Kaina of the Great Snow Sea
40 Jahre Polygon Pictures (Human Lost)! Das feiert Regisseur Hiroaki Andou (Ajin!) natürlich groß und, wie sollte es anders sein, mit einer Anime-Produktion. Dafür tat sich das Studio erneut mit Science-Fiction-Mangaka Tsutomu Nihei (Blame!) zusammen. Kein Wunder, denn ihre letzten Kooperationen waren mit Erfolg verbunden. Doch diesmal streifen wir nicht in einer hochtechnologisiert bebauten Welt umher. Ganz im Gegenteil führt Kaina of the Great Snow Sea zuerst zu den Sternen, denn dessen gleichnamiger Hauptcharakter wandelt auf einer dünnen Membran, die zwischen den Ästen gigantischer Bäume spannt, umher. Eine Prinzessin stellt sein Leben von heute auf morgen aber auf den Kopf. Plötzlich befindet er sich mitten in einem Krieg um nichts Geringeres als Wasser. Seit dem 22. März 2023 liegt die Serie mit elf Folgen bei Crunchyroll vor, weswegen wir uns mitten ins Abenteuer stürzen. Lest nach, ob ihr uns dorthin folgen solltet!
Kaina lebt in einem sehr kleinen Dorf hoch oben in einem gigantischen Orbitalbaum. Zwischen dessen Ästen spannt sich die Himmelsmembran, auf der er täglich zur Jagd aufbricht. Doch genau jene Arbeit wird immer schwieriger. Große Löcher klaffen in der dünnen Haut und die essbaren Insekten nehmen ab. Eines Tages rettet Kaina eine fremde Person, welche mit einem Heißluftballon genau durch eine dieser Öffnungen fliegt und dadurch droht, den Tod im endlosen Sternenhimmel zu finden. Wie sich herausstellt, ist die gerettete Prinzessin Liliha von Atland. Sie ist auf der Suche nach dem “Großen Weisen”, der laut Legende hier oben leben soll und auf alle Fragen Antworten kennt. Jedoch wohnt niemand, auf den diese Beschreibung zutrifft, unter den Dörflern. Für die junge Frau bricht eine Welt zusammen, denn sie braucht Hilfe, um ihr Königreich zu retten. Ein fremdes Reich droht mit Krieg.
Ghibli meets …
Originaltitel | Ooyukiumi no Kaina |
Jahr | 2023 |
Episoden | 11 |
Genre | Abenteuer, Fantasy |
Regie | Hiroaki Andou |
Studio | Polygon Pictures |
Veröffentlichung: 22. März 2023 |
Eine Prinzessin findet einen neuen Verbündeten und muss mit ihm zusammen eine im Sterben liegende Welt retten. Und das, indem sie Mythen und Legenden nachgehen. Was nicht nur nach einer Studio Ghibli-Story klingt, verbirgt sich auch etwas hinter Kaina of the Great Snow Sea. So erinnert die Begegnung von Kaina und Lilitha sehr an das von Pazu und Sheeta aus Das Schloss im Himmel und ihre Beziehung entwickelt sich auch wie jene von Ashitaka und San in Prinzessin Mononoke weiter. Doch um es mit den großen Geschichten von Meister Hayao Miyazaki aufzunehmen, fehlt es Niheis Streich an einigen Ecken an etwas. Zuerst einmal blicken wir allerdings auf die faszinierende Welt, welche sich vor uns ausbreitet. Diese kann sich nämlich mehr als sehen lassen mit ihren gigantischen Bäumen und der wunderschönen seifenblasenartigen Membran.
… Waterworld
Unter eben dieser schönen Schicht verbirgt sich im Gegenzug eine Welt unter seltsamen Schneekugeln, welche die Länder darunter zu ertränken drohen. Dass gerade Wasser das Ziel des Krieges ist, wirkt nur etwas befremdlich. Schließlich liegt zwischen den Bäumen ein riesiges Meer, doch warum dieses nicht nutzbar ist, bleibt unerklärt. Dennoch, wenn wir davon absehen, zieht der Konflikt der wenigen Ressourcen schnell in seinen Bann. Schließlich folgen wir mit Lilitha einer sympathischen starken Dame, die im Laufe der Handlung nicht nur ihrem Reich Frieden bringen möchte. Dass dabei die Geschichte leider immer wieder etwas erzwungen wirkt, ist schade. Genauso, dass manche Lösungen ihnen so einfach vor die Füße fliegen. Verschenktes Potenzial für weitere spannende Minuten wird gerade so zerstört. Die Hoffnung bleibt aber, dass der angekündigte Film die Geschichte passender abrundet, als es die letzte Folge macht, denn ein großes Problem wartet noch auf unsere Helden.
