Wandering Witch: The Journey of Elaina

Start:  2. Oktober 2020 – 18. Dezember 2020
Episoden: 12 (1 Staffel)
Genre: Abenteuer, Fantasy
Regisseur: Toshiyuki Kubooka
Studio: C2C

Inhaltsangabe: Elaina hat einen Traum: Hexe werden und auf Reisen gehen. Und so schwingt sie sich nach der Hexenelehre auf ihren Besen, um die Welt zu erkunden. Eine Welt mit Hexen, Drachen und Monstern, aber auch voller ganz kleiner, menschlicher Probleme. Von der Stadt der Puppen bis zur Stadt, wo man nicht lügt: bei jeder ihrer Stationen steht Elaina vor einer neuen Herausforderung, trifft neue Menschen und lernt ein bisschen mehr über die Welt, das Leben und sich selbst.

Folge 1

Die kleine Elaina hat ein Lieblingsbuch: Die Reiseberichte der legendären Hexe Nikeh. Solche Reisen will sie auch einmal unternehmen. Dass dem Papa darauf ein unbedachtes “Da musst du nur noch Hexe werden!” herausrutscht, wird er noch bereuen. Denn nun hat Elaina einen klaren Berufswunsch: Hexe. Doch als die mittlerweile 14jährige Elaina nach Schulabschluss eine Lehrstelle als Hexe sucht, will keine der ansässigen Hexen sie als Azubine aufnehmen. Erst die letzte, eher zweifelhafte Kandidatin, die verpeilt mit Schmetterlingen über eine Wiese tanzt, lässt sich erweichen. Doch Elainas Lehrzeit besteht zunächst nur daraus, der Meisterin den Haushalt zu führen und jede ihrer Launen zu erfüllen. Magie-Unterricht scheint nicht vorgesehen zu sein. Lange beisst Elaina die Zähne zusammen und findet sich mit diesen frustrierenden Gegebenheiten ab. Erst als sie gar nicht mehr weiter kann, gesteht ihr die Meisterin, dass Elainas Eltern heimlich den Hexen der Stadt nahegelegt haben, ihr die Hexenlaufbahn zu vermiesen, bis Elaina aufgibt und bei ihren Eltern bleibt. Doch da Elaina ein solches Durchhaltevermögen gezeigt hat, hat sie sich als würdig erwiesen, Hexe zu werden – auch gegen den Wunsch der Eltern. Der Zauberei-Unterricht kann endlich beginnen … und vier Jahr später ist Elaina bereit, ihre Lehre abzuschließen und auf Hexen-Wanderschaft zu gehen.

Wandering Witch: The Journey of Elaina präsentiert sich optisch zuckersüß und postkartenbunt. Elainas Welt ist ein putziges Fantasy-Europa, voll mit alter Bausubstanz, tipptopp renovierten Fachwerkhäuschen und malerischen Altstadtgässchen. Das sind wohl die Bilder, die entstehen, wenn man aus einem fernen Land kommt und in Europa vor allem Rothenburg ob der Tauber und Neuschwanstein sehen will. Für den Europäer ist das ein wenig befremdlich in seinem konsequenten Drang zum Kitsch, aber das macht gerade den Reiz aus. Ähnlich niedlich wie die Umgebung, aber längst nicht so detailreich sind die Figuren gestaltet: ob Kind oder Jugendliche, erwachsene Hexen oder Mama und Papa: alle Figuren scheinen das gleiche Alter zu haben. Inhaltlich arbeitet Episode 1 ein altbewährtes Handlungsmotiv ab: die Schülerin muss die unwillige Lehrmeisterin durch Beharrlichkeit überzeugen, dass sie es wert ist, unterrichtet zu werden. Das wird sauber und routiniert umgesetzt. Einzige Variation des Themas: Die Lehrerin ermahnt die Schülerin, eben nicht stumm und ergeben zu leiden, bis es nicht mehr auszuhalten ist, sondern sich von vornherein nicht alles gefallen zu lassen. Und Elaina setzt das prompt um: kaum darf sie ihre gesamte Zeit und Begeisterung in Hexerei-Unterricht stecken, ist Schluss mit Haushaltspflichten, da gibt es zum Frühstück eben Reste von gestern. Eine sympathische Wendung, eigentlich. Wer auf Hexen-Reiseabenteuer gewartet hat, der muss bis Episode 2 warten.

