Das Genre unter der Lupe: Biopunk

Die Punk-Genres: Für manche ein Klacks, für andere ein undefinierbares Genre-Chaos. Jeder Punk konzentriert sich für gewöhnlich auf eine bestimmte Ressource. Der Steampunk ist in Welten heimisch, die auf Dampfkraft setzen. Den Dieselpunk findet man vor allem in der Zwischenkriegszeit mit all ihrem Dieselkraftstoff. Atompunk? Natürlich Kalter Krieg. Cyberpunk schaut weit voraus in die dunkle, volltechnisierte Zukunft. Und was macht der Biopunk noch gleich? Der deckt eine Welt ab, in der Gentechnik und »Splicen« an der Tagesordnung stehen. In diesem Teil unserer Feature-Serie wenden wir uns dem Biopunk zu und versuchen zu ergründen, was hinter diesem rebellischen Genre steckt.

Ohrenmäuse und Leuchtkaninchen: Biopunk in der realen Welt

Für Otto und Otta Normalverbraucher ist der Biopunk ohnehin ein ziemlich geekiges Subgenre, von dem sie vermutlich in den allerwenigsten Fällen schonmal etwas gehört haben, aber auch innerhalb der Science-Fiction-Szene füllt der Biopunk eine recht esoterische und nebulöse Nische aus. Einer breiteren Masse wurde das Genre vermutlich erstmalig im Jahre 2002 bekannt, als die Popkultur-Spezis der Rolling Stone den Biopunk für sich entdeckten und über dieses aufblühende Subgenre berichteten. Entstanden aus dem Cyberpunk, ersetzt der Biopunk die für den Cyberpunk typische Computer- und Informationstechnologie durch Biotechnologie und Genpool-Hacking. Bei ihrer Sichtung des Kultursektors entdeckten die Rolling Stone-Spezis den Biopunk zum Beispiel in Werken von Paul Di Filippo (Ribofunk, 1996) und Octavia E. Butler (Xenogenesis, 1987–1989), in James Camerons Dark Angel (2000–2002), aber auch in der Arbeit des Biokünstlers Eduardo Kac, der in Zusammenarbeit mit der französischen Genetikerin Louis-Marie Houdebine im Jahre 2000 ein grün fluoreszierendes Kaninchen namens Alba herangezüchtet hat. Erreicht wurde dies durch den Einbau grün-fluoreszierender Quallenproteine in das Erbgut des Kaninchens. Zwar waren sich Kac und Houdebine zum Ende hin nicht mehr ganz so »grün« was ihr Projekt betrifft, dennoch schuf die Aktion eine großes Medienecho und wurde quasi zum Mythos.

Die (Bio-)Kunst war aber nicht der einzige Bereich, auf den sich der Biopunk real auswirkte. Als Wissenschaftler im Jahre 2003 die vollständige Sequenz des menschlichen Genoms entzifferten und diese für jeden öffentlich einsehbar im Internet veröffentlichten, rief das die Schwarzseher auf den Plan, die bereits in den 1990ern vor dem »Aufkommen von Amateur-Gentechnikern« gewarnt hatten. Anlässe damals waren das Klonschaf Dolly, die genetische Manipulation von Lebensmitteln (Flavr-Savr-Tomate, 1994) und weitere transgene Experimente gewesen (die »Ohrmaus« der Gebrüder Vacanti, 1997). Die Schwarzseher befürchteten das vermehrte Aufkommen von Biopunkern bzw. »Biopunks«, die sich im eigenen Kellerloch-Labor ihre persönliche Herde von Albas heranzüchten. Die Journalistin Annalee Newitz beschreibt in ihrem Beitrag im Bay Guardian (8. August 2001) die Biopunks als Visionäre, deren Fantasie durch die Sequenzierung des Genoms quasi in Brand gesteckt wurde. Sie würden sich mit kreativer Gentechnik, RNA-Forschung, Klonprozessen und Proteinsynthese beschäftigen und menschliche Genome neben Maus-Genomen anordnen, um die Unterschiede herauszufinden. Diese selbsternannten DIY-Biopunks gibt es tatsächlich, etwa Meredith Patterson (ein wichtiger Name in der Biopunk-Bewegung), die mit dem an den Hacker-Codex erinnernden Schlachtruf “Free our genetic data!” für den gemeinfreien Zugang zu Genomdaten kämpft. Damit richtet sich die Bewegung gegen die Konzerne und gegen den Kapitalismus, ganz wie es der Begriff »Punk« erwarten lässt.

