Atomic Blonde
Als Filmfan ist man es längst gewohnt, dass Berlin die nahezu einzige in Hollywood bekannte Stadt in Deutschland zu sein scheint. Im Falle von Atomic Blonde kommt die Wahl des Schauplatzes nicht ganz unberechtigt: Es geht um nicht weniger als den November 1989, als Deutschland noch durch eine dicke Mauer geteilt war. Charlize Theron schlüpft nach Mad Max: Fury Road erneut in die Rolle einer Actionheldin, genauer gesagt wird sie zur Top-Spionin Lorraine Broughton.
November 1989, Berlin: Die Spionin Lorraine wird in die deutsche Hauptstadt geschickt. Sie hat das Ziel, eine geheime Liste an sich zu bringen, die die Namen aller internationalen Feldagenten und deren Identitäten beinhaltet. Unterstützung erhält sie dabei von David Percival (James McAvoy). So weit, so gut, aber bereits kurz nach Lorraines Ankunft haben es KGB-Handlanger auf sie abgesehen. Doch das ist noch das kleinste Problem, denn das Spiel mit den Identitäten setzt Vertrauen voraus. Welche Rolle haben die verführerische Delphine und der CIA-Mann Emmett? Und dann gibt es noch Spyglass, einen Stasi-Spitzel, dem es gelungen ist, die Liste auswendig zu lernen, und der über die gut bewachte Grenze gebracht werden muss…
Looking for Freedom
Originaltitel | Atomic Blonde |
Jahr | 2017 |
Land | USA |
Genre | Action, Thriller |
Regisseur | David Leitch |
Cast | Lorraine Broughton: Charlize Theron David Percival: James McAvoy Emmett Kurzfeld: John Goodman The Watchmaker: Til Schweiger Spyglass: Eddie Marsan Delphine Lasalle: Sophia Boutella Eric Gray: Toby Jones |
Laufzeit | 115 Minuten |
FSK |
Zunächst einmal sei die Herkunft von Atomic Blonde geklärt: Basierend auf der Graphic Novel The Coldest City von Antony Johnson und Sam Heart wurde die Geschichte von Regisseur David Leitch (Deadpool 2) und Drehbuchautor Kurt Johnstad (300) in Szene gesetzt. Charlize Theron agierte als ausführende Produzentin und war von seinem Action-Hit John Wick so beeindruckt, dass David Leitch ihre erste Wahl darstellte. Ganz genau nimmt der Film es allerdings nicht mit seiner Vorlage, und so schlich sich eine lesbische Figur in die Handlung, als es darum ging, ein Alleinstellungsmerkmal zu finden, das noch kein anderer Spionagethriller aufzuweisen hat. Provokativ sollen die Szenen laut Leitch nicht sein, sondern eher unterstreichen, wie entschlossen Lorraine ist, um an ihr Ziel zu kommen.
99 Luftballons
Auch mit der historischen Vorlage nimmt man es alles andere als genau. Viel eher wird hier eine alternative Darstellung der deutschen Geschichte erzählt, die allerdings nur den Rahmen für die eigentlichen Geschehnisse bildet. Dieses Deutschland ist ebenso kalt und rau wie poppig und bunt. Ein Spiel der Gegensätze, die Teil des besonderen Looks von Atomic Blonde werden. Gedreht wurde übrigens überwiegend in Budapest, doch auch Originalkulissen Berlins kamen zum Einsatz. Dadurch wirkt die Mauer irgendwo authentisch, doch durch den starken Einsatz von Neonlichtern und warmen Clubfarben wird der Zuschauer immer wieder daran erinnert, dass letztlich doch alles nur fiktiv ist. Um diesen poppig-pseudo-historischen Stil zu verstärken, werden akustisch alle Register gezogen, um die Spätachtziger aufleben zu lassen: David Bowie & Queen mit „Under Pressure“, Falcos „Der Komissar“ und natürlich „Major Tom“ von Peter Schilling. Selbsterklärend, dass der Neue Deutsche Welle-Welthit „99 Luftballons“ von Nena mit von der Partie ist.
