3.000 Bände Perry Rhodan
Ein Rätsel: Zwischen Unternehmen Stardust und Mythos Erde liegt die Zahl 2998. Perry Rhodan Fans wissen sofort, was damit gemeint ist. Am 15. Februar 2019 erscheint das 3000. Heft der beliebten Science Fiction Serie. Höchste Zeit, um einen Blick auf ein paar Fakten zu werfen und Wissenswertes zusammenzutragen.
Die Geschichte vom Aufbruch der Menschheit zu den Sternen beginnt mit dem Unternehmen Stardust. Während der Dritte Weltkrieg unabwendbar scheint, machen die Amerikaner sich auf den Weg zum Mond. Bei ihrer Landung, die fast in einer Katastrophe endet, entdecken die vier Astronauten ein außerirdisches Raumschiff mit zwei Fremden an Bord, den Arkoniden Crest und Thora. Die beiden Arkonier sind Nachfahren eines großen Volkes, das einst weite Teile der Galaxis beherrscht hat. Kommandant Perry Rhodan erkennt sofort die Gefahr, sollte die hochentwickelte Technologie der Fremden lediglich einer der beiden Großmächte der Erde in die Hände fallen. Gleichzeitig sieht er aber auch eine reelle Chance auf Frieden für die gesamte Erde. Zurück auf der Erde landet er auf feindlichem Gebiet, nimmt seinen Abschied als Soldat und gründet um die Stardust herum Die Dritte Macht. Perry Rhodan hat es sich zum Ziel gesetzt, die Menschheit zu einen und mit Hilfe der neuentdeckten Fremden zu den Sternen zu führen.
Ein Hauch Ewigkeit
Der erste Perry Rhodan-Roman Unternehmen Stardust erscheint am 8. September 1961. Der Groschenroman erfreut sich bei der Leserschaft so großer Nachfrage, dass die Auflage ein zweites Mal gedruckt werden muss. Der Plan sieht ein wöchentliches Erscheinen der Abenteuer um Perry Rhodan und seine Freunde vor; es sollen insgesamt 30 – 50 Hefte erscheinen. Doch der Erfolg der neuen Serie sorgt dafür, dass die Reihe weitergeführt wird. Ohne Ausnahme erscheint seitdem wöchentlich ein neues Perry Rhodan Abenteuer, die aktuelle Ausgabe Mythos Erde trägt die Nummer 3.000. Mit ihr beginnt ein neuer Zyklus, ein idealer Zeitpunkt für Neuleser, um einzusteigen. Denn ein Ende der Serie ist noch lange nicht in Sicht. Schließlich steht unter dem Perry Rhodan Logo „Die größte Science-Fiction-Serie“ – zu Recht!
Der Meisterplan
Die am längsten laufende Sci.Fi-Serie der Welt entspringt 1960 den Köpfen von K.H. Scheer (Der rätselhafte Planet) und Walter Ernsting aka Clark Dalton (Der Tag, an dem die Götter starben). Der Dritte im Bunde ist Kurt Bernhardt, Cheflektor des Moewig-Verlags. Geplant ist eine 30bändige Science Fiction Serie, die Abwechslung in das bisher aus Einzelbänden bestehende Verlagssortiment bringen soll. Unter dem Eindruck des Kalten Krieges erarbeiten Scheer und Dalton das Konzept der Serie und verfassen die ersten Romane. Zugleich suchen sie nach weiteren Autoren, denn es ist ein größeres Autorenteam geplant. Sie ahnen noch nicht, dass aus der geplanten kurzen Serie ein literarisches Ausnahmewerk entstehen würde, welches noch lange nach ihrem Tod wöchentlich die Leser zu fesseln vermag.