Folge 2

Nun ist Elaina 18 und ausgebildete Hexe: Hinein ins Reiseabenteuer! Ihre erste Station ist die Stadt der Magie, wo Hexen hochgeachtet sind. Doch der Empfang ist sehr viel kühler als erwartet. Das könnte daran liegen, dass sie ihr Hexenabzeichen verloren hat, als sie mit der tollpatschigen Saya zusammengestoßen ist. In einer schäbigen Absteige trifft sie Saya wieder. Die hat eine Menge Probleme: voller Prüfungsangst angesichts des Hexenexamens, das zum Antritt einer Hexenlehrzeit berechtigt, und allein in einer fremden Stadt, denn ihre Schwester, mit der sie aus einem fernen Land in die Stadt der Magie kam, hat die Prüfung längst bestanden und ist ohne Saya in die Heimat zurückgekehrt. Da Elaina sowieso erst ihr verlorenes Abzeichen finden muss, bevor sie weiterreisen kann, gibt sie gern Nachhilfe und emotionalen Beistand. Aber könnte es sein, dass Saya das verlorene Abzeichen eingesteckt hat, um Elaina zum Bleiben zu zwingen?

Da bildet sich doch schon nach der zweiten Folge von Wandering Witch: The Journey of Elaina ein Muster heraus: Es geht natürlich um Magie und Abenteuer in fantastischen Gefilden. Aber jedesmal muss wohl ein emotional-moralisches Problem angegangen und eine Lehre daraus gezogen werden. Das erste Mal war das “Lass es dir nicht gefallen, wenn du unfair behandelt wirst”. Diesmal etwas wie “Binde deine Freundin nicht auf unfaire Weise an dich, sondern trau dich, dein Problem aus eigenen Kräften anzugehen”. Mal schauen, ob es so episodisch bleibt und in jeder Folge neue Nebenfiguren neue Probleme mitbringen, die Elaina in 23 Sendeminuten löst, oder ob das noch andere Richtungen einschlägt. Optisch haben wir uns in eine größere Stadt nördlich der Alpen begeben, deren Skyline allerdings sehr viel mehr Bombast-Architektur aufweist als Wien oder München: die prächtigen Mauern erinnern an Attack on Titan und irgendwo hinten links ist die Silhouette des italienischen Städtchens San Gimignano mit seinen Türmen verwurstet worden. Vermutlich findet man noch mehr, wenn man genauer hinschaut. Hübsch: die kleinen Hexenlandeplattformen an den höheren Stockwerken der Gebäude.

Folge 3

Elaina fliegt über eine bunte Blumenwiese und ein rothaariges Mädchen gibt ihr einen Blumenstrauß mit. Den soll sie in der nächsten Stadt jemandem schenken, der sich darüber freut. Doch am Stadttor hält ein junger Soldat sie auf und nimmt ihr die Blumen ab, sein Kollege verbrennt sie. Denn die Blumenwiese ist ein Monster, das Menschen durch die Blumen anlockt und verschlingt. Später wird der junge Soldat dem Monster zum Opfer fallen. Tags darauf begegnet Elaina einem magiekundigen Jungen, der in einer Flasche Glück sammelt. Das will er Nino schenken, dem traurigen Dienstmädchen im Haus seines Vaters. Elaina nimmt seine Einladung zum Abendessen gern an und lernt seinen Vater und Nino kennen. Nino ist eine Sklavin, erklärt der Vater und stellt sich alsbald als jähzornig und brutal heraus. Auch die Glücksvisionen in der Flasche können Nino nicht trösten, schließlich stellen sie sich als Diashow des Glücks anderer Menschen heraus, an dem Nino keinen Anteil hat. An ihrer ausweglosen Lage ändert es nichts, es führt ihr nur vor Augen, was ihr alles entgeht. Elaina zieht nachdenklich weiter. Offenbar reicht es nicht, helfen zu wollen, wenn die Hilfe nichts Gutes bewirkt.