Problem: 08/15-Held
Worunter Kaina of the Great Snow Sea leidet, ist die Emotionslosigkeit seines Protagonisten. So ist Kaina ein junger Mann, der selbst beim Abschied von seiner Heimat den alten Leuten gegenüber, die er Jahre lang versorgte, so gefühllos wie ein Stück altes Brot ist. Es ist nicht so, dass er gar keine Gefühle hegt. Zwischen unserem Heldengespann entwickelt sich etwas Romantisches, was sich sehr natürlich, aber auch klischeehaft anfühlt. Der eine oder andere große Gefühlsausbruch hätte ruhig geschehen dürfen. So hinterlässt der Himmelsjäger bis zum Ende keinen bleibenden Eindruck. Eine Charakterentwicklung findet nämlich gar nicht statt und das bei all dem, was er durchmacht. Immerhin: Er ist ein netter, hilfsbereiter Kerl. Zusammen mit der Prinzessin ergibt sich ein sympathisches Gespann, welchem sich später noch ein liebenswerter Prinz anschließt.
Traumhafte Landschaften
In 40 Jahren Computertechnik tat sich viel. Gerade an den Produktionen des Studios Polygon Pictures lässt sich in diesem Punkt Fortschritt erkennen. Schmachtmomente warten in Hinblick auf die Landschaftsaufnahmen mit der Himmelsmembran auf, welche einfach ein Traum sind. Es ist ein chilliger Anblick, wie Kaina auf jener umherwandert. Im Gegenzug zu dieser Glanzleistung aus CGI schwächelt hingegen die Mimik der Figuren. Mit Blick auf die ebenfalls zur gleichen Zeit produzierten Anime-Serie Trigun Stampede fällt auf, dass eben mehr als nur ein wenig Augenbrauenheben eine Mimik ausmacht. Auch die Kleidung oder die Haare bleiben gerne einmal statisch. Das Charakter-Design stammt ebenfalls von Nihei, welches er an sein Werk Aposimz – Im Land er Puppen anlehnt, was hingegen nichts Schlechtes heißen soll.
Die epische Untermalung
Mit den Soundtracks von 86 Eighty-Six und Attack on Titan: Final Season lässt Kohta Yamamoto Herzen höher schlagen und auch mit Kaina of the Great Snow Sea gelang ihm zusammen mit Musikerin Misaki Umase (Delicious Party Pretty Cure) ein wunderbares Werk. Ruhige wie auch dramatische Stücke fügen sich perfekt die die Handlung ein, ohne zu aufdringlich zu wirken. Auch das angenehm klingende Opening „Telepath“ von Yorushika kann sich mehr als hören lassen. Nur das etwas zu poppige Ending „Juvenile“ von GReeeeN mag nicht so recht zur Serie passen, was einfach daran liegt, dass es eine:n immer regelrecht aufschreckt, wenn die ersten Töne erklingen.
Fazit
Schon einige der Zutaten aus Kaina of the Great Snow Sea hätten zusammen ein großes, episches Werk ergeben. Aber eben nur “hätten”. Denn viele Punkte verschenkt die Geschichte durch zu einfache Wendungen, wodurch das Spannungsgeflecht große Löcher bekommt. Ebenfalls bei den Figuren passiert in Sachen Entwicklung einfach zu wenig. Gerade mit Blick auf ihren Helden, der schlicht ein blasses Persönchen bleibt und daher schnell in Vergessenheit gerät. Lilitha überzeugt da schon mehr. Allgemein schneiden gerade die Frauen sehr positiv ab, denn auf Seiten des Feindes darf eine Lady ein paar tolle Kämpfe liefern. Atemberaubend ist der Anblick des Sternenhimmels und der feinen Membran, von der Zuschauende sich nicht sattsehen werden. Anders als das zu simple Mienenspiel der Figuren. Somit bleibt unter der Schneekugelschicht ein nettes Abenteuer mit verschenktem Potenzial.
© Crunchyroll