Mit diesen realen Biopunks wollen wir uns aber nicht weiter aufhalten, sondern vielmehr mit dem Genre in der Popkultur, auch wenn die beiden Dinge untrennbar miteinander verbunden sind. Wie viele Bewegungen begannen auch die Biopunks irgendwann Künstler mit einzubeziehen, um ihre Ideale, Träume, Absichten und Konzepte kulturell zu verarbeiten und in Form von Filmen, Romanen, Games und Kunst unter die Leute zu bringen.

Alba, das Leuchtkaninchen; © Eduardo Kac

Der Begriff »Biopunk« und seine Abgrenzung zum Cyberpunk

In seinem Science-Fiction-Wörterbuch Brave New Words definiert der Lexikograf Jeff Purcher den Biopunk als Subgenre der Science-Fiction, die sich mit den sozialen Effekten von Biotechnologie und Gentechnik befasst. Etymologisch leitet sich der Begriff von den Worten »Biologie + Cyberpunk« ab. Laut Purcher tauchte der Begriff das erste Mal 1992 im Zusammenhang mit dem Pen-&-Paper-Rollenspiel GURPS auf. Doch auch schon viele Jahre davor gab es Werke, zu deren Entstehungszeit zwar noch niemand einen Schimmer von Biopunk hatte, die aber dennoch bereits viele Motive aus diesem Genre beinhalten. Als Klassiker und Prototyp des Biopunks gilt Die Insel des Doktor Moreau von H. G. Wells aus dem Jahre 1869, in der der titelgebende Dr. Moreau Chimären züchtet, also Mischwesen aus Tier und Mensch. Hier finden sich kompromittierende Moral, ein Gottkomplex und darwinistische Überlebenstheorie. Moreau tut Dinge, die in der normalen Wissenschafts-Szene als verboten gelten und ist damit ein regelrechter »Punk«.

Von den »punkigen« Varianten der Science-Fiction tendiert allen voran der Cyberpunk zu gesellschaftlichen und individuellen Ängsten vor technologischer Entwicklung und bevorzugt die Darstellung dystopischer Zukunftsvisionen inklusive totalitärer Regierungen und Megakonzerne, die ihre Technologien aus unethischer Profitgier für sozialen Kontrolle missbrauchen. Das »punkige Wesen« offenbart sich u.a. in dieser Kritik gegen Kommerzialisierung, Urbanisierung und Technologiemissbrauch, aber auch im Brechen der naturgegebenen Regeln beim »Körpertuning«, also der Verbesserung lebender Organismen durch körperfremde Hardware. Im Cyberpunk findet das Körpertuning mittels Cyberware statt, im Biopunk jedoch wurde die technische Verbesserung durch eine biologische Verbesserung ersetzt. Der Biopunk zeigt ebenso wie seine Genre-Mutter Cyberpunk seine punkige Natur im Antikapitalismus und seinen Anti-Konzern-Vibes; in dieser Hinsicht übernimmt der Biopunk also manche cyberpunk’schen Themen und Tropes. Andere Motive (wie die körperliche Verbesserung) werden variiert. Die Ersetzung von Technologie durch Biologie ist einer der wichtigsten Punkte, die diese Genres voneinander unterscheiden.

Wichtig im Biopunk: Die Biologie

Der Biopunk ist ein Produkt der Gentechnik. Er zeigt schnelle technologische Veränderungen und invasive Veränderungen des Körpers, die nicht wie beim Cyberpunk durch Kybernetik, sondern durch Biotechnologie hervorgerufen werden, und befasst sich mit möglichen ökologischen und sozialen Konsequenzen, auch im Bereich der Landwirtschaft. Häufig erzählt der Biopunk von der sogenannten »Junk-Wissenschaft«, also der schlechten Form der Wissenschaft mit all ihren Fehlern. Nicht selten passieren im Labor Unfälle und Katastrophen, die im besten Falle nur seltsame Nebenwirkungen erzeugen, im schlimmsten Falle aber Seuchen oder biologisch entartete Monster auf die Welt loslassen. Biopunk fungiert in dieser Hinsicht sehr häufig als Warnung: Die Neugierde der Menschen und ihre Fortschritte in der Gentechnik und Biotechnologie könnten uns alle über den Jordan schicken. Deswegen spielt das Genre meistens auch in der nahen Zukunft (Neuzeit oder gar Vergangenheit sind aber auch möglich).