Kaum hat Wandering Witch eine gewisse Erwartungshaltung aufgebaut, wird sie schon wieder gekippt. Ja, bisher ist es episodisch. Ja, am Ende kommt wieder eine Erkenntnis, die man in einen Satz fassen kann. Ja, es geht wieder um das Thema Helfen. Aber statt einer gradlinigen kleinen Geschichte, in der Elaina einem Bedürftigen hilft, sind es gleich drei. Nur in der ersten ist Elaina direkt beteiligt und macht keine gute Figur: sie wird von einer betrügerischen Gestaltwandlerin manipuliert. In der Geschichte von Nino und dem Glück in Flaschen ist sie kaum mehr als Beobachterin am Rande und an die dritte erinnert sie sich aus einem Buch. Auch da war gutgemeinte Hilfe kontraproduktiv, so wie in den beiden anderen. Das Thema der letzten Episode, diesmal melancholisch gegen den Strich gebürstet und in drei verschiedenen Facetten beleuchtet. Ganz schön viel Stoff für 23 Minuten!

Folge 4

Vorspann: In Schattenrissen wird die Geschichte einer Prinzessin begonnen, die sich in den königlichen Koch verliebte. Doch dann geht es mit Elaina weiter. Die kommt in einer verwüsteten Stadt an. Nur im Palast trifft Elaina auf einen Menschen: Prinzessin Mirarosé. Die braucht Elainas Hilfe, denn sie ist hier ohne Erinnerung aufgewacht und hat einen Brief vorgefunden, der ihr aufträgt, den Drachen Javalier, der die Stadt verwüstet und die Bewohner frisst, zu besiegen. Elaina ist erst zurückhaltend, lässt sich aber von Mirarosés Freundlichkeit und Kochkünsten überzeugen, eine Fallgrube auszuheben, in die Mirarosé den Drachen lockt und ihn mit beachtlichen magischen Kräften tötet. Doch dann stellt sich heraus, dass der Drache Mirarosés Vater war. Er hatte ihren Liebsten, den Koch, hingerichtet und auch das Kind der beiden töten lassen. Zur Strafe verzauberte Mirarosé ihn in einen menschenfressenden Drachen, ließ ihm jedoch das Bewusstsein, dass er gezwungen war, seine eigenen Untertanen zu fressen. Anschließend schrieb sie einen Brief an sich selbst und löschte ihr Gedächtnis. Nach dem Tod des Monsters verfällt sie dem Wahn, ihr Geliebter sein immer noch bei ihr, während Elaina sich leise davonschleicht.

Einführung in die Psychoanalyse für Magical Girls und ihr Publikum. So geht ein Komplex, Mädels. Wenn Prinzessins Unterbewusstsein den Papa in ein Monster verwandelt und dem von Schicksal schwer gebeutelten Ich diesen Vorgang verheimlicht. Aber ihm aufträgt, das Monster zu töten. Flucht ist zwecklos, denn das Monster wird ihm überall hin folgen. Komplexe machen das gern. Pfiffig gedacht. Nur, dass der Sieg über das Monster nicht Befreiung bedeutet, sondern völliges Abgleiten in den Wahn. Und dass der Drache kein Papa-Symbol war, sondern der echte Papa. Der war ein grausamer Schuft, sicherlich. Aber an Grausamkeit legt die Rache-Prinzessin noch eine Schippe drauf. Und am Ende sitzt sie wahnsinnig in einem leeren Schloss, in einer Stadt ohne Untertanen. Und Elaina ist in ihrem Mitgefühl und ihrer Hilfsbereitschaft schon wieder manipuliert worden. So bunt und niedlich Wandering Witch: The Journey of Elaina aussieht, mit jeder Folge wird diese Serie böser.

Folge 5

Elaina entdeckt auf einem Markt ein Buch, das ihre ehemalige Lehrmeisterin Frances verfasst hat. Sie erinnert sich, wie sie Frances vor einem halben Jahr wiedertraf. In einer Stadt mit einer Zauberschule wurde sie von zwei Schülern angesprochen und gleich darauf von einer ganzen Klasse Zauberschülern auf Besen verfolgt. Es stellt sich heraus, dass Frances an der Schule unterrichtet und ihren Schülern die Aufgabe gestellt hat, Elaina zu ihr zu bringen, um ihnen die Fähigkeiten einer ausgebildeten Hexe vor Augen zu führen. Sie bittet Elaina, eine Weile zu bleiben und die Schüler zu unterrichten, was Elaina gern tut. Sie beantwortet neugierige Fragen und gibt Hilfestellung bei Anfängerfehlern. Frances erzählt ihr von dem Buch, das sie geschrieben hat und das ihr dann so peinlich war, dass sie es in ihren Rucksack stopfte und nicht mehr sehen wollte. Allerdings verkaufte sie den Rucksack dann samt Buch mit dem Hinweis, dass er einst einer berühmten Abenteurerin gehört habe. Am Ende zieht Elaina weiter und wird von Fran und den Schülern mit im Wind wehenden Kirschblüten verabschiedet.

