WandaVision (Folge 1×01)
Mit WandaVision schlägt Disney einen neuen Kurs ein: Dabei handelt es sich nicht nur um die erste Serie des Marvel Cinematic Universe (die sogar Teil von Phase 4 ist), sondern lotet gleichzeitig auch ein Genre aus, das man vielleicht nicht unbedingt mit Marvel in Verbindung gebracht hätte: Die Sitcom. Doch in Folge 1 macht sich schnell bemerkbar, dass die vorgelebte Großstadtidylle sicherlich nicht als Lückenfüller gedacht ist, sondern auf etwas Größeres, wenn nicht sogar Hintergründiges abzielt. Treue Zuschauer wissen nämlich, dass das, was sie hier geboten kriegen, sich mit ihrem Kenntnisstand um das Schicksal der Figur Vision nur schwer erklären lässt. Wie genau kann das alles also bloß zusammen hängen?
Inhaltsangabe
Das Städtchen Westview in den 1950ern: Die Braut Wanda (Elizabeth Olsen, Oldboy) wird von ihrem frischgebackenen Ehemann Vision (Paul Bettany, Solo: A Star Wars Story) über die Schwelle des neuen Eigenheims getragen. Beide genießen das unbeschwerte Leben in der neuen Nachbarschaft. Während Vision zur Arbeit geht, schmeisst Wanda gerade den Haushalt, als die neue geschwätzige Nachbarin Agnes (Kathryn Hahn, Anchorman – Die Legende) vorbeischneit. Doch viel Zeit bleibt nicht, denn Vision bringt seinen Chef Arthur Hart (Fred Melamed, A Serious Man) und dessen Gattin (Debra Jo Rupp, Die wilden Siebziger ) zum Dinner mit. Nun muss Wanda improvisieren, denn ihre Kochkünste sind miserabel und auch ihre Zauberkräfte sorgen für mehr Verwirrung, als dass sie helfen. Derweil versuchen die Gäste immer wieder in die Küche zu kommen und es fällt den Gastgebern immer schwerer, die Harts bei Laune zu halten. Schließlich zaubert Wanda eine Mahlzeit und es scheint, als sei der Abend gerettet. Bis Arthur etwas im Hals stecken bleibt, was Vision unauffällig mittels seiner Fähigkeit wieder herausholt und seinem Chef somit das Leben rettet. Damit ist der Abend ein voller Erfolg und am nächsten Tag soll ein Gespräch über Visions Beförderung stattfinden.
WandaVision ist das bislang mutigste Projekt des MCU
WandaVision bringt seine beiden Hauptfiguren Wanda und Vision immer wieder in prekäre Situationen, die dazu führen, dass die beiden ihre Identität geheim halten müssen. Das scheint zunächst die größte Herausforderung darzustellen, denn wie passt man sich als Sonderling an eine Vorstadtidylle mit stets gutgelaunten und perfekt gekleideten Nachbarn an? Ganz andere Sorgen, wenn man bedenkt, dass die beiden zuletzt Thanos in Avengers: Endgame gegenüberstanden und sich nun plötzlich in einem Szenario wiederfinden, das scheinbar nur Belanglosigkeiten des Alltags anbietet. Der große Reiz der Serie scheint jedoch darin zu liegen, dass erst einmal herausgefunden werden muss, was überhaupt Sache ist. Wanda und Vision wird auch allmählich auch bewusst, dass etwas nicht zu stimmen scheint. Es fehlen ihnen signifikante Informationen über ihr früheres Leben, wie die Tatsache, wann sie geheiratet haben, wie lange sie sich kennen oder woher sie eigentlich kommen.
