Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht (Folge 1×03)
Üppige 70 Minuten ist Folge 3 von Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht lang und bietet neue Schauplätze, neue Gegner und eine Menge Rätsel. Mit Bilderpracht, die den ersten beiden Folgen nicht nachsteht, elbischer Kampfkunst, Harfuß-Folklore und ein bisschen mehr Einblick über die Gemengelage, in der Galadriels schlitzohrig-charmanter Reisegefährte Halbrand steckt.
Inhaltsangabe
Galadriel und Halbrand sind von dem numenorischen Kapitän Elendil gerettet worden, der sie zu seiner Heimatinsel bringt. In Numenor ist der Empfang bei der Königin von Misstrauen geprägt. Die Bewohner von Numenor, Menschen, die einst an der Seite der Elben gegen Morgoth kämpften und zur Belohnung die Insel zwischen Valinor und Mittelerde erhielten, haben sich über die Jahre hinweg aus der Allianz mit den Elben zurückgezogen und begegnen ihnen nun mit Ablehnung. Und so verweigert die Königin Galadriel eine Schiffspassage nach Mittelerde und beauftragt Kapitän Elendil, ein Auge auf den unerwünschten Gast zu haben. Elendil ermöglicht Galadriel, alte Dokumente einzusehen und so erfährt Galadriel von der wahren Bedeutung des Symbols, das sie in der Bergfestung gefunden hat. Es ist eine rudimentäre Landkarte, die schematische Darstellung einer Bergformation in den Südlanden. Dort sollen sich die Mächte der Finsternis sammeln und ein Reich des Bösen errichten. Halbrand versucht, Arbeit in einer Schmiede zu finden, erfährt aber, dass das nur mit Gildenabzeichen möglich ist. Er stiehlt einem Handwerker das Abzeichen, gerät in eine Schlägerei mit dem Bestohlenen und landet im Gefängnis. Dort besucht ihn Galadriel, die auch über das Schmuckstück an seinem Hals etwas herausgefunden hat. Es ist das Symbol des König der bedrohten Südlande. Aber Halbrand wehrt sich noch, diese Rolle zu übernehmen.
Am Abend vor der nächsten Wanderung feiern die Harfüße ein großes Fest. Der weise Mann des Stammes hat ein dickes Buch in seinem Karren und Nori schleicht sich bei ihm ein, um eine Zeichnung aus dem Buch zu stehlen. Darauf ist das Sternbild abgebildet, das der rätselhafte Mann, der mit dem Kometen vom Himmel stürzte, mit Glühwürmchen nachgestellt hat. Nori gibt ihm die Zeichnung, die er bei Feuerschein studiert. Doch das Blatt fängt Feuer, der Fremde weiß offenbar nicht, was zu tun ist, richtet ein großes Durcheinander an und wird von den Harfüßen entdeckt. Nori muss eingestehen, dass sie ihm die ganze Zeit schon geholfen hat. Das könnte eine Verbannung aus dem Stamm bedeuten, doch der Stammesälteste lässt Milde walten. Bei der Wanderung am nächsten Tag stellt sich heraus, dass Noris Familie nicht mit den anderen Schritt halten kann, weil ihr Vater sich am Fuß verletzt hat. Doch der Fremde ist ihnen gefolgt und hilft ihnen, den Wagen zu schieben, sodass sie die Wanderung mit den anderen fortsetzen können.
Arondir ist von Orks gefangen genommen worden, die ihn zum Tunnelgraben zwingen. Unter den anderen Gefangenen sind auch zwei seiner Gefährten aus der Elbenwache. Sie versuchen, sich ihrer Ketten zu entledigen und zu fliehen, doch der Fluchtversuch misslingt, Arondirs Gefährten kommen ums Leben. Die Orks erwarten die Ankunft eines Anführers mit dem elbischen Namen Adar. Adar erscheint, eine verschwommene Gestalt, die deutlich kein Ork, sondern ein Mensch oder ein Elb ist. Weitere Details sind nicht zu erkennen.
Nächster Halt: Numenor
Auf wievielen Ebenen Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht sein Publikum abholen muss: Da sind die Leute, die sich gern an die Peter Jackson-Filme erinnern. Die Silmarillion-Theologen. Und die, die einfach nur in die neue Amazon-Serie reinschauen wollten, ohne sich um Vorwissen zu kümmern. Wenn da ein junger Mann namens Isildur auftaucht, dann sehen die einen einen alten Bekannten, der später einmal tragisch enden wird. Die anderen sehen einen riesigen Klotz Backstory, den sie erst einmal auf Unstimmigkeiten in der Darstellung abklopfen müssen. Und die dritten sehen einfach nur einen hübschen, jungen Seemann, der ein weiterer Weggefährte von Galadriel sein könnte. Respekt vor Autoren, die all das gleichermaßen bedienen können und dabei noch eine spannenden Geschichte hinkriegen. Aus den Momenten auf Numenor kann das Publikum folgendes mitnehmen: Optisch toppt das Inselreich nochmal alle Prachtbauten, die es bisher schon zu sehen gab. So einen Overkill an Statuen, Palästen, Wasserwegen und blühenden Bäumen kriegt man selten zu sehen. Wenn man sich an all dem CGI-Städtebau satt gesehen haben, erfährt man: Elben können Menschen nicht leiden, die einst auf Morgoths Seite standen. Menschen, die einst nicht auf Morgoths Seite standen, können mittlerweile Elben nicht mehr leiden. Warum? Man erfährt es (noch) nicht. Jedenfalls will die Königin Galadriel nicht im Land haben, aber auch nicht gehen lassen. Kompliziert. Das Symbol des Bösen, das wie eine Art Dreizack aussah, muss man um 90 Grad drehen. Dann stellt es eine Bergkette dar und damit die Aufforderung an die Mächte der Finsternis, genau dort Mordor entstehen zu lassen. Nur der allerahnungsloseste Zuschauer könnte Zweifel hegen, ob das auch eintreten wird. Halbrand gewinnt Konturen. Erst ein ein ruppig-verschlossener Kerl, der sich skrupellos gibt, aber doch Leben rettet. Nun ein charmanter Schuft mit einer Begabung für flotte Sprüche, Taschendiebstahl und Straßenkampf. Aber eigentlich ein König, der erst in seine Bestimmung hineinwachsen muss. So, wie einst … nur ein bisschen anders.