Nach zwei düsteren Folgen bietet Wandering Witch: The Journey of Elaina in der fünften Folge 23 Minuten Heiterkeit und Harmonie. Schauplatz diesmal: eine Zauberschule. So wie Hogwarts, nur mit einer Überdosis Architektur. Dass Elaina die Bitte der in Harry Potter-Tradition schwarzgewandeten Zauberschüler ablehnt, ist nach all den schlechten Erfahrungen der letzten Folgen kein Wunder. Und schon ist ein ganzes Quidditch-Team hinter ihr her. Das war wohl eine Falle. Aber dann ist alles nicht ernst gemeint und führt zu einem unterhaltsamen Aufenthalt als Gastdozentin. Auch Frans Frage, ob Elaina wohl Blumen mag, klingt angesichts des Blumenmonsters aus Folge 3 recht unheilverkündend. Aber dann lassen die Schüler zum Abschied nur Kirschblüten herabregnen. Ansonsten ein Hinweis am Rande: Könnte es sein, das Niké, deren Buch Elaina als Kind verschlungen hat, Elainas Mutter ist?

Folge 6

Episode 6 von Wandering Witch: The Journey of Elaina führt die junge Wanderhexe in ein hübsches, mediterranes Inselreich, wo die Leute, so heißt es, immer die Wahrheit sagen. Elaina ist gespannt, wie es da wohl zugeht. Doch die Bewohner sind gar nicht glücklich. Sie sind maulfaul, saugrob und geraten in plötzlich aufflammende Schlägereien. Die Wahrheit scheint eine schwere Bürde zu sein. In der Tat liegt ein Zauber über der Stadt, der den Bürgern das Lügen unmöglich macht und so das soziale Leben lähmt. Den hat der König mithilfe eines magischen Schwertes gewirkt. Das Schwert mit Magie aufgeladen hat die Hofhexe Eihemia, die hoffnungslos in den König verschossen ist. Bei dem schwierigen Zauber verlor sie ihre Stimme und ihre Zauberkräfte und wurde vom König daraufhin kurzerhand entlassen. Elaina beschließt zu helfen und macht sich daran, den Zauber zu brechen.

Diesmal wieder eine geradlinige “Elaina, hilf!”-Folge ohne bösen Twist am Ende. Dafür aber mit Moral: Die Wahrheit zu sagen ist ja schön und gut. Aber menschliches Sozialverhalten braucht auch all die kleinen Notlügen und Beschönigungen, die das Miteinander erträglich machen. Wer unter dem Zwang steht, stets ungefiltert mit allem herauszuplatzen, ist sich und anderen eine Qual. Unterstützung bekommt Elaina diesmal von einer alten Bekannten, Saya, der prüfungsängstlichen Anfängerhexe aus Folge 2. Mittlerweile ist sie ausgebildete Hexe und immer noch Elaina-Fangirl. Worüber Elaina gar nicht so begeistert ist. Der Schlussmoment ist nochmal eine kleine Illustration der Moral dieser Folge: Wenn Saya Elaina ein unsäglich kitschiges Kettchen schenkt und selber das Gegenstück dazu trägt, damit sie immer verbunden sind, dann ist das genau einer von den Momenten, wo die ungefilterte Wahrheit so gar nicht angebracht ist. Und so nimmt Elaina das Kettchen an und bedankt sich nett.