Ich liebe einen Außerirdischen
Der Schwarz-Weiß-Look und das 4:3-Format werden nicht alle Zuschauer abholen. Doch genau für solche kreativen Experimente bietet das serielle Format den richtigen Rahmen. Stilistisch erinnert die Serie an viele US-Sitcoms, wenn die Dialoge und Missgeschicke der Figuren immer von Lachern begleitet begleitet werden. Showrunnerin Jac Schaeffer (TiMER) zollt mit WandaVision klassischen Sitcoms wie Verliebt in eine Hexe oder I Love Lucy Tribut. Das Zuhause und die Einrichtung erinnern besonders stark an die The Dick Van Dyke Show. Das alles steht im krassen Gegensatz zu dem, was wir sonst im MCU erleben: Furiose Action-Szenen, bunte Bilder und viel Tempo. Dieser Kontrast erscheint nur allzu gewollt, denn es ist bereits bekannt, dass die Serie darauf hinarbeitet, den Film Doctor Strange in the Multiverse of Madness einzuleiten, in welchem auch Wanda eine Rolle spielen wird. Nun könnte man wild spekulieren, ob wir uns damit nicht bereits knietief in einem Multiversum bewegen oder ob dieses tatsächlich erst im nächsten Doctor Strange-Film geöffnet wird. Die Gerüchteküche brodelt dazu bereits seit Monaten. Doch das soll an dieser Stelle erst einmal nebensächlich sein. Wichtig ist, dass die Serie funktioniert und darin überzeugen vor allem Elizabeth Olsen und Paul Bettany, die sichtlich große Freude an dem Projekt haben.
Nur eine freundliche Nachbarin?
Geradezu aufdringlich platzt Agnes ins Leben von Wanda. Ist das einfach nur die nette Nachbarin von nebenan, die auf der Suche nach einer besten Freundin ist, oder steckt vielleicht doch mehr hinter dieser Person? Versucht sie vielleicht sogar, Wanda zu kontrollieren? Es gibt bereits erste Fan-Theorien, denen zufolge hinter Agnes mehr als einfach nur eine nette Nachbarin stecken soll. Aber weder existiert eine Bestätigung dahingehend, noch trägt die Figur, von der spekuliert wird, dass Agnes sie darstellen soll, denselben Namen. Außerdem verdichten sich die Hinweise darauf, dass wir uns in einer besonderen Form der Truman Show befinden könnten. Wie sich am Ende der ersten Folge herausstellt, sind die Dinge (natürlich!) nicht, wie sie sich selbst darstellen. Wanda und Vision scheinen Teil von etwas zu sein, was außerhalb ihrer Kontrolle liegt. Während des achtminütigen Abspanns zoomt die Kamera plötzlich heraus und offenbart eine Art Überwachungszentrale. Es ist zu sehen, wie jemand die Folge (so wie wir sie als Zuschauer erleben) eben auf dem Monitor gesehen hat. Zudem gibt es hier den ersten bedeutenden Hinweis, denn es taucht das Logo von S.W.O.R.D. auf, die Abkürzung für Sentient Weapon Observation and Response Division. Diese spielte im Marvel Cinematic Universe bislang keine Rolle, kommt nun aber erstmals zum Tragen. Ein Hinweis auf Stark Industries erfolgt in Form eines Toaster-Werbespots. Auch hier wird interessant sein, welche Rolle Rolle Stark Industries in dem Gefüge einnehmen wird.
Fazit
Bereits mit der ersten Episode beweist WandaVision, dass erzählerisch wie strukturell noch vieles möglich ist und dass auch das MCU in der Lage ist, sich immer wieder neu zu erfinden. Oberflächlich betrachtet handelt es sich eben “nur” um eine Sitcom, dabei deutet sich bereits in der ersten Folge an, dass nicht nur das Drumherum viel größer angelegt zu sein scheint, sondern es bleibt auch spannend, welche Figuren WandaVision noch zu Tage befördern wird. Es bleibt nach Folge 1 zu hoffen, dass die Serie ihre ausgeklügelte Balance aus Sitcom und Drama im richtigen Maß halten kann und wir vor allem mehr über Wanda und Vision erfahren, die in den Avengers-Filmen eher Helden aus der zweiten Reihe sind.