Die Auserwählten
Die Autorenliste für die Perry Rhodan-Romane enthält mittlerweile fast 50 Namen und liest sich zum Teil wie das Who is Who der deutschen Literaturszene. Auf Kurt Mahr (Das Raumschiff der Verdammten) zum Beispiel fallen viele Grundlagen der physikalischen Gegebenheiten zurück, an denen sich die Serie orientiert (der Tansmitter und der Antigrav-Schacht gehören nicht zu Mahrs Favoriten, da sie physikalisch nicht korrekt sind). H.G. Ewers (Wächter der Venus) verdankt die Serie fabelhafte Charaktere wie Raumkapitän Guy Nelson, durch den eine gehörige Portion Humor in den Geschichten zu finden ist, und die Psychopartner Dalaimoc Rorvic und Tatcher a Hainu. Zu diesem Gespann gehört eine alte Kaffeekanne, die sich im Besitz von Tatchter befindet und des öfteren auf dem Hinterkopf von Dalaimoc landet, was sie inzwischen ziemlich zerbeult aussehen lässt. Auf William Voltz (Die letzten Menschen der Erde) gehen viele gut beschriebene Charaktere zurück, die als stille Helden die Herzen der Leser erobern, aber meist eine kurze Lebenszeit aufweisen, weil ihnen ein heldentypischer Tod zugedacht ist.
Die Macht des Träumers
Oft zieht schon das Titelbild eines Perry Rhodan-Romans den Blick des Lesers an und regt dessen Fantasie an. Der Illustrator Johnny Bruck ist für die farbigen Titelbilder der ersten 35 Jahre verantwortlich, ebenso für die schwarzweißen Innenillustrationen. Seine letzte Illustration ziert Heft 1799: Der Kreis schließt sich. Neben Perry Rhodan zeichnet Johnny Bruck die Titelbilder für Conan, Tarzan, Terra, Atlan und einige andere Werke mehr. Auch die Perry Rhodan Silberbände 1 bis 96 zieren seine Arbeiten. Zeitweise bedient er sich der Pseudonyme (Neil) Willis und J. Plaster(er). Johnny Bruck ist ein arbeitswütiger Zeichner, der bis zu seinem Tod 1995 mehr als 5.000 farbige Titelbilder gestaltet, dazu unzählige Schwarzweißillustrationen.
Sterntagebuch
Über die Universen in der Perry Rhodan Serie mit ihren unzähligen Planeten, Lebewesen und Gesellschaftskonstrukten gibt es viel zu berichten. Zum Beispiel von Ras Tschubai, einem Schwarzafrikaner, der ausgerechnet in Nazideutschland als einer der Helden um Perry Rhodan gefeiert wird. Oder davon, dass zu besonderen Anlässen große Treffen, sogenannte WeltCons, veranstaltet werden, zu denen die Autoren erscheinen und es Vorträge und Diskussionen gibt. Oder dass der komplett als Fanprojekt entstandene Film Atlan – Der Einsame der Zeit eine 40jährige Entstehungsgeschichte aufweist. Wer den Begriff Perry Rhodan in einer Internetsuchmaschine eingibt, findet zahlreiche Möglichkeiten, Wissenswertes zu allen möglichen Aspekten der größten Science Fiction Serie zu finden. Viel Vergnügen!
Perry Rhodan ist für mich eng mit meiner Kindheit verwoben, einer Zeit, in der ich große Angst vor Krieg hatte. Aufgewachsen zur Zeit des Kalten Krieges in einer Soldatenstadt, ohne die Möglichkeiten, die Internet und Smartphones heute bieten (hey, unser Fernseher war in einem Schrank eingesperrt und das einzige Telefon im Haushalt hatte eine Wählscheibe!), war Perry Rhodan mein Lichtblick, dass die Welt am nächsten Tag nicht untergehen würde, und hat meine Vorliebe für Science Fiction Literatur befeuert. Ich habe die Hefte immer für ein paar Pfennig gebraucht bei einem kleinen Händler gekauft, der seinen Laden gegenüber dem örtlichen Bordell hatte. Das durfte ich eigentlich nicht, also musste ich sie heimlich in mein Zimmer schmuggeln und abends unter der Bettdecke mit Taschenlampe und möglichst wenig Geraschel lesen, wenn ich doch eigentlich schon schlafen sollte. Aber da, in der Heimlichkeit, da wurden die Figuren lebendig. Perry, Bully, Gucky, Ras, Thora, Atlan, Ellert und die vielen anderen. Und die Geschichten haben mich mitgenommen, erst über die Landesgrenzen hinweg, dann in den Weltraum. Sie haben mich träumen lassen, dass es eines Tages nicht mehr wichtig ist, welche Hautfarbe jemand hat. Dass Menschen sich auch verstehen können, wenn sie verschiedene Sprachen sprechen. Dass wir Menschen eine Zukunft haben.
