Tropes erklärt: Zero to Hero

Ein unscheinbarer Niemand, der im Laufe einer Geschichte zum Retter der Welt wird. Ein Waisenkind mit einem unmöglich scheinenden Ziel, das sich letzten Endesaber erfüllt. Diesen Ansatz, bei dem aus einer sprichwörtlichen Null ein Held wird, hat sicher jeder schon einmal in einem Werk gesehen. Kein Wunder, schließlich fällt es leicht, jemanden anzufeuern, der sich von ganz unten nach ganz oben arbeitet. Auch verlocken uns derartige Aufstiegsgeschichten dazu, zu denken, dass auch wir alles schaffen können. In unserem Format “Tropes erklärt” nehmen wir die Klischees der Medienkultur genauer unter die Lupe, diesmal geht es um das Trope “Zero to Hero”.

 

»Trope« ist der englische Begriff für »Tropus«, eine Bezeichnung, welche ursprünglich aus der Literatur kommt und eine bestimmte Klasse sprachlicher Stilmittel meint. Im modernen Verständnis wird das »Trope« mittlerweile als allgemeines Synonym für »Klischee« benutzt. Ein Trope bezeichnet demnach konventionelle Erzählungselemente, bei denen es sich um stereotype Motive, Storywendungen, Dialogabläufe oder Rollenbilder handeln kann. Die Liste dieser Tropes ist ellenlang und manchmal wird man sich erst nach Sichtung eines Trope-Lexikons bewusst, dass man just im Film XY auf ein solches gestoßen ist. Wir nehmen das zum Anlass, den Tropes auf den Grund zu gehen und allmonatlich eines vorzustellen.

Unter der Lupe

Zero to Hero

Von ganz unten nach ganz oben: From Zero to Hero. Das Trope erinnert stark an die Heldenreise, schließlich ist auch hier die Reise ein wichtiger Teil. Grundsätzlich ist es in drei Story-Komponenten aufgeteilt, nämlich in “die bescheidenen Anfänge”, “die Reise und die Heldentat” sowie “der aufsteigende Held”. Die bescheidenen Anfänge zeigen zunächst, woher das “Zero” kommt: Der Protagonist ist zunächst etwa jemand, der arm oder ohne Familie aufwachsen muss. Er hat kein Glück im Leben und oft auch keinerlei Freunde, auf die er zählen könnte. Trotzdem hat er womöglich ein großes Ziel oder wird durch mehr oder weniger glückliche Umstände in eine ganz neue Position gebracht. Zum Beispiel erhält er übernatürliche Kräfte oder muss sich einer Bedrohung stellen. Die Reise stellt den Kernpunkt dar, diese kann entweder wörtlich gemeint sein (wie etwa die von Ash Ketchum in den Pokémon-Staffeln) oder eher eine psychische Reise im Sinne von innerem Wachstum darstellen. In einigen Fällen wird dabei auch irgendwann auf einen Zeitsprung zurückgegriffen, um etwa aus dem zu Beginn kindlichen Protagonisten einen jungen Erwachsenen zu machen. In jedem Falle wird der Protagonist währenddessen gute Freunde und vielleicht sogar die große Liebe finden, denn alleine lässt es sich schwer Heldentaten vollbringen. Die “Heldentat” ist hingegen selten wörtlich gemeint, viel mehr geht es darum, dass die Hauptfigur ihr angestrebtes Ziel erreicht. Dieses muss nicht zwangsläufig klar definiert sein wie der Wunsch, Piratenkönig zu sein. Sie ist aber definitiv von großer Bedeutung und das, wodurch nun niemand mehr daran zweifelt, dass aus Zero ein Hero geworden ist. Der aufsteigende Held, die letzte Komponente, zeigt das Pay-off. Das muss nicht unbedingt ein märchenhaftes Happy End sein, aber der Protagonist muss sich in einer deutlich besseren Position als zu Beginn befinden.

Spider-Man (Comic-Reihen, 1962–?)

Worum geht es?

Teenager Peter Parker wächst nach dem frühen Tod seiner Eltern bei seiner Tante May und seinem Onkel Ben auf. In der Schule gilt er als Streber und wird deswegen gehänselt. Doch nach dem Biss einer radioaktiven Spinne entwickelt Peter übermenschliche Fähigkeiten, die es ihm erlauben, unter dem Namen “Spider-Man” ein echter Superheld zu sein.

Wie wird das Trope umgesetzt?

