Star Trek: Picard (Folge 2×04)
Mission “Finde den Wächter”. Aber wer mag das sein? Bei Rätseln dieser Art lohnt die Herangehensweise “Na, wer ist denn schon mal vorgekommen?” Da sticht ganz schnell eine Figur ins Auge. Aber ob es wirklich so einfach ist, oder ob Star Trek: Picard das Rätselraten, wie in der ersten Staffel, doch noch etwas ausweitet, um auch dem anspruchsvollen Rätselfreund etwas zu Knabbern zu geben, das wird in Folge 4 der zweiten Staffel beantwortet. Zum Teil jedenfalls. Ein paar Rätsel müssen ja für die restlichen Folgen bleiben.
Inhaltsangabe
Die La Sirena ist unbemerkt auf dem Gelände von Chateau Picard gelandet, das im Jahr 2024 unbewohnt und verfallen ist. Rios ist verschwunden, Raffi und Seven suchen ihn und stellen fest, dass er nicht der Polizei, sondern der Einwanderungsbehörde ins Netz gegangen ist und nun in einem Bus sitzt nach … Mexiko, sollte man meinen, aber ein bedrohlichere Alternative ist durchaus denkbar. Raffi und Seven schnappen sich kurzerhand ein Polizeiauto und machen sich auf, den Bus abzufangen. Picard kann keinen der drei erreichen. Also beschließt er, sich selber auf die Suche nach dem rätselhaften Wächter zu machen, immerhin hat Agnes Jurati der Borg-Königin ja die entsprechenden Koordinaten stibitzt. Agnes bleibt wieder einmal allein an Bord zurück, um sich um das Beamen und sonstigen technischen Support zu kümmern. Nun, nicht ganz allein. Da ist noch die Borg-Königin, deren Interesse an Agnes seit der letzten Folge enorm gewachsen ist. Picard lässt sich an eine Straßenecke in Los Angeles beamen, wo in der Forward Street Nummer 10 eine Bar zu finden ist – die irdische Version von Guinans Bar an Bord der Enterprise in Star Trek: The Next Generation. Aber die Guinan, die Picard dort trifft, ist weit entfernt von der warmherzigen älteren Frau, die wir schon kennengelernt haben. Die Guinan des 21. Jahrhunderts ist jung, ruppig, voller Misstrauen und von der Menschheit schwer enttäuscht. Und sie besteht darauf, nicht die Person zu sein, die Picard sucht. Währenddessen liest Q Zeitung und spricht bedrohlich-rätselhafte Sätze in Richtung einer nichtsahnenden blonden Frau in seinem Blickfeld, doch als er mit den Fingern schnippt, geschieht zu seiner Enttäuschung – nichts. Picard hat sich in der Diskussion mit Guinan dazu durchgerungen, ihr seinen Namen zu verraten, auf die Gefahr hin, damit die Zukunft zu verändern. Das bewirkt endlich etwas: Guinan führt ihn zu dem wahren Wächter. Einer Frau, die aussieht wie Laris, Picards Hausangestellte, nur ohne romulanisch-spitze Ohren. Die Picard kurzerhand … nun, ja … wegzaubert.
Jede Menge Kulturpessimismus
Auch wenn jetzt mittlerweile vier Handlungslinien nebeneinander laufen, die meiste Aufmerksamkeit bekommt Guinan. Nicht die Whoopi Goldberg-Version, sondern eine patzige, stets negative junge Guinan, die an der Menschheit kein gutes Haar lässt. Schon in Folge 3 gab es eine Menge Kritik am Los Angeles von 2042. Umweltverschmutzung, Armut, Diskriminierung. Aber Guinans verbitterte Anklagen mit Sätzen wie “da haben sie nur diese kleine Kugel im All und die machen sie kaputt, weil sie immer mehr wollen …” toppen das noch. Da kann Picard noch so viel Wärme und Zuversicht ausstrahlen, Guinan suhlt sich in Klischees des Kulturpessimismus, bis man es nicht mehr hören mag. Während der Handlungsfaden, der sich tatsächliche auf die Schattenseite des jungen 21. Jahrhunderts begibt, der Sache durchaus humorvolle Aspekte abgewinnen kann. Wenn da der fiese Bulle von dem Mann ohne Papiere hinter Gittern die Wahrheit einfordert und der ihm erklärt, dass er Raumschiff-Captain auf der Suche nach neuen Welten und neuen Zivilisationen ist, dann ist das ganze nicht so ernst, wie es eigentlich sein könnte.
Schatz, die Ampel ist rot!
Mit dem oder der Liebsten gemeinsam Auto zu fahren kann auch die innigste Beziehung enorm belasten. Kein Wunder, denn ein Auto gibt eine klare Rollenverteilung vor: Entweder tun oder daneben sitzen und nichts tun können, außer gute Ratschläge geben. Da steckt schon jede Menge Comedy-Material drin. Eine Schippe drauf: das Auto ist ein geklautes Polizeiauto. Und noch eine: Die Fahrerin ist zwar eine versierte Raumschiffpilotin, aber das Konzept “Straßenverkehrsordnung” ist ihr völlig fremd. Das macht richtig Spaß. Wer bisher mit Raffi Musiker und Seven of Nine als Pärchen nicht so recht etwas anfangen konnte, kann der Idee jetzt vielleicht mehr abgewinnen. Die Interaktion der beiden funktioniert jedenfalls richtig gut. Gerade dann, wenn sie einander herzlich auf die Nerven gehen.
Fazit
Auch wenn Folge 4 von Staffel 2 mit einer prächtigen Auto-Verfolgungsjagd glänzt, ist es eher eine Folge der Dialoge und Charaktermomente. Picard und die kulturpessimistische junge Guinan. Die Borg-Königin und Agnes Jurati, zwei einsame Wesen mit Sehnsucht nach Nähe, die einander belauern. Rios und die engagierte Ärztin, gemeinsam im Abschiebeknast. Seven und Raffi und Beziehungskabbeleien in Stress-Situationen. Picard und Agnes und die Schatten der Vergangenheit im verlassenen Chateau Picard. Wenn sich Fans gefragt haben, warum der Franzose Picard so viel britischen Charme versprüht, wie nur Patrick Stewart es kann, jetzt wissen sie es. Alle Figuren kriegen ihren Moment, um ihre Persönlichkeit auszuleuchten. Alle kennt man am Ende der Folge ein wenig besser. Und trotz dieses Wortreichtums wird es nicht langweilig. Auch, wenn die Rettung der Zukunft in ganz schön kleinen Schritten erfolgt.
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