Doctor Who – New Year Special: Tödlicher Fund
Traditionell gehören zu Weihnachten ein Baum, Geschenke und ein Doctor Who Special. Aber unter Chris Chibnall mussten Zuschauer eine ganze Woche länger warten, denn ausnahmsweise wurde Neujahr gefeiert. Vielleicht weil Staffel 12 für 2020 angekündigt wurde und auf diese Weise 2019 wenigstens nicht ganz auf den Doctor verzichten muss. Für deutsche Fans gibt es nun Mitte des Jahres Grund zum Jubeln, denn Polyband veröffentlicht die Folge unter dem Titel „Tödlicher Fund“ auf DVD und Blu-ray. Ein filmreife Aufmachung inklusive gutem Bonusmaterial.
Zeit ist etwas relatives, wie Einstein uns beigebracht hat. Daher ist der Abschluss und Neubeginn eines Erdenjahres etwas ziemlich willkürliches. Aber als Zeitreisender kann man so oft Neujahr feiern, wie man möchte und genau das bietet der Doctor (Jodie Whittaker) ihren Begleitern Graham (Bradley Walsh), Ryan (Tosin Cole) und Yaz (Mandip Gil). Die vier sind in bester Feierlaune und erfreuen sich an intergalaktischem Feuerwerk. Doch da ertönt ein Alarm, dass es auf der Erde einen Notfall mit außerirdischer Beteiligung gibt. Vor Jahrhunderten wurde die Menschheit von einem übermächtigen Gegner bedroht, der nur mit vereinten Kräften geschlagen werden konnte. Die Überreste des Wesens wurden in drei Stücke geteilt, die an weit voneinander entfernten Orten aufbewahrt und bewacht wurden. Bei einer Ausgrabung in der Kanalisation von Sheffield wird das Monstrum unwissentlich geweckt. So kommt der Doctor mit Anhang doch noch zu Neujahr auf die Erde. Da dies eine Zeit für gute Vorsätze und neue Anfänge ist, klingelt ausgerechnet jetzt Ryans Vater Aaron (Daniel Adegboyega) an der Tür. Das Aufeinandertreffen verläuft kühl. Aber keine emotionale Familienzusammenführung kann mithalten, wenn der Doctor erkennt, dass das Alien kein Unbekannter ist.
Vom Einstieg in bekannte Gefilde
Originaltitel | Doctor Who – Resolution |
Jahr | 2019 |
Land | Großbritannien |
Format | Serienspecial |
Genre | Science-Fiction |
Cast | The Doctor: Jodie Whittaker Yasmin Khan: Mandip Gill Ryan Sinclair: Tosin Cole Graham O’Brien: Bradley Walsh Lin: Charlotte Ritchie Mitch: Nikesh Patel Aaron: Daniel Adegboyega |
Showrunner Chris Chibnall hat immer wieder betont, dass Staffel 11 von Doctor Who als Einstiegspunkt für neue Fans gedacht ist. Die zehn Episoden sind losgelöst vom Ballast altbekannter Feinde. Doch schon der erste Trailer zum Special „Tödlicher Fund“ (Originaltitel „Resolution“, was sowohl Vorsatz als auch Entschlossenheit bedeutet) macht klar, dass hier nun der Sprung ins größere Universum des Doctors erfolgt. Und da kann es nur einen Todfeind geben, der dem Doctor das Blut in den Adern gefrieren lässt – ein Dalek. Mittlerweile sind diese hasserfüllten Vernichtungsmaschinen mit dem markanten Design Teil eines größeren popkulturellen Allgemeinwissens. Man muss Doctor Who nicht einmal schauen, um zu wissen, dass diese Kreaturen für Tod und Zerstörung stehen (ähnlich wie etwa die Borg aus Star Trek). Und in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass es keinen Unterschied macht, ob der Doctor einem einzelnen Dalek oder einer ganzen Flotte begegnet, es wird brandgefährlich.
Es wird wirklich ernst
Eine faire Kritik an Staffel 11 und Jodie Whittakers Darstellung des Doctors ist es, dass ein messbarer Vergleich fehlt. Da zehn Folgen lang keine bekannten Gegner auftraten, hat sich nie die Gelegenheit für eine Ansprache geboten, die mit den flammendsten Momenten vergangener Staffeln mithalten kann. Damit wird „Tödlicher Fund“ ein bisschen zu einer Feuertaufe. Vielleicht hat der Doctor in der dreizehnten Inkarnation solche Konfrontationen gar absichtlich gescheut, um den eigenen Ballast fernzuhalten. Aber als der Alarm in der TARDIS losgeht und Thirteen den Grund erkennt, spricht ihr Gesicht bereits Bände. Neuen Zuschauern mag es ein bisschen wie Graham gehen. Der zeigt nämlichen absolutes Vertrauen und obwohl er immer am meisten auf Sicherheit bedacht ist, nimmt er so ein einzelnes Alien ein wenig auf die leichte Schulter. Ein Außerirdischer allein gegen den Doctor, das Team und weitere anwesende Menschen? Kein Problem. Zwar starb seine Frau Grace in der ersten Folge von Staffel 11, aber seitdem sind so viele schlimme Dinge passiert, die die vier unbeschadet überstanden haben – dass der Doctor selbst eine leichte respektvolle Form der Angst zeigt, scheint undenkbar.