Folge 7

Die kleine Elaina liest mit ihrer Mama die Geschichte von der Stadt, die von einer Mauer geteilt wurde, weil die Bewohner der rechten und der linken Seite einander so wenig leiden konnten. Als die Wanderhexe Niké in die Stadt kommt, gibt sie den Bewohner der einen Seite den Rat, Reisende auf die Mauer schreiben zu lassen, wie gut es ihnen hier gefällt. Die Bewohner der anderen Seite bekommen den gleichen Rat. Jahre später kommt wieder eine Hexe in die Stadt und die Bewohner bitten sie um Rat, denn die Idee mit den Besucher-Graffiti hat sich abgenutzt. Saya schreibt ihrerseits auf die Mauer, nämlich “I love you, Elaina!” und schlägt vor, dass von nun an jeder Bewohner jeglichen Text auf die Mauer schreiben kann. Als Elaina wenig später in die Stadt kommt, um die Mauer zu sehen, von der sie so viel gelesen hat, ist sie weg, denn den Bewohnern hüben wie drüben waren ihre dummen Sprüche bald so peinlich, dass sie die Mauer einrissen. In einer weiteren kleinen Episode hat Elaina mit einem ganz ähnlichen Problem zu kämpfen: zwei benachbarte, aber verfeindete Weinanbau-Dörfer, von denen das eine die Nase vorn hat, weil es mit einer verführerischen Weinkönigin wirbt, die vorgeblich selbst die Reben stampft. Elaina als Konkurrenz-Weinkönigin aufzubauen ist keine gute Idee, aber dennoch kann der unsinnige Zwist friedlich beigelegt werden.

Gleich zwei Gleichnisse über das Thema “wir gegen die da” und wie man aus der Nummer herauskommt, indem man erkennt, dass “die da” nicht viel anders sind als “wir”. Also wieder heiteres Moralisieren ohne böse Twists und seelische Abgründe. Die erste kleine Geschichte deutet wieder einmal an, dass Niké wohl Elainas Mutter ist. Die liest die Geschichte jedenfalls mit großem Genuss und die junge Niké sieht Elaina zum Verwechseln ähnlich – nur, dass sie ihr weißes Haar in einer losen Flechtfrisur trägt. Ansonsten gibt es wieder einen hübschen Saya-Moment. Die will nicht nur Elainas Freundin oder Fan sein, sie ist bis über beide Ohren in Elaina verknallt und lässt ihrer Verliebtheit an der Mauer der Graffiti ohne Hemmungen freien Lauf. Was letztlich das Ende der Mauer einläutet, denn von der über und über bekritzelten Mauer bleiben nur Trümmer übrig, die als Souvenirs an Touristen verkauft werden, wie einst die Berliner Mauer-Splitter. Geschichte Nummer Zwei spielt das Ganze noch einmal vor anderer Kulisse durch. Da kriegt man Elaina im Weinbäuerinnen-Kostüm und beim mühevollen Traubenstampfen zu sehen. Auch diese Geschichte hat eine deutliche Comedy-Note und endet versöhnlich. Insgesamt eine Wohlfühl-Episode.

Folge 8

Elaina kommt in eine Stadt, in der Puppen überall sind. Jeder scheint dem Hobby des Puppensammelns nachzugehen. Die Stadt ist aber auch voll grausiger Gerüchte: einem unbekannten Verbrecher, dem Ripper, sollen schon mehr als hundert Frauen zum Opfer gefallen sein. Vor Ort ermittelt Sheila, eine von der Hexerei-Vereinigung entsandte Hexe, doch bisher verlaufen alle Spuren im Sande. Elaina wundert sich, nimmt sich ein Hotelzimmer und wacht am nächsten Morgen mit einer Kurzhaarfrisur auf. Nicht auf das Leben, auf die Haare unzähliger Frauen hat es der Ripper abgesehen! Wohl, um sie für Puppenperücken zu verwenden. Bei einer geheimen Puppenauktion können Sheila und Elaina die Schuldige fassen, die ordentlich einen an der Waffel hat.

Wandering Witch: The Journey of Elaina bietet in der achten Runde eine Folge der eher durchgeknallten Art. Porzellanpuppen mit lieblichem Gesicht und starren Blick können schon ganz schön gruselig aussehen. Puppen-Nerds ebenso. Leider ist es recht irreführend, in der Übersetzung den Täter den Ripper zu nennen. Im Japanischen muss da wohl ein Missverständnis über das Wort “Schneiden” sein, um Elainas Irrtum (und den des Zuschauers) plausibel zu machen. Vielleicht ist das unübersetzbar, aber jemanden, der nichts weiter tut, als schlafenden Frauen die Haare zu stutzen, mit Jack the Ripper in Verbindung zu bringen, ist dann doch mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Ansonsten ist das eine Episode mit einer hübsch verrückten Antagonistin und wieder einem kleinen Gastauftritt für Saya. Und diesmal ohne moralische Botschaft.