Hihi, Perry Rhodan wurde bei uns im Deutschunterricht durchgenommen, als Beispiel für schlechte Literatur, die man möglichst früh erkennen und meiden sollte. Immerhin hat das den Namen in meinem Gehirn verankert. Jahre später habe ich dieses Universum mal angetestet und leider musste ich meinem Deutschlehrer recht geben, ich fand es ein trostloses Universum und die Lektüre eine Qual. Aber da es so einige Perry Rhodan Hörbucher bei Audible für 0.00 Euro gibt, werde ich der Sache nochmal eine Chance geben, immerhin habe ich “Geisterjäger John Sinclair” auch erst grottig und sehr viel später enorm lustig gefunden.
Ergänzung: Hörbuch heruntergeladen. Spaß gehabt. So kann literarischer Geschmack sich wandeln! Ob die Begeisterung 3000 Folgen lang anhält, weiß ich nicht, die nächsten Stunden Freude an Oldschool Science Fiction sind jedenfalls sicher.
Ich bin nach dem 11. Zyklus ausgestiegen, weil es mir dann doch zu technisch wurde. Die Erläuterungen und Erklärungen ziehen sich mitunter seitenlang dahin, das war nicht so meins. Das war wie bei Karl Mays Landschaftsbeschreibungen. Aber ich denke, ich gebe dem Ganzen eine zweite Chance, bisher komme ich in Band 3.000 ganz gut mit.
Was war denn die Begründung, weshalb Perry Rhodan schlechte Literatur sei?
Stereotype Charaktere, Schwarz-weiß-Malerei und ob faschistoides Weltbild auch dabei war, kann ich mich nicht mehr dran erinnern, würde aber in die Zeit passen.
Nun ja, anhand der Romane kann man ganz gut erkennen, wie der Zeitgeist so wehte. Die sehr hierarchisch aufgebaute Struktur zum Beispiel hat sich erst sehr spät gelockert. Aber zu der Zeit war das eben noch so, da hatte jeder seinen definierten Platz im Gefüge. Heute kommt uns das komisch vor, aber damals stand auch ein General vor einem Verkehrspolizisten stramm, wenn der verkehrstechnisch etwas zu bemängeln hatte. Und Lehrer erst, die hatten immer Recht. 😀
Andersherum war das auch die Zeit, wo Lehrer und überhaupt mit Kultur befasste Menschen mit Pop-Kultur so überhaupt nichts anfangen konnten und all ihr Gehirnschmalz darauf verwendeten, darzulegen, was an Fernsehen, Kino, Comics oder Groschenheftchen schlecht ist. Gewaltverherrlichend, realitätsverzerrend, seelenloser Konsumquatsch und so. McDonalds für’s Hirn. Die konnten den besonderen Charme von Heftchen-Sci Fi einfach nicht nachvollziehen.
Wenn man wissen will, wie sowas klingt, dann kann man sich die Spiegel-Rezension zu Skull Island (http://www.spiegel.de/kultur/kino/kong-skull-island-mich-graust-der-affe-filmkritik-a-1137172.html)mal durchlesen. Da hab ich ja schön gestaunt, ich hätte nicht gedacht, dass Leute heutzutage noch so schreiben 😉