Detektiv Conan – 6. Film: Das Phantom der Baker Street
Conan Edogawa im London des 19. Jahrhunderts. Allein dieser Satz genügt, um viele Fans neugierig zu machen. Fällt dann auch noch der Name Sherlock Holmes, gibt es kein Halten mehr. Genau das erwartet die Zuschauer im Film Detektiv Conan – Das Phantom der Baker Street. Von Studio TMS Entertainment (Orange) produziert, startete der Film 2002 in den japanischen Kinos und wurde 2008 bei Kazé Anime (One Week Friends) in Deutschland auf DVD veröffentlicht. Die Beobachter dürfen sich auf ein phänomenales Spiel um Leben und Tod, Hetzjagden durch das historische London und einen verzwickten Fall, den Vater und Sohn zu lösen versuchen, freuen. Hinzu kommt ein helfender Charakter, den viele von Romanen aus der Feder Sir Arthur Conan Doyles kennen dürften.
Conan Edogawa, Ran Mori und die Detective-Boys gehören zu einer Gruppe von 50 Auserwählten Kindern, die das Virtual-Reality-Game “Cocoon” testen dürfen. Es handelt sich dabei um ein Spiel, in dem die Menschen Kapseln in Form eines Kokons betreten und in Hypnose versetzt werden. Durch ein Empfindungssimulationsgerät und ein elektronisches Spracherkennungssystem betritt der Spieler eine virtuelle Welt und kann dort interagieren. Jedoch wird kurz vor Spielbeginn Kashimura, der Chefentwickler der Plattform kaltblütig ermordet, woraufhin das Rätseln beginnt. Conan betritt die Spielplattform, da er vermutet, dort Hinweise auf den Täter zu finden, während sein Vater Yusaku Kudo, der bei der Entwicklung von “Cocoon” mitgeholfen hat, vor Ort ermittelt. Damit nicht genug folgt der nächste Schlag. Die künstliche Intelligenz „Arche Noah“, eine Art Virus, übernimmt die Kontrolle über den Server und blockiert jegliche Zugriffe von außen. 50 Kinder sind nun im Spiel gefangen und müssen um ihr Leben kämpfen. Sollte es einem der Kinder gelingen, das Spiel zu gewinnen, sind sie in Sicherheit, ansonsten wartet der sicher Tod.
Wiederholte Fehler der Menschheit
Originaltitel | Meitantei Conan: Baker Street no Bourei |
Jahr | 2002 |
Laufzeit | 100 Minuten |
Genre | Krimi, Action |
Regisseur | Kenji Kodama |
Studio | TMS Entertainment |
Mit mehreren heftigen Szenen beginnt der sechste Film Detektiv Conan – Das Phantom der Baker Street. Nicht nur Kashimura wurde ermordet, sondern in der Vergangenheit hat sich ein Junge namens Hiroki Sawada das Leben genommen. Er war hochbegabt, hatte keine Freiheiten, durfte nie mit anderen Kindern spielen und wurde ständig überwacht. Durch ihn entstand die künstliche Intelligenz „Arche Noah“, die nun den Kindern das Leben schwer macht. Durch die Gefangennahme der Mädchen und Jungen wird ein Blick auf das Thema Gesellschaftskritik geworfen. Wie Ai bereits passend formuliert, wird der Sohn eines korrupten Politikers in der Regel selbst ein korrupter Politiker und ein Arzt, der nur Wert auf Profit legt, gibt das Ganze ebenfalls an seinen Nachkommen weiter. Die Vererbung von Posten wird stark kritisiert, denn dies hat zur Folge, dass sich wenig ändert und die Fehler der Menschen wiederholt werden. Und genau das will „Arche Noah“ verhindern, indem es einen Reset Japans durchführt und so die teilnehmenden Kinder, die zum Großteil aus berühmten und einflussreichen Familien stammen, ausschaltet. Was sich brutal anhört, ist allerdings ein Thema, das zum Nachdenken anregt.
Zu früh gefreut
Jeder Detektiv Conan Film lädt natürlich zum Miträtseln ein. Wer allerdings hofft, den Mörder überführen zu können, kommt hier nicht auf seine Kosten. Denn im Gegensatz zu vielen Detektiv-Geschichten wird gleich zu Beginn verraten, wer wie wann und wo den Chefentwickler des Spiels umbringt. Einzig das Motiv steht noch im Raum. In zwei parallel verlaufenden Teilen, die allerdings miteinander verknüpft sind, wird ermittelt. Conan ist sich sicher, dass der Schlüssel zur Lösung des Mordes an Kashimura im Spiel versteckt ist, während sein Vater Yusaku versucht, den Fall in der Realität zu lösen. Ein interessanter Handlungsverlauf, der zwischen der realen und der virtuellen Welt hin und her springt. Definitiv verschwendet der Film nicht viel Zeit.
