück. Als Leser fragt man sich, ob Killy überhaupt ein Mensch ist. Da in dieser Welt alles möglich ist, könnte er sonst etwas sein! Da in der Geschichte Erklärungen rar gesät sind, verwundert es nicht, dass das Ende von Blame! für Verwirrungen sorgt. So ist nicht wirklich klar, wo Killy am Ende gelandet ist und was vor allem diese seltsame Kugel ist, die aus ihm rauskommt. Klar ist nur: Killys Reise ist noch lange nicht zu Ende, denn wir sehen ihn wieder an der Seite eines anderen Wesens die Waffe ziehen. Wird er sein Ziel überhaupt jemals erreichen?

Vom Architekten zum Mangaka

Tsutomu Nihei absolvierte ein Studium der Architektur und entschied sich erst danach, den Beruf des Mangaka zu wählen. Seine Vorliebe für Bauten und Strukturen findet man in all seinen Werken und vor allem in Blame! bekommt man das Gefühl, dass er sich richtig ausgetobt hat. Viele Panels zeigen gewaltige Konstruktionen, die den Leser zum Staunen bringen. Es handelt sich bei dem Manga um Niheis Debütwerk, mit dem er es gleich auf zehn Bände brachte und in Japan einen Kultstatus erreichte. Kein Wunder also, dass die Geschichte nach all den Jahren 2015 eine Masteredition spendiert bekommen hat. Die Cover für diese neue Edition zeichnete Nihei extra dafür neu, daher unterscheidet sich das Design von Killly extrem zu dem im Manga. Fans der Reihe dürfen sich auch darüber freuen, dass Killy (nach einem kurzen Animeauftritt in der zweiten Staffel von Knights of Sidonia) 2017 sein eigenes Animefilmabenteuer bekommen hat. Der Film Blame! von Polygon Pictures kam so gut an, dass für 2018 ein zweiter Teil angekündigt worden ist. Wer von Blame! nicht genug bekommen kann: Es gibt noch den Einzelband NOiSE, welcher vor, und Net Sphere Engineer, welcher nach dem Ende der Handlung spielt.

Um die Master Edition bin ich jetzt echt etwas herum geschlichen, habe am Ende aber doch nachgegeben und sie mir gekauft. Beim ersten Durchlesen der Geschichte vor Jahren, habe ich damals mehr Fragezeichen am Ende gehabt als noch zu Beginn. Ich hoffe daher, dass es beim zweiten Mal nun mehr Sinn ergeben wird, was Killy auf seiner Reise erlebt, denn ich bin ein extrem neugieriger Mensch. Etwas an der Handlung hat mich auch jetzt beim erneuten Leser wieder gepackt und ich muss schon sagen, diese Welt von Blame! hat etwas Faszinierendes an sich. Unser Held ist recht interessant, er wird zwar kaum charakterisiert, strahlt aber für mich etwas aus, weswegen ich sehr mit ihm mitgelitten habe. Er erinnert mich stark an Roland aus dem Dunklen Turm. Beide streifen durch eine öde Welt, besessen von einer Sache, die nicht einfach zu schaffen ist. Noch dazu sind beide sehr wortkarg und schießen gerne um sich. Cibo als Gegenpart finde ich auch nicht schlecht, denn immerhin redet jemand ein wenig mehr! Wörter sind nämlich Mangelware und Erklärungen noch mehr. So konnte ich ab dem ‘Toa Schwerindustrie’-Part — diese Firma taucht übrigens auch in Knights of Sidonia auf — nicht mehr so ganz folgen und das Ende hat bei mir sehr viele offene Fragen zurückgelassen. Im Grunde habe ich es gar nicht verstanden. Vielleicht ja dann beim zweiten Versuch! Die Master Edition ist echt schick. Vor allem das neue Cover zeigt einen Killy, der mehr wie die coole Socke aus dem Film aussieht und auch das größere Format lohnt sich hier, da die vielen Konstruktionen der Megastruktur so gut zur Geltung kommen.

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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