Das Verschollene Zeitalter
Das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Meinungen sowie das sture Festhalten an der eigenen ist schon immer ein Grund für Krieg, Tod und Zerstörung gewesen. Solange es Menschen gibt, wird es eben diese Schwierigkeiten geben und daher sind diese Probleme zeitlos, egal ob sie nun mit Geld, Macht oder Liebe zu tun haben. Doch ein großer Streitpunkt damals wie heute und auch in Zukunft ist das Thema Ressourcen. Überall auf der Welt hungern trotz unseres modernen Zeitalters die Menschen und daher spricht die 2022 erschienene Graphic Novel Das verschollene Zeitalter ein Thema von trauriger Aktualität an. Denn in Das verschollene Zeitalter geht es nicht weniger darum als in einer zerstörten, dystopischen Welt voller Gefahren zu überleben und allen voran das Problem der Ernährung zu lösen. Ein großes Konfliktpotenzial und ein Einstieg in eine abenteuerliche Reise nehmen in dem ersten Band Das Fort des Heidelands seinen Anfang.
Die junge Heldin Elaine erreicht gemeinsam mit ihrem Vater Primus sowie ihren Gefährten das Fort im Heideland und entgegen dem Willen der Gruppe entscheidet Primus, dass dieses Fort von ihm und seinen Clan in Anspruch genommen wird. Das tut er im vollen Bewusstsein, dass diese Tat einen Konflikt unter den nomadisch lebenden Menschen-Clans heraufbeschwört wird. Dennoch ist Primus unnachgiebig und erklärt seiner Tochter auch warum: Innerhalb des Forts wächst in großer Menge Getreide, wodurch die Menschen der Nahrungsmittelknappheit ein für alle Mal ein Ende bereiten könnten. Durch Schriften, die vor der Zerstörung der Welt verfasst und in Primus´ Familie an die nächste Generation weitergegeben wurden, lernte dieser das sog. Einkorn anzubauen. Etwas, was allen Clans Angliens zugutekommen sollte. Elaine muss mit den Konsequenzen leben und als ihre Freunde, allen voran, ihr Liebster von einem feindlichen Clan abgeschlachtet werden, nimmt sie die Schriften an sich genauso wie den Wunsch ihres Vaters noch mehr Wissen zu sammeln, um es der Menschheit zu Teil werden zu lassen. Eine packende Geschichte von Verlust und Hoffnung beginnt.
Sprechende Namen und andere Referenzen
Originaltitel | The Lost Ages |
Ursprungsland | Frankreich |
Jahr | 2021 |
Gattung | Graphic Novel |
Band | 1 / 4 |
Genre | Abenteuer |
Autor | Jérôme Le Gris |
Zeichner | Didier Poli |
Verlag | Splitter (2021) |
Veröffentlichung: 15. Dezember 2021 |
Geschichten, dass Menschen große Visionen für die Verbesserung der Lebensumstände haben und dafür angefeindet werden, gibt es in der Historie und auch in Romanform zuhauf. Dennoch sticht Das verschollene Zeitalter unter den Erzählungen durch seine Anknüpfungen an Legenden, Religion und historische Hinweise heraus. Der Untergang der zivilisierten Welt, woraufhin das sog. Verschollene Zeitalter nach jahrelanger Finsternis beginnt, ähnelt der Apokalypse, dem Weltuntergang in der christlichen Religion. Primus’ Familie zieht seit Generationen Wissen aus religiösen Schriften. Interessanterweise liegt hier jedoch nicht der Fokus auf einem Gott, sondern auf dem Anbau von Getreide, wodurch den Schriftzeugnissen der Religionen eine ganz andere Bedeutung zugutekommt: Sie diente früher nicht nur als geistlicher Wegführer, sondern bildete auch die Grundlage für das tägliche Überleben. Auch der Name von Primus ist interessant. Immerhin stammt dieser aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt „der Erste“. Das ist insofern spannend, da Primus als erster aus seinem Clan auf die Idee kommt für alle Menschen und nicht nur für seinen Clan das gewonnene Wissen des Getreideanbaus zu nutzen. Ebenfalls eine Parallele zur Geschichte weist Elaines Liebster auf. An was für ein Reich muss man unweigerlich denken, wenn der Name Cartacos fällt? Natürlich an Karthago, einer der Erzfeinde des antiken Römischen Reichs, das nur durch die totale Vernichtung in die Knie gezwungen werden konnte.
Die neue Ordnung in der Welt
Durch die Vernichtung der alten, zivilisierten Welt herrscht für die jetzigen Menschen ein kargeres und gefährlicheres Leben als zuvor. Große Städte aus Stein, Kirchen oder Ackerbau gibt es nicht. Die Menschen organisieren sich in Clans und leben mit den Jahreszeiten in unterschiedlichen aus Holz gebauten Forts. Sie sind Jäger und Sammler. So ist es Gesetz, dass Elaines und Primus´ Clan den Auerochsen nach Norden zum Fort der Seen folgt und nicht, wie von Primus einfach beschlossen im Fort im Heideland verweilt. Bedeutsam ist daher, dass die Menschen sich der Natur und damit auch ihren Jahreszeiten und tierischen Bewohnern zu beugen haben. Egal, ob nun als Nahrungsquelle oder auch als gefährliche Bedrohung. So stellen wilde Tiere eine große Gefahr dar wie beispielsweise die Todesklauen, bärenähnliche Bestien, die einen Menschen sehr schnell töten können. Die Menschen sind daher ihrer Umwelt zu einem Großteil schutzlos ausgeliefert, wodurch ein Kampf ums Überleben entsteht, der die Leserschaft fesselt.
Erster Eindruck
Das Fort des Heidelands bietet einen packenden Einstieg in eine vierbändige Reihe. Durch eine spannende Erzählweise, hübsch gezeichneten Bildern und Hinweise auf unsere alte Historie wie alten Legenden schafft der erste Band von Das verschollene Zeitalter eine Mischung aus Neuem und Bekannten. Auch überrascht er mit einigen Wendungen und führt einem vor Augen, dass die Welt nicht nur schön und bunt ist, sondern, dass jedes Handeln eine Konsequenz hat und dabei auch schnell den eigenen Tod nach sich ziehen kann. Auch wenn Dystopien und Weltuntergangs-Szenarien nichts neues in der Literatur sind, gefällt mir persönlich der Fokus auf den Überlebenskampf und den Durst nach mehr Wissen sehr. Ich bin daher gespannt, ob die Menschen es zumindest in dieser Graphic Novel schaffen ihre Differenzen zu überwinden und zusammenzuarbeiten. Des Weiteren möchte ich mehr über die genauen Clan-Strukturen und die dystopische Welt erfahren. Denn es sind noch einige Fragen offen, die Lust auf mehr machen.
© Splitter Verlag
Veröffentlichung: 15. Dezember 2021