Buckshot Roulette
Indie-Games, die nicht auf normalem Wege (soll heißen per Steam & Konsorten) erhältlich sind, schaffen es manchmal trotzdem – oder auch gerade deswegen – einen regelrechten Underground-Hype zu entfachen. Erinnert sich noch jemand an Mortis Ghosts OFF? Das war ein solcher Kandidat, der Wellen geschlagen und die Indie-Szene unter Wasser gesetzt hat. Zum Jahreswechsel 2023/2024 machte ein anderes Game auf sich aufmerksam und verbuchte auf Youtube innerhalb weniger Tage bereits über eine Million Klicks: Buckshot Roulette. Ein Shortgame, in dem man sein eigenes Leben aufs Spiel setzt. Sieht verboten aus, spielt sich tödlich – also wie gemacht für Gaffer-Tourismus, dem man seit dem 4. April 2024 endlich auch auf Steam frönen kann.
Du erwachst auf der abgeranzten Toilette eines Nachtclubs. Kurz durchatmen. Dann machst du dich auf zum »Dealer«, einer hässlichen Grinsebacke mit Zähnen so lang wie Finger. Er lädt dich zu sich an den Tisch ein. Drei Runden Russisch Roulette mit einer Schrotflinte, wie wär’s? Hier noch schnell unterzeichnen und dann geht’s auch schon los. Runde 1, easy (wenn man denn Glück hat). Dann aber holt der Dealer seine speziellen Items heraus, die dem Spielverlauf noch mehr Würze verleihen und du merkst: Okay, jetzt wird’s tricky.
Immersives Todesspiel
Originaltitel | Buckshot Roulette |
Jahr | 2023 |
Plattform | Microsoft Windows, Linux |
Genre | Tabletop, Horror |
Entwickler | Mike Klubnika |
Publisher | Mike Klubnika |
Spieler | 1 |
Veröffentlichung: 4. April 2024 |
Buckshot Roulette ist ein kleines, aber feines Tabletop-Horror-Game, entwickelt von Mike Klubnika. Das Konzept ist einfach: Irgendwo in einem veranzten Nachtclub sitzt man an einem Tisch und spielt mit einem dubiosen Dealer Russisch Roulette – nur mit einer Schrotflinte anstelle eines Revolvers. Abwechselnd schießt man entweder auf sich selbst oder den anderen, um zu gewinnen. Ab Runde 2 wird das Erlebnis durch zufallsgenerierte Items, die den Spielverlauf erheblich beeinflussen können, zusätzlich aufgepeppt. Ein »Not Your Everyday Game«-Erlebnis, dessen düstere Vibes durch ein diegetisches HUD und so wenig Einblendungen wie möglich abgerundet wird. Immersion über alles – nur beim Mauscursor hat Entwickler Mike Klubnika ein bisschen verkackt, da der weiße Cursor ständig im Blickfeld prangt und man sich fragt: »Hab ich das Game gerad‘ aus Versehen im Fenstermodus?«
Der dämonische Dealer
Der Dealer selbst ist von der Sorte »sympathisch böse«. Er bleibt höflich (auch wenn man ihm wiederholt ins Gesicht schießt) und ist offen und ehrlich, was die Regeln anbetrifft. Alles, was er will, ist ein faires Spiel – das halt nebenbei tödlich ist. Die KI des Dealers sorgt für ausreichend Haareraufen, da sie in der Lage ist, die Items zum eigenen Vorteil einzusetzen. Der Dealer kann und wird die Items sogar miteinander kombinieren, um die Spielerin zu ruinieren. Auf der anderen Seite neigt die KI jedoch auch zu Ausfällen, da sich der Dealer mit der letzten Kugel gerne mal selbst ins Gesicht schießt, obwohl es dafür keinen Grund gibt. Alles in einem sind das aber sehr verzeihenswerte Aussetzer.
Der große Bruder: Inscryption
Ist Buckshot Roulette aber so unique, wie man vielleicht denken mag? Nein. Indie-Veteranen wird natürlich sofort die Ähnlichkeit zu Inscryption ins Auge springen. Ohne Zweifel hat sich Mike Klubnika für sein Pumpgun-Roulette vom großen Bruder inspirieren lassen. Letales Glücksspiel mit einem furchterregenden, aber höflichen Typen, der nur in brummenden Tönen spricht? Das erinnert stark an den Hüttenmann aus Inscryption. Auch der flotte Gameplay-Stil wurde übernommen. Damit vereint Buckshot Roulette quasi das Best Of von Inscryption, wenn auch in stark abgespeckter Form bezogen auf Umfang und auch auf Rigorosität. Herausgezogene Zähne? Gibt’s hier nicht. Aber dafür hat Buckshot Roulette ja die Schrotflinte.
Aber wo kann ich’s kaufen?
Bis April 2024 war Buckshot Roulette nur über www.itch.io erhältlich, eine Website, die sich vor allem auf den Vertrieb von Indie-Games spezialisiert hat. Für schlappe 1,20 US-Dollar plus Steuern (Paypal wird akzeptiert) kann man sich dort Klubnikas neuestes Spiel zu Gemüte führen und auch alle anderen seiner Shortgames herunterladen. Mittlerweile hat Klubnika mit Ciritcal Reflex – einem Indie-Game-Vertrieb, dessen hehres Ziel es ist, »Kickass Games« zu vermarkten – einen Publisher gefunden, der eine Veröffentlichung auf Steam möglich gemacht hat. Seit dem 04. April 2024 kann man sich also auch auf einer handelsüblichen Plattform die Kugel geben.
Fazit
Ich bin Inscryption-Fan und ich liebe tödliche Hasardspiele, also ist Buckshot Roulette eine persönliche Win-Win-Situation. Ein immersiver Nervenkitzel, der zwar – wenn einem das Glück hold ist – in 20 Minuten vorbei sein kann, dafür aber mit flottem Gameplay, delikatem Sounddesign und stimmigem Grafikstil überzeugt und darüber hinaus sogar über einen versteckten Lore-Twist verfügt – etwas, das ja bekanntlich in jedes gutes Indie-Game gehört. Däumchen hoch von mir.
© Mike Klubnika