Rache schmeckt süß
Eine süße Note von Schokoladenkonfekt liegt in der Luft. Doch hinter dieser Fassade lauern nicht nur Gelüste nach Süßem, sondern auch nach Rache, geziert von einem Mordfall. Nach drei Jahren ging Natsumi Andos (Kitchen Princess) Werk Rache schmeckt süß mit dem 19. Band zu Ende. Seit dem 4. Oktober 2024 kann man die 16 Haupt- und drei Zusatzbände der von Crunchyroll im Deutschen veröffentlichten Reihe verschlingen. Fern von der Schule zeigen Erwachsene, die voll im Berufsleben stehen, ihre Fertigkeiten. Doch der angenehme Duft von der Herstellung der Süßigkeiten mischt sich mit dem fauligen Geruch der Verwesung, denn Protagonistin Nao möchte einen Mord aufklären, um die Ehre ihrer verstorbenen Mutter wiederherzustellen. Wer ein Spektakel voller Intrigen, Mysterien, Standesunterschieden, Selbstfindungsprozessen, dem titelgebenden Wunsch nach Rache (gespickt mit leckeren Rezeptideen) sucht, wird hier fündig.
Schon als Kind war Nao Okura umgeben von handgefertigten Süßigkeiten. Ihre Mutter arbeitet im Kongetsuan, einer berühmten Traditionsconfiserie und bringt ihr die Herstellung des zuckersüßen Konfekts näher. In Tsubaki, dem Sohn des Inhabers, findet sie einen Freund und so verbringt sie unbeschwerte Jahre. Diese friedliche Zeit ist allerdings vorbei, als Tsubakis Vater ihm befiehlt, sich standesgemäß zu verhalten. Deswegen darf Tsubaki von nun an nicht mehr mit Nao und ihrer Mutter spielen, da sie nur einfache Angestellte sind.
Auf tragische Weise wird das Familienoberhaupt ermordet. Tsubaki scheint der einzige Zeuge zu sein und beschuldigt Naos Mutter, den Mord verübt zu haben. Sie wird verhaftet und verstirbt wenig später bei den Verhandlungen. 15 Jahre später ist aus der Tochter eine bekannte Confiseurin mit dem Namen Nao Hanakoa geworden. Bei der Verkostung von Süßspeisen für eine Hochzeit wird sie von der Vergangenheit eingeholt, denn ihr Konkurrent ist kein geringerer als Tsubaki. Er erkennt sie nicht, sieht in ihr allerdings einen Nutzen und bittet Nao, ihn zu heiraten. Nao willigt ein, denn die Worte „Ich war es nicht!“ aus einem Brief ihrer Mutter, bewegen sie dazu, ins Kongetsuan zurückzukehren, um herauszufinden, was damals wirklich passiert ist. Sie schwört Rache für ihre verstorbene Mutter.
Und der Täter ist …
Originaltitel | Watashitachi wa Douka shiteiru |
Jahr | 2016–2023 |
Bände | 16 (Hauptreihe) + 3 (Zusatzbände) |
Genre | Drama, Romanze |
Mangaka | Natsumi Ando |
Verlag | Crunchyroll (2021–2024) |
Vollständig seit 4. Oktober 2024 |
Der eigentliche Reiz der Serie besteht darin, die Wahrheit zu erfahren und die möglichen Folgen zu sehen. Bereits im ersten Band haben wir einen Mord, eine Intrige und einen Heiratsantrag. Die eigenständigen Ermittlungen von Nao beginnen zügig und in der kühl wirkenden Familie Takatsuki gibt es bereits mehrere Verdächtige. Tsubakis Mutter ist herrschsüchtig und hinterhältig. Sie scheint die Art Person zu sein, der man einen Mord zutraut, um zu bekommen, was sie will. Und dann wäre da noch Tsubakis Großvater und amtierender Leiter des Kongetsuan sowie Familienoberhaupt. Er ist sehr geradlinig und nimmt kein Blatt vor den Mund. Zudem hat er sehr hohe Erwartungen an seinen Enkel und scheint in der Lage zu sein mit denen, die ihn enttäuschen, brutal umzugehen. Das Rätsel um die Figur, die etwas mit dem Mord zu tun hat, sowie alle Hintergründe bleiben im Dunkeln, auch wenn immer wieder ein Hauch von Sonnenschein hereinblickt. Nach und nach werden viele wichtige Teile aufgedeckt und fügen sich zusammen, um letztendlich wieder zerbrochen zu werden. Besonders ab der Hälfte häufen sich jedoch nervenaufreibende Geschehnisse, die immer demselben Schema folgen, worunter der Lesefluss leidet. Etwas zu viel des Guten.
Mit Schwächen umgehen
Man hat es eher mit der Oberschicht zu tun, die vor versteckten Botschaften und verschleierten Beleidigungen nur so strotzt. Damit tut sich Nao extrem schwer und findet nur wenige Menschen, die bereit sind, ihr zu helfen, wenn sie einen Fehler macht. Sie ist oft gezwungen, auf eigenen Beinen zu stehen. Stark ist sie definitiv, aber die Mangaka macht sie nicht zu einer knallharten Heldin. Anders hätte die Geschichte es schwer gehabt zu funktionieren, da die Veränderung von der Jugend bis heute zu extrem gewesen wäre. Sie muss lernen, Mauern zu überwinden und stärker zu werden. Die Geschichte hält, was das betrifft, einige bekannte und vorhersehbare Wendungen parat. Ein Trauma zu überwinden kostet viel. Nao kommt das während ihrer Arbeit in die Quere. So kann sie zum Beispiel nicht mit roter Lebensmittelfarbe arbeiten, da sie der Ton an den Mord von Tsubakis Vater und den anschließenden Verlust ihrer Mutter erinnert. Sie findet Lösungen. Rosa Kirschblüten färbt sie grün, um die Blätter darzustellen, die wachsen, wenn die Blüten von den Bäumen gefallen sind. So umgeht sie ihre Schwächen.
