Rache schmeckt süß

Was gibt es Schöneres als filigrane und detailreiche Süßigkeiten, die nicht nur umwerfend schmecken, sondern auch mit ganz viel Liebe und Herzblut hergestellt werden? Für die Protagonistin Nao in Rache schmeckt süß ist es ein Traum, einmal selbst Konditorin zu werden und andere glücklich zu machen. Genau wie ihre Mutter es immer tat. Wie schnell sich Lebensfreude und das pure Glück in Verzweiflung und Grauen ändern können, zeigt Natsumi Ando (Kitchen Princess) in ihrem Werk, das seit Oktober 2021 bei Kazé Manga in Deutschland erscheint. In Japan ist das Mystery-Romance-Drama bereits mit 16 Bänden abgeschlossen. Raus aus der Schule zeigen hier Erwachsene im Berufsalltag ihr Können. Doch Süßigkeiten schaffen es nicht, sich über Intrigen, Standesunterschiede, Sinneswandel, Mysterien und den Wunsch nach Rache zu stellen. Doch möglicherweise sind die süßen Speisen der Schlüssel zu den Geheimnissen der letzten 15 Jahre.

   

Bereits als Kind führt Nao ein süßes Leben. Als Tochter einer Konditorin lebt sie mit ihrer Mutter auf dem Gelände der berühmten Confiserie Kogetsuan. Mit Tsubaki, dem Sohn des Inhabers, hat sie einen Freund in ihrem Alter gefunden. Alles scheint perfekt zu sein. Bis zu dem Abend, an dem der Chef des Kogetsuan tot aufgefunden wird. Tsubaki zeigt mit dem Finger auf Naos Mutter, als es darum geht, den Mörder zu finden. Sie wird verhaftet und stirbt wenig später bei den Verhandlungen. 15 Jahre später ist Nao trotz der schrecklichen Geschehnisse der Liebe zu Süßigkeiten treu geblieben und führt den Weg ihrer Mutter fort. Bei der Verkostung von Süßspeisen für eine Hochzeit trifft Nao auf einen Konkurrenten, der kein anderer als Tsubaki ist. Er erkennt sie nicht, sieht in ihr allerdings einen Nutzen und bittet Nao, ihn zu heiraten. Nach einem Brief ihrer Mutter mit den Worten “Ich war es nicht!” beschließt Nao ins Kogetsuan zurückzugehen um herauszufinden, was damals passiert ist und schwört Rache.

Die Leiden der Vergangenheit

Originaltitel Watashitachi wa douka shite iru
Jahr 2017
Band 1 / 16
Genre Romanze, Drama
Mangaka Natsumi Ando
Verlag Kaze Manga (2021)
Veröffentlichung: 7. Oktober 2021

Natsumi Ando präsentiert den Lesenden einen gefühlvollen Anfang in die Welt von Rache schmeckt süß. Wie der Titel bereits sagt, handelt es sich erstmal nicht um eine Liebesbeziehung zwischen zwei Personen, sondern eher um andere Empfindungen. Ein junges Mädchen, das alles hat, was es glücklich macht, eine liebende Mutter, einen Freund, der den Tag verschönt, während die Mutter arbeitet und ein Haus voller Süßigkeiten. Was will man mehr? Doch plötzlich kommt ein dunkler Schatten, Naos Mutter ist weg, den Freund gibt es nicht mehr und das Zuhause ist ebenfalls verloren. Auch 15 Jahre später und trotz Nachnamensänderung hängt der Ruf ihrer Mutter noch wie ein Damoklesschwert über Nao. Was Nao will, ist endlich die Wahrheit ans Licht zu bringen. Dafür ist sie bereit, an den gefürchteten Ort ihrer Kindheit zurückzukehren. Eine undurchschaubare Familie, blutbefleckte Süßspeisen, die einen das Fürchten lehren, Naos panische Angst vor roter Farbe, was in ihrem Beruf ein Handicap ist und noch weitere unerwartet Gefühlsmomente erwarten die Lesenden.

