Gunslinger Girl (Staffel 2): Il Teatrino
Zeit für die zweite Runde! Fünf Jahre nach Gunslinger Girl Staffel 1 erschien 2008 die zweite Staffel Il Teatrino in Japan. Anders als ihr Vorgänger wurden die 13 regulären TV- sowie die zwei OVA-Episoden von Staffel 2 unter der Regie von Rei Mano von Studio Artland produziert. Noch immer geht es dabei aber um die Duos, bestehend aus einem überstarken Cyborg-Mädchen und seinem Betreuer, die im Verborgenen italienische Staatsfeinde auslöschen. Erstmals erschien die Staffel 2 der dramatischen Anime-Serie hierzulande 2009 auf einzelnen DVDs und 2011 als Komplettbox, doch wie bereits Staffel 1 spendierte Hardball Films auch Gunslinger Girl: Il Teatrino eine Neuauflage. Die Gesamtausgabe erschien am 7. Juli 2022 sowohl auf DVD als auch erstmals auf Blu-ray.
Henrietta, Rico, Triela, Claes und Angelica sind weiterhin mit ihren Fratello-Partnern im Einsatz der Regierung. Das wird nötiger denn je, da die Republikaner und weitere Fraktionen immer aktiver werden und Italien noch immer von Terroranschlägen in Angst und Schrecken versetzt wird. So macht ihnen ein junger Mann namens “Pinocchio”, der von klein auf zum Killer ausgebildet wurde, Probleme. Er scheint es nämlich gar mit Triela aufnehmen zu können, obwohl diese doch ein modifizierter Cyborg ist! Auch das Bombenleger-Duo Franka und Franko ist mit von der Partie und plant einen größeren Anschlag …
Mehr Fokus auf dem Plot
Originaltitel | Gunslinger Girl: Il Teatrino |
Jahr | 2008 |
Episoden | 13 (in Staffel 2) |
Genre | Drama, Science-Fiction, Action |
Regie | Rei Mano |
Studio | Artland |
Veröffentlichung: 7. Juli 2022 |
Anders als Staffel 1 legt Il Teatrino einen Fokus auf die Handlung (und somit die Bedrohung durch die Republikaner und weitere Staatsfeinde wie den Padaniern), welche im Vorgänger noch mehr einen Rahmen für die Erzählungen um die Figuren darstellt. Dementsprechend geht es actionreicher zu, gleichzeitig bleibt das Erzähltempo dennoch überraschend ruhig. Das Skript nimmt sich viel Zeit für die Charaktere, diesmal steht aber eine ganz neue Figur im Zentrum: der junge Killer Pinocchio. Er wurde zum Töten erzogen (und ein erster Rückblick, in dem er als kleiner Junge ein wahres Massaker anrichtet und sogar ein anderes Kind tötet, macht dies deutlich) und ist seinem Ziehvater, dem Padanier Cristiano, treu ergeben, doch es fehlt ihm an Lebenserfahrung. Auch deshalb fungiert er als eine Art Spiegel zu Triela: Beide können nur töten und stellen doch in ruhigen Momenten fest, dass ihnen das so fremde Leben als normaler Mensch gar nicht so wenig gefallen würde. Als spannend präsentiert sich ebenfalls das Duo Franko und Franka, die nach ihrem noch eher sekundären Auftritt in Staffel 1 nun ein vielschichtiges Profil erhalten. Beide Figuren sind keinesfalls eindimensional, sondern komplex und ebenso moralisch nicht eindeutig als pure Antagonisten anzusiedeln. Gerade ihre Beziehung zueinander und ihre Motivation sind dabei interessant. Obwohl es dadurch einige Episoden gibt, in denen die Gesellschaft für Soziale Wohlfahrt und die Fratello-Paare nahezu keinerlei Screentime bekommen, sind diese somit keinesfalls langweilig oder unwichtig.
13 oder 15 Episoden?
Auf den ersten Blick scheint Staffel 2 ebenso wie die erste Staffel 13 Episoden zu umfassen, was aber täuscht. Zwar endet der zentrale Handlungsstrang in der 13. Episode und es wurden auch nur so viele Folgen im japanischen TV ausgestrahlt, aber genau genommen umfasst die Staffel 15 Folgen. Die Episoden 14 und 15, die nahtlos und chronologisch an das “Finale” anknüpfen, wurden nämlich als OVAs veröffentlicht (OVA = Original Video Animation, die Episoden wurden also nicht im TV ausgestrahlt, sondern nur auf der Disc-Auswertung veröffentlicht). Allerdings sind die beiden OVAs fast schon für sich stehend, da sie sich mit einem einzelnen Auftrag sowie einer Urlaubsreise auseinandersetzen. Unwichtig sind sie dadurch aber nicht. Im Gegenteil: Episode 14 liefert interessante Hintergründe zu den politischen Spannungen in Italien und den verschiedenen Fraktionen, während Episode 15 die Hintergrundgeschichte der Brüder Jose und Jean vertieft. Hintergrundgeschichten sind sowieso einmal mehr ein zentrales Element. So erfahren wir endlich mehr davon, wie es Triela vor ihrer Umwandlung zu einem Cyborg ergangen ist. Angedeutet wurde dies schon in Staffel 1, doch der Rückblick dazu schockiert dennoch und macht erneut deutlich, dass Gunslinger Girl schwere Kost bleibt. Schade: Während Triela als Hauptcharakter der Staffel betrachtet werden kann, bleiben Figuren wie etwa Henrietta und Rico in der Staffel sehr blass, obwohl sie in der ersten Staffel noch so komplex und interessant aufgebaut wurden. Grundsätzlich zeigt sich Il Teatrino in diesem Bereich als etwas schwächer, da eben nicht mehr so viel Zeit für die Psyche der Mädchen bleibt (eine rein auf Claes zentrierte Episode zeigt aber, dass dieser Aspekt nicht vollkommen gestrichen wurde).
