Murder Princess
Prinzessinnen haben es nicht leicht: Mal werden sie von stacheligen Riesenkröten mit für die Spezies fragwürdigen Heirats-Avancen bedrängt, mal von dunklen Zauberern an noch dunklere Götter auf Spezialdiät verschachert und selbst wenn es weit und breit keine Königin gibt, bleiben sie auf der Vorthronstufe sitzen. Kein beruflicher Aufstieg bei maximaler Gefahrenlage. Unzumutbar. Aber das muss nicht sein! In der sechsteiligen OVA-Serie Murder Princess, die auf dem gleichnamigen Manga basiert, 2007 ursprünglich erschien und im Mai 2022 von Hardball Films erstmals in Blu-ray-Qualität in deutsche Lande gebracht wurde, setzt sich eine körpergetauschte, kampferprobte, Katana schwingende Kriegerin die Krone auf. Vorbei ist es mit der Zuhilfenahme italienischer Sanitärexperten oder Schimmelpferd reitender Prinz-Vagabunden in der Abwehr usurpatorischer Unholde, hier wird das Schwert noch selbst geschwungen. Aber sollte man wirklich zusehen, wie die Dame mit dem exzentrischen und Richter ins Schwitzen bringenden Spitznamen den Thron besteigt oder lieber schleunigst mit Sack und Pack das Land verlassen?
Im Königreich Forland hängt der royale Haussegen schief, denn ein Hofwissenschaftler mit noch verdrehteren Allmachtsplänen als seine zwiebelige Haarpracht, führt mit seinen beiden Lolli-Maid-Androiden eine Rebellion an, um sich selbst auf dem Thron zu platzieren. Dem initialen Angriff kann nur Prinzessin Arita entgehen, die außer Landes geführt werden soll, um den Fortbestand der Familie zu garantieren. Das Schicksal und ein extrem bissbereites Monster im heimischen Wald haben jedoch andere Pläne und jagen sie zunächst in die Arme der Kopfgeldjägerin Faris und dann eine Klippe hinunter. Anstatt als blutiger Brei zu enden, umwabert die beiden Stürzenden ein seltsames Licht und als sie wieder zu sich kommen, müssen sie feststellen, dass ihre Seelen in den jeweils anderen Körper gelandet sind. Nach sorgsamer Rache an der monsterbedingten Sprunghilfe mit tatkräftigter Unterstützung der beiden Gefährten von Faris, dem Biker-Skelett Dominikov und Rocker-Zombie Pete, bittet die neuverkörperte Arita um Hilfe dabei, das Königreich zurückzuerobern und wie es der Zufall will, hat die neugeborene Kopfgeldprinzessin gerade keine neue Jobanfrage.
Kurz, verrückt und auf den Punkt …
Originaltitel | Murder Princess |
Jahr | 2007 |
Episoden | 6 (in 1 Staffel) |
Genre | Action, Fantasy |
Regie | Tomoyuki Kurokawa |
Studio | Bee Train, Marvelous |
Veröffentlichung: 19. Mai 2022 |
Sturzbedingte Seelenwanderung, Cartoon-Boxhandschuh benutzende Lolli-Androiden mit fragwürdigem Funktionswert, untote Rocker; wenn der eindrückliche Titel “Murder Princess” nicht schon ein deutliches Signal gesetzt hat, packt die Inhaltsangabe noch ein paar Ausrufezeichen dahinter: Man sollte die Geschichte nicht für voll nehmen und es mehr als Vehikel für die Frage sehen, ‘was wäre, wenn eine schnittfreudige Berserkerin Korsett gestützt im Prinzessinnenkleid Monster und Riesenmechs filettiert?’ Zugegeben, ein sehr spezifisches ‘What If…?’-Szenario, aber irgendjemand muss die Frage nun einmal stellen und interessanterweise gibt es im Anime-und-Manga-Bereich mit anderen Titeln wie Princess Resurrection eine Art winziges Nischen-Subgenre dafür. Der Fokus liegt auf der mal mehr, mal weniger blutigen Action, die Geschichte passiert und mit Glück haben die Charaktere genügend Screentime, um eine einzelne Eigenschaft zu haben, die man mit ihnen verbindet. Allen voran selbstverständlich Faris in fleischiger Prinzessinnenverkleidung, die firm mit dem Wort ‘badass’ verbunden wird. Aber bereits bei Arita wird der Strich schon etwas dünner und man landet nach kurzem Stocken bei ‘freundlich’. Letztlich ist das nicht weiter tragisch, denn der kurzweilige Sechsfolgenspaß versucht gar nicht erst, über Gebühr die Geduld zu strapazieren, sondern feuert seine Munition ab und endet sogar halbwegs geschlossen.