Der Teil eines großen Ganzen

Gefühle können auf unterschiedliche Weise wichtige Rollen im Handlungsverlauf spielen. So wird etwa die Beziehung zwischen Nao und Tsubaki thematisiert. Irgendwo tief in ihr kann sie sich noch mit dem kleinen Jungen, der ihr so wunderbare Momente schenkte, sehen. Aber auch dem Erwachsenen Tsubaki kommt sie näher. Der Schein trügt allerdings, denn zunächst schließt sie sich ihrem angeblich zukünftigen Ehemann mit dem Hintergedanken, in die Familie zu kommen, um Rache zu nehmen, an. Das Miteinander ist für beide ein Thema, denn während Nao die Wahrheit über den Mordfall finden möchte, ist sie für Tsubaki eine Art Kampfansage gegen seine Familie. Er möchte keine Zwangsheirat und nutzt Nao als eine Art Komplizin, um seiner Familie eins auszuwischen und die Firma an sich zu reißen. Kogetsuan braucht dazu Stabilität, denn im Lauf der letzten Jahre ließ die Qualität der Süßigkeiten stark nach. Eventuell kommt Nao genau zur richtigen Zeit, denn mit ihrer Erfahrung kann sie frischen Wind in die Confiserie bringen. Als weiterer Teil kommt natürlich die Ermittlung bezüglich des Mordfalls hinzu. Einige Familienmitglieder wirken verdächtig: Tsubakis Mutter, der Großvater und Tsubaki selbst. Sie alle zeigen mehrere Facetten, die undurchschaubar sind. Oder war es am Ende doch Naos Mutter? Weshalb ist sie verstorben? Spannung und Rätsel sind gewiss.

Ohne Arbeit kein Vergnügen

In den verschiedensten Farben und Formen warten die traditionelle japanischen Süßigkeiten auf die Lesenden. Zum Beispiel Wagashi, eine Süßspeise, die aus rein pflanzlichen Rohstoffen wie beispielsweise Bohnenpaste, Reismehl und Zucker hergestellt wird. Zu den Highlights zählen die Detailverliebtheit und die Feinheit der Zeichnungen von Natsumi Ando. Von Vorteil für eine bessere Vorstellung ist die Beschreibung der Farben und Schattierungen der einzelnen Wagashi, da im gesamten Band leider keine Farbseiten enthalten sind. Die oft bei Teezeremonien angebotenen Kleinigkeiten haben zumeist saisonal bedingte Formen und Farben, werden teilweise nur zu bestimmten Jahreszeiten angeboten und tragen oftmals Namen von Naturschönheiten. Im ersten Band von Rache schmeckt süß sind das beispielsweise “Shingetsu”, was Neumond bedeutet und “Hasakura” (belaubter Kirschbaum) sowie “Usuzumi Zakura”, ein uralter und berühmter Kirschbaum aus der japanischen Geschichte. Um etwas über die Konfektherstellung zu lernen, belegte die Mangaka einen Kochkurs und stellte dabei Gebäck in Pflaumen und Kamelienblütenform her. Durch diese Erfahrung gelingt ihr die Beschreibung der Herstellung. Obwohl ihre kreierten Wagashi nicht perfekt waren, lag ihr so viel Herz am Ergebnis, dass die Süßigkeiten ihr fast zu schade zum Probieren waren. Aber nur fast.

Erster Eindruck

Welche enorme Überwindung muss es kosten, an einen Ort zurückzukehren, an dem man alles verloren hat. Nao verfolgen in Rache schmeckt süß immer wieder schreckliche Gedanken an ihre Kindheit. Eine große Herausforderung ist es auch, sich nichts anmerken zu lassen, damit sie von niemandem erkannt wird. Viele Figuren sind schwer einzuschätzen und der Senior-Chef des Kogetsuan wirkt auf den ersten Blick wie ein liebender Großvater, der möchte, dass alle glücklich sind. Im nächsten Moment gibt er seinem Enkelsohn eine Ohrfeige und droht ihn rauszuwerfen. Genauso Tsubakis Mutter, deren furchteinflößender Blick es einem eiskalt den Rücken hinunterlaufen lässt. “Undurchschaubar” beschreibt beinahe alle Charaktere. Tsubaki geht in seiner Arbeit auf und die Kundschaft glücklich zu machen, ist sein oberstes Ziel. Dafür verzeiht er keine Fehler. Natsumi Andos Zeichnungen sind sehr detailliert und auch die traditionelle japanische Kleidung der Figuren fällt sehr ansprechend aus. Nach dem Auftakt ist die Neugier definitiv geweckt und in 16 Bänden kann sehr viel passieren. Welche Geheimnisse und Rätsel noch gelöst werden, bleibt abzuwarten.

© Kazé Manga


Veröffentlichung: 7. Oktober 2021

Sapamo

Sapamo liebt Geschichten aller Art. Für die nah am Wasser gebaute Romantikerin steht das Thema Liebe in Erzählungen ganz weit oben. Seien es Romane, Manga oder Anime. Nachdem sie tagsüber jede Menge Bücher der unterschiedlichsten Art in Regale oder auf Bücherwagen gelegt hat, entspannt sie sich abends gerne mit einer guten Lektüre. Gerne lässt sie auch einen kleinen weißen Ball über die Platte hüpfen und genießt den Besuch eines Musicals.

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