Anders als Staffel 1 – und somit schlechter?
Nicht zu übersehen ist das neue Charakterdesign der zweiten Staffel, das deutlich anime-typischer daherkommt und die Mädchen jünger wirken lässt. Damit zeigt sich die Adaption nun den Figuren aus der Manga-Vorlage ähnlicher, gleichzeitig büßt sie ihren reiferen und einzigartigen Stil ein. Auch unter Fans herrscht hierbei Uneinigkeit: Einige loben die größere Nähe zur Vorlage, andere kritisieren das deutlich buntere und niedliche Gesamtbild als unpassend zum Ton der Serie. Letzten Endes bleibt es Geschmackssache, welcher Stil bevorzugt wird. In jedem Falle gewöhnt man sich spätestens nach einigen Episoden daran. Dennoch büßt die Staffel durch das neue Design in der Tat etwas an Ernsthaftigkeit ein, da gerade der realistischere und schlichte Stil von Staffel 1 diese von anderen Anime-Produktionen abgehoben hat. Als etwas irritierend präsentiert sich auch die Tatsache, dass Angelica (die auch plötzlich braune anstatt schwarzer Haare hat), die im Finale der ersten Staffel in ihrem Krankenbett entschlafen ist, nun nach einer Regenerationsphase doch noch lebt. Vermutlich wurde dieser Umstand korrigiert, da Angelicas Tod in der ersten Staffel so nicht in der Vorlage zu finden ist und damals schlicht nicht abzusehen war, dass es doch noch weitere Episoden geben würde. Zudem war an Il Teatrino Yu Aida, der Mangaka der Manga-Vorlage, beteiligt, was in der Vorgängerstaffel noch nicht der Fall war. Es kann somit sein, dass der Gunslinger Girl-Erschaffer selbst einige der Änderungen gewünscht hat. Die Musik präsentiert sich hingegen trotz deutlich weniger melancholischen Tönen wieder als sehr gelungen. Gerade das Opening “Tatta Hitotsu no Omoi” von Sängerin Kokia zeigt sich als ein echter Ohrwurm. Fest steht, dass Staffel 2 somit einiges anders macht, aber dennoch eine runde und sehr gelungene Fortsetzung darstellt.
Wundervolle Gesamtausgabe, mäßige Synchronisation
Wie bereits Staffel 1 kommt auch die zweite Staffel in einer schicken Collector’s Edition im Digipack mit Schuber in den Handel. Diese ist wieder mit sehr schicken Motiven gestaltet, wobei ebenso noch drei Postkarten als Extra beiliegen. In jedem Falle reiht sich die hochwertige Veröffentlichung nahtlos an jene der ersten Staffel, sodass Sammler sich nun die komplette Serie als echten Blickfang ins Regal stellen können. Die HD-Fassung der Blu-ray begeistert mit einem strahlenden und glasklaren Bild, das zeitweise vergessen lässt, dass diese Staffel bereits 2008 im japanischen TV ausgestrahlt wurde. Allerdings kann diese Fassung natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Animationen von Artland im Vergleich zu denen von Madhouse in der ersten Staffel doch schlechter ausfallen. Kein Genuss ist hingegen die abermals aus der Erstveröffentlichung übernommene deutsche Synchronisation, die bei TV+Synchron entstand. Die vielen Umbesetzungen sind dabei nicht das Hauptproblem (auch die japanische Synchronisation hat einen nahezu gänzlich neuen Cast), sondern grobe Schnitzer wie eine teilweise fehlerhafte Aussprache. Insbesondere aber der Umstand, dass lediglich vollwertige Dialoge, aber eben nicht Laute wie etwa ein Kichern synchronisiert wurden, fällt negativ auf. Insgesamt wirkt die Synchronisation der zweiten Staffel etwas schlechter als noch in Staffel 1. Nach einigen Episoden hat man sich allerdings auch daran gewöhnt. Auf den Discs selbst sind ebenfalls einige spannende Extras, wie etwa Interviews mit an der Produktion Beteiligten sowie Informationen zu den Originalschauplätzen.
Fazit
Gunslinger Girl: Il Teatrino knüpft trotz vielen Veränderungen nahtlos an Staffel 1 an und überzeugt erneut mit spannenden, komplexen Charakteren und der ernsten Thematik. Auch die Geschichte um Pinocchio sowie der größere Fokus auf Franka und Franko präsentieren sich als sehr gelungen und interessant. Schade nur, dass dafür mit Ausnahme von Triela die so liebgewonnenen Cyborg-Mädchen in den Hintergrund rücken müssen, allerdings wurde für diese Figuren immerhin schon entsprechende Vorarbeit in Staffel 1 geleistet. Insbesondere die Vertiefung der neuen Charaktere, aber auch die weiteren Hintergrundgeschichten von etwa Jose und Jean, sorgen dafür, dass Gunslinger Girl auch in der zweiten Staffel viel mehr als nur einen Girls-with-Guns-Vertreter darstellt. Besonders schön ist dabei, dass die Serie trotz mehr (gelungener) Action und einem größerem Fokus auf einen zentralen Plot weiterhin einen ruhigen Erzählstil pflegt. Wer die erste Staffel mochte, sollte sich also Staffel 2 keinesfalls entgehen lassen – besonders in der erneut so schicken Gesamtausgabe!
© Hardball Films
Veröffentlichung: 7. Juli 2022