Stilistisch gesehen können Biopunk-Motive die Genregrenzen überschreiten und in einer Vielzahl von Umgebungen eingesetzt werden Als Beispiele seien hier zu nennen: Antiviral (Film, Horror, 2012), Heroes (Serie, Drama, 2006–2010) und Darwins Radio (Film, Politthriller, 1999). Weiterhin spielt Biopunk eine zentrale Rolle in der bereits zuvor erwähnten »Biokunst«, in der mithilfe biotechnologischer Methoden Kunstwerke geschaffen werden (wir erinnern uns: der grüne Hase), und in der Do-it-Yourself-Biologie, die sich aus Ingenieuren, Wissenschaftlern, Anwälten und Sozialaktivisten zusammensetzt und die Kontrolle von Unternehmen über Genpatente ablehnt (wir erinnern uns: »Free our genetic data!«)

Ein durchaus vorhandenes Problem dieser Subkultur ist ihre nicht vorhandene glasklare Definition, wobei das nicht jeder als »Problem« wahrnimmt. Annalee Newitz etwa sieht die Stärke des Biopunks gerade darin, dass er »so schlecht definiert ist wie das Genom selbst«. Stichwort: »Genombefreiung«. Allerdings führt das nicht selten zu Begrifflichkeitskriegen. Viele Blogger streiten sich darüber, welche Medientitel in dieses Subgenre fallen und welche nicht. Man muss hier unterscheiden, ob die biopunk’schen Motive nur ein zusätzliches Gimmick oder gar schlichtes Plot Device darstellen, um zum Beispiel ein Drama, das andernfalls ziemlich lame ausgefallen wäre, aufzupeppen, oder ob die biopunk’schen Themen wirklich im Rampenlicht stehen und ihre Konsequenzen ausführlich betrachtet und/oder umgesetzt werden.

Zu guter Letzt sei noch kurz erwähnt (da wir später noch einmal darauf zurück kommen werden), dass der Biopunk (ebenso wie der Cyberpunk) eine Rolle in den Diskursen des Posthumanismus spielt, einer Philosophie, die die Konzepte des »Menschseins« allgemein hinterfragt und die Überwindung »des gegenwärtigen menschlichen Stadiums« diskutiert. Denn die Posthumanisten sind der Auffassung, dass die Menschheit als Spezies das Ende der evolutionären Fahnenstange erreicht hat. Der Posthumanismus diskutiert also über ein Entwicklungszeitalter nach der Menschheit, was den Menschen als solches nicht unbedingt ausschließt. Denn es gibt auch Thesen über den hypothetisch möglichen »posthumanen Menschen«, dessen Physis durch Gentechnik, technische Implantate oder Nanotechnologie erweitert wird. Auch der Transfer des Bewusstseins in künstliche Körper, also die Verschmelzung von menschlicher und künstlicher Intelligenz (wie z. B. in Ghost in The Shell), ist ein Ausdruck des posthumanen Menschen. (Randnotiz: Die Erweiterung/Verbesserung des Menschen ist Hauptthema des Transhumanismus, einer Denkrichtung, die sich in dieser Hinsicht mit dem Posthumanismus überschneidet).

Die posthumane Kreatur aus Splice – Das Genexperiment; © Universum Film

Biopunk in den Medien: Bücher

Eine der prominentesten Autoren auf dem Gebiet des Biopunk ist der bereits erwähnte Amerikaner Paul Di Filippo, auch wenn er seiner 1996 erschienenen Geschichtensammlung den Titel »Ribofunk« gab. »Ribo« leitet sich dabei vom Begriff »Ribosom« ab, welcher kleine Zellorganellen bezeichnet, die in allen Lebewesen vorkommen. Gegen den Begriff »Punk« entschied sich Di Filippo aus dem Grunde, da »Punk« nicht utopistisch genug sei und immer eine Form von Auflehnung bzw. Zerstörung impliziere. De Filippo bevorzuge den »Funk«, da er »funnier, more sensual and organic« sei. In seinem Ribofunk-Manifest beschwört De Filippo eine neue Form der Science-Fiction herauf, die für Biologie das tun werde, was Cyberpunk für Computerwissenschaft tat. De Filippos Wortlaut: »Forget physics and chemistry. Computers? Merely simulators and modelers for life. The cell is King!«

