Halo (Staffel 2)
Zwei Jahre nachdem Paramount+ seinen unbehelmten Master Chief auf die TV-Landschaft losgelassen hat, meldete sich der Streaming-Dienst 2024 mit einer zweiten Staffel von Halo zurück. Staffel 1 hatte es seinerzeit nicht leicht. Die Showrunner Kyle Killen und Steven Kane entschieden sich für eine alternative Zeitlinie und dokterten am bewährten Halo-Kanon herum. Das rief bei den Fans überwiegend negative Reaktionen hervor, insgesamt kam die Staffel bei den Kritikern aber mit einem »mixed feelings« davon. Trotzdem entschieden sich die Verantwortlichen für einen Wechsel auf der Chefetage. Die alten Showrunner verließen das Boot und machten Platz für David Wiener (Schöne neue Welt), der sein Halo-Erbe spürbar anders – und tatsächlich besser – angeht. Die zweite Staffel ist ab dem 25. Juli 2024 auf DVD und Blu-Ray sowie ab dem 15. August auf 4K-Blu-Ray erhältlich.
Im 26. Jahrhundert expandiert die Menschheit in den Weltraum und trifft dort auf ihren neuen ärgsten Feind: die theokratische Allianz. Das Bündnis der Aliens ist auf der Suche nach dem »Halo« und kommt auf ihrer zerstörerischen Jagd dem Planeten Reach, der wichtigsten Bastion der Menschheit, immer näher. Der Master Chief (Pablo Schreiber, American Gods) ist der Einzige, der die Gefahr sieht und versucht das UNSC zu warnen, doch nach seinem Reputationsverlust aus Staffel 1 glaubt man ihm nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Der MND unter der Leitung von James Ackerson (Joseph Morgan, Open Grave) – der keinen Hehl daraus macht, dass ihm die Spartaner ein Dorn im Auge sind – versucht sogar, den Chief loszuwerden. Harte Bedingungen für den Master Chief und sein Silver-Team, die nun an zwei Fronten kämpfen müssen, um die Menschheit zu retten.
That’s Halo, baby!
Originaltitel | Halo |
Jahr | 2024 |
Land | USA |
Episoden | 8 in Staffel 2 |
Genre | Science-Fiction |
Cast | Master Chief/John-117: Pablo Schreiber Dr. Halsey: Natascha McElhone James Ackerson: Joseph Morgan Kai-125: Kate Kennedy Riz-028: Natasha Culzac Soren-066: Bokeem Woodbine Cortana: Christina Bennington / Jen Taylor (Stimme) Kwan Ha: Yerin Ha Makee: Charlie Murphy Miranda Keyes: Olive Gray |
Veröffentlichung: 25. Juli 2024 |
Auch für Staffel 2 von Halo gilt: Wer sich eine kanongetreue Serie wünscht, die sich strickt nach den Games und Büchern richtet, wird hier nicht fündig. Die TV-Adaption spielt in der so genannten »Silver Timeline«, die sich zwar an Figuren, Ereignissen und Schauplätzen orientiert, aber dennoch ihr eigenes Süppchen kocht. Ein Umstand, der ihr heftige Kritik aus der Fangemeinde einbrachte. Staffel 2 macht aber dennoch etwas anders, denn nach den ersten 20 Minuten von Episode 2×01 wird bereits klar: Hätte es diese Episode in dieser Form schon in der ersten Staffel gegeben, wäre die Ablehnung weitaus geringer ausgefallen. David Wiener setzt vermehrt auf altbekannte Halo-Elemente. Da gibt es Squabbletime zwischen den Spartanern (genau das sind die Dinge, die einen glauben lassen, dass die sie aufgewachsen sind!), unsichtbare Sangheilis, die es mit Chief und seiner heiligen Schrotflinte aufnehmen, und schließlich den Signature Move der Allianz: die Planetenverglasung. Nicht zu vergessen das stichelnde Geplapper zwischen Chief und den Marines, das so treffend ist, als würde man eine Zwischensequenz aus den Games sehen (Marines: »Wir sind vom Kommunikationsteam«, Chief: »Ja, so habt ihr auch geschossen.«). Die Einbindung dieser Halo-Elemente zieht sich bis ins Finale, wo ein Halcyon-Kreuzer auftaucht, um den Tag zu retten, und innerhalb von zwei Sekunden von der Allianz geschrottet wird – man kennt’s! Am wichtigsten aber ist das neue Opening. Wiener hat eigens den Komponisten Bear McCreary (Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht, Foundation) engagiert, um ein neues Intro zu kreieren, das auf dem ikonischen Leitmotiv des Franchise basiert (warum nicht gleich so?!). Der Wechsel in der Chefetage ist damit deutlich zu spüren und sorgt für völlig neue Vibes.
Wenn Spartaner struggeln
Der charakterbetonte Kurs der Serie wird beibehalten. Der Master Chief ist helm- und rüstungsloser unterwegs als je zuvor und muss sich mit Themen wie Verlust und Isolation herumschlagen. Möglich, dass einige Zuseher:innen immer noch so ihre Probleme mit Emo-John haben, aber wir spüren hier die Echos seines Ichs aus Halo 4 und gehen völlig d’accord damit. Der stoische John aus Halo 1 bis 3 ist ein Badass, ja, aber auch langweilig. Und Pablo Schreiber ist viel zu gut für »nur badass« und vor allem für »immer den Helm auf«. Auch Johns Kameraden kriegen nun endlich mehr Figurenzeichnung. Riz zum Beispiel schlägt sich mit der conditio spartana herum. Es ist herzzerreißend, den Verfall dieser toughen Frau mitzuerleben, die merkt, dass ihr Körper den Anforderungen nicht mehr gewachsen ist. Natasha Culzac (Cursed: Die Auserwählte) bringt die Tragödie ihrer Figur Riz sehr gut rüber und die praktischen Effekte für ihre körperliche Entstellung sehen brutal aus. Props an die Effektabteilung. Halo bleibt also auch in der zweiten Staffel zum Teil Charakterdrama und glücklicherweise bleibt die Serie in diesen Momenten stabil – etwas, womit Staffel 1 häufig zu kämpfen hatte.