Für jeden ist etwas dabei
Für viele Gamefans wäre “Cocoon” mit Sicherheit ein Highlight. Nach dem Betreten einer Plattform finden sich die Teilnehmer vor fünf Türen wieder, die verschiedene Welten zeigen. In diesen Szenarien wird eine Seefahrt mit den Wikingern angeboten, das Erleben der Rallye Dacar, der Kampf mit Gladiatoren im Kolosseum, die Suche nach dem Schatz des König Salomon und die Jagd von Jack the Ripper im London des Jahres 1888. Für welche Welt sich Conan entscheidet dürfte auf der Hand liegen, selbst wenn der Titel des Films nicht bekannt wäre. Gemeinsam mit Ran, Ayumi, Genta, Mitsuhiko, Ai und vier weiteren Jungs macht sich Conan auf den Weg den berüchtigten Serienmörder, das Phantom der Baker Street, zu fassen. Eine wirklich spannende Story, an der nichts auszusetzen ist. Allerdings wäre es für einen Gamer interessant zu wissen, wie der Ablauf in den anderen Welten ist. Kurze Einblicke wären eine passende Abwechslung, jedoch erfährt der Zuschauer immer nur, wenn ein Kind auf einer anderen Plattform ausscheidet. Zum Großteil sind die Kinder zwischen sechs und acht Jahren alt, weshalb es bei genauen Überlegungen etwas hart wirkt, sie im Kolosseum mit Gladiatoren kämpfen oder mit einem Rennauto durch die Wüste brettern zu lassen.
Der Schüler und sein Meister
Was geschieht, wenn sich Realität und Fiktion verknüpfen, lässt sich am Beispiel dieses Spiels deutlich sehen. Ein kleiner Junge aus dem Japan des 21. Jahrhunderts läuft durch das London des 19. Jahrhunderts, sucht Sherlock Holmes und jagt Jack the Ripper. Nicht nur Conan, sondern jeder Fan der Geschichten Sir Arthur Conan Doyles wäre begeistert. Im Film treten verschiedene Charaktere aus den Romanen auf, unter anderem Professor Moriarty, Colonel Sebastian Moran, Irene Adler, Mrs. Hudson und natürlich Sherlock Holmes. Inspector Lestrade wird zumindest namentlich erwähnt. Jedoch ist es schade, dass Mr. Holmes nur einen kleinen Auftritt hat und sein Partner Dr. Watson komplett fehlt. Dies hätte dem Film eventuell mehr Potential gegeben, denn wann trifft ein Schüler schon einmal sein großes Vorbild und darf gemeinsam mit ihm ermitteln? Wenigstens kann der Kleine in der Baker Street einmal im Sessel des berühmten Detektivs Platz nehmen.
Ein kurzer Blick ins Buch lohnt sich
Wie in vielen Filmen der Reihe sollten gewisse Vorkenntnisse vorhanden sein. Allerdings ist es um den sechsten Teil zu verstehen nicht zwangsläufig nötig, da Conan auf viele seiner Hilfsmittel, wie das Narkosechronometer oder die Powerkickboots verzichtet und alle Mitwirkenden Charaktere verständlich eingeführt werden. Für offene Fragen bezüglich des Handlungsablaufs lohnt sich ein Blick in das beigefügte Booklet. Auf 20 Seiten werden alle Charaktere, die eine wichtige Rolle in der Handlung einnehmen, vorgestellt. Allen voran Yukiko und Yusaku Kudo (Conan/Shinichis Eltern) die ihren ersten Auftritt in einem Detektiv Conan -Film haben. Außerdem der 10-jährige Hiroki Sawada, der eine große Rolle spielt. Wer wissen möchte, was es mit dem Serienmörder Jack the Ripper auf sich hat, sollte ebenfalls einen Blick ins Buch werfen. Dort lassen sich interessante Details zu besagtem Verbrecher finden. Neben einem Menschen, der wirklich existiert hat, befasst sich ein weiterer Abschnitt des Bonusmaterials mit den Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle, der Welt des Sherlock Holmes und seinen Begleitern.