Die MaddAddam-Trilogie (2003–2013) von Marharet Artwood spielt in einer Welt, in der die Menschheit unter massiven ökologischen Veränderungen leidet und aus diesem Grunde die »Crakers« erschaffen hat; gesplicte Menschen, die mit den Genen verschiedener Tierarten gekreuzt wurden, um sie so als neue »zukünftige Menschheit« widerstandsfähiger zu machen. Artwood verarbeitet hier Ideen des Posthumanismus, da die institutionellen Strukturen zusammen gebrochen sind und es zwangsläufig auf eine Hybridisierung der Menschen und der Crackers hinauslaufen wird. Außerdem greift Artwood den Leuchtkaninchen-Mythos auf und lässt ausgewilderte Nachfahren des Experiments über die Seiten ihrer Geschichte springen.

Paolo Bacigalupis Biokrieg (2009) befasst sich mit der genetischen Patentierung von Lebensmitteln, aber auch mit genetisch veränderten, posthumanen Menschen, die als »Windups« für Sklavenarbeit und Soldatentum erschaffen wurden und trotz all der Angst, die man ihnen entgegenbringt, die einzig wahre Hoffnung für den Fortbestand darstellen, da sie in der Zukunft bestehen können und auch nach dem Tod der Menschheit prächtig gedeihen werden. In Jeff VanderMeers Borne (2017) freundet sich eine Frau vor dem Hintergrund einer von einer Biotech-Firma verschandelten Umwelt mit einem seltsamen pflanzenähnlichen Wesen namens Borne an. Es gibt haushohe gottähnliche Bären, Füchse mit Menschenaugen, intelligente Biowaffen und Drogen-Käfer; in Borne tropft der Biopunk von jeder Seite.

Zu guter Letzt: Schismatrix (1985) von Bruce Sterling. Der Roman setzt sich mit den Möglichkeiten der künstlichen Weiterentwicklung der Menschheit (Stichwort: Transhumanismus) auseinander und präsentiert uns einmal die biopunk’sche und einmal die cyberpunk’sche Variante, indem er zwei Fraktionen im Krieg aufeinander prallen lässt: die Shaper (Pro Gentechnik) und die Mechanisten (Pro Computertechnik).

Das gentechnisch veränderte Pflanzending namens Borne; © Subterranean Press

Biopunk in den Medien: Games

Von Biopunk ist es nicht weit zu BioShock, der philosophisch angehauchten Shooter-Reihe aus dem Hause 2K Marines. Die Games spielen u. a. in der Unterwasserstadt Rapture der 50er Jahre, in der es zum guten Ton gehört, wenn man sich als Bürger mit Gentonika und Mutagenen vollpumpt. Klar, dass diese Mutationen irgendwann außer Kontrolle geraten und zum totalen Untergang der Stadt führen. BioShock ist damit der Kategorie »retrofuturistischer Biopunk« zuzuordnen. Retrofuturistisch ist es dort, wo der Art déco-Stil durchknallt. Biopunk dort, wo durchgeplicte Verrückte dem Spieler an den Kragen wollen. Raptures Kultur, Gesellschaft und Niedergang werden durch genetische Manipulationen verursacht.

Ein anderes Bio-Flaggschiff (und vielleicht eines der ersten Biopunk-Games überhaupt) ist die Videospielreihe Resident Evil, in der ein Team von Soldaten einen Virus- und Monsterausbruch verhindern muss. In Resident Evil trifft man quasi an jeder Ecke auf entartete DNA und bis zu Unkenntlichkeit entstellte Monster – Biohorror check. Die Gegnertypen namens »Tyrant« etwa sind durch das T-Virus entstellte, humanoide Biowaffen: größer, stärker, hässlicher und ausgestattet mit mehreren Herzen. Auch das Action-Adventure Protoype (2009) aus dem Hause Activision ist ein Vertreter dieses Subgenres. Genetisch modifiziert kann der Protagonist seine Arme in Klauen, Schwerter, Peitschen oder Hammerfäuste verwandeln und ist darüber hinaus in der Lage, Erinnerungen und Aussehen von Menschen zu »konsumieren« – das alles vor dem Hintergrund einer Virusausbreitung, die die Menschen von New York City in Zombies verwandelt.

