Ishura (Staffel 1)
Der Dämonenkönig ist tot! Endlich könnte Frieden herrschen! Könnte … Unglücklicherweise sorgt so ein plötzliches Machtvakuum für ganz neue Möglichkeiten. Wenn sich plötzlich eine Stadt unabhängig vom Reich abtrennt, ist das immer ein Grund für Spannungen. Da reicht schon ein Funke und ein Krieg beginnt. Genau in solch ein Szenario entführt uns die auf der gleichnamigen Light Novel basierende Anime-Serie Ishura. Der auf Disney+ im März 2024 geendete Titel hatte jedoch etwas Probleme mit seiner Prämisse. Die versprach uns nämlich ein großes Turnier anstelle eines politischen Schachspiels. Eines, das bestimmen sollte, wer den Schrecken der Welt vernichtete, da dies ein unbekannter Held vollbrachte. Doch genau davon ist in den ersten zwölf Folgen nichts zu sehen. Bleibt also die Frage, ob sich die Story dennoch lohnt. Wir wagten uns an den brutalen Action-Titel und berichten von einer Welt voller Drachen, Wortmagie und politischen Konflikten.
Nach vielen Jahren des Terrors besiegte jemand den Dämonenkönig. Allerdings bekannte sich kein Held zu diesem Wunder, daher soll im Reich Aureatia ein großes Turnier stattfinden, wodurch der stärkste aller Krieger ermittelt wird. Der Sieger erhält den Ruhm, als hätte er persönlich die Welt vor dem Unheil bewahrt. Während sich überall große Helden aufmachen, bricht in der Labyrinth-Stadt Nagan das Chaos aus. Der gigantische Golem unter dem Ort erwacht zum Leben und läuft Amok. Nur ein Schwertkämpfer aus einer anderen Welt stellt sich dem Wesen gegenüber und siegt sogar. Die Schülerin Yuno kann es nicht fassen. Sie ist es auch, die dem Reisenden Soujirou Yagyu von dem Turnier erzählt. Während sich die beiden ebenfalls zur Teilnahme aufmachen, werden die Spannungen zwischen dem neu gegründeten Fürstentum Litha und dem Reich Aureatia immer heftiger. Ein Krieg steht bevor.
Wie ein Dinner in the Dark
Originaltitel | Ishura |
Jahr | 2024 |
Episoden | 12 in Staffel 1 |
Genre | Action, Fantasy |
Regie | Yuuki Ogawa, Takeo Takahashi |
Studio | Passione |
Veröffentlichung: 20. März 2024 auf Disney+ |
Zu Beginn ist nämlich nicht klar, welche Gänge Ishura serviert. So randaliert in der ersten Folge ein gigantisches Ungetüm in einer Stadt und ein junger Japaner schafft es, dieses nur mit einem Schwert spektakulär zu besiegen. Dabei ist von einem Reisenden aus einer anderen Welt die Rede, also reitet auch dieser Titel auf der Isekai-Welle mit. Doch wirklich wichtig ist dieser Fakt nicht. Auch der erwähnte große Wettkampf spielt keine Rolle. Dies ist jedoch gar nicht so schlimm, denn die politischen Spannungen zwischen Litha und dem großen Menschenreich packen sofort. Schließlich liegt einiges in der Luft, denn die ehemalige aureatianische Generalin sammelt fleißig magische Artefakte und Söldner für den bevorstehenden militärischen Konflikt. Die Gegenseite ist allerdings auch nicht untätig. Sie versucht es hingegen auf anderen, heimlicheren Wegen und so stellt sich die große neugierig machende Frage, ob es zur Eskalation kommt. Und wenn ja, wer gewinnt!
Wer ist der Hauptcharakter?
Eine sehr berechtigte Frage! Folgen wir in der ersten Folge der jungen Schülerin Yuno, wodurch wir Unterricht in der hiesigen Wortmagie erhalten, befassen sich die darauffolgenden Episoden immer mit anderen wichtigen Charakteren. Dabei ist dann wirklich von einem diversen Cast die Rede. Neben den heimischen menschlichen Figuren sind auch noch andere Reisende in dieser Welt unterwegs. Außerdem ein lebendes Skelett, eine stark bewaffnete Alraune – diese schreit sich zum Glück nicht ständig die Seele aus dem Leib – und zwei sehr intelligenten Wyvern. Und das ist nur ein kleiner Bruchteil. Schnell fällt auf, dass es schwerfällt, die Charaktere in ein schlichtes Gut gegen Böse einzuteilen. So bemüht sich die abtrünnige Generalin Taren darum, ihren Leuten Schutz zu geben, gleichzeitig greift sie dafür auf jedes Mittel zurück. Deswegen ist es auch nicht immer so einfach, die Abläufe der Geschehnisse zu prognostizieren.
In der zweiten Hälfte geht die Post ab!
Zu Beginn der Geschichte heißt es Geduld walten lassen. Durch die längeren Vorstellungen schreitet die eigentliche ernste Handlung nur langsam voran. Jedoch brodelt es gewaltig unter der Oberfläche. Ist Ishura dann hingegen durch, seine Spielfiguren vorzustellen und zu positionieren, geht es Schlag auf Schlag. Wer also bis zur zweiten Hälfte der Serie durchhält, bekommt eine Belohnung. Keine nervigen Rückblicke reißen aus der spannungsgeladenen Fehde. Dabei überrascht die Handlung mit einigen tollen Wendungen. Vor allem bei den Gefechten fällt es wirklich schwer, von Anfang an einen Siegenden zu bestimmen. Was die Kämpfe selbst angeht, so bleiben keine Wünsche offen. Ob Luftgefechte, eine randalierende Mecha-Spinne oder ein gutes altes Schwert-gegen-Speer-Duell – es ist alles dabei. Zimperlich geht es dabei nicht zu. Was nur unlogisch wirkt, ist dass einige Figuren etwas zu sehr übermenschlich agieren. Dabei ist nicht klar, ob dies an irgendeiner Magie liegt. Außerdem geht ein Gefecht ohne ersichtlichen Ausgang aus, was doch sehr verwundert, da eine Erklärung fehlt.
