Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht (Folge 2×06)
Die Dinge spitzen sich zu in Mittelerde. So wie es drei Folgen vor dem Staffelfinale auch sein sollte. Ob bei den Zwergen, den Elben, in Numenor oder in Rhun, überall ist bei Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht das Böse auf dem Vormarsch und das Gute muss sich warm anziehen. Auf große Momente der Entscheidung muss man allerdings noch warten, zwei weitere Folgen wollen noch mit High Fantasy-Epik gefüllt sein.
Inhaltsangabe
Der Fremde hat beunruhigende Visionen von Nori und Magsi in Gefahr. Tom Bombadil eröffnet ihm, dass er nun seine letzte Prüfung bestehen und seinen Stab finden kann. Allerdings nur, wenn er nicht den Harfuß-Mädchen zu Hilfe eilt, sondern sich voll und ganz auf seine Mission konzentriert. Nori denkt darüber nach, wie sie das friedliche Völkchen der Starrer und ihre Freundlin retten kann. Flucht? Nein, dazu sind die Hobbit-Vorfahren aus der Wüste zu sehr mit ihrer Heimat verbunden.
Adars Ork-Armee marschiert auf Eregion zu. Celebrimbor steht unter so immensem Druck, beim Schmieden der neun Ringe keinen Fehler zu machen, dass immer reizbarer wird, die Namen seiner Mitarbeiter vergisst und keine Zeit für seine Untertanen findet, die das erste Opfer der Orks in die Stadt bringen. Überdies ist das Mithril alle, Annatar reist nach Khazad-dum, um über Nachschub zu verhandeln. Zwergenkönig Durin lehnt Annatars Gesuch ab. Nicht weil er sich von Ring-induzierter Gier abgewandt hat, sondern, weil er hofft, im kommenden Krieg noch viel mehr Reichtümer mit Mithril zu verdienen. Sein Sohn ist entsetzt und fordert ihn auf, den Ring abzulegen, der König weigert sich. Prinz Durin und seine Frau Disa beschließen, die weitere Mithril-Förderung zu verhindern. Als Bergleute unter Narvis Führung die Mithrilmine betreten wollen, stellt sich Disa ihnen in den Weg und singt ein paar Töne. Das ruft einen Schwarm übergroße Fledermäuse herbei, die die Bergarbeiter in die Flucht schlagen.
In Numenor steht Elendil vor Gericht, laut Kemens Aussage soll er einen Aufstand gegen Pharazon angezettelt haben. Pharazon stellt ihn vor die Wahl: dem neuen König die Treue zu schwören, oder nach alter Sitte dem Seemonster vorgeworfen zu werden, auf dass die Valar über seine Schuld entscheiden. Pharazon als König anzuerkennen ist für Elendil inakzeptabel, er wählt das Seemonster. Im letzten Moment bietet sich Miriel an, an Elendils Stelle dem Meeresungeheuer entgegen zu treten. Das ist ihr nach den Gesetzen von Numenor erlaubt, wie Pharazon überrascht feststellt. Sie wird ins Meer gestoßen, das Monster zieht sie unter Wasser, sieht sie prüfend an, öffnet das Maul … und dann trägt eine Welle sie ans Ufer zurück. Damti sind sie und Elendil frei, das aus der Menge ertönen Hochrufe auf die wahre Königin. Pharazon konsultiert den Palantir und wird sofort in den Bann des Steins gezogen. Der Kristall zeigt ihm Halbrand und ein rotglühendes Lava-Auge.
Adar führt ein langes Gespräch mit Galadriel, in dem er ihr Zusammenarbeit gegen Sauron anbietet. Mit der magischen Krone Saurons und den drei Elben-Ringen sollten sie stark genug sein, ihn zu vernichten. Galadriel zögert, eröffnet ihm dann, dass Halbrand in der Tat Sauron ist und dass sie ihren Ring an Elrond weitergegeben hat. Offenbar wollte Adar nur diese Informationen von ihr, denn er lässt sie wieder anketten und marschiert weiter auf Eregion zu, obwohl Galadriel ihn warnt, dass er damit in Saurons Hände spielt.
In Eregion nutzt Annatar/Sauron einen Illusionszauber, um Celebrimbor in Sicherheit zu wiegen, obwohl die Stadt kurz vor der Belagerung steht. Er hat eine Phiole mit Metallsand bei sich und behauptet, er habe bei den Zwergen genug Mithril für neun Ringe erhalten. Celebrimbor lässt sich wieder dazu bewegen, weiter an den neun Ringen zu arbeiten.