Folge 9

Elaina ist pleite und hungrig. Da kommt das Angebot der Hexe Estelle gerade richtig: Sie bietet einen Sack voll Goldmünzen für magische Unterstützung. Denn sie hat eine Zeitreise vor, was so viel magische Energie kostet, dass sie dazu die Hilfe einer weiteren Hexe benötigt. Genau gesagt will sie in die Vergangenheit eingreifen. Ihre Kindheitsfreundin Selena hatte ein schweres Schicksal. Die Eltern wurden von einem vermummten Räuber getötet, Selena wuchs bei einem Onkel auf, der sie missbrauchte, bis sie ihn schließlich umbrachte und so viel Gefallen am Töten fand, dass sie zur Serienmörderin wurde. Im Auftrag des Hexenverbands stellte Estelle die Mörderin und tötete sie. Von Schuldgefühlen geplagt, beschließt sie nun, in die Vergangenheit zu reisen, um den Mord an Selenas Eltern zu verhindern und ihr so ein Leben ohne Traumata zu ermöglichen. Doch am Tatort in der Vergangenheit sieht alles ganz anders aus als erwartet …

Nach vier heiteren Folgen bietet Wandering Witch: The Journey of Elaina nun wieder eine düstere Geschichte mit bitterbösem Twist. Die Warnung zu Beginn, dass diese Folge nicht für jüngere Zuschauer geeignet ist, stimmt schon darauf ein, dass es hier fies und gemein zugehen wird. Aber so viel spritzendes Blut hätte man dann doch nicht erwartet. Dass der Plan, die Vergangenheit zu verändern, nicht so laufen würde wie geplant, war abzusehen. Klassischerweise hätte man sich darauf einstellen können, dass Estelle bei allem guten Willen dann doch als vermummter Elternmörder da steht und das Schicksal eben nicht änderbar ist. Aber die Geschichte nimmt eine andere Wendung. Nun kann man eine Vorgabe wie diese nur in zwei, drei mögliche Richtungen twisten. Wenn es nicht die eine ist, ist es die andere. Jedenfalls ist Selena nicht rettbar, alles endet mit Blutfontänen und am Ende ist Elaina wieder einmal bestürzt darüber, dass all ihre Hilfe nur zu einer Katastrophe geführt hat.

Folge 10

Sayas Vorgesetzte Sheila gönnt sich Urlaub und sucht sich als Mitreisende ausgerechnet die Hexerei-Lehrerin Frances aus, bei Elaina einst in die Lehre gegangen ist. Auf dem Weg schwelgen die Freundinnen in Erinnerungen. Wie sie einander als Hexen-Lehrmädchen der reisenden Hexe Niké erst überhaupt nicht leiden konnten. Doch als sie gemeinsam in eine malerische Hafenstadt entsandt werden, wo eine Verbrecherbande den Hass auf Zauberei schürt, müssen sie sich im Kampf gegen die Schurken wohl oder übel zusammenraufen und das Beste aus dem machen, was ihnen Niké beigebracht hat. Jahrzehnte nach diesem Abenteuer ist Elaina voller Erwartung auf dem Weg in diese Stadt, der Niké ein besonders spannendes Kapitel in ihrem Buch gewidmet hat.

Diesmal eine Folge fast ohne Elaina. Stattdessen bringt der lange Rückblick von Wandering Witch – The Journey of Elaina Episode 10 alle Fäden zusammen. Die Hexenwelt ist doch ein Dorf! Alle Gestalten, mit denen Elaina mehr als einmal zu tun habe, stehen in engem Kontakt zueinander. Sayas Vorgesetzte Sheila und Elainas Lehrmeisterin Frances kennen sich aus der Lehrhexenzeit. Und die Lehrmeisterin war keine andere als Elainas Mama, die wiederum mit Elainas Idol, der bücherschreibenden Wanderhexe Niké identisch ist. Es braucht ein ganzes Hexenabenteuer, um diese steile Konstruktion glatt in die Handlung einzufügen. Aber im Laufe der Episode um die konkurrierenden Junghexen verdaut man diesen gar bemüht herbeigeschriebenen Zufall ganz gut und freut sich sogar über die ahnungslose Elaina, die voller Fan-Herzklopfen an den Schauplatz ihres Lieblingskapitels reist.