(K)eine Liebesgeschichte!
Trotz einer Hochzeit und der Wiedervereinigung von Kindheitsfreunden richtet sich der Manga zu Beginn nicht an ein Publikum, das auf strahlende Augen und Liebe auf den ersten Blick hofft. Gründe, warum eine Liebesbeziehung nach den ersten Bänden aufkommt, finden sich darin, dass die beiden eine harte Zeit hinter sich haben und nicht viele (wenn überhaupt) Menschen hinter sich sehen, auf die sie zählen können. Ihnen geht es eher darum, die Einsamkeit auszugleichen. Einige Figuren erwecken schon beim ersten Anblick den Eindruck, unsympathisch zu sein. Tsubakis Kälte zu Beginn kommt teilweise von der fehlenden Anerkennung der Familie, da sein Großvater ihn nicht für seinen leiblichen Enkel hält. Seine Mutter scheint eine hasserfüllte Person zu sein und scheut sich auch nicht, dies zu zeigen, egal wem gegenüber. Doch was diese Wut in ihr auslöst, liegt lange als dunkler Schleier über dem Kongetsuan. Geheimnisse und Intrigen sind keine Seltenheit, was sich aus dem Titel herauskristallisiert. Auch Nao belügt Tsubaki zunächst und verheimlicht ihre Identität trotz der Tatsache, dass sie sich immer näherkommen und es knistert.
Zeig mir, was du trägst
Grafisch fängt der Manga die Gefühle der Protagonisten glaubwürdig ein: Sie werden realitätsnah und nicht übertrieben dargestellt. Auch die Kleidung ist sehr detailliert gezeichnet und wird den Situationen gemäß angepasst. Traditionelle Kleidung, die zu Teezeremonien getragen wird, Kimonos, die zu Hochzeiten passen, sowie die Berufskleidung der Confiseure sind zu sehen. Die Jüngeren tragen lockere Freizeitoutfits, während die Älteren die traditionelle Kleidung bevorzugen. Der Unterschied zwischen der modernen Kultur und den alten Bräuchen sowie des Alters und den jeweiligen Rollen wird betont. Gegenstände wie Schirme, Päckchen oder Küchengeräte sind eher einfach gehalten, ebenso die Hintergründe. Die Liebe zum Detail ist besonders im Konfekt zu finden.
Wer ist die Hauptfigur?
Zum besonderen Highlight der ersten Bände gehören die kunstvollen Süßspeisen. Es ist erkennbar, dass viel Arbeit und Zeit in das Lernen über das Konfekt, die Herstellung und deren Bedeutung geflossen sind. Durch die gründlichen Beschreibungen können sich die Lesenden direkt das Farbspiel, das die Süßigkeiten optisch widerspiegeln, vorstellen. Einzig um den Geschmack nachzuempfinden ist die Kenntnis der Inhaltsstoffe vonnöten. Es fällt auf, dass sich die Mangaka besonders mit der Herstellung beschäftigt und hierfür sogar Confiserien aufgesucht und selbst einen Kurs belegt hat. Es sind die innovativen Entwürfe, die sich Nao und alle anderen einfallen lassen. Dazu gehört eine kreative Torte in der Größe eines Keks. Das erfordert Fingerfertigkeit, Genauigkeit, hohe Konzentrationsgabe und eine Menge Arbeitsbereitschaft, diese Kunstwerke in großen Mengen filigran herzustellen. Die eigentlichen Hauptdarsteller sind zu Beginn die Süßigkeiten. Es sind einzig die wütenden und dunklen Gesichter der Menschen, die den Süßspeisen Kontra geben und hin und wieder die Show stehlen.
Fazit
Der beste Weg, seine Ängste zu besiegen, liegt darin, sich diesen zu stellen. Nao macht genau das in Rache schmeckt süß. Doch es ist für sie eine enorme Überwindung, an den Ort zurückzukehren, an dem sie ihr bis dahin behütetes Leben verlor. Natsumi Ando schafft zu Beginn eine stabile Basis, auf der sich die Geschichte stetig und mit einer angenehmen Geschwindigkeit aufbaut. Die Mangaka punktet mit ihren Detailreichtum. Besonders was das Konfekt betrifft. Es ist spürbar, wie viel Arbeit und Schweiß sie in die Süßigkeiten gesteckt hat. Die Story ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle, woran die undurchschaubaren Figuren nicht unschuldig sind. Von Romantik ist trotz des Heiratsantrags zu Beginn nicht viel zu spüren. Es scheint eher eine geschäftliche Beziehung zu sein als alles andere. In 16 Bänden ist die Haupthandlung abgeschlossen. Diese punktet zu Beginn mit vielen Mysterien, leidet jedoch unter der Länge, da ab der Hälfte einiges in bekannte Schemen rutscht. Die drei Zusatzbände mit Bonusgeschichten rücken noch einmal alle Nebenfiguren in den Mittelpunkt und zeigen die Zukunft des Kongetsuan und seiner Bewohnenden.
© Crunchyroll