Der Fremde und sein Zauberstab: nächste Runde
Wie oft hat der Istar mit der Gedächtnislücke schon versucht, einen Zauberstab zu finden und seine Magie unter Kontrolle zu bringen? Jetzt hat er zwar seinen Meister Yoda, öhm … Tom Bombadil gefunden, der ihm mit weisen, rätselhaften Worten den Weg weisen könnte. Aber Folge 6 mag nicht Butter bei die Fische geben. Wieder einmal wird der entscheidende Moment vertagt. Tom steht dabei in einem entschieden merkwürdigen Licht. Das Drehbuch legt ihm ein Tolkien-Zitat in den Mund, das so mancher gleich erkennt. “Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben?” Ein Zitat gegen den Strich zu bürsten, indem man es einer anderen Figur in einem anderen Kontext in den Mund legt, ist ein bewährter Autoren-Trick. Aber hier grinsen einem Gandalfs Worte an Frodo sehr schief entgegen. Schließlich geht es hier nicht darum, ein unsympathisches Wesen am Leben zu lassen, sondern absoluten Sympathieträgern nicht zu Hilfe zu eilen, wenn es Wichtigeres zu tun gibt. Qualifiziert das wirklich zum Kämpfer für das Gute? Und ist es nicht gerade das Herz des Zauberers für putzige, gutherzige, kleine Leute, das ihn berechtigt und befähigt, dem Bösen entgegenzutreten? Nun ja, die Entscheidung fällt in dieser Folge noch nicht, vielleicht ist es ja gerade die Entscheidung für Harfüße in Not, die endlich mal Magie freisetzt, wenn sie gebraucht wird. Kein Cliffhanger, denn noch geht es Nori so gut ,dass sie mit der Matriarchin über die Bedeutung von Heimat bei Nomaden und sesshaften Völkern diskutieren kann. Eher eine Verzögerung, auf die man gern verzichtet hätte.
Galadriel und der Vater aller Uruks
Adar hat in Staffel 2 leider sehr an Glanz verloren. Liegt es daran, dass ein anderer Schauspieler die Rolle übernommen hat? Statt Joseph Mawle (Game of Thrones) nun Sam Hazeldine (The Sandman)? Oder dass Adar nach seinen Überraschungsauftritt in Staffel 1 als gefallener Elb, der für die Rechte der Orks eintritt, wo er jede Menge düsteres Pathos produzieren durfte, in Staffel 2 eher zur Randfigur wurde, die tat, was der Plot erforderte? Nämlich Ork-Armeen in Marsch zu setzen und Halbrand/Sauron entwischen zu lassen? Wie es sein könnte, wenn Orks für ihre Freiheit kämpfen und sich ein Ork- äh… Uruk-würdiges Dasein erstreiten, rutschte in den Hintergrund. Jetzt hat er wieder eine ganz große Szene, ein Abendessen mit Galadriel, wo beide ihre Erfahrungen mit Sauron austauschen, quasi eine Selbsthilfegruppe der Sauron-Geschädigten. Aber irgendwie will das nicht zünden. Zu wenig düsteres Charisma des Uruk-Befreiers, zu viele offene Fragen: Ab wann wusste er, dass Halbrand Sauron ist, warum hat er ihn ziehen lassen und warum braucht er eine Bestätigung von Galadriel, wenn er schon vor den Toren Eregions steht? Am Ende ist Galadriel wieder in Ketten. Die Auflösung verzögert sich bis zur nächsten Folge. Ja, okay, die große Schlacht quetscht man nicht in die letzten zehn Sendeminuten, die braucht ihre eigene Folge, mindestens eine. Aber trotzdem …
Annatar zieht die Schrauben an
Das komplizierte Verhältnis zwischen dem Meisterschmied, der nur das Gute will und seinem teuflischen Berater, der garantiert das Böse schafft, war ein Glanzstück der vergangenen Folgen. Jetzt muss Annatar schon zu Informationsstau und Illusionszauber greifen, um Celebrimbor bei der Stange zu halten, denn bloße Überredungskunst und manipulative Gesprächsführung ziehen bei dem misstrauisch gewordenen Elb nicht mehr. Aber merkwürdig ist das schon: Es gibt kein Mithril mehr und der Zwergenkönig rückt ausdrücklich keines mehr heraus. Trotzdem präsentiert Annatar eine Phiole mit genau der richtigen Menge Mithril-Körnchen, angeblich aus Zwergenschmied Narvis eigener Hand. Was war da los? Gab es da einen gut bezahlten Deal unter der Hand, den die Zuschauer nicht zu sehen bekommen? Oder ist die Phiole eine Illusion und in Wirklichkeit hat Annatar/Sauron Bosheit in Körnchen-Form mitgebracht, damit sie in die neun Ringe der Menschen eingearbeitet wird? Aber kann man mit Bosheit schmieden, wenn man doch eigentlich Mithril für die Legierung braucht? Der Zuschauer weiß es nicht. Da muss man wohl auf die nächsten Folgen warten. Kein Cliffhanger, denn dass die neun Ringe geschmiedet werden, weiß man. Eher eine Verzögerung, die ungeduldig macht.
Fazit
Insgesamt eine Folge, die nicht so recht froh macht. Lauter Stellen, wo es nicht weitergeht, obwohl das mal passieren könnte. Lauter Dinge, die geschehen, ohne dass man es so recht nachvollziehen kann. Vermutlich keine Logiklöcher, aber man hatte sich so hübsch daran gewöhnt, dem Bösen über die Schulter schauen zu dürfen, dass man es übel nimmt, wenn man nicht immer sofort bescheid weiß und die Erzählung einen auf einem Rätsel sitzen lässt. Monster der Woche: Das Meeresungeheuer hätte diesen Platz eigentlich redlich verdient. Aber Disas Kampf-Fledermäuse hat keiner erwartet. Dabei ist es so naheliegend: Gesang, der Schwingungen freisetzt. Und Tiere, die auf Schall reagieren.
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