House of the Dragon (Folge 1×05)
Halbzeit bei House of the Dragon. Und immer noch herrscht König Viserys sorgenvoll, aber friedlich. Zwar schwelen da Konflikte, aber der große Ausbruch, auf den Zuschauer weltweit hinfiebern, lässt immer noch auf sich warten. Wenn die Vorgeschichte allein schon eine halbe Staffel füllt, dann könnten der große Knall und seine Nachbeben noch so manche Staffel füllen. Es wäre doch schade, wenn es nach so viel Vorbereitung schon gleich wieder vorbei wäre.
Inhaltsangabe
Eine Frau reitet allein zur Jagd, als sich ihr ein Mann im Kapuzenumhang in den Weg stellt. Es ist Daemon Targaryen und sie seine verhasste Ehefrau Rhea Royce. Nach einem kurzen Wortwechsel tritt er auf sie zu, ihr Pferd scheut, sie stürzt und er erschlägt sie mit einem Stein.
König Viserys reist mit seiner Tochter per Schiff zu den Velaryons, um die Ehe zwischen Rhaenyra und Corlys Velaryons Sohn Laenor zu arrangieren. Der Empfang ist wenig respektvoll, doch Corlys geht auf Viserys‘ Vorschlag ein. Rhaenyra und Laenor, die sich schon seit ihrer Kindheit kennen, gehen am Strand spazieren und Rhaenyra schlägt Laenor eine Ehe als offene Beziehung vor, in der beide nach außen ihre Pflicht erfüllen, aber ansonsten ihr Liebesleben nach eigenen Wünschen gestalten. Da Laenor in einen jungen Ritter namens Gottfrid Lonmund verliebt ist, ist er über diese Lösung recht erleichtert. Ser Kriston Kraut bittet Rhaenyra um eine Unterredung. Er möchte mit ihr in ein fernes Land fliehen, wo sie unerkannt leben und heiraten können. Ein Leben als heimlicher Geliebter der Königin kommt für ihn nicht in Frage. Für Rhaenyra kommt ein Verzicht auf die Krone nicht in Frage.
Otto Hohenturm, seines Amtes als Hand des Königs enthoben, verabschiedet sich von seiner Tochter und macht ihr Vorwürfe, sie habe ihn zu wenig unterstützt und zu sehr zu ihrer Freundin Rhaenyra gehalten, wo es doch offensichtlich sei, dass sie angesichts der Machtverhältnisse Rhaenyra nicht vertrauen könne. Neue Hand des Königs ist nun Lyonel Kraft. Sein Sohn Larys verwickelt Alicent in ein Gespräch, in dem er so gezielt nach Rhaenyras Gesundheitszustand fragt, dass Alicent nun doch daran zweifelt, dass Rhaenyra ihr die ganze Wahrheit über ihre Nacht mit Prinz Daemon in den Straßen von Königsmund erzählt hat. Sie befragt Ser Kriston, der voller Schuldbewusstsein seinen Fehltritt beichtet und eine grausame Strafe befürchtet. Doch sie lässt ihn kommentarlos gehen.
Die Verlobung von Rhaenyra und Laenor wird mit einem großen Fest begangen. Während im Saal getanzt wird, errät Laenors Geliebter Ser Gottfrid, dass Rhaenyra wohl eine Affäre mit ihrem Leibwächter Ser Kriston haben muss. Er tritt auf Ser Kriston zu, lässt durchblicken, dass er die Situation durchschaut hat und schlägt ein Bündnis vor, von einem heimlichen Geliebten zum anderen. Ser Kriston schlägt auf ihn ein und prügelt ihn inmitten der Tanzenden zu Tode. Er flieht aus dem Saal und ist kurz davor, Selbstmord zu begehen, doch Alicent hält ihn zurück. Nach dem tragischen Ende des Festes werden Laenor und Rhaenyra hastig getraut, während der Zeremonie bricht der König bewusstlos zusammen.