Mehr Action, mehr Fluff
Die Action kommt dennoch nicht zu kurz und weist insgesamt eine Quote auf, von der Staffel 1 nur träumen kann. Der Chief ist zwar meistens rüstungslos, aber das macht die Szenen, in denen er in voller Montur mit Schrotflinte, Fäusten und Energieschwertern auf Aliens eindrischt, umso sehenswerter. Nicht zu vergessen der verzweifelte Häuserkampf gegen eine invasive Übermacht in Folge 2×04, die in einem intensiven One Shot gedreht wurde (1917 lässt grüßen). Diese Sequenzen sind immer mit immenser Wucht und Härte inszeniert und lassen uns als Zusehende den Ernst der Lage spüren. Neben all dem »serious action buisness« gibt es aber auch eine neue Art von »Fluff« in der Serie. Staffel 2 wirkt nicht mehr ganz so steif wie Staffel 1, sondern wesentlich organischer, salopper, eben fluffiger. Dialoge und Inszenierungen sind mehr im Fluss. Dazu gehört z. B. auch das mexikanische Familiendinner in Folge 2×02, bei dem Master Chief freundlicherweise ein Glas Wasser angeboten bekommt.
Der Abfall aus Staffel 1
Aber es gibt auch Altlasten. Die Figur der Makee (Charlie Murphy) ist ein solches Überbleibsel, das ruhig hätte tot bleiben können. Immerhin bekommt ihr Plot ein bisschen Würze, indem man ihr den »Gebieter« an die Seite stellt. Kwan (Yerin Ha) hingegen befindet sich über weite Strecken der Staffel im belanglosen Standby. Vor allem aber wirkt die Handlung um Soren (Bokeem Woodbine) wie ein Restbestand, der auf Biegen und Brechen weitererzählt werden muss. Als Figur ist Soren wunderbar markant und unterhaltsam, aber seine Geschichte haut einen nicht mehr vom Hocker. Dafür streicht Wiener die Master Chief-Romanze ersatzlos (Juhu!) sowie er auch das Finale von Staffel 1 mit einem Fingerschnipps (und ganz ohne Erklärung) quasi ungeschehen macht (öhm … okay?). Immerhin holt es Wiener aber auch nach, die gelebte Kameradschaft der Spartaner darzustellen (ein unsägliches Versäumnis der ersten Staffel!). Endlich erhalten wir zumindest einen kleinen Einblick in deren Arbeitsstruktur und Miteinander.
Diese verflixte Lore!
Ein weiterer Schwachpunkt der Serie: diese vermaledeite Kanon-Last. Halo tut sich schwer mit dem eigenen Worldbuilding. Damals, 2002, als das erste Halo-Game in Deutschland erschien, war die Welt noch einfach. Es gab nur den Master Chief und den Halo. Mittlerweile ist der Kosmos der Serie enorm gewachsen und um unzählige Elemente erweitert worden, von denen im Jahre 2002 noch keine Rede war, die aber nun, 22 Jahre später, zum Kanon gehören und im Vorfeld aufbereitet werden müssen, damit die Serie als Ganzes im besten Falle schlüssig wirkt. Für Außenstehende ohne Halo-Background muss die Serie daher stellenweise furchtbar irritierend sein. Das Konzept der Spartan-III-Soldaten, der Status des »Gebieters« – man kann nicht gerade behaupten, dass diese Dinge gut erklärt werden. Stattdessen scheint sich das Drehbuchteam auf das Vorwissen seines Publikums zu verlassen – und das wäre wirklich lausiges Erzählen. An anderer Stelle fehlt der Serie das Gespür für die Vermittlung allgemeiner Situationen. Eine riesige Flotte der Allianz soll sich nahe des Halos versammeln – aber wir sehen sie nicht. Makee und der Gebieter werden von der Allianz angegriffen – aber wir sehen das nicht. Das UNSC spricht vom Halo als Waffe, aber wie sie auf diese Idee gekommen sind, haben wir nicht gesehen. Das sind kleine Ecken und Kanten, die auch Wiener nicht weggeschmirgelt bekommt.
Fazit
Staffel 2 von Halo zeigt, dass der neue Showrunner David Wiener genau die richtige Wahl war, um die Serie auf einen neuen Kurs zu bringen. Hier und da ächzt die Staffel zwar noch unter der Last der Lore, die die Drehbuchautor:innen – vor allem für Außenstehende – nur mäßig nachvollziehbar in die Geschichte einbauen, aber insgesamt ist sie als deutliche Verbesserung zu werten. Nach 17 zermürbenden Episoden sind endlich alle wichtigen Zutaten beisammen – von der Flood über Guilty Spark bis hin zu den Blutsvätern – damit’s nun richtig losgehen kann! … wäre da nicht die Tatsache, dass Paramount+ die Serie am 18. Juli 2024 abgesetzt hat. Schade. Ich hoffe, dass die Serie – der man trotz mäßigem Ruf wirklich eine Chance geben sollte – bei einem anderen Streaming-Anbieter ein Zuhause findet.
© Paramount+