Folge 11

Als Elaina in der Stadt ankommt, die sie aus Nikés Buch kennt, muss sie feststellen, dass die hexenfeindliche Verbrecherbande, gegen die einst Nikés Azubinen antreten mussten, immer noch aktiv ist. Auch Saya ist in dieser Stadt unterwegs. Wie in Folge 10 schon angetriggert, soll sie dort ein Kästchen überbringen, aber auf keinen Fall öffnen. Da werden beide von einem magischen Blasrohrgeschoss der Oberschurkin getroffen und tauschen die Körper. Saya, die eigentlich die ahnungslose Elaina ist, öffnet das Kästchen. Heraus quillt rosa Rauch, der einen Liebeszauber über die ganze Stadt legt. Und so rennen in der ganzen Stadt Männlein und Weiblein, aber auch Männlein und Männlein, Weiblein und Weiblein, Hund und Katze aufgeregt hintereinander her. Wie gut, dass Sheila und Frances rechtzeitig auftauchen, um das Kuddelmuddel zu beenden und den Schurken das Handwerk zu legen. Und beide Lehrmeisterinnen haben für ihre Schülerinnen eine Lektion parat …

Körpertausch plus Liebeszauber sorgen für eine Folge der eher durchgeknallten Art. Wenn Elaina plötzlich ihr Spiegelbild küsst, dann liegt das daran, dass sie a) nicht Elaina ist, sondern Saya, und b) dass sie vom rosa Liebesgas enthemmt ist. Also viel Situationskomik, aber auch wieder verknüpfte Fäden und Lebensweisheiten: Mina zum Beispiel, Sayas Schwester, die sie einst nach bestandener Magieprüfung allein zurückgelassen hatte. Jetzt stellt sich heraus, dass das auf Lehrmeisterin Sheila zurückging, die fand, Saya sollte mal lernen, sich nicht von anderen abhängig zu machen. Nur begrenzt erfolgreich, denn kaum war Mina fort, klammerte Saya sich an Elaina. Fran wiederum legt Elaina nahe, sich zu fragen, welcher Tatsache sie wohl aus dem Weg geht. Nämlich dem Umstand dass Elainas Mama … Aber Elaina weicht aus, sie will weiter reisen. Und es gibt schließlich noch Folge 12, um alle Fragen zu beantworten.

Folge 12

Elaina findet ein Tor zu einem Land, in dem Wünsche wahr werden. So behauptet jedenfalls die Aufschrift auf dem Torbogen. Elaina wünscht sich, reich zu sein, durchschreitet das Tor ‒ und findet jedenfalls keine Goldmünzen. Stattdessen lauter Schauplätze ihrer Reisen und einen Saal, in dem 15 Elainas am Tisch sitzen. Alle mit einer besonderen Eigenschaft: eine ängstliche Elaina, eine dumme Elaina, eine geldgierige Elaina, eine in Saya verliebte Elaina … bis hin zu einer Zombie-Elaina und einer Glibber-Elaina. Elaina, die den Raum betritt, ist die eigenschaftslose Protagonisten-Elaina, teilt ihr die brillentragende intellektuelle Elaina mit. Da wird die Gesellschaft von einer weiteren Elaina angegriffen. Die gewalttätige Elaina ist einst in der Episode in der Puppenstadt gescheitert, hat nie ihr langes Haar zurückgewonnen und eine tiefe Enttäuschung erlebt. Vor Wut will sie alle anderen Elainas vernichten. Doch Elaina kann sich nach einem langen, unentschiedenen Kampf mit ihrem aggressivem Gegenstück versöhnen und ihr neuen Lebensmut schenken.

Wer in der zwölften und letzten Episode auf eine Begegnung von Elaina mit ihrer Mutter alias Niké gewartet hat, der wird enttäuscht. Statt einer Mutter-Tochter-Folge mit Selbsterkenntnis und Lebensweisheiten für die Zukunft gibt es als krönenden Staffelabschluss noch mehr Durchgeknalltheit. Allerdings auch mit Selbsterkenntnis und Psychologie für Anfänger und so. Eine Reise ins Ich, das sich Elaina in 16 Variationen ihrer selbst präsentiert. Alles Elainas, die hätten sein können – allerdings, bei welcher Gelegenheit sie zu der grünlich-wabbeligen Glibber-Elaina hätte werden können, erschließt sich nicht so recht. Egal, es sieht lustig aus. Und dann schließt sie Frieden mit dem verzweifelt-aggressiven Teil ihrer selbst und zieht weiter. Dass es weiter geht, legt die kleine Szene am Schluss sehr nahe. Eine Reisegefährtin namens Amnesia? Da fallen einem gleich so einige mögliche Szenarien ein …