Alte und neue Gesichter in Farbe und Ton
2018 erschien der sechste Film auf Blu-Ray. Entgegen der DVD-Fassung, die bereits seit 2008 in Deutschland auf dem Markt ist, wurde sowohl die Optik des Bildes als auch der Ton verbessert. Bei den Bewegungen der Kapseln im Spiel wurden CGI-Effekte eingesetzt. Diese wirken jedoch nicht störend, da sie sich nur auf wenige Szenen begrenzen. Allerdings wurde im Menü eine Galerie mit verschiedenen Skizzen gestrichen, die dagegen in der DVD-Version zu sehen ist. Wie in vorangegangenen Filmen der Reihe schlüpfen auch hier bekannte Synchronsprecher in ihre Rollen. So ermittelt Tobias Müller (Subaru Sumeragi, X) als Conan/Shinichi während ihm Giuliana Jakobeit (Tomoyo Daidouji, Card Captor Sakura) als Ran Mori den Rücken frei hält. Rüdiger Evers (Meister Kaio, Dragon Ball Z) lädt als Professor Hiroshi Agasa zum Rätseln ein, während der mysteriöse Thomas Schindler, gesprochen von Elmar Gutsmann (Mr. Satan, Dragon Ball Z), für Aufregung sorgt. Star-Autor Yusaku Kudo feiert mit seinem Sprecher Thomas Petruo (Biff Tannen, Zurück in die Zukunft) sein Debüt in einem Detektiv Conan-Movie. Alle gemeinsam schaffen es wieder einmal, die Emotionen der Charaktere passend ins Deutsche zu übertragen. Einzig die Aussprache des Namens der amerikanischen Opernsängerin Irene Adler erinnert in der deutschen Version eher an einen Greifvogel. Das Ending “Everlasting” der Band B’z nimmt die Zuschauer mit ins London des 21. Jahrhunderts. Einige der gezeigten Sehenswürdigkeiten, wie der Big Ben können so gut mit den Stadtteilen aus dem Anime verglichen werden.
Fazit
Für mich als großen Sherlock Holmes-Fan gilt Detektiv Conan – Das Phantom der Baker Street bislang als der beste Teil der Filmreihe. Die Einleitung und die Geschichte rund um Hiroki nehmen mich jedes Mal wieder mit, wenn ich den Film ansehe. Es ist einfach traurig zu sehen, was dieser Junge alles mitmachen muss. Die Idee mit dem Virtual-Reality-Game “Cocoon” gefällt mir sehr gut und wie Conan hätte auch ich mich vermutlich für das gute alte London entschieden. Es ist nur sehr schade, dass man als Zuschauer gar keine Möglichkeit hat zu erfahren, was die Kinder in den anderen vier Welten erleben, was für Aufgaben sie meistern müssen und wie es dort aussieht. Wer mich überrascht, ist Ran. Sie packt ihr ganzes Wissen über Sherlock Holmes aus und gemeinsam mit Conan ermittelt sie. Obwohl sie immer sagt, dass der Holmes-Freak sie mit seinen Anekdoten genervt hat, konnte sie sich viel merken und gerade in gewissen Situationen ist es sehr hilfreich. Mich freut es sehr, dass Conans/Shinichis Eltern einen Auftritt haben. Nicht nur in der Realität sondern auch im Spiel darf Conan sich mit ihnen unterhalten und sie gehen in ihren Rollen wirklich auf. Trotz der eher düsteren Stimmung durch den Serienmörder Jack the Ripper gibt es humorvolle Szenen, bei denen man gut lachen kann.
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Was hat mich dieses englische Gequatsche gleich zu Beginn vielleicht irritiert 😀
Ich muss sagen, dass Virtual Reality heute sicher kein Thema mehr ist, mit dem man einen Blumentopf gewinnt. Aber für einen Film aus dem Jahr 2002 bin ich grade schon ein wenig euphorisch, wie modern das Thema vor 17 Jahren doch war. Zwar weigerte ich mich, die Kapseln hier näher zu hinterfragen, weil ich mir das nicht auch noch kaputt machen will (bei Conan steht so ziemlich alles auf wackeligen Beinen), doch summa summarum ist das eine runde Sache. Auch, dass diese Technik erstmal nur auserwählten Kindern zur Wahl steht.
Was mir so ein bisschen auf den Keks geht an diesem Film, ist die Idelogie, die wohlwollend als Sozialkritik an der japanischen Gesellschaft dargestellt wird. Man geht also davon aus, dass die Kinder zu stark nach den Eltern kommen. Nun ist hier die Rede von korrupten Politikern, bösen Ärzten, etc. Als gäbe es nur boshafte Personen in hohen Ämtern und es stünde jetzt schon fest, dass es in Zukunft keine Änderung geben wird. Das finde ich schon enorm schmalspurig gedacht. Den guten Arche Noah konnte ich nach dem 50x “Reset” ganz und gar nicht mehr ernst nehmen.
Die Story um Jack the Ripper gefällt mir recht gut. Die Gruppe kommt ja richtig herum. Was ziemlich meinen Geschmack trifft, ist die sukszessive Dezimierung der Gruppe mit dem anschließenden Auflösen. Da kommt ordentlich Dramatik auf, weil die Lasten auf Conans Schultern immer größer werden. Auch, wenn wir natürlich wissen, dass er es am Ende schaffen wird. So sind am Ende nur noch Ran, Hideki und Conan übrig. Bester Moment des Films ist die Identifizierung Jacks im Zug. Wobei ein schlanker Ringfinger alleine wieder sowas ist, worüber man streiten könnte und ich glaube auch nicht, dass man das einem Menschen sofort ansehen kann.
Unter den ersten sechs Detektiv Conan-Filmen ist dies der beste.