Blood on the Tracks
Liebevoll und fürsorglich soll eine Mutter sein und ihr Kind soll sie gut erziehen. Doch es gibt genügend Elternteile, die ihren Nachwuchs vernachlässigen oder genau das Gegenteil tun, nämlich ihn zu sehr zu verhätscheln. Noch schlimmer ist es, wenn die Mutter sich an ihr Kind regelrecht klammert, sodass jenes kaum Freiheiten hat. Letzteres wird im Werk Blood on the Tracks von Shuzo Oshimi (Die Blumen des Bösen – Aku no Hana) behandelt. Es ist eine Ansammlung von psychologischen Themen in Form von Manipulation, Wahnsinn und Trauma, die bereits am Ende des ersten Bandes eskalieren. Seit September 2022 ist der Titel bei Manga Cult erhältlich und dies ist die bisher längste Serie von Shuzo Oshimi, denn Blood on the Tracks hat mit 13 Bänden gerade einmal den Prolog abgeschlossen, mit Band 14 startet erst die Hauptgeschichte.
Seiichi Osabe scheint sich glücklich schätzen zu können, denn er hat liebevollen Eltern, die sich um ihn kümmern. Besonders seine Mutter Seiko sorgt sehr fürsorglich für ihn, auf Außenstehende erweckt es allerdings den Eindruck, dass sie ihn verhätschelt. Er selbst schätzt sich glücklich und tut alles für seine Mutter, selbst wenn er dafür zurückstecken muss. Der Besuch seiner Tante und seines Cousins Shigeru an jedem einzelnen Wochenende durchkreuzt alle seine Pläne mit Freunden, doch er nimmt dies für seine Mutter auf sich. In den Sommerferien unternehmen die Familien einen Ausflug in die Berge und dort kommt es zum unheilvollen “Unfall”. Seiichi und Shigeru nähern sich einer Klippe und Shigeru albert herum, weshalb es seinem Cousin zu gefährlich wird. Seiko kommt hinzu und als ihr Neffe droht abzustürzen, rettet sie ihn zwar, aber stößt ihn anschließend selbst hinunter.
Ein Unfall, der keiner war
Originaltitel | Chi no Wadachi |
Jahr | 2017 |
Band | 2 / ? |
Genre | Drama, Thriller |
Mangaka | Shuzo Oshimi |
Verlag | Manga Cult |
Veröffentlichung: 1. September 2022 |
Die Tat seiner Mutter erschüttert Seiichi zutiefst und ist zugleich verwirrt. Denn sie schreit direkt nach ihrer Tat um Hilfe und scheint selbst bestürzt über den Vorfall zu sein. Doch sie war es doch, die Shigeru erst in den Abgrund gestoßen hat. Niemand in der Familie ahnt etwas, als sie die vollkommen aufgelöste Frau finden und sich anschließend auf die Suche nach dem Verunglückten machen. Den sie nach einiger Zeit auch schwer verletzt vorfinden. Im Krankenhaus stellt sich heraus, dass er wahrscheinlich nicht mehr aufwachen wird. Zudem werden sie von einem Polizisten über den Unfall befragt, Seiko erzählt diesem ihre Version der Dinge. Dies bringt Seiichi in eine Zwickmühle, da es ja so nicht passiert ist, doch er lügt letztlich für seine Mutter. Dies wird nicht der einzige Gefallen an ihr bleiben. Denn als Seiko ihn bittet, den Liebesbrief seiner Mitschülerin zusammen zu zerreißen, stimmt er zu.
Seikos Psyche
Man muss nicht unbedingt Psychologie studiert haben, um festzustellen, dass mit Seiichis Mutter etwas nicht stimmt. Sie hat direkt nach dem Vorfall ein seliges Lächeln im Gesicht, doch kurze Zeit später kreischt sie vor Entsetzen, verfällt in Starre und hat als die anderen dazukommen eine Geschichte parat. Als sie aber wieder alleine mit Seiichi ist, murmelt sie Dinge vor sich hin, die gar nichts mit dem Vorfall zu tun haben. Zudem sollte hervorgehoben werden, dass sie Seiichi manipuliert, vielleicht unterbewusst, aber sie tut es. Bereits im ersten Band wird dies sichtbar, als sie ihn vom Besuch seines Cousins erzählt. Sie sagt zwar, dass es nichts macht, wenn Seiichi verhindert ist, doch ihr Blick und vielleicht ihre Stimme (die man im Manga ja nicht vernehmen kann) haben ihn dazu bewegt, seine Pläne zu ändern. Deutlicher wird es aber in Band 2, als sie erfährt, dass sich eine Mitschülerin für ihn interessiert. Zudem muss Seiichi versprechen, immer auf seine Mutter zu hören, wenn sie ihn nicht verlassen soll.
Erster Eindruck
Man ist mit den Bänden von Blood on the Tracks relativ schnell durch. Dies liegt in erster Linie an den sehr großen Panels und oft sprechen die Zeichnungen mehr als jedes Wort, weshalb an einigen Stellen auch nicht viel Text steht. Dies baut eine starke Atmosphäre auf, die den Leser vollkommen in seinen Band schlägt. Andererseits ist die Handlung aufgrund der psychologischen Themen auch nicht unbedingt leichte Kost und deshalb auch nicht für jeden geeignet, der damit ein Problem hat. Der Kuss in Band 2, der zwischen Mutter und Seiichi fällt, könnte so einigen auch aufstoßen. Die Charaktere an sich sind bis auf Seiko eigentlich noch nicht wirklich etwas Besonderes. Erst sie und die Beziehung zu ihrem Sohn machen Blood on the Tracks zu einer außergewöhnlichen Serie, gerade weil es kontroverse Stellen in dem Manga gibt. Wer damit keine Probleme hat, kann hier eine faszinierende Geschichte entdecken.
© Manga Cult
Veröffentlichung: 1. September 2022