Die Comic-Reihe und ihre Umsetzungen sind ein sehr wörtliches Beispiel des Zero to Hero, schließlich wird Peter tatsächlich zu einem Helden, nämlich einem waschechten Superhelden. Seine Anfänge sind trotz der Tatsache, dass seine Eltern verstorben sind, nicht zu unschön: May und Ben kümmern sich nämlich sehr liebevoll um ihren Neffen und behandeln ihn wie ihren eigenen Sohn. Trotzdem genießt er als bebrillter Nerd nicht den besten Ruf an der Highschool und bis sein Onkel Ben erschossen wird, geht er auch mit seinen Spinnen-Kräften nicht verantwortungsbewusst um. Danach kümmert sich Peter als Spider-Man aber um zahlreiche Bösewichte und privat kann er doch einige Erfolge feiern, etwa wird die beliebte Mary-Jane seine feste Freundin.

© Marvel Comics

Horizon Zero Dawn (Game, 2017)

Worum geht es?

1000 Jahre nach dem Zusammenbruch der bekannten menschlichen Zivilisation leben Menschen wieder primitiv in unterschiedlichen Stämmen. Doch die Welt wird auch von Maschinenwesen bevölkert, mit denen die Menschen zunächst gut zusammenleben konnten. Seit einigen Jahren gehört das aber der Vergangenheit an: Die Maschinen sind immer aggressiver geworden und es tauchen häufig speziell kriegerische Modelle auf. In dieser Welt kämpft die junge Jägerin Aloy aus dem Stamm der Nora um einen Platz in der Gesellschaft, denn aufgrund ihrer unbekannten Herkunft galt sie seit jeher als Ausgestoßene. Nach einigen Ereignissen macht sie sich auf, ihre eigene Herkunft zu entdecken und herauszufinden, was die Maschinen plötzlich so aggressiv gemacht hat.

Wie wird das Trope umgesetzt?

Aloy vertritt das Beispiel eines Zero to Hero, der vom unbekannten Niemand zu einer geachteten und wichtigen Persönlichkeit wird. Sie ist mitnichten talentlos, wird stattdessen schon als Kind von ihrem Ziehvater Rost im Kampf ausgebildet. Doch sie ist eine Ausgestoßene ihres eigenen Volkes, deren Matriarchen sie teilweise am liebsten noch als Baby getötet hätten. Dementsprechend stellt Aloy zu Beginn eine Außenseiterin dar, die ohne eigene Schuld isoliert aufwachsen musste. Sie wird von den anderen Nora abgelehnt, doch mit ihren wachsenden Heldentaten erreicht sie die Anerkennung und Bekanntheit verschiedener Menschen. Denn wie sich herausstellt, wurde Aloy als Klon einer renommierten Wissenschaftlerin aus der alten Zivlisation geboren, um die Zerstörung der Welt zu verhindern. Am Ende des Spiels wird sie von verschiedenen Stämmen gefeiert und gilt als Heldin.

© Sony Interactive Entertainment

Captain America: The First Avenger (Film, 2011)

Worum geht es?

1943 fällt der kränkliche Steve Rogers durch die Musterung zur US Army. Eine große Enttäuschung für den patriotischen jungen Mann, der sich daraufhin noch einmal freiwillig meldet. Dabei wird er zur Versuchsperson für eine Prozedur, die aus ihm einen Super-Soldaten machen soll. Sie gelingt und er entwickelt sich zu einem muskulösen und sehr starken Soldaten, der den Verlauf des Zweiten Weltkrieges ändern könnte …

Wie wird das Trope umgesetzt?

Steve Rogers ist erstaunlicherweise kein unbedingt typischer Vertreter des Tropes, da er durch das Serum sehr schnell plötzlich nicht nur starke Kräfte hat, sondern eben auch als Held gefeiert bzw. viel mehr zu Kriegspropaganda genutzt wird. Auf den ersten Blick wirkt es dadurch fast, als habe er die Reise einfach übersprungen, aber das stimmt natürlich nicht. Auch Steve muss erst in seine neue Rolle wachsen, teils schwere Verluste hinnehmen (wie den scheinbaren Tod seines besten Freundes Bucky) und am Ende des Filmes eine wortwörtliche Heldentat vollbringen, die ihn all seine neue Errungenschaften kosten wird. Er gehört damit zu den Heros, die nach Erhalt ihrer Kräfte und vielen Heldentaten eben kein perfektes Pay-off bekommen. Zumindest in seinem Origin-Film, später darf sich auch Steve über ein wohlverdientes Happy End freuen.

© Disney

Naruto (Manga, 1999–2014)

Worum geht es?

Der 12-jährige Waisenjunge Naruto Uzumaki lebt im Ninja-Dorf Konohagakure und träumt davon, eines Tages Hokage und somit das geachtete Oberhaupt des Dorfes zu werden. Doch dieser Traum scheint weit entfernt, denn nur knapp konnte er die Prüfung zum Genin, dem untersten Rang eines Ninja, bestehen. Gemeinsam mit seinem Rivalen Sasuke Uchiha und seinem Schwarm Sakura Haruno bildet er aber das Team 7 und besteht fortan zahlreiche Abenteuer.