… aber nicht verrückt genug
Zwar bleiben letztlich Fragen offen, abgesehen von dem allgegenwärtigen ‘Was zum …?’ mit schielendem Blick auf knochige Rocker auf Flammenmotorrädern, aber sie sind nicht wirklich entscheidend und können mit der ohnehin erwartenden ‘Just roll with it’-Haltung problemlos nach hinten geschoben werden. Die Kürze und Leichtigkeit ist faktisch die größte Stärke von Murder Princess; es versucht nicht mehr zu sein als es ist, ein kurzweiliger Action-Spaß vermischt mit ein paar Anime-Verrücktheiten sowie dieser gewissen Brise Yuri-Zwinkerei und bevor man sich allzu sehr Gedanken machen kann, ist es auch schon vorbei. Klingt für den geneigten ‘Badass-Prinzessinnen’-Fan wie ein Tiara funkelnder Spaß, aber ein Paar wermütige Tröpfchen gibt es neben der erwartbar dünnen Charakterisierung und Geschichte. Zunächst – und das ist sicherlich Geschmackssache – hätte es sich ruhig noch stärker in seinen Verrücktheiten und einem deutlichen Zuschuss an blutigen Auseinandersetzungen suhlen können. Sicher, die Einführung mit Lolli-Bots und Skelett mit Skelett-Anzug hat diesen gewissen trashig-grinsenden Charm, aber es bleibt doch hinter seinen Möglichkeiten zurück und präsentiert sich verhältnismäßig zahm. Vor allem, wenn man den in Geschichtsbüchern wahrscheinlich mit Stirnrunzeln bedachten Spitznamen Murder Princess liest. Erneut: Geschmackssache. Der andere Tropfen dürfte dafür generell bitter sein, denn dort, wo es gerade richtig krachen sollte, hält es sich ebenfalls bedeckt. Soll heißen: Die Action ist solide, aber keine Augenweide.
Verhaltenes Spektakel
Sparsam wäre eine andere Beschreibung, die man geben könnte. Die Action steht definitiv im Fokus, aber man sollte kein Feuerwerk erwarten und sich mehr an netten Wunderkerzen orientieren. Schnell abgebrannt und fertig, nur mit dem Zusatz, das die Funken von metal-shreddiger Musik begleitet werden. Das Opening “Hikari Sasuhou” von BACK-ON dröhnt ebenfalls etwas härter zur Einstimmung, lediglich das Ending “Naked Flower” von Romi Park schlägt ruhigere Töne an. Auf die Ohren gibt es selbstverständlich auch über die deutsche Synchronisation, die ordentlich gelungen ist, gerade die wichtigste Person, Faris bzw. die neuverseelte Arita ist stimmlich stimmig eingefangen. Am japanischen Original gibt es selten etwas auszusetzen, einziges Manko: Die deutschen Texte haben ein paar Fehlerchen inne, die aber keine gravierenden Schläge gegen das Sehvergnügen darstellen. Die generelle Optik fällt ähnlich wie die Action etwas sparsam aus, aber die Figuren dürften aufgrund des Kontrasts zwischen cartoonigem Skelett mit Fliegerbrille und rotäugiger Badass-Blondine in Erinnerung bleiben.
Fazit
Murder Princess ist kurz, leicht und belastet nicht. Ein solider Action-Fantasy-Trip, der vorbei ist, bevor man zu sehr an den Schwachstellen rumzubohren versucht und das weiß, was es sein will. Trotz offener Punkte fühlt es sich in den sechs Folgen nicht gehetzt an. Klar, die Charakterisierungen sind dünner als als die Begründung für den Körpertausch aber es hätte hier nirgendwo wirklich ‘mehr’ gebraucht. Dafür hätte die Serie meiner Ansicht nach von einem definitiven ‘Mehr’ an genereller Verrücktheit profitiert und vielleicht einem stärkeren Lehnen in die lächerlich brutalen Anime-OVAs von Anno Dazumal. Ein paar Elemente sind da, aber es fehlt sprich- und wortwörtlich an Saft. So bleibt es nett und ohne wirkliche Highlights, aber auch ohne tiefste Tiefen, zumindest wenn man weiß, worauf man sich einlässt. Ein Action-Snack für Zwischendurch mit einer Prinzessin, die keinen Spaß versteht und damit auch punktet. Von Falis könnte sich die ein oder andere Dauerentführte eine Scheibe abschneiden oder es zumindest versuchen. Nur in einem stimmt sie mit den anderen überein: Egal wie abwesend die Königin, ‘Prinzessin’ bleibt man auf Lebenszeit.
© Hardball Films
Veröffentlichung: 19. Mai 2022