Star Trek: Discovery (Folge 3×05)
930 Jahre und vier Folgen hat die einsame Reise der Discovery gedauert. Doch jetzt geht es in den Heimathafen. In Folge 5 zeigt uns Star Trek: Discovery Staffel 3, was in 930 Jahren aus der Föderation geworden ist. Mit dabei: lauter spannende alt-neue Raumschifftypen, bei der nicht nur die Offiziere der Discovery sondern auch die Nerds am Bildschirm glänzende Augen bekommen. Und ein kleiner, feiner Cameo-Auftritt eines würdevollen älteren Herrn, den Filmfans unschwer als Regisseur David Cronenberg (Die Fliege) identifizieren werden.
Dank der in Adiras Gedächtnis gespeicherten Koordinaten ist die Reise zum Hauptquartier der Föderation und der Sternenflotte unproblematisch. Doch wie wird der Empfang sein? Der ist eher kühl. Die Sternenflotte ist zwar noch die Sternenflotte. Doch Admiral Vance ist zwar aufgeschlossen, aber auch voller Misstrauen. Denn von dem Verbleib der Discovery gibt es keine Aufzeichnungen. Und Zeitreisen sind mittlerweile eine kriminelle Handlung. Am besten wird die Discovery beschlagnahmt, die Crew verhört und dann zerstreut und anderen Aufgaben zugewiesen. Das darf nicht sein, findet Michael Burnham und sucht nach einer Möglichkeit, die Gutwilligkeit und Nützlichkeit der Crew zu beweisen. Da bietet sich auch schon eine Gelegenheit: Die Krankenstation ist voller Patienten, die sich mit einem geheimnisvollen Erreger infiziert haben. Ein Heilmittel gibt es vielleicht im Saatgut-Archiv auf dem Raumschiff Tikhov, das jedoch weit entfernt und von der Kommunikation abgeschnitten ist. Nur die Discovery könnte in kurzer Zeit dorthin gelangen. Unter dem Kommando von Michael Burnham und unter den wachsamen Augen einer Sternenflotte-Offizierin macht sich die Discovery auf den Weg. An Bord der Tikhov gilt es, ein menschliches Drama zu lösen: Von der barzanischen Familie, die das Saatgut-Archiv beaufsichtigen sollte, sind Mutter und Kinder tot, der trauernde Vater flackert phasenverschoben durch das Raumschiff. Gegen die Phasenverschiebung kann man etwas tun, aber was macht man mit dem Wunsch des Mannes, an der Seite seiner Lieben zurückzubleiben und zu sterben? Schließlich tritt Michael Burnham mit dem Heilmittel den Heimflug an, während die barzanische Discovery-Offizierin Nhan, der das alles sehr nahe geht, auf der Tikhov zurückbleibt um das Raumschiff nach Barzan zu steuern und sich um die Bestattung der Toten zu kümmern.
Die neue Föderation ist die alte Föderation, nur anders
Offenbar wünscht sich die durch den Zeitsprung desorientierte Crew der Discovery nichts mehr, als wieder der Föderation dienen zu dürfen. Sie haben Glück: so richtig verändert hat sich eigentlich nichts. Es gibt immer noch einen Admiral der Sternenflotte, es gibt Uniformen und Hierarchien, es gibt hell beleuchtete, vage futuristische Flure und Arbeitsräume. Es gibt auch Dienstwege und Befehlsketten. Also alles, wie gehabt. Wem es in den Weiten von Zeit und Raum zu einsam ist, der fühlt sich in solch geordneten Verhältnissen wohl kuschelig geborgen. Schade nur, dass die Föderation, klein und isoliert wie sie jetzt ist, die Discovery erst einmal mit Misstrauen beäugt. Aber das ist innerhalb von einer Folge abgearbeitet. Dann hat sich herausgestellt, dass die Crew der Discovery loyal ist und zwar chaotisch, aber effektiv arbeitet. Michael Burnham ist nach einem Jahr in der gesetzlosen Welt der Kuriere eigentlich aus dem ganzen Hierarchie-Quark herausgewachsen, entscheidet lieber selber, fällt dem Admiral ins Wort und lässt Respekt vor Dienstwegen vermissen, aber auch sie kann bis zum Ende der Folge das Vertrauen der neuen alten Sternenflotte gewinnen.