Concept Art eines Splicers aus BioShock; © 2K Games

Biopunk in den Medien: Filme

Im Science-Fiction-Thriller eXistenZ (1999) präsentiert Regisseur David Cronenberg das üblicherweise voll technisierte Thema »Virtual Reality« einmal komplett organisch ganz ohne Computertechnik. Um in das VR-Game »eXistenZ« einsteigen zu können, führen die Spieler nabelschnurartige Konnektoren in ihre Spinalkanäle ein. Auf dieser Weise können sie das Spiel immersiver und realistischer erleben. Auch ingame kleidet sich alles sittsam organisch; Schusswaffen müssen zum Beispiel aus Überresten von Echsen zusammen gebastelt werden. Cronenberg wird häufig nachgesagt, dass der »Body Horror« sein Steckenpferd sei bzw. dass er als Mitbegründer dieser Stilrichtung gelte. Auch wenn Cronenberg selbst das ablehnt, so lassen sich Motive dieser Stilrichtung in seinem Horror-Thriller Die Fliege (1986) finden. Ein Wissenschaftler testet das Verfahren der Teleportation im Selbstversuch, gerät beim Wiederherstellen seines Körpers allerdings mit einer im Raum befindlichen Fliege aneinander, sodass sich beide DNAs vermischen. Was folgt, ist biopunk’scher Körperhorror mit grotesk-kafkaesken Untertönen und ein Charakterdrama, das man so in einem Horror-Film der 80er nicht erwarten würde.

In Vincenzo Natalis Splice – Das Genexperiment (2010) kreieren Wissenschaftler einen weiblichen Hybriden aus Mensch und Tier. Das Wesen widerspricht allen wissenschaftlichen Erwartungen und lehnt sich (freilich) irgendwann gegen seine menschliche Erschaffer auf. Eine besondere Würze kommt hinzu, wenn das Wesen die Geschlechtsreife erlangt und beginnt, sich für seinen »Ziehvater« zu interessieren und in der »Ziehmutter« eine Konkurrentin zu sehen. Im Film Gattaca (1997) kann die fetale DNA von Babys von den Eltern nach ihren eigenen Wünschen manipuliert werden. Und District 9 (2009), ein Science-Fiction-Film, der vor allem als Apartheid-Parabel herangezogen wird, skizziert das Drama von Außerirdischen, die als Flüchtlinge in einem Slum in Johannesburg zusammengepfercht werden. Als der menschliche Angestellte einer Sicherheitsfirma Kontakt mit einer außerirdischen Flüssigkeit hat, beginnt sich seine DNA zu verändern, so dass seine Körperteile und -funktionen denen der Außerirdischen immer ähnlicher werden und bald die ganze Welt Jagd auf ihn macht.

Darüber hinaus enthalten auch viele Zombiefilme Biopunk-Elemente, da die Zombies häufig das Ergebnis mutationaler, viraler oder parasitärer Veränderungen sind, die durch menschengemachte Experimente hervorgerufen werden. Für Deborah Christie, Autorin von Better Off Dead: The Evolution of the Zombie as Post-Human, konzentrieren sich solche Erzählungen allerdings zu sehr auf die »alte Form des Menschen«, die in ihren Augen schlicht abgeschrieben gehört. Die Zombies seien als eine Form des posthumanistischen Ausdrucks demnach »die Besseren, die Überlegenen«, da sie die Katastrophe überlebt haben bzw. aus ihr hervorgegangen sind und damit die alte Gesellschaft ablösen.

Die Idee von Zombies als nächster Schritt in der Evolution wird z. B. in Colm McCarthys The Girl with all the Gifts (2016) schwerpunktmäßig abgebildet. Hier entsteht die biologische Veränderung nicht durch gezielte Gentechnik, sondern durch Zufall oder sogar natürliche Selektion. Ein Pilz macht alle erwachsenen Menschen zu zombieähnlichen »Hungries«. Wer allerdings mit dem Pilz geboren wurde, entwickelt Bewusstsein, Vernunft und Intelligenz und darüber hinaus überlegene Stärke, Schnelligkeit und Widerstandsfähigkeit. Die junge Melanie ist ein solches überlegenes Kind und muss sich am Ende entscheiden, ob sie die Menschen dabei unterstützt, alle Zombies und Hybriden zu töten oder ob sie sich gegen diese untergehende Spezies namens Mensch stellt und den Pilz befreit.

Der arme Security-Angestellte aus District 9; © Sony Pictures Home Entertainment
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