Wie wird das Trope umgesetzt?

Naruto ist ein Paradebeispiel für einen Zero to Hero, der vom untalentierten und sogar verachteten Jungen zu einem der stärksten und am meisten bewunderten Helden wird. Sein Startpunkt ist dabei denkbar schlecht: Er fällt mehrfach durch die Prüfung zum Abschluss der Ninja-Akademie, ist der schlechteste Schüler dort und noch dazu ein echter Klassenclown. Sein Umfeld hat ihn aufgegeben, dazu muss er sich alleine mit seinen Problemen beschäftigen und wird von den Dorfbewohnern abgelehnt. Doch in typischer Manier für das Trope arbeitet er sich konstant hoch, trainiert bis zum Äußersten und wird somit immer stärker. Letzten Endes wird er während der Handlung als Held von Konoha gefeiert, nachdem er das Dorf beschützt hat und natürlich erreicht Naruto sein Ziel, Hokage zu werden. Und nicht nur das, denn als Vater von zwei Kindern kann er dabei auch die Familie gründen, die er selbst nicht hatte.

© Carlsen Manga

Pokémon (Anime-Serie, 1997–2022)

Worum geht es?

Ash Ketchum kann es kaum erwarten, denn sobald er zehn Jahre alt wird, darf er sich einen Pokémon-Partner aussuchen und auf Reisen gehen! Doch als es dann soweit ist, verschläft er direkt, sodass nur noch ein mürrisches Pikachu für ihn übrig bleibt. Zunächst versteht er sich mit seinem Pokémon überhaupt nicht, doch ein einschneidendes Erlebnis lässt die beiden zu besten Freunden zusammenwachsen. Dumm nur, dass er dabei das Fahrrad der Wasser-Trainerin Misty zerstört, die ihn fortan ebenso wie der fürsorgliche Rocko auf seinen Reisen begegnen wird. Ashs Ziel ist es dabei, ein Pokémon-Meister und somit der stärkste Trainer überhaupt zu werden.

Wie wird das Trope umgesetzt?

Ash präsentiert die mildere Variante des Tropes: Er kommt nicht aus schlechten Verhältnissen, sondern hat eine liebende Mutter, die ihn stets bei seinen Träumen unterstützt. Allerdings startet er suboptimal, schließlich verschläft er direkt am ersten Tag und scheint mit Pikachu zunächst auch kein gutes Starter-Pokémon erwischt zu haben. Es ist nämlich ausgesprochen mürrisch und hört nicht auf ihn, ja verpasst ihm sogar Stromschläge! Doch bald wachsen beide zu den besten Freunden zusammen und Ash schafft es durch das starke Band zu seinen Pokémon, immer stärker zu werden. Dabei muss er sich einigen Hürden stellen, so hat er immer wieder Rivalen, die zunächst unbesiegbar scheinen. Doch das Traning zahlt sich wie so oft aus und er kann am Ende seinen Traum, Pokémon-Meister zu werden, verwirklichen.

© Polyband

Hercules (Film, 1997)

Schon der Song “Zero to Hero” enthält das Trope, denn das beschreibt Hauptfigur Hercules sehr gut. Er wächst als Adoptivsohn sterblicher Eltern auf, besitzt aber tatsächlich göttliche Kräfte. Nach viel Training wird aus dem schlaksigen Jungen ein echter Held.

My Hero Academia (Manga-Reihe, 2014–?)

Hauptfigur Izuku Midoriya startet tropetypisch als echter Unglückspilz. Er träumt davon, ein Superheld zu werden, gehört jedoch zu den wenigen Menschen, die keine übernatürliche Kraft (eine “Macke”) besitzen. Doch sein Idol All Might überträgt ihm seine Kräfte, sodass Izuku nach und nach zu einem der stärksten Superhelden wird.

The Elder Scrolls V: Skyrim (Game, 2011)

Die Spielfigur ist nur eine von vielen, die hingerichtet werden sollen und somit ein Niemand im klassischen Sinne. Durch glückliche Umstände wird sie aber verschont und findet heraus, dass sie als Drachenblut die Welt retten muss.

Miraculous – Geschichten von Ladybug und Cat Noir (Serie, 2015–?)

Marinette Dupain-Cheng ist vor der ersten Episode ein Mädchen mit wenigen Freunden, das von der Bürgermeistertochter gehänselt wird. Am ersten Schultag freundet sie sich nicht nur mit neuen Klassenkameraden an, sondern erhält auch die Fähigkeit, sich in die Superheldin Ladybug zu verwandeln. Als diese kann sie mehr Selbstbewusststein entwickeln, sodass es auch privat immer besser für sie läuft.

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