Gepflegte Heuchelei
Was hat sich Rhaenyra gegen eine arrangierte Heirat gewehrt. Doch jetzt, wo sie nicht darum herum kommt, hat sie eigentlich das große Los gezogen. Laenor sieht gut aus, ist sympathisch, so alt wie sie, ein Kindheitsfreund, ein Drachenreiter. Und er ist schwul und daher für ihren Vorschlag, die Fassade aufrecht zu erhalten und dahinter im Geheimen zu tun, was beliebt, durchaus zu haben. So, wie Rhaenyra bisher unter der Last der Thronfolge gelitten hat, hätte man meinen können, dass Ser Kristons Vorschlag, einen ehrlicheren Weg zu gehen und gemeinsam aus den Zwängen des Hofes zu fliehen, eher ihrem Lebensentwurf entsprochen hätte. Aber nein, die Krone aufzugeben ist keine Option. Und die dritte Möglichkeit, mit Prinz Daemon nach Drachenstein durchzubrennen, ist schon nicht mehr ernst gemeint, denn bei Daemon kann man sich fast darauf verlassen, dass er mit seiner Schurkenpose nur kokettiert, aber sich dann doch nicht traut. Also entscheidet sich Rhaenyra für den schönen Schein und gepflegte Heuchelei, nach dem Prinzip „Du sollst dich nicht erwischen lassen“. Das funktioniert in moralisch sehr rigiden Gesellschaften manches Mal ein ganzes Leben. Es hätte auch hier funktionieren können, endet aber schon am ersten Abend in Blutvergießen.
Ein Ball und ein Ballkleid
Ballszenen sind immer gut für Prachtentfaltung, aber auch für einen großen Überblick über das Figurenarsenal. Jeder hat Gelegenheit, jeden zu treffen, jeden zu beobachten, hier und da Blicke oder Sätze auszutauschen, bedeutungsvoll den Tanzpartner zu wählen oder zu wechseln. Episode 5 holt aus dieser Prämisse viel heraus. Daemon hat einen großen Auftritt, alles erwartet einen Eklat, doch Rhaenyra hat nur eine spöttische Abfuhr für ihn übrig. Einen großen Auftritt hat auch Alicent, die verspätet in die Rede des Königs hineinplatzt. In einem eleganten grünen Kleid. Der junge Lannister, der darauf einen Altherrenwitz über Frauen, die immer zu spät kommen, macht, schießt sich damit selbst ins Aus, denn genau darum geht es nicht. Das ist eine politische Botschaft. Grün ist die Farbe ihres Hauses und seiner Verbündeten. Und zur Verlobung der Prinzessin zu spät zu kommen ist ein wohl kalkulierter Ausdruck der Missachtung, wie wir ihn von der fügsamen Lady Alicent bisher nicht gewohnt waren.
Varys? Larys!
Jetzt hat auch House of the Dragon seinen zwielichtigen Intriganten. Wie zuvor Varys, die Spinne bei Game of Thrones. Der junge Mann, der diese Rolle übernimmt, heißt auch noch ganz ähnlich. Und wie Varys, der Eunuch, ist auch Larys mit dem Klumpfuß ein Mensch, der wegen seines Körpers in eine Außenseiterrolle gedrängt wird. Ordentlich fett aufgetragen, das Motiv. Was Larys bezweckt, wenn er so penetrant nach Rhaenyras Gesundheit und dem besonderen Tee fragt, der ihr auf Geheiß des Königs serviert wurde, erschließt sich auch, wenn man nicht weiß, dass das Mondtee war, also das Westeros-Äquivalent zur Pille danach. Aber warum er bei Alicent Misstrauen gegen Rhaenyra sät und was seine Ziele und Beweggründe sind, das lässt sich noch nicht ausmachen. Das wusste man bei seinem Vorgänger Varys lange Zeit auch nicht und das trug eine Menge zur Ausstrahlung der Figur bei. Fun Fact: Die Buchvorlage zu House of the Dragon hätte prinzipiell auch eine Rolle für Peter Dinklage (Game of Thrones), denn da gibt es einen kleinwüchsigen Hofnarren, der seine Erlebnisse zu einer skandalösen Chronik der Targaryen verarbeitet. Aber da Tyrion Lannister die weitaus spannendere Figur war, wäre das wohl keine weise Entscheidung.
Fazit
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Und wieder ändern sich die Allianzen. Corlys Velaryon, der sich bisher eher gegen den König positioniert hatte, wird nun zum Unterstützer Rhaenyras, immerhin ist sie seine Schwiegertochter. Lady Alicent, bisher so zurückhaltend und auf Harmonie bedacht, bezieht Position, auch wenn das bislang nur erkennt, wer die Zeichen zu deuten weiß. Und man kann nicht abschätzen, wie sich das auswirken wird oder ob sich das Machtgefüge wieder verschieben wird. Das war auch bei Game of Thrones ein großer Pluspunkt. Die Serie hatte ihre spannendste Phase, als man einfach nicht sagen konnte, wie sich das alles verflechten und wieder auflösen würde. Insofern ist House of the Dragon bisher ein würdiger Nachfolger, auch, wenn die Tonlage eine andere ist.
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