Völlig losgelöst
Die Welt von Atomic Blonde entführt den Zuschauer also in eine Paralleldimension, in der Realität und Fiktion Hand in Hand gehen. Ähnlich verhält es sich mit den Actionszenen, die sowohl so hart sind, als würden die Figuren keinerlei Schmerzgrenze kennen, als auch zum Teil so stark in die Länge gezogen, dass der Schlagabtausch gefühlt kein Ende findet. Das gibt Atomic Blonde eine besondere Note, denn vor allem eine eindringliche Kampfszene, die über Minuten über sämtliche Stockwerke eines Mietshauses führt, und in der alles, was nur greifbar herumliegt, zum Einsatz kommt, hinterlässt mächtig Eindruck. Hier zeigt sich, wieviel Schweiß in die Perfektion der Choreografien gesteckt wurde, welche solch entfesselnde Momente zu dem machen, was sie sind.
Bombshell Blonde
Die Bedingungen sind also optimal, eine Spionin wie Lorraine möglichst auffällig und effektiv in Szene zu rücken. Deren unterkühlte Persönlichkeit vermischt sich leider nur zu häufig mit ihrer Professionalität, was auf der einen Seite für besonders ungehemmte Momente sorgt, Lorraine für den Zuschauer gleichzeitig aber auch alles andere als greifbar macht. Dieses Schicksal teilen sich jedoch sämtliche Charaktere des fiktiven Berlins, deren Überleben ebenso wenig Raum bietet, wie deren (mögliches) Ableben. Dadurch ist zwar stets Coolness geboten, doch ob die Protagonistin nun Lorraine heißt oder einen anderen Namen trägt, wird irrelevant. Es dominieren die Reize der Oberfläche, denn darunter gibt es nicht viel zu entdecken.
Ich bin hin und her gerissen: Als Film ist Atomic Blonde überaus sehenswert. Die Actionszenen zählen zu den Besten, die mir im Filmjahr 2017 unterkamen, und das popkulturelle Design sorgen für mächtig Stimmung. Die musikalische Reise durch die 80er birgt eine gewisse Videoclip-Ästhetik, die den Sehgenuss zu etwas Besonderem macht. Betrachte ich die Geschichte, finde ich die Ansätze, die deutsche Geschichte mal anders zu erzählen, irgendwie prickelnd, doch die platten Charaktere schrauben die Anteilnahme dann doch wieder nach unten. Somit bleibt immerhin Fast Food in einer besonders hübschen Verpackung. Mit Leuchtschriftaufdruck.
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Ich wollte für den Film eigentlich ins Kino, aber irgendwie hat sich das nicht ergeben. Da ich nun wieder Schule habe, bleibt da natürlich noch weniger Zeit für einen Kinobesuch. Ich muss wohl auf die BD-VÖ warten, aber auch dieses Review bestätigt, dass der Film eigentlich perfekt für mich sein müsste.
Ist nicht verkehrt. Für’s Kino lohnt sich dieser Film eher für die Optik, aber sonst ist das ein klassischer Wohnzimmer-Titel. Bin mir aber aus Gründen sicher, dass dir der Film gefallen wird 😉
Ich will den Film unbedingt sehen. Der Trailer hat mir schon beim ersten Mal sehr zugesagt. Und die Kombi aus Charlize Theron und James McAvoy muss einfach gut sein. Nach dem Lesen des Artikels, fühl ich mich eigentlich nochmal bestätigt. Klingt vom Design her allein schon ziemlich sehenswert.
Aber mal sehen, ob ich es noch ins Kino schaffe, oder einfach warte, bis ich ihn daheim sehen kann.
Ich war eher enttäuscht von dem Film. Ich geb’s zu, James McAvoy und auch Charlize Theron gehören zu den Hauptgründen, warum ich ihn sehen wollte. Die Action ist durchaus sehr toll anzusehen, besonders fallen da bemerkenswerte Kampfchoreographien auf, die teilweise in einem einzigen langen Shot aufgenommen worden zu sein scheinen, in dem Fall ohne Stuntdouble. In meinen Augen klar ein typisches Style over Substance. Wer einen coolen Actionfilm sehen will, ist vielleicht gar nicht falsch dran.
Was mich stört ist erst einmal, wie extrem ernst und ultrahart sich der Film wohl selbst sieht oder präsentieren möchte, und die allgemein nicht sehr mitreißende Story und platten Charaktere. Wenn die lesbische Figur tatsächlich eingebaut wurde, nur damit das auch mal da war bzw. sie da mal die ersten sind, würde das einiges erklären IMO, denn wie diese Side Story ausgegangen ist fand ich auch äußerst dämlich und unbefriedigend.