Fire Punch
So höllisch heiß die Flammen auf dem Cover von Tatsuki Fujimotos Fire Punch auch lodern, inhaltlich ist Eiszeit angesagt. In einer postapokalyptischen Zukunft ist alles von Eis überzogen und der Kampf ums Überleben macht aus der Geschichte einen wahren Survivalthriller. Wer denkt, dass es hier nur um Superkräfte geht, der irrt sich! Der von Kazé Manga im Mai 2018 veröffentlichte erste Band (von insgesamt acht) ruft die verborgensten Abscheulichkeiten des Menschen in dessen härtesten Zeiten hervor: Rau und von den niedersten Instinkten getrieben. Kein Titel für eine zartbesaitete Leserschaft.
Die Eishexe hat die Welt in ein frostiges Ödland verwandelt und die Lebensbedingungen der Menschen merklich beeinträchtigt. Es herrschen nicht nur Hunger und Kälte, der mentale Zustand vieler Menschen ist ebenfalls bedenklich. Auch die verwaisten Geschwister Agni und Luna kämpfen ums Überleben. Doch dies unter besonderen Bedingungen: Luna und Agni sind “gesegnet”. Das bedeutet, dass sie die Fähigkeit des Regenerierens besitzen, wodurch eine nachwachsende Nahrungsquelle besteht – nämlich sie selbst und mit Menschenfleisch lässt es sich überleben. So mancher Mensch verweigert den Verzehr von Menschenfleisch und verhungert schließlich. Als Luna eines Tages den falschen Menschen zum Opfer fällt, entbrennt in Agni das Feuer der Rache.
Grausame Welt
Originaltitel | Fire Punch |
Jahr | 2016 – 2018 |
Bände | 1 / 8 |
Genre | Fantasy, Action |
Autor | Tatsuki Fujimoto |
Verlag | Kazé Manga |
Bereits die Einstiegsszene des ersten Bandes hat eine verstörende Wirkung: Luna hackt ihrem Bruder einen Arm ab. Und das nicht etwa um selbst zu überleben, sondern eine Frau in Not vor dem Hungertod zu bewahren. Die Geschichte führt mit Agni und Luna zwei fürsorgliche Charaktere ein, die gewissermaßen Glück im Unglück haben. Denn die seltsame Gabe, Körperteile nachwachsen zu lassen, kommt gelegen in einer Welt, in der Ressourcenknappheit herrscht. Als wäre das nicht schlimm genug, greift die älteste Devise der Welt: Der Stärkere überlebt. Und das in allen Facetten: Dörfer werden geplündert, Frauen sind Männern unterlegen werden versklavt. Entweder sie sind jung und müssen für Sex herhalten oder sie sind alt und werden ermordet. In einer Szene werden Männer reihenweise erschossen, was ebenso schockiert wie das kalte Herz des Antagonisten Doma, der einem versklavten Jungen ein besonderes Warmgetränk spendiert – seinen Urin. Man kann nicht oft genug betonen, wie verroht die Welt von Fire Punch ist. Dabei wird alles durchaus unaufgeregt erzählt und es sind nicht die Missetaten, die plakativ in Szene gerückt werden. Viel eher die auflodernden Gefühle des Protagonisten Agni, dessen Qualen in jedem seiner Blicke zu sehen sind.
Zwingt sich auf: Der visuelle Vergleich zu Attack on Titan
Optisch weckt Fire Punch Erinnerungen an anfängliche Bände von Attack on Titan: Die Figuren sind schlicht gezeichnet und weisen ein hohes Maß an Schraffuren auf. Der Minimalismus gilt aber nicht für Nahaufnahmen, denn besonders Effekte wie Agnis’ Feuer sind sehr detailliert dargestellt. Die Ausmaße seines Brandinfernos hinterlassen beim Leser Eindruck, denn gleich über mehrere Seiten wird gezeigt, wie etwa sein Arm verkohlt und er sich in Schmerzen windet. Das alles ist innerer wie äußerer Ausdruck der Kraft, die in dem Jungen heranwächst. Nicht minder beeindruckend ist der konsequente Einsatz von Licht und Dunkelheit. Mal sind Hintergründe ausschließlich schwarz und demonstrieren eine Endlosigkeit, mal stehen die Figuren vor schneebedeckten Flächen, die nichts als Leere und Trostlosigkeit bieten. In beiden Fällen entsteht ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit.
Erster Eindruck:
Der Einstiegsband von Fire Punch geht unter die Haut. Ich bin sehr überrascht, wie schonungslos es hier zugeht und dass Erwachsene noch nicht einmal vor Kindern Halt machen, wenn es darum geht, Triebe wie Hunger und Fortpflanzung zu stillen. Das macht Fire Punch zu starkem Tobak und einem sicheren Titel für eine erwachsene Leserschaft, die sich für dystopische Welten begeistern kann. Wer optisch mit Attack on Titan nicht warm werden kann, dürfte auch hier seine Schwierigkeiten haben. Alle, die darüber hinwegsehen, werden mit einem neugierig machenden und alternativen Survivalthriller belohnt.
Zweiter Ersteindruck:
Ich bin schon vor der Lizenzierung von Kazé Manga auf die Serie gestoßen, als ich im japanischen Amazon gestöbert habe. Zu dem Zeitpunkt war in Japan erst ein Band erschienen. Sofort sprang mir das Cover von Band 1 ins Auge und ich dachte mir, dass das zu 100% ein Manga für mich sein würde, was die Leseprobe bestätigte. Der Inhalt ist wirklich hart und ich kann den Aufkleber von Kazé, der sich auf der Folie mit der Aufschrift ”empfohlen ab 18” befindet, auch nachvollziehen. Ich selbst komme mit solcher Art von Serien gut klar, aber alle anderen sollten wissen, worauf sie sich hier einlassen. Ich denke, die Serie dürfte Fans von Berserk, Tokyo Ghoul oder Attack on Titan ansprechen. Was hier aber wirklich heftig ist, dass der Protagonist eine lebende Feuerfackel ist. Allein die Vorstellung von den Qualen lässt mich zusammenzucken. Wer würde sich da nicht an den Übeltätern rächen wollen? Rache ist generell immer ein gutes Thema für Mangas. Fire Punch trifft mit der dystopischen Welt ganz meinen Geschmack, aber nachts würde ich mir so einen Manga nicht durchlesen, weil dann Albträume vorprogrammiert wären. Kazé Manga hat sich für Fire Punch eine ganz besondere Aufmachung einfallen lassen, die mich beim Auspacken etwas verwirrt hat. Nämlich die Klappbroschur, die etwas anders gemacht ist, als die üblichen Klappenbroschuren. Diese wird es laut dem Verlag auch nur in der Erstauflage geben.