Mononoke The Movie 1: The Phantom in the Rain

Dank eines ungewöhnlichen Zeichenstils, einer packenden Handlung und eines mysteriösen Hauptcharakters schafften es Regisseur Kenji Nakamura (Gatchaman Crowds) und sein Team, sich innerhalb der Horror-Anthologie Ayakashi: Japanese Classic Horror hervorzuheben. Was folgte, war mit Mononoke eine eigene Anime-Serie. Genau diese feierte 2022 ihr 15-jähriges Jubiläum und zur Freude aller Fans startet im selben Jahr eine Crowdfunding-Kampagne, welche eine filmische Fortsetzung mitfinanzieren sollte. Recht schnell war das Startziel erreicht und so begann die Produktion, die einige Hindernisse überwinden musste. Am 28. November 2024 feierte Mononoke The Movie: Phantom In The Rain seine weltweite Premiere auf der Streaming-Plattform Netflix. Oder sollten wir besser sagen: Die Ermittlungen beginnen? Schließlich versucht (k)ein einfacher Medizinverkäufer einen übernatürlichen Mord im Harem des Herrschers aufzudecken. Wir werfen einen ganz genauen Blick auf den ersten Streifen der Trilogie. Setzt das Konzept vielleicht mittlerweile zuviel grauen Staub an?

Am Hof des Shoguns laufen die ersten Vorbereitungen für die Geburtsfeier des neuen Nachkommens des aktuellen Herrschers. Die beiden jungen Damen Asa und Kame beginnen genau in dieser stressigen Zeit ihren Dienst im Ooku, dem Bereich, in dem ausschließlich die Konkubinen und ihre Dienerinnen leben. Da die Feier jedoch zwei Monate zu spät stattfindet, also bereits nach der Geburt, sind zwei Inspektoren auf der Suche nach dem Grund und dürfen daher in die Gemächer der Damen vordringen. Ebenso schleicht ein seltsamer Medizinverkäufer um das Eingangstor. Als es plötzlich ein Todesopfer gibt, das auf unnatürliche Weise aus dem Leben schied, bekommt auch der Sonderling eine Erlaubnis. Er kann nämlich erklären, dass ein Mononoke – ein böser Dämon – sein Unwesen treibt. Mit einem besonderen Schwert kann er diesen austreiben, braucht dafür aber drei Dinge: die Form, die Wahrheit und das Motiv.

Warum denn ein anderer Medizinhändler?

Originaltitel Mononoke Movie: Karakasa
Jahr 2024
Genre Horror, Mystery
Regie Kenji Nakamura
Studio EOTA
Laufzeit 89 Minuten
Veröffentlichung: 28. November 2024 auf Netflix

Bereits 2023 sollte Mononoke The Movie: Phantom In The Rain in den japanischen Kinos anlaufen. Allerdings warf ein Skandal um Synchronsprecher Takahiro Sakurai, der den Hauptcharakter vertonte, diesen Plan über den Haufen, denn das Produktionsteam entschied sich, Abstand zu diesem zu nehmen. Da Sprechende eng mit ihren Figuren verknüpft sind, musste sich Regisseur Nakamura etwas einfallen lassen. Dies führt dazu, dass ein ganz neuer Exorzist in diesem Abenteuer in Erscheinung tritt. Dabei handelt es sich nicht nur um einen äußerlich anders aussehenden Herren, nein, dieser Exorzist kommt auch mit ein paar anderen Wesenszügen daher. Gleich zwei Vorteile entstehen dadurch, denn frischer Wind kommt in die Sache und vor allem rückt unser Neuling mit ein paar Erklärungen rund um sich und seine Kollegen heraus! Endlich! Genau darüber verliert der alte wandernde Apotheker nie ein Wort. Natürlich machte dies gerade das Mysterium um ihn so schön, ließ aber auch Wünsche offen.