Der Doctor ist doch ganz sie selbst
Noch erschütternder für Graham ist dann nur die Erkenntnis, wie persönlich der Doctor einen Gegner angehen kann. Zumal genau das ein Thema im Staffelfinale war. Da sollte sich Graham nicht von Rachegelüsten leiten lassen und hier steht der Doctor ihrem ärgsten Feind gegenüber. Diese Szenen sind die Highlights der Folge. Wenn Jodie Whittaker mit Körpersprache, Gestik, Mimik und Betonung auf die Präsenz des Daleks reagiert. Denn irgendwie gibt es immer wieder einen neuen Dalek, auch wenn sie eigentlich ausgelöscht sein sollten. Da fällt Chibnall dann auch ein netter Kniff ein und erinnert das Publikum daran, dass in diesen Blechbüchsen kleine schleimige Blobs hausen. Und die Gefahr eines Daleks geht nicht nur von seinem alles zerbrutzelnden Todesstrahl aus, der durchaus eindrucksvoll in Szene gesetzt wird.
Das emotionale Nebengleis
Ryans Wiedersehen mit seinem Vater ist dagegen ein bisschen Kontrastprogramm. Quer durch Staffel 11 gab es ein paar Momente, in denen Ryan über seinen abwesenden Vater sprach. Gleichzeitig konnte er sich mit Graham, dem neuen Mann seiner Großmutter, immer besser anfreunden. Es ist also keine B-Story, die völlig aus dem Nichts kommt. Aber das ist der Grund, warum es auch etwas komisch ist, dass immer wieder betont werden musste, dass „Tödlicher Fund“ offiziell eigenständig gesehen werden soll als ein Übergang und nicht als offizielles Staffelfinale. Thematisch ist dieses Treffen nämlich ein Abschluss, der schon fast von der Haupthandlung ablenkt. Auch wenn es am Ende wunderbar miteinander verbunden wird.
Schmucke Einzeldisc
Die Weihnachts-Specials haben es meistens in die Staffelboxen der Serie geschafft, doch Ausnahmen gibt es immer. Und das Neujahrsspecial „Tödlicher Fund“ gehört leider dazu. Obwohl die Episode nur knapp einen Monat nach dem Ende von Staffel 11 ausgestrahlt wurde, beharrt die BBC drauf, diese Episode für sich stehen zu lassen. Und so erscheint sie auch in Deutschland bei Polyband einzeln. Wenigstens kommt so der Regenbogenschal auf dem Cover schön zur Geltung. Das ist zudem ein Wendecover, um den großen FSK-12-Hinweis zu verbergen. Obwohl der Blu-ray mit Papphülle kommt, die davon befreit ist. Bonusmaterial gibt es in Form von vier kurzen Videos, bei denen die Energie von Cast und Crew sehr ansteckend wirkt. Es ist schön, wenn Menschen Spaß an ihrem Job haben. Vor allem der Blick auf den Dalek lohnt sich. Deutsche und englische Tonspuren verstehen sich von selbst und an der Qualität von Bild und Ton gibt es nichts zu bemängeln. Unter dem Titel „Inhalte und Hintergründe“ liegt noch ein bisschen Information zum Lesen bei. So fühlt sich das Special dann auch genug gewürdigt an.
Meinung
Es ist wohl der bezeichnendste Moment, wenn der Doctor sich zu erkennen gibt und der Dalek zunächst zurückweicht. Dieser Dalek ist auf Erkundung und baldige Eroberung spezialisiert. Aus einer Zeit vor dem großen Krieg. Aber der Doctor ist der eine Erzfeind, der auch Tötungsmaschinen zittern lässt. Eine solche Szene hat die Serie gebraucht und Whittaker liefert ab. Ich bin begeistert. Mir gefällt der Dalek aber auch in seiner Reinform als Parasit. Das ist feinster Body-Horror, der von Charlotte Ritchie als Lin super vorgetragen wird. Man hat sich an die Horden von Daleks fast schon wieder gewöhnt, wenn sie alles niedermähen, aber wie schon in Staffel 1 von 2005 kann ein einzelner von ihnen viel grusliger sein. Und der bitterböse Humor, wenn der Doctor versucht UNIT zu erreichen ist herrlich. Die UNified Intelligence Taskforce ist unerlässlich als Schutz gegen außerirdische Invasoren, hat aber grade finanzielle Probleme und ist derzeit aufgelöst. Ein Schelm, wer hier an den Brexit und seine Folgen denkt. Ich bin aber guter Hoffnung, dass wir UNIT wiedersehen werden und hoffe darauf, dass Staffel 12 dem Doctor mehr Berührungspunkte zur eigenen Vergangenheit gibt. Hier blüht sie regelrecht auf und das Special liefert alles ab, was die vorherige Staffel manchmal ein wenig vermissen ließ. Deshalb finde ich es schade, dass Ryans persönliche Momente dem hier gleichgestellt werden. Es ist eine gute Story, aber hier noch etwas mehr Zeit für den Doctor rauszukratzen und wie sie darauf reagiert ihre neuen Freunde in so ernster Gefahr schweben zu sehen, wäre auch sehr sehenswert gewesen.
Vielen Dank an Polyband für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.
Die Rezension unterlag keinen inhaltlichen Vorgaben und spiegelt lediglich die Meinung des Autors wider.
© Polyband