Jede Menge Ostereier, jede Menge Charaktermomente
Eigentlich sollte die Discovery ja in dieser Staffel in Erzählwelten jenseits des Star Trek-Kanons aufbrechen. Aber in dieser Folge gönnt man sich jede Menge Verweise auf die Vergangenheit, die Zuschauern mit dem entsprechenden Vorwissen ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubern. Allein all die Raumschiffe, die da im Anflug auf das Hauptquartier der Föderation zu sehen sind. Die Crew steht am Fenster und strahlt wie Kinder unterm Weihnachtsbaum. Da ist sogar eine Voyager! Nein, natürlich nicht die aus Star Trek: Voyager, das war ein anderes Zeitalter. Aber die zehnte Generation! Und auch die anderen kann der Fan wohl erkennen und einordnen. Kaum angekommen, werden die Crewmitglieder einzeln verhört. Was eigentlich eine recht bedrohliche Situation sein könnte, wird zu einem ironischen Schnelldurchlauf durch die ersten beiden Staffeln von Star Trek: Discovery, in der jedes Crewmitglied einen kurzen Moment bekommt, um einen möglichst abstrusen und pfiffig auf die Figur zugeschnittenen Satz zum Besten zu geben. Die meiste Screentime und die besten Sätze bekommt mal wieder Philippa Georgiou. Außerdem bekommt sie auch den prominentesten Gesprächspartner. In dieser kleinen Rolle glänzt Regisseur David Cronenberg.
Die barzanische Kultur? Welche barzanische Kultur?
Die Mission, die das Vertrauen der Sternenflotte in die aus den Tiefen der Vergangenheit aufgetauchte Discovery wieder herstellen soll, ist fix und unelegant herbeigeschrieben. Wir brauchen ein Dingsda von Da Draußen und nur die Discovery kann das Dings beschaffen. Vor Ort gilt es, einen moralischen Konflikt zu lösen, wie er in Star Trek immer wieder mal auftaucht. Wenn ein trauernder Familienvater an der Seite seiner toten Frau und Töchter sterben möchte, nimmt man ihn dann gegen seinen Willen mit auf die Krankenstation, wo er geheilt werden kann, oder lässt man ihm seinen Willen? Die Sternenflotte lässt niemanden zurück, argumentiert Michael Burnham. Das ist barzanische Kultur, die gilt es zu respektieren, behauptet Commander Nhan, die barzanische Offizierin der Discovery. Aber von barzanischer Kultur gab es in der ganzen Folge so gar nichts zu sehen, dass Nhans Argument arg an den Haaren herbeigezogen klingt. Irgendeinen Grund muss es ja geben, dass sie auf dem Raumschiff bleibt und somit aus der Crew ausscheidet. Und sie und Michael sich noch ein paar arg gefühlstriefende Sätze sagen. Star Trek-Tradition der eher nervigen Art.
Fazit
Eine ganz schön langwierige Folge mit vielen verschiedenen Baustellen. Da muss die neue Föderation vorgestellt, ein geschichtlicher Rückblick angerissen, ein neuer Konflikt aufgemacht und abgearbeitet werden: Wie kann die Discovery sich nach 930 Jahren wieder in die Sternenflotte einfügen? Der Einstieg macht durchaus Spaß, das Staunen der Crew über all die Raumschiffe da draußen, all die kleinen Verhörszenen, die der Grundsituation sehr viel Ernsthaftigkeit nehmen, zugunsten von Insiderwitzen und hübsch ausgemalten Charaktermomenten für jedes Crew-Mitglied. Das hätte meinethalben noch viel länger weiter gehen können. Dafür ist der Plot um die Mission zum Saatgut-Archiv arg konstruiert und unnötig sentimental. Wer angenervt mitzählt, wie oft Michael Burnham im Verlauf einer Staffel in Tränen ausbricht, hat hier eine Gelegenheit für ein weiteres Häkchen.
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