Willkommen in einer anderen Welt
Neben den vielen Erklärungen zu den Figuren und dem sich verschärfenden Konflikt folgen auch noch viele Details zur Welt. Dadurch entsteht ein sehr interessantes, wenn auch nicht komplett innovatives Setting. Die Wortmagie ist zum Beispiel noch etwas vage. Diese können nur die heimischen Völker nutzen und es gibt Legenden, wie diese Macht in diese Welt kam. Allerdings wirft das verschiedene Fragen auf. Wer brachte den Dämonenkönig um? Wozu überhaupt dieses seltsame Turnier, wodurch jemand anders die Lorbeeren bekommt? Zum letzten Punkt folgt immerhin noch eine logische Erklärung. Diese sorgt für einen verständlichen Wahrnehmungswechsel der Geschehnisse und dafür, dass der Drang nach einer Fortsetzung wächst. Zum Glück kündigte Studio Passione bereits eine zweite Staffel an. Schließlich teasert die erste Folge auch andere ansprechend wirkende Figuren an. Beim Erscheinen unseres Reviews schrieb Autor Keiso (Outreijou) bereits acht Light Novel-Bände. Genug Stoff existiert also für mehrere Fortsetzungen.
Farbspiele in der Wüstenregion
Studio Passione (Spice and Wolf: Merchant Meets the Wise Wolf) verwandelt die wortreiche Vorlage in ein regelrechtes Farbenspiel. Viele Szenen spielen während Sonnenuntergängen, Nacht oder eben in brennenden Stadtteilen, dadurch wirkt alles immer abwechslungsreich. Die detaillierten Hintergründe sind eine Augenweide. Alleine die Labyrinthstadt weckt die Abenteuerlust. Was hingegen immer wieder auffällt, ist der Einsatz von CGI. Dass das Produktionsteam ein wandelndes Skelett nicht klassisch zeichnet, ist das Eine. Jedoch dass die Wyvern nur dadurch zum Leben erwachen, ist schon schade. Allerdings bewegen sich die Effekte auf einem höheren Level. Zum Glück holen die dynamischen Kämpfe einiges wieder heraus und tragen ihren Teil zum Sehgenuss bei. Charakter-Designer Tatsuya Fukushima (Sakura Wars the Animation) hielt sich stark an die Arbeiten des Light Novel-Zeichners Kureta (Maou 2099), seine Figuren wirken jedoch um einiges zierlicher. Vor allem bei dem Kämpfer Dakai fällt dies negativ auf.
Etwas rockiger hätte es sein dürfen
„Shura ni Otoshite“ von der Band sajou no hana ist nicht zu 100 Prozent der richtige Opening-Song für eine Anime-Serie, bei der es so kämpferisch und blutig zugeht. Zwar wird das Stück noch schneller, aber ein paar härtere Gitarrenriffs hätten hier wahre Wunder gewirkt. Der Ending-Song „Hakka“ von Konomi Suzuki klingt nicht schlecht. Bleibt aber nicht lange in Erinnerung oder kämpft sich aus der Masse des Einheitsgedudels heraus. Der Soundtrack von Masahiro Tokuda (Bullbuster) passt hingegen perfekt zu allen Szenen. Bei der Wahl der Sprechenden gibt es auch nichts zu beanstanden. Jun Fukuyama (Zheng Ying in Kingdom) als ruhiger Alus ist eine Wohltat für die Ohren. Wie das Schwert in die Scheide passt Yuuki Kaji (Shouto Todoroki in My Hero Academia) als Sprecher für den Wildfang Soujiro und Mamiko Noto (Prospera in Mobile Suit Gundam: The Witch from Mercury) schafft es hervorragend, die zwei Seiten von Elea stimmlich wiederzugeben.
Fazit
Ishura macht es einem am Anfang nicht so leicht. Viele verschiedene Elemente krachen aufeinander und gerade die Vielzahl an Figuren bremst die Geschichte erst einmal aus. Doch das Durchhalten lohnt sich. Gerade der Aufbau, dass die Geschichte erst auf ihre Figuren eingeht, zahlt sich aus, sobald der Konflikt aus dem Ruder läuft. Damit spart sich der Titel nervige Rückblicke, welche dann die Abläufe verlangsamen würden. Die Figuren selbst sind interessant, einfach weil sie verschiedene Wesenszüge besitzen und sich schon gar nicht so einfach in eine Gut- oder Böse-Kategorie einteilen lassen. Was besonders positiv auffällt, ist dass kein Humor den Ernst der Lage und das Blutvergießen mindert. So treffen die emotionalen Schicksalsschläge umso mehr. Visuell laden die Hintergründe zum Schmachten ein, der CGI-Einsatz bei den Figuren fällt hingegen auf. Bei der Klangwelt scheiden sich die Geister. Damit bleibt unter dem Strich ein Titel, der dennoch Lust auf mehr macht.
© Disney+