Harfuß-Folklore
Auch bei den Harfüßen gibt es jede Menge schöne Bilder. Wenn sie etwa in Strohkostümen und Masken durch den Wald tanzen und den Zusammenhalt ihres kleinen Völkchens besingen. Aber jedes kuschelige Innen kann auch unangenehm eng sein. Und ein abweisendes Außen haben. Wer den Anschluß zur Gruppe verliert und sich allein durchschlagen muss, geht unter. Wer die Stammesgesetzte bricht, wird ausgestoßen und wer nicht Schritt halten kann, der bleibt zurück. Bilbo und Frodo waren unabhängige Junggesellen, die auf Abenteuerfahrt gehen konnten, ohne dass es Angehörige in massive emotionale und existenzielle Krisen stürzt. Für Harfußmädchen Nori sieht das ganz anders aus. Es war schon quasi ihre Schuld, dass Papa sich den Fuß verletzt hat, denn sie hat den merwürdigen Fremden umsorgt, als sie eigentlich ihrer Familie hätte helfen sollen. Ein Glück, dass der verwirrte alte Mann ihre gute Tat mit Hilfsbereitschaft vergilt. Das Internet spekuliert immer noch darüber, ob er nicht vielleicht doch ein Wesen der Finsternis sein könnte. Aber wer so flehend schaut und so nett hilft, der muss ein Guter sein. Boshafte Twists wollen nicht so recht in dieses Franchise passen.
Orks und Elben-Kampfkunst
Jede Menge Heldenmomente für Arondir. Elefantensurfen à la Legolas war gestern, Arondir macht im Nahkampf unglaubliche Sachen mit den langen Ketten, die ihn in dem Graben der Orks festhalten. Und erledigt einen Warg. Und entschuldigt sich mit Tränchen im Auge bei einem Baum, den er fällen muss. Aber ein Held braucht auch würdige Gegenspieler. Die Orks, denen er ins Netz gegangen ist, sind gut dabei. Hm … Orks. Schwierig. Während sich das Internet darüber streitet, ob schwarze Elben Tolkien-kompatibel sind, stellt sich kaum einer die Frage, wie es wohl mit orkfeindlichen Tendenzen aussieht. Was woke Kritik schon aus dem Begriff “Black Speech” herausholen könnte! Man kommt um die Tatsache nicht herum, dass bei Tolkien eine ganze Spezies nur als Kanonenfutter eingeplant ist. Die Ringe der Macht sieht das nicht anders. Aber Folge 3 tut für Orks, was drin ist. Sie kriegen Screentime. Sie kriegen Dialoge. Und sie dürfen ganz prächtige boshafte Schurken sein, die einem Gefangenen erst scheinheilig Wasser anbieten und ihn dann doch meucheln. Muahahaha! Wer mehr will, der muss World of Warcraft spielen.
Fazit
Plotpoints werden erreicht, Rätsel gelöst, neue Rätsel angedeutet, Figuren bekommen mehr Kontur und mehr Kontext. Mit dem struppigen Kerl, der König sein sollte, aber (noch) nicht König sein will, ist wieder eine klassische Herr der Ringe-Figur dazu gekommen. Aber der heimliche Star der Folge ist die Insel Numenor, mit ihrer Überdosis Architektur und ihren phantastischen Segelschiffen. Wo bitte kann ich eine Kreuzfahrt da hin buchen? Mit Besichtigung des königlichen Palasts, Shopping in den Altstadtgassen und einen Badeausflug zu diesem Strand mit den malerischen Felsformationen? Monster der Woche: Der Warg. Das wolfsähnliche Raubtier aus Folge 1 war wohl keiner, das sah anders aus. Dieses hier heißt definitiv Warg, ich hätte eher auf Schweinehund getippt. Oder Mordor-Mops. Mit seiner glubschäugigen, sabbernden Hässlichkeit ist es schon fast wieder knuffig.
© Amazon
Mit dieser letzten Totalen von Numenor schießen sie echt den Vogel ab. So detailliert, so pornös. Und dazu der fette Score von Bear McCreary, toll~