Perfekter Einstieg für Neulinge

Die Handlung selbst ist so ausgelegt, dass sich gerade Nicht-Kenner der Serie auch wunderbar zurechtfinden. So erklärt unser neuer Ermittler sein Vorgehen und seine Hilfsmittel. Gerade diese sind entsprechend seines Jobs passend, denn mit kleinen Waagen erkennt er die Richtung, in der sich das Wesen aufhält, und mit Bannzetteln konnte gefühlt schon jeder Exorzist etwas bewirken. Das Beste ist aber sein ungewöhnliches Schwert. Beziehungsweise ist der Fakt besser, dass er dieses eben nicht so einfach ziehen kann, sondern erst mehr erfahren muss, weswegen die Handlung zu einem großen kniffligen Kriminalfall im alten Japan mutiert. Wobei vielleicht knifflig etwas zu weit hergeholt ist. Genau hier liegt dann doch das Problem, denn bei einem Ort wie dem Ooku kommt selbst der ungeübteste Sherlock Holmes auf Ideen, was wohl passiert sein könnte.

Willkommen im Reich der Verlockungen und der Machtkämpfe

Bei einem mächtigen Mann und vielen Frauen ist klar, dass klischeehafter Zickenterror und Machtkämpfe an der Tagesordnung stehen. Eben dies erfahren die zwei sympathischen Damen Asa und Kame am eigenen Leib. Den Aufbau und die Bedeutung des Ooku vermittelt der Film, allerdings geht seine politische Rolle doch etwas unter. Dabei sind genug Andeutungen da, dass jede Familie hinter den Damen ihr eigenes Stück vom Reiskuchen haben möchten. Viel eher lernen wir unsere Neulinge kennen und welche Wesenszüge sie unterscheidet. Ein richtiger Schritt, denn so bleiben sie nicht so dünn wie das Papier zwischen den Schiebetüren, ebendies sorgt aber auch dafür, dass der spannende Teil eine Weile in der Warteschlange hängt. Für Kennende der Serie vergeht etwas viel Zeit. Im Grunde ist bekannt, welche Aufgaben vor dem Ermittler liegen. Und dass es sich um ein Monster handelt, legt unser Held auch schnell auf den Tisch. Bleibt hingegen noch das Erscheinungsbild. Außerdem klassisch: das Motiv. Genau letzteres überrumpelt uns dann doch mit einem weniger vorhersehbaren Twist.

Visuelle Explosionen aus Farben und Symbolen

Eins ist schnell klar: Um bei Mononoke The Movie: Phantom In The Rain alle visuellen Kleinigkeiten zu erfassen, bedarf es mehrfachen Anschauens. Angefangen bei dem über allen Szenen liegenden und durch die Anime-Serie bekannten Papier-Effekt erstrahlt der Streifen in einem Kaleidoskop aus Farben. In den Wänden, in den Böden, im Himmel und in der Kleidung – alles ist voller Muster und vor allem Symbolkraft. So zum Beispiel die faszinierenden Bilder an den Wänden. Da bleibt einem gerne die Sprache weg und hierin liegt eine der großen Stärken der Produktion. Noch dazu tauchen überall Gegenstände auf, die passend zur Handlung für etwas stehen.
Um alles in Augenschein nehmen zu können, dafür sorgen die vielen Kamerawechsel, doch ab und an sind diese etwas zu hektisch und auch einige der Actionszenen laufen zu schnell ab. Im Gegenzug deuten die vielen kleinen Bewegungen auf viel Liebe zum Detail hin. Dazu reicht einfach ein häufiger Blick auf die Fingerbewegungen des Spitzohrs und was das Finale angeht: Das darf sich zu recht als atemberaubend animiert bezeichnen.

Ein neues Gewand für einen neuen Helden

Mit seinem ikonischen Design prägt sich der – um die Worte von Regisseur Nakamura zu nutzen – Ri-Medizinverkäufer sehr ins Gedächtnis vieler Fans ein. Als Charakter-Designer stieg Takashi Hashimoto (Animationsregisseur bei Code Geass: Rozé of the Recapture) allerdings nicht wieder mit ein. Dafür sprang Yuuichi Takahashi (Vivy: Fluorite Eye’s Song) in die Presche, was keine leichte Aufgabe war, denn er musste die gewohnte Optik im Blick behalten. Was er auch tat, wobei er auch moderne Einflüsse miteinfließen ließ. Am Ende kam dabei der neue Kon-Medizinverkäufer heraus, der sich wirklich sehen lassen kann, gleichwohl brauchen sich auch die Damen nicht zu verstecken, die mit unterschiedlichen Gewändern ebenso auffallend daherkommen wie der Rest des Films. Interessant ist übrigens die Idee, dass die vielen einfachen Dienerinnen kein richtiges Gesicht besitzen. Ein simples Muster soll ihre Einheitlichkeit verdeutlichen und es passt, dass sich jene dann farblich den Emotionen anpassen, was die Stimmung der Szenen noch einmal hervorhebt.

Gab es schon immer schnelle Hip-Hop-Beats im feudalen Japan?

Wohl eher nicht! Doch Komponist Taku Iwasaki (Paradox Live the Animation) mischte für den Soundtrack verschiedene Stilrichtungen zusammen. Das Ergebnis ist ein bunter Mix. Klassische japanische Klänge unterlegt mit starken Beats, durch den ab und an Gesang fließt. Vor allem das Stück im finalen Kampf passt zum schnellen Tempo der flotten Bewegungen, wohingegen der Endingsong „Love Sick“ von AiNA reine Geschmackssache ist. Es folgt als nächstes ein genauer Blick auf die beiden Sprachfassungen. Richtig gelesen: Netflix spendierte dem Film im Gegensatz zur Serie eine lokalisierte Synchronisation und ein Test beider Fassungen ergeben, dass wir keine davon als Verlierer abstempeln. In der originalen Fassung steht der beliebte Hiroshi Kamiya (Levi in Attack on Titan) für den Ermittler vor dem Mikro, während in der deutschen Fassung Robin Kahnmeyer (Heiji Hattori in Detektiv Conan) diesen Job übernimmt. Beide bringen eine Ruhe in ihrer Stimme mit. Genau das passt perfekt zu dieser Figur und auch in den weiteren Rollen stecken in beiden Fassungen bekannte, passende Sprechende. Als Beispiel: Tomoyo Kurosawa (Kumiko in Hibike! Euphonium) und Moira May (Kana Arima in Oshi no Ko: Mein*Star) für Asa, sowie Aoi Yuuki (Maomao in Die Tagebücher der Apothekerin) und Lydia Morgenstern (Madoka in Madoka Magica) als Kame.

Fazit

Während Mononoke The Movie: Phantom In The Rain ein Fest für die Augen ist, bleibt seine Handlung teils zu vorhersehbar. Ein Ort wie das Ooku lädt förmlich zu gewissen Themen ein. Genau um jene kommt auch diese übernatürliche Mordermittlung nicht drumherum, sie schöpft gar nicht aus seinen Vollen, was den politischen Teil angeht. Vor allem für Kenner der Serien-Fälle zieht sich der Anfang etwas. Es ist einfach klar, dass der spannende Teil erst beginnt, wenn der Medizinverkäufer in Aktion tritt, nichtsdestoweniger sorgt gerade der ruhige Anfang dafür, dass wir die Abläufe und das Personal an diesem Ort kennen und verstehen lernen. Die beiden jungen Damen entwickeln sich zu Figuren, um die wir uns Sorgen machen. Während die Handlung also etwas schwächelt, lohnt sich der Film alleine für den visuellen Teil, denn viele kleine kreative Ideen wie die Darstellung der Gerüche oder die symbolischen Gegenstände laden zum Staunen ein. Flüssige Animationen sind durchgängig zu finden und bewegen sich auf einem Top-Niveau. Nur einige Schnitte sind etwas zu hektisch. Ein cooler Soundtrack und passende Sprechende werten den Film ebenfalls auf, weswegen unterm Pinselstrich eine Sehempfehlung